Gastkommentar: Warum die Digitalisierung Querdenker braucht

Die digitale Transformation ist in aller Munde. Auch das Top-Management weiß heute, dass es ohne Digitalisierung nicht mehr geht. Das Bewusstsein ist quer durch alle Branchen da – die Umsetzung allerdings steckt noch in den Kinderschuhen. [...]

Generell wird das Thema Digitalisierung total unterschätzt. Denn es geht ja nicht, wie viele meinen, nur um die Optimierung und Verbesserung von Prozessen mithilfe neuer Technologien. Es geht vielmehr um einen kompletten Reset. Ein radikales Umdenken ist notwendig, durch das ganz neue Konzepte entstehen. Die Digitalisierung darf dabei nicht isoliert, sondern muss ganzheitlich betrachtet werden. Nur alles auf „digital“ umzustellen ist sicher zu wenig, vielmehr muss die sinnvolle Verbindung zwischen traditionellen Methoden und innovativen Ideen gelingen. 
Von low-cost zu high-skill
Laut einer aktuellen Studie der Boston Consulting-Group zeigt sich in Österreich ein ähnliches Bild wie in Amerika: 22 Prozent der österreichischen Firmen sind digitale Vorreiter und 20 Prozent Nachzügler. Das bedeutet, dass mehr als zwei Drittel noch aufholen müssen, um nicht abgehängt zu werden. Das Veränderungstempo ist atemberaubend, die große Digitalisierungswelle kommt noch und sie wird richtig groß sein. Um die Möglichkeiten der digitalen Transformation nicht zu verschlafen, bedarf es eines Paradigmenwechsels auf den Managementebenen, von low-cost zu high-skill. Das heißt die Unternehmen müssen die Bereitschaft entwickeln, sich das notwendige Know-how ins Haus zu holen, auch wenn es seinen Preis hat.
Kreative Köpfe gesucht
Schon das stellt Firmen per se vor eine Herausforderung, weil es sie zwingt anders als in der Vergangenheit zu agieren. Früher ging es in der Produktion beispielsweise darum, die Kosten zu senken und die Qualität zu steigern. Aber das reicht heute nicht mehr aus, um erfolgreich zu sein. Was Unternehmen jetzt brauchen, sind Querdenker, die neue Wege gehen. Gesucht sind nicht unbedingt Mitarbeiter, die ihre Studien bravourös absolviert haben und dann die Karriereleiter zielgerade hinaufgeklettert sind, sondern wirklich kreative Köpfe. Offene, neugierige Menschen, die Arbeitsabläufe und Geschäftsstrukturen grundlegend hinterfragen und neu definieren, die neue Kommunikationswege ausprobieren, Unkonventionelles wagen und die ein Scheitern zum Neuanfang inspiriert. Ein Mindset, das den nötigen Innovationsschub bringen kann, um Organisationen in die Pole-Position zu katapultieren. Man denke nur an Google, Airbnb oder Amazon.
Transparenz schafft Widerstand
Diesem digitalen Wandel stehen auf der anderen Seite natürlich auch viele kritisch gegenüber. Digitalisierung geht oft Hand in Hand mit Transparenz. Und so viele Vorteile die Durchleuchtung des Kunden beispielsweise dem Marketing bringen mag, so sehr schürt die Idee vom „gläsernen Menschen“ bei Mitarbeitern auch Ängste und Widerstand. Da reicht es nicht aus, die Digitalisierung zur Chefsache zu machen und die neuesten Tools anzuschaffen. Auch die Organisation muss bereit für den Wandel sein. So geht es beispielsweise bei der Einführung eines CRM-Systems auch darum, jeden einzelnen Mitarbeiter abzuholen und mit einem guten Change-Management-Prozess zu begleiten. Die Kunst ist es dabei, den Mitarbeiten nicht abstrakt das Unternehmensziel, sondern konkret seine eigenen, durch das System generierten Vorteile zu vermitteln. Denn nur wer seinen Nutzen erkennt, ist auch bereit, die Extra-Meile zu gehen.
*Oliver Witvoet ist Geschäftsführer und Gesellschafter der easyconsult GmbH.

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