Unter dem Leitspruch "Daten sind das Öl der Zukunft" entwickeln interdisziplinäre Forschungsteams innovative Digitalisierungsanwendungen für die industrielle Praxis. [...]
Bei der Planung und Steuerung industrieller Prozesse spielen Daten eine entscheidende Rolle. Sie werden nicht nur benötigt, sondern auch in großer Menge erzeugt. Hinter dem Begriff „Industrial Data Science“ (IDS) verbirgt sich die intelligente Aufbereitung von Daten zu Informationen und schließlich zu Wissen. Ziel ist es, aus den Daten schlussendlich neue Erkenntnisse zu gewinnen und damit einen Mehrwert für das Unternehmen und seine Kunden zu schaffen. „Wir sehen Industrial Data Science Anwendungen vor allem als zusätzlichen Enabler zur Verbesserung der klassischen Zielgrößen in Wertschöpfungsketten, wie beispielsweise Herstellkosten, Durchlaufzeit, Qualität und Prozessstabilität“, erklärt Peter Schieder, Leiter des Geschäftsbereichs Produktions- und Logistikmanagement bei Fraunhofer Austria.
Im themenübergreifenden Forschungsfeld IDS bündelt Fraunhofer Autria in erster Linie Knowhow. Denn mit der digitalen Transformation der Industrie wächst auch der Bedarf an interdisziplinären Kompetenzen stetig weiter an. Die Forschungsteams setzen sich neben Wissenschaftlern aus den klassischen Fachdisziplinen im Operations Management wie etwa Wirtschaftsingenieuren, Maschinenbauern und Produktionstechnikern vor allem aus Mathematikern und Informatikern zusammen. Die Fachexperten aus dem Produktions- und Logistikmanagement werden bei der Entwicklung von Industrie-4.0-Anwendungen von Data Scientists unterstützt, die die entsprechenden Systeme, Technologien, Methoden und Werkzeuge für die Erfassung, Sammlung, Transformation und Verarbeitung von Daten beherrschen. Durch das umfangreiche Kompetenznetzwerk von Fraunhofer Austria – wie etwa durch die Kooperation mit der Technischen Universität Wien – können die interdisziplinären Teams je nach Anwendungsfall um weitere Fachdisziplinen erweitert werden.
„Viele Unternehmen sind bei der digitalen Transformation noch zögerlich, weil sie nicht wissen, wie sie konkreten Nutzen aus den Datenmengen ziehen können. Mit dem neuen Forschungsfeld IDS tragen wir diesen Herausforderungen Rechnung. Wir sind bestmöglich aufgestellt, um Unternehmen optimal begleiten zu können – und das von der ersten Idee bis hin zur individualisierten, erfolgreichen Anwendung in der Praxis“, erklärt Schieder weiter.
Konkrete IDS-Anwendungen
Die Bandbreite, wo Daten und entsprechende Analysemethoden heute bereits zum Einsatz kommen, ist riesig. Ebenso die Forschungsthemen von Fraunhofer Austria. Diese reichen von Machine Learning über automatisierte Prognosemodelle bis hin zu industriellen IoT-Systemen. Aktuelle Entwicklungen und Projektergebnisse aus dem Forschungsfeld IDS wurden von Fraunhofer Austria und dem Institut für Managementwissenschaften der TU Wien im Rahmen der Kaminabend-Eventreihe präsentiert.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Andreas Jäger, Leiter des Forschungsfelds Industrial Data Science, der in seinem Impulsvortrag die Bedeutung und Potenziale von Data Science sowie deren Einzug in die industrielle Praxis aufzeigte. Im Anschluss folgten mehrere Fachvorträge zu den Themen Digitaler Zwilling, Vorausschauende Instandhaltung sowie Maschinelles Lernen in der Produktionsplanung und -steuerung und im Anlagenmanagement. Zu letzterem Thema zeigte Rudolf Schmidhofer, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Fraunhofer Austria, ein konkretes Anwendungsbeispiel aus dem Maschinen– und Anlagenbau. Hintergrund der Forschung ist, dass in der Praxis nicht immer für alle Maschinen und Anlagen entsprechende Daten und Informationen aus einer Maschinen– und Betriebsdatenerfassung zur Verfügung stehen. Schmidhofer forscht daher an einem System, das in der Lage ist, Einsatz- und Betriebsmuster bei vernetzten Maschinen und Anlagen zu erkennen und entsprechende Profile zu erstellen. Dadurch können auch jene Maschinen und Anlagen, von denen kein entsprechender Datensatz vorliegt, beispielsweise in eine vorausschauende Ersatzteilbedarfsplanung eingegliedert werden. Der Clou: Das System wird bei zunehmender Nutzung immer intelligenter – es lernt dazu.
Im Rahmen des Kaminabends wurde auch ein Exponat zum Thema Mensch-Roboter-Kollaboration ausgestellt, das aktuell in der TU Wien Pilotfabrik Industrie 4.0 getestet wird. Auch hier spielen Daten eine entscheidende Rolle. Um Kollisionen zu vermeiden und damit die Sicherheit des Werkers zu erhöhen, wird mithilfe eines Local Positioning Systems die Position der Bedienperson im Arbeitsbereich laufend verfolgt. Der Roboter selbst, liefert kontinuierlich seine aktuelle Position und Geschwindigkeit über die eigene Steuerung. Mittels einer entwickelten Software-Lösung zur Echtzeiterfassung und Verarbeitung von großen Datenströmen, eines sogenannten Complex Event Processing Engines, wird aus den jeweiligen Positions- und Geschwindigkeitsdaten in Echzeit errechnet, ob es zu einer Kollision zwischen Mensch und Roboter kommen könnte. Ist dies der Fall, wird ein Stoppen, eine Geschwindigkeitsreduktion oder ein Ausweichverhalten des Roboters ausgelöst.
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