Fujitsu forciert den Wandel zur Service-Company

Im Vorfeld der "Activate Now", Fujitsus virtuellem Event, das heute und morgen (14. und 15. Oktober) statt dem traditionellen Müncher Fujitsu Forum stattfindet, hat der japanische Konzern gestern seinen Shift in Richtung Service-Company bekannt gegeben - auch wenn der Produkt-Bereich nach wie vor mit 80 Prozent Umsatz im CEE-Raum stärkster Umsatzbringer ist. [...]

Rupert Lehner, Head of CEE Fujitsu: Mit "Service Hub" zur Service Company werden. (c) Fujitsu

Bis 2023 soll sich das ändern: Dann soll der Service-Bereich mehr als ein Drittel des Umsatzes im CEE-Raum ausmachen, betonte Rupert Lehner, Head of CEE & Products Europe bei Fujitsu, bei einem (virtuellen) Pressegespräch. Eingeleitet wird der bereits seit einigen Jahren angepeilte Weg in Richtung Service-Anbieter mit einem neuen „Service Hub“, der ab November auch im DACH-Raum verfügbar sein soll. Die Gründe liegen auf der Hand: Der Trend hin zu Hybrid IT führt zwangsläufig zu einer deutlich erhöhten Komplexität bei der Orchestrierung der verschiedenen (Cloud) Services. Hinzu kommen bei individuell angepassten Systemen und Applikationen Bereitstellungszeiten von teils mehreren Monaten.

„Service Hub“: Hybrid IT bewältigen

Diesen Herausforderungen will Fujitsu mit seinem neuen „Service Hub“ begegnen, es soll eine Plattform sein, über die Unternehmen gebündelt Zugriff auf ein breites Portfolio von Services erhalten, sowohl Managed Services von Fujitsu, Dienste von SaaS-Anbietern sowie von Cloud-Hyperscalern. Möglich machen dies eine maximale Modularisierung, Standardisierung und Automatisierung, die zudem für eine deutlich schnellere Verfügbarkeit auch komplexer Dienste sorgen: Dauert es bislang üblicherweise Monate, bis Kunden auf individuell konfigurierte SAP-Umgebungen zugreifen können, ist dies künftig in rund einer Woche umgesetzt. Die Bereitstellungszeiten für einzelne Dienste oder neue Konfigurationen sinken von bislang branchenüblichen mehreren Wochen auf rund einen Tag.

„Es besteht ein hoher Bedarf an flexibleren Servicekonzepten“, sagte Lehner, der drei große Trends sieht, die bewältigt werden müssen. Mobiles Arbeiten, damit ist auch Arbeiten von zu Hause bzw. Teleworking gemeint, Cloud Services bzw. Hybrid IT sowie die sehr schnelle und flexible Bereitstellung von Diensten.

Genau hier setzt der neue Service Hub von Fujitsu an. Der Anspruch: verschiedene Dienste über eine einheitliche Benutzeroberfläche unkompliziert auswählen, kombinieren und einkaufen wie in einem gewöhnlichen Online-Shop. Die integrierte, hochautomatisierte Plattform soll laut Fujisu besonders benutzerfreundlich konzipiert sein und die Bereitstellung sowohl von „traditionelle“ Anwendungen als auch Cloud Native Applications ermöglichen.

Weitere Vorteile der neuen Service-Plattform: Es gibt keinen Vendor Lock-in, also keine Abhängigkeit von einem einzelnen Anbieter, und der Hub kann problemlos per API-Integration in die Development Operations- bzw. CI/CD-Konzepte (Continuous Integration / Continuous Delivery) des Kunden eingebunden werden. Kunden können darüber hinaus auswählen, welche Services in ihrem eigenen Rechenzentrum (on premise), bei Fujitsu oder einem Hyperscaler laufen sollen.

Technologie des „Service Hubs“

Grundlage der Plattform ist eine Fujitsu Hyperconverged Infrastructure, die durch Cisco ACI und VMware zu einem Software-defined Datacenter wird. Darauf läuft die Managed Cloud-Plattform Morpheus, die es erlaubt, Templates für Managed Services zu erstellen, die mit geringem Aufwand einsetzbar sind – on-premise, bei Fujitsu oder einer Cloud. Zur Überwachung der Systeme, der Vorhersage möglicher und der raschen Behebung tatsächlich auftretender Störungen kommt künstliche Intelligenz zum Einsatz (AIOps = Artificial Intelligence for IT Operations). Über eine Benutzeroberfläche des Fujitsu-Partners ServiceNow können Kunden einfach und komfortabel Services aus einem Katalog buchen, Änderungen vornehmen oder beantragen, den Status von Anfragen und Änderungen verfolgen und auf Reportings zugreifen.

„Der Trend hin zu Hybrid IT und der Bedarf an hochgradig flexiblen IT Services waren bereits vor der Covid19-Pandemie deutlich, haben sich in den vergangenen Monaten jedoch noch zusätzlich massiv verstärkt. Die Krise hat einen deutlichen Sprung bei Teleworking Systemen und der Digitaliseirung insgesamt bewirkt“, stellte Rupert Lehner fest.

Partnerschaften und personeller Umbau

Gefragt seien daher innovative Angebote, mit denen Unternehmen und Behörden einfach und agil hoch standardisierte und automatisierte Services auch verschiedener Anbieter beziehen und miteinander kombinieren können. Daher sind auch die Partnerschaften, etwa zu den großen Technologiepartnern wie SAP, Microsoft oder ServiceNow wichtig. „Zudem investieren wir weiterhin in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter sowie den Aufbau von neuen Stellen insbesondere im Service-Bereich“, erläuterte Rupert Lehner, Head of Central and Eastern Europe & Products Europe bei Fujitsu.

Lehner nannte auch konkrete Zahlen: Rund 700 Mitarbeiter sind bereits im CEE Raum neu aufgenommen worden, vornehmlich für den Service- und Consulting-Bereich. „Wir haben derzeit auch noch 400 offene Stellen“, sagte Lehner. Allerdings wurden auch Mitarbeiter entlassen, denn Fujitsu hat das Vorzeige-Werk in Augsburg jetzt endgültig mit 1. Oktober geschlossen.

Neue Forschungsgruppe an TU Hamburg gegründet

Aufhorchen ließ gestern auch der als Vordenker bekannte CTO von Fujitsu, Joseph Reger, der eine umfassende Kooperation mit der Technischen Universität Hamburg bekannt gab: Fujitsu gründet und unterstützt gemeinsam mit Dataport an der TU Hamburg einen neuen Lehrstuhl für Kombinatorische Optimierung in der Industrie und die Einrichtung einer Forschungsgruppe. Im Zentrum steht die Entwicklung innovativer Lösungen für Anforderungen in Wirtschaft, Handel und Verwaltung, die besonders komplex sind oder bei denen es um sehr große Datenmengen geht. „Das ist eine Verpflichtung auf zehn Jahre, wir wollen hier Projekte entwickeln, wo wir auch den Digital Annealer von Fujtsu einsetzen können“, erklärte Fujitsus CTO Joseph Reger. „Derzeit machen wir einen Fehler, wir betonen viel zu sehr die Grundlagenforschung“, so Reger, das soll sich jetzt durch die neue Initiative an der TU Hamburg ändern. Es gehe um die Entwicklung von industriellen Anwendungen mithilfe der neuen Technologien. Dabei spielt die Kombinatorische Optimierung eine entscheidende Rolle.

„Nach fester Überzeugung von Fujitsu gehört die kombinatorische Optimierung zu den wichtigsten Instrumenten, um die Einsatzmöglichkeiten von IT-Systemen massiv zu erweitern und ihre Grenzen zu verschieben. Praktikabel nutzbares Quantencomputing ist noch in weiter Ferne, aber die entsprechende Hard- und Software zur Lösung komplexer kombinatorischer Aufgaben existiert bereits. Unsere Kunden profitieren schon jetzt davon. Mit dem Lehrstuhl in Hamburg geben wir der Entwicklung einen wichtigen Schub“ unterstrich Reger.


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