Geringere Fertigungstiefe in der IT

Studie: Schlankere IT-Verhältnisse entstehen meist nicht auf Basis einer expliziten Strategie, sondern sind die Konsequenz der Outsourcing-Aktivitäten eines Unternehmens. Die IT-Verantwortlichen wollen dadurch mehr Zeit für die Business-Ausrichtung gewinnen. [...]

Unternehmen werden sich zunehmend von Teilen ihrer IT trennen und sie an Dienstleister übergeben. Die Reduzierung der Fertigungstiefe folgt jedoch meistens keiner gezielten Strategie, sondern ist einer Erhebung der Ardour Consulting zufolge eine logische Konsequenz der Outsourcing-Maßnahmen. Für die nächsten Jahre sagen die meisten IT-Verantwortlichen voraus, dass sich die Wertschöpfung in der IT reduzieren wird. Zwei von fünf erwarten durchschnittlich eine deutlich sinkende Fertigungstiefe in den IT-Organisationen, ein weiteres Viertel geht von einer leichten Verringerung aus. Demgegenüber gehen lediglich 13 Prozent der Unternehmen davon aus, dass die internen IT-Aufgaben anwachsen werden.
Bezogen auf den Einzelfall, gehört eine Reduzierung der Komplexität trotzdem nicht typischerweise zu den Kernstrategien der Firmen. Sie wird nur in jedem dritten Fall als explizite Zielsetzung formuliert, während 46 Prozent der über 120 befragten Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Mio. Euro für ihren Verantwortungsbereich die sinkende IT-Fertigungstiefe als Folge der eigenen Outsourcing- bzw. Cloud-Initiativen bewerten. Nur sieben Prozent wollen sich gegen diesen Trend entwickeln und geben an, den IT-Betrieb inhouse in den nächsten fünf Jahren sogar ausbauen zu wollen. „Unsere Kunden schauen heute differenzierter auf ihre eigene IT-Wertschöpfung. Sie holen unternehmenskritische IT-Aufgaben wieder herein, während andere, meist eher technische IT-Aufgaben konsequent ausgelagert werden“, zieht Jakob Rehäuser, Sourcing-Analyst bei Ardour, eine vorläufige Bilanz.
Dabei herrscht heute schon eine relativ große Einigkeit in der Frage nach dem Nutzen einer geringeren Fertigungstiefe. Für fast zwei Drittel der befragten IT-Manager entstehen laut der Studie dadurch Freiräume, die sie für eine stärkere Business-Ausrichtung nutzen möchten. Auch eine Befreiung von Aufgaben abseits der Kernkompetenzen oder eine Qualitätsverbesserung in der IT gehören zu den meist genannten Nutzeneffekten. Hinzu kommt in etwa jedem zweiten Fall die Erwartung, über weniger komplexe Verhältnisse in der IT positive wirtschaftliche Effekte erzielen und zu einer größeren „Atmungsfähigkeit“ (Anpassung von Supply an den Demand) gelangen zu können.
NACHTEILE
Es sind in den Augen der Unternehmen damit aber auch einige Nachteile verbunden. So vermerken 64 Prozent kritisch, dass sie im Zuge der geringeren Fertigungstiefe aufgrund der Auslagerungen von IT-Aufgaben die Verantwortung für Leistungen Dritter übernehmen müssen. Den Verantwortlichen ist bewusst, dass sie für schlankere, interne IT-Strukturen den Preis einer höheren Abhängigkeit von Providern zu zahlen haben. Hinzu kommt für 60 Prozent die Befürchtung, dass sich bei einer weiteren Verringerung der internen IT weniger flexibel auf die Bedürfnisse der Business-Abteilungen reagieren lässt.
„Zweifellos führt der verstärkte Einsatz externer Ressourcen zu einer Veränderung bei den Anforderungen und Skills“, gibt Rehäuser zu bedenken. „Es bedarf zunehmend spezieller Führungs- und Controllingqualitäten, über die sichergestellt wird, dass sich die Providerbeziehungen nicht bremsend auf die Entwicklung im Business auswirken, sondern im Gegenteil wirkungsvolle Impulse setzen.“ In der weiteren Zukunft sieht er hier, dass die Unternehmen die Probleme in den Griff bekommen werden, schließlich hätten andere Branchen wie etwa die Automobilindustrie schon lange eine enge Verflechtung mit Lieferanten etabliert. Erfolgskritisch wird sein, eine langfristige, vertrauensvolle, aber dennoch leistungsfähige Kunden-Lieferanten-Beziehung aufzubauen und (auch über Krisen und Konflikte hinweg) zu erhalten.
In der Phase des Wandels werden seiner Einschätzung nach viele Unternehmen jedoch keinen reibungslosen Übergang vollziehen können, weil es ihnen noch an Erfahrungen und Organisationsressourcen für den Umgang mit vielfältigen Auslagerungsprojekten fehle. „Es müssen Erfahrungen gesammelt und Strukturen aufgebaut werden, damit eine Reduzierung der Fertigungstiefe durch ein erweitertes Outsourcing nicht zu lauten Begleitgeräuschen führt. Aber eine an den Realitäten ausgerichtete Sourcing-Strategie wird schon alleine vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland und des sich verschärfenden Fachkräftemangels unabdingbar sein.“

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