Die Marktforschungs- und Beratungsfirma Gartner hat ihren Hype Cycle Special Report für das Jahr 2012 veröffentlicht. Die Hypes "Bring your own Device", Social Analytics und 3D-Printing haben demnach ihren Höhepunkt erreicht. [...]
In ihrem neuen Report nehmen die Auguren Reifegrad, Geschäftsnutzen und Potenzial von mehr als 1900 Techniken unter die Lupe, die sie in insgesamt 76 verschiedene Hype Cycles eingruppieren. Mit diesen Infografiken visualisiert Gartner bereits seit 1995 das gängige Muster von anfänglich überschwänglicher Begeisterung, nachfolgender Desillusionierung und schließlich Realismus, das jede neue Technik und Innovation begleitet.
Der von Gartner am längsten alljährlich veröffentlichte Hype Cycle ist derjenige zum Thema „Emerging Technologies“. In diesem Jahr haben darin Big Data, hybrides Cloud Computing, HTML5, Wireless Power, 3D-Printing, Bring your own Device/BYOD, Social Analytics und Private Clouds den „Gipfel der überzogenen Erwartung“ erklommen. Die meisten der genannten Technologien erwarten die Analysten in fünf bis zehn Jahren auf ihrem „Produktivitäts-Plateau“. App-Stores und Augmented-Reality-Anwendungen befinden sich hingegen genauso wie beispielsweise In-Memory-Datenbanken bereits wieder auf dem Weg ins „Tal der Ernüchterung“, nachdem sie im vergangenen Jahr ihren Peak erreicht hatten.
„Das Thema des diesjährigen Hype Cycles ist das Konzept der ‚Tipping Points‘. Wir befinden uns in einer interessanten Zeit, weil viele der Technologien, über die wir bereits jahrelang sprechen, nun fast Realität geworden sind“, kommentiert Gartner-Forschungsleiter Hung LeHong. „Das intelligente Smartphone gehört dazu – es ist nun möglich, das Gerät anzuschauen und es via Gesichtserkennung zu entsperren. Anschließend sprechen Sie es an und fragen nach dem nächstgelegenen Geldautomaten. Gleichzeitig ist die Technik aber noch nicht endgültig ausgereift – damit die Gesichtserkennung funktioniert, müssen Sie eventuell Ihre Brille absetzen. Um die Spracherkennung zu starten, müssen Sie sehr deutlich sprechen und die genaue Standortbestimmung klappt auch nicht immer“. Was Spracherkennung und biometrische Authentifizierungsverfahren angeht, schätzt das Analystenhaus beide Technologien dennoch so gut wie als auf dem „Plateau der Produktivität“ angekommen ein.
Sieben Trendbereiche
Obwohl der Hype Cycle Technologien einzeln aufzeigt, möchte Gartner die Unternehmen den Worten des Executive Summarys nach „ermutigen, die Trends gruppenweise zu betrachten, weil sie oftmals voneinander abhängen und einander beeinflussen.“ Oft begrenze der geringe Reifegrad einiger Technologien die Möglichkeiten anderer, besser ausgereifter. Die Analysten zählen die sieben wichtigsten Trends für das aktuelle IT-Jahr auf, auf die diese gegenseitigen Abhängigkeiten zutreffen:
Bring your own everything
Die „Consumerization of IT“ bringt zunehmend private Geräte in die Unternehmen. Dennoch fehlen weiterhin die „Enabler“, um das gesamte Thema alltagstauglich zu machen. Dazu zählen laut Gartner „Bring your own Device“, gehostete virtuelle Desktops, HTML5, verschiedene Cloud-Computing-Ausprägungen, Media-Tablets und Silizium-Anoden-Batterien.
Smarter Things
Die Vernetzung aller Geräte miteinander zum „Internet der Dinge“ schreitet voran. Auf dem Weg zum intelligenten Kühlschrank sind jedoch noch einige Entwicklungsschritte zu nehmen. Der Hype Cycle listet hierzu folgende Technologien auf, die noch nicht ausgereift sind: eigenständige Fahrzeuge, mobile Roboter, Big Data, Wireless Power, Complex-Event Processing, Internet TV, Activity Streams, Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M), Mesh-Netze, Consumer Telematics und Home Health Monitoring.
Big Data und skaliertes Computing zum niedrigen Preis
Die analytische Innensicht in die wachsenden Datenberge gestaltet Arbeitsabläufe effizienter, sorgt für besseren Kundenservice und weniger Betrug. Quantum-Computing, Cloud Computing, Big Data, Complex-Event Processing, Social Analytics, In-Memory-Datenkbanksysteme, In-Memory-Analytics, Text-Analytics und Predictive Analytics helfen, diese Entwicklung voranzutreiben.
Wie der Mensch mit Technologie interagiert
Der natürliche Umgang mit unnatürlich entstandener Technologie wird alltäglicher – durch Human Augmentation, volumetrische und holographische Bildschirme, automatische Erkennung von Inhalten, Spracherkennung und Antwortsysteme in natürlicher Sprache, Sprache-zu-Sprache-Übersetzung, Big Data, Gamification, Augmented Reality, Cloud Computing, NFC, Gestensteuerung, virtuelle Welten und biometrische Authentifizierungsverfahren. Die meisten der aufgeführten Technologien entwickeln sich bereits seit Jahren immer weiter und sind teils bereits sehr ausgereift.
Was aus der Bezahlung wird
Bargeld ist out; selbst kleine Finanztransaktionen werden elektronische abgewickelt. Das stellt Unternehmen eine bessere Nachvollziehbarkeit des Geldflusses zur Verfügung, macht Prozesse effizienter und steigert Bequemlichkeit und Sicherheit auf Seiten des Kunden. Durch NFC-Bezahlung, mobile Bezahlverfahren „over the air“ (OTA) und biometrische Authentifizierung ist die bargeldlose Welt bald Wirklichkeit. Angrenzende Technologien wie das „Internet der Dinge“, mobile App-Stores und die automatische Inhaltserkennung werden diesen Trend noch beschleunigen.
Kundenwünsche überall
Die soziale Ader des Menschen sorgt für eine weiter wachsende Internetöffentlichkeit (Generation Facebook). Die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden lassen sich immer und von überall im Netz finden und sorgen so für zielgruppengerechte Produkte. Durch Crowdsourcing, automatische Erkennung von Inhalten, Big Data, Social Analytics, Activity Streams, Cloud Computing, Audio Mining/Sprachanalyse und Textanalyse können Unternehmen in den kommenden Jahren noch mehr auf diesem Gebiet herausholen.
Heimisches Drucken in 3D
Objekte wie Spielzeug und Haushaltsgeräte werden sich bald an jedem Drucker zuhause dreidimensional erstellen lassen – wie die heutigen Digitalfotos auf Papier. Kombiniert mit 3D-Scannern könnte es möglich werden, Objekte einer bestimmten Größe mit dem Smartphone zu scannen und umgehend ein Duplikat zu erstellen. Um aus einem Nischenmarkt herauszukommen, werden diese Technologien nach Meinung der Gartner-Analysten aber noch weit mehr als fünf Jahre benötigen.
* Simon Hülsbömer ist Redakteur unserer Schwesternzeitschrift COMPUTERWOCHE.
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