Generative KI: Wie Unternehmen sich an die veränderten digitalen Bedürfnisse der Verbraucher anpassen

Von der Suche zum Dialog: Der Wandel hin zur generativen KI-Suche stellt bewährte digitale Strategien auf den Kopf, sei es bei der Platzierung von Werbung, bei der Suchmaschinenoptimierung oder in vielen weiteren Marketing-Domänen. Selbst die gute alte Unternehmenswebseite steht auf dem Prüfstand. [...]

Duncan Roberts, Associate Director & Futurist bei Cognizant Research (Foto: © Cognizant)

Nur wenn Unternehmen verstehen, wie dialogbasierte Plattformen „denken“, können sie ihre Digitalstrategie zukunftssicher aufstellen. Direkt nach ihrem Aufkommen etablierten sich Suchmaschinen als das wichtigste Tor zum Internet. Nutzende waren damit plötzlich in der Lage, innerhalb eines gewaltigen Netzwerks mit wenigen Klicks an Informationen zu gelangen.

Und der nächste Umbruch ist längst dem Weg: Branchenführer wie Google und Microsoft entwickeln aktuell die traditionelle Suche weiter zu einer generativen Suche. Generative KI-Plattformen wie ChatGPT machen es vor: Nutzende suchen nicht lediglich nach Informationen, sondern fordern im Dialog aktiv bestimmte Inhalte oder Aktionen an.

Von der Suche zum Dialog

Nehmen wir das Beispiel des Kaufs von Veranstaltungstickets. Beim herkömmlichen Modell geben Benutzer:innen „Theaterkarten kaufen“ in eine Suchmaschine ein, navigieren durch die ausgegebenen Websites, vergleichen Preise und tätigen schließlich ihren Kauf. Dieser Vorgang ist sehr fragmentiert. Stellen wir uns nun eine ganzheitlichere Alternative vor.

Ein Nutzer auf der Suche nach Theaterkarten beginnt ein Gespräch mit einer digitalen Plattform. Die Interaktion erfolgt dabei nicht rein textbasiert, sondern multimodal. Der Nutzer kann seine Präferenzen äußern, Bilder von bevorzugten Sitzplätzen hochladen oder Daten über frühere Ticketkäufe teilen, um bessere Empfehlungen zu erhalten.

Flankiert wird diese Multimodalität durch einen hohen Personalisierungsgrad. Die Plattform merkt sich vergangene Interaktionen, Vorlieben und Feedback. Mit der Zeit lernt sie dazu und passt ihre Antworten noch genauer an die Vorlieben der Nutzenden an. Noch performanter wird dieser Prozess durch die Fähigkeit der Plattform, Daten aus verschiedenen Quellen zu beziehen.

Der Nutzer muss nicht eigenständig verschiedene Websites nach Bewertungen, Preisen oder verfügbaren Sitzplätzen durchsuchen – diese Informationen konsolidiert die Plattform aus verschiedenen Quellen und gibt eine umfassende Antwort aus.

So wird das Sucherlebnis nahtlos und effizient. Plattformen nach diesem Prinzip gibt es schon seit einiger Zeit, allerdings sind diese oft kostspielig und stoßen auf Widerstand seitens der Verbraucher:innen. Die Nachfrage nach solchen Diensten wird jedoch steigen – zumal nun passende Instrumente leichter verfügbar sind.

Datenpflege – mehr als ein Hygienefaktor

Während anfrageorientierte Plattformen Einzug in unseren digitalen Alltag halten, gerät die fundamentale Rolle von Websites für den digitalen Auftritt von Unternehmen auf den Prüfstand. Traditionelle Websites können durch Dialoge mit digitalen Assistenten angereichert oder sogar abgelöst werden.

Dieser Trend ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits versetzt er Unternehmen in der Lage, ihre Nutzenden direkter und persönlicher anzusprechen. Andererseits treten sie aber ein gewisses Maß an Kontrolle an die Betreiber einschlägiger Plattformen ab. Dies kann zu einer übermäßigen Abhängigkeit von diesen Plattformen führen und es erschweren, direkte Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten.

Gepflegte Daten werden zudem immer erfolgskritischer. Aktuell werden die Auswirkungen veralteter Daten ein Stückweit dadurch gemildert, dass die organische Suche Nutzer:innen direkt auf die Unternehmenswebseite führt. Wenn eine Plattform jedoch Informationen in Echtzeit aggregiert, können veraltete oder falsche Daten künftig zum Ausschlusskriterium werden.

Nehmen wir als Beispiel eine Person, die eine Versicherung sucht, die eine bestimmte Behandlung anbietet. Hat ein Versicherungsunternehmen seine Polices kürzlich um ebendiese Behandlung erweitert, kann er dennoch bei der Suche durchs Raster fallen, wenn die Daten nur langsam aktualisiert werden und die Integration mit neuen Plattformen unzureichend ist. Durch diese Versäumnisse entgehen Unternehmen potenziell Geschäftschancen.

Online-Werbung und SEO neu denken

Auch das Online-Werbegeschäft wird vom Trend der generativen Suche nicht unberührt bleiben. Traditionelle Werbemethoden wie das Platzieren von Anzeigen auf Webseiten oder zwischen Sucherergebnissen bedürfen einer Überholung. In einer dialogorientierten Umgebung könnte sich der Schwerpunkt darauf verlagern, Angebote organisch in digitale Dialoge zu integrieren, abgestimmt auf die Wünsche der Nutzenden – ohne zu aufdringlich zu sein.

Auch die Suchmaschinenoptimierung (SEO) muss über traditionelle Taktiken, etwa den Fokus auf Keywords oder Backlinks, hinaus weitergedacht werden. Um in einem Meer aus Anfragen als der relevanteste und attraktivste Anbieter herauszustechen, muss ein Unternehmen genau verstehen, wie dialogbasierte Plattformen auf Anfragen reagieren und Ergebnisse priorisieren.

Benötigt nun jedes Unternehmen ein eigenes GPT? Unternehmen müssen generative KI nicht zwingend in ihren Geschäftsbetrieb integrieren. Sie müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, dass Verbraucher:innen sich bei ihren Interaktionen und in ihrem Entscheidungsprozess zunehmend auf generative KI stützen. Selbst wenn ein Unternehmen generative KI also nicht intern einsetzt, wird es seine Strategien an diesen Trend anpassen müssen, um weiterhin relevant und performant zu bleiben.

*Duncan Roberts, Associate Director & Futurist bei Cognizant Research, ist als Berater für digitale Strategie und Transformation in verschiedenen Branchen tätig – von der Satellitenkommunikation bis zur Bildungsbewertung. Bevor er zu Cognizant kam, arbeitete Duncan für eines der größten Verlagshäuser in Europa, wo er eine führende Rolle bei der digitalen Verlagsrevolution spielte, indem er half, Geschäftsabläufe zu transformieren und neue innovative Produkte einzuführen. Duncan hat einen Master-Abschluss in Philosophie und Klassischer Philologie der Universität St. Andrews.


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