Computerwissenschaftler aus der Gruppe von Professor Marc Pollefeys von der ETH Zürich entwickelten ein Programm, mit dem das Erstellen von 3D-Modellen ganzer Gebäude zum Kinderspiel wird. Es berechnet die 3D-Karten in Echtzeit und läuft auf einem Tablet. [...]
Wenn Thomas Schöps ein dreidimensionales Modell des ETH-Hauptgebäudes erstellen will, zückt er seinen Tabletcomputer. Gemächlich umrundet er das Bauwerk. Die kleine Kamera auf der Rückseite seines Geräts richtet er ständig auf die Gebäudefassade. Nach und nach entsteht so auf dem Bildschirm ein 3D-Modell des Gebäudes. Gerade einmal zehn Minuten braucht der Doktorand am Institut für visuelles Computing für die Digitalisierung eines historischen Bauwerks wie dem Hauptgebäude.
Die Software auf dem Gerät haben Schöps und seine Kollegen aus der Gruppe von Marc Pollefeys, Professor für Informatik, entwickelt. Dies im Rahmen des „Project Tango“ von Google, bei dem 40 Hochschulen und Firmen mit dem Internetunternehmen zusammenarbeiten. Die ETH Zürich ist eine davon.
VERGLEICH VON BILDPUNKTEN
Die Methode der ETH-Wissenschaftler funktioniert rein optisch. Sie basiert auf dem Vergleich mehrerer Bilder, welche eine Fischaugen-Kamera am Tablet aufgenommen hat, und verwendet das Prinzip der Triangulation, wie sie auch in der Vermessungstechnik angewandt wird. Vereinfacht gesagt geht es so: Die Software analysiert zwei Bilder einer Hausfassade, welche von verschiedenen Standorten aus aufgenommen wurden. Für jede Bildinformation, jeden Pixel auf einem Bild sucht sie die Entsprechung auf dem anderen. Aus diesen Punkten sowie aus der bekannten Position und der Blickrichtung der Kamera kann die Software die Distanz eines jeden Bildpunkts zum Gerät bestimmen und daraus ein 3D-Modell des Objekts berechnen. Das Modell beschränkt sich längst nicht nur auf die Umrisse des Gebäudes und grobe Merkmale wie Fenster- und Türöffnungen. Vielmehr sind darauf auch architektonische Details zu sehen wie die Anordnung der Mauersteine einer Sichtsteinfassade.
Die neue Software hat einige wesentliche Vorteile gegenüber bestehenden Methoden. Dass sie sich bei Sonnenlicht anwenden lässt, ist eine davon. „Andere Systeme arbeiten mit einem Infrarotlicht-Messnetz“, erklärt Torsten Sattler, Postdoc in Pollefeys‘ Gruppe und ebenfalls am Projekt beteiligt. Bei der Infrarot-Methode projiziert das Gerät ein für das menschliche Auge unsichtbares Gitternetz aus Infrarotlicht auf ein Objekt. Eine Infrarotkamera nimmt die Projektion davon auf und berechnet daraus eine dreidimensionale Karte des Objekts. „Diese Technik funktioniert in Innenräumen gut“, sagt Sattler. Doch sie eigne sich schlecht für Außenaufnahmen bei Sonnenschein. Denn Sonnenlicht enthalte auch Infrarot-Anteile, was die Messung empfindlich störe. „Unsere Methode ist draußen klar im Vorteil. Umgekehrt eignet sich die Infrarottechnik in Innenräumen mit schwach strukturieren Räumen besser, etwa in solchen mit gleichförmigen, leeren Wänden.“
Be the first to comment