Die Veranstaltung der Bundesvereinigung Logistik Österreich stand unter dem Motto "Revolution in der Logistik durch Informationsfluss". [...]
„Neue Technologien haben immense Auswirkungen auf unser Leben, auf unsere Privatsphäre, und schonen weder Wirtschaft noch die Logistik“, so Roman Stiftner, Präsident der BVL Bundesvereinigung Logistik Österreich, bei der Eröffnung des ersten Ennovation Day. Die BVL Österreich hat den Begriff „Ennovation“ geprägt und ein gleichnamiges Competence Center eingerichtet, dass sich intensiv mit den Herausforderungen und Chancen der neuen Kommunikationstechnologien auf Logistikunternehmen und Supply Chain Management befasst. „Mit dem Ennovation Day wollen wir noch stärker sensibilisieren, Risiken, Chancen und Potenziale der modernen IT-Welt, aber auch die wachsenden Anforderungen an die Logistiker ins Blickfeld rücken.“
Die Veranstaltungspremiere stand unter dem Motto „Revolution in der Logistik durch Informationsfluss“ und fand im Arsenal der A1 Telekom Austria statt. Einhelliger Tenor der rund hundert Teilnehmer: Die BVL möge diese spannenden Entwicklungen mit Nachdruck weiter verfolgen. Denn Ennovation hat ob seiner Vielfältigkeit enormes Potenzial und wird spannend bleiben.
M2M – HYPE ODER HOFFNUNG
Phat Huynh, Geschäftsführer Telekom Austria Group M2M, beschäftigte sich in seiner Keynote mit der Frage „Machine-to-Machine – Hype oder Hoffnung?“ M2M oder Machine-to-Machine Kommunikation ermögliche innovative Geschäftsmodelle und effiziente Geschäftsprozesse durch den automatisierten Datenaustausch zwischen Maschinen, Geräten und zentralen Informationssystemen. Die Telekommunikation sei ein wesentlicher Bestandteil dieser Lösungen. Vor allem die Mobilfunktechnologie mit eingebauten SIM-Karten eigne sich für den Einsatz in M2M. „M2M wird bereits in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt und ist Wachstumstreiber in der IKT-Industrie. Bis 2020 werden weltweit über 12 Milliarden Anschlüsse für M2M erwartet, davon werden 20 bis 30 Prozent mobilfunkbasiert sein“, so Huynh. Die Bereitschaft für neue serviceorientierte und oft mobilbasierte Geschäftsmodelle, Kostendruck bzw. Optimierungsbedarf oder neue Gesetzesvorlagen für mehr Transparenz und Sicherheit sowie spezialisierte Anbieter mit breitem Portfolio an Lösungen würden M2M-Anwendungen forcieren.
Ob Echtzeit Standortermittlung durch GPS Ortung, Fernwartung, Diagnose und Steuerung von Geräten, Fahrzeugen, Maschinen wie auch Industrieanlagen oder die Anbindung von Kassen- und Automatensysteme im Handel und im Banking – an Hand von Beispielen zeigte Huynh eindrucksvoll welche Mehrwerte durch Informationsfluss in Echtzeit in den unterschiedlichsten Anwendungen bereits erzielt werden können.
GLOBALE LOGISTIKNETZWERKE
Über aktuelle Megatrends, Big Data Management und Implikationen für die Logistik, referierte Boris Otto, Technische Universität Dortmund und Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. Produktions- und Logistiknetzwerke sind global und setzen eine permanente Kopplung von Informations- und Warenfluss voraus. Datenqualitätsanforderungen in der Informationslogistik finden auf Item-Ebene bei extremen Datenvolumina und heterogenen Datenformaten statt.
„Social Media, Internet-Daten, Smart Grid, RFID Tags und Strichcodes, GPS- wie auch Finanzdaten sowie Nutzungsdaten mobiler Endgeräte – Big Data Management bedeutet neue Datenquellen zu erschließen, erfordert aber auch neue Fähigkeiten in der Datenverarbeitung“, so Boris Otto. Er nannte Ad-hoc-Abfragen, Echtzeittransparenz zu Material- und Informationsflüssen, die Vorhersagefähigkeit „wie können Wetter- und Verkehrsdaten zur Steuerung des Distributionsnetzwerks herangezogen werden“ als konkrete Beispiele, wie Daten zur proaktiven Geschäftssteuerung genutzt werden können.
Transparenz und Rückverfolgbarkeit sind, dank moderner Informationstechnik bis in den letzten Winkel der Erde, möglich. Wie weit Transparenz gehen kann, veranschaulicht Otto an Hand einer Tiefkühlpizza mit überraschenden Erkenntnissen. Auf einer gewöhnlichen Salami-Pizza befinden sich rückverfolgbare Zutaten aus fast allen Kontinenten. Die Quintessenz lautet: „Wer heute behauptet etwas nicht zu wissen, der lügt, ist schlecht organisiert oder sogar kriminell!“
Moderne logistische Systeme sind dezentral und zukünftig in der Cloud virtualisiert. Sie müssen heute eine Vielzahl von Anforderungen wie Wandlungsfähigkeit, Transparenz, Komplexitätsbeherrschung und Effizienz erfüllen. Big-Data-Management in der Logistik bedeutet demnach Dezentralisierung von „Intelligenz“ mit Smart Labels als intelligente Lagerplatzbeschriftungen, intelligenten Kleinteilebehälter mit Mensch-Maschine-Schnittstelle, intelligenten Luftfrachtcontainer (smartULD) oder den Einsatz mit autonomen Transportsystemen in der Zukunft.
SICHERHEIT IM CYBER-RAUM
Nur zehn E-Mails reichen bei einer gezielten Attacke auf das Unternehmensnetzwerk aus, um einen Klick auf einen schadhaften Link zu garantieren. 243 Tage, also über 8 Monate lang, bleiben solche Angriffe unentdeckt. Rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr beträgt der geschätzte Schaden allein für deutsche Unternehmen. Cyberkriminelle suchen sich hierbei nur wenige Schlüsselziele im Unternehmen und kontaktieren diese Mitarbeiter über sehr realistisch gestaltete E-Mails. Dieses äußerst bedenkliche Szenario zeichnete Lambert Scharwitzl vom Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport. Die Vernetzung und Automatisierung sei zwar eine große Chance zur Steigerung der Effizienz und des Erfolgs von Unternehmen. „Nur die gesamtheitliche Betrachtung der Sicherheit der Information gibt die Chance zur Bewältigung von Cyperattacken“, erklärt Scharwitzl. „Denn allein bei 191.780 neuer Malware pro Tag sei die Integration der Cyber-Bedrohungen in das Risikomanagement von Unternehmen unumgänglich.“
MEHR ALS FACEBOOK
„Social Media ist mehr als eine Facebook-Seite zu betreiben. Social Media ist Web 2.0 und menschliche Interaktion“, stellt Gerold Kumpfhuber, appsystems, klar. Social Media in der Logistik steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber die Unternehmen hätten den Handlungsbedarf bereits erkannt. Die Herausforderungen und Chancen im unmittelbaren und öffentlichen Dialog im Web liegen in der engen Verbindung mit Kunden und Kooperationspartnern entlang der Supply Chain.
„Informationstechnologie darf nicht nur die Technologie im Blick behalten, sondern muss sich ebenso auf die Information fokussieren. Die wirtschaftliche Bedeutung von Information liegt in deren Eigenschaft als Wirtschaftsgut, Wettbewerbs- und Produktionsfaktor“, so Susanne Altendorfer, Lehrstuhl für Industrielogistik Montanuniversität Leoben. Mangelhaftes Informationsverhalten erhöhe generell das Risiko für den Misserfolg von Entscheidungen und Maßnahmen. „Informationslogistik als ein Teil der Logistik, befasst sich intensiv mit der Planung, Bereitstellung und dem Einsatz der für die Erreichung der logistischen Ziele erforderlichen Information im Unternehmen.“ Basis dafür seien neue Programme und Ansätze wie Cloud Computing, Big Data, Industrie 4.0 oder das Internet der Dinge, um den Informationsfluss entlang der Lieferkette abbilden zu können. (pi)
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