Günstiger Schall-Visor leitet Blinde

Forscher an der Universität Carlos III zu Madrid (UC3M) haben eine Art Schall-Visor entwickelt, der Blinden die Orientierung im Alltag erleichtern soll. [...]

Das System sieht Entfernungen dank Stereo-Kameras und gibt diese Information in Form von Tönen an den Träger weiter. Dabei ist es deutlich kompakter als vergleichbare Ansätze. Bisher existiert zwar nur ein Prototyp, doch erwarten die Forscher, dass die Lösung letztlich nur rund 250 Euro kosten wird – womit sie ein vergleichsweise günstiges Hilfsmittel wäre.

„Ich begrüße die Forschung in diese Richtung, bin aber etwas skeptisch, was die Alltagstauglichkeit betrifft“, meint Daniele Marano, Experte für Technik und Barrierefreiheit bei der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen in Österreich, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur pressetext. Denn in der Praxis könnte das zusätzliche Geräusch eher eine Ablenkung und sogar einen Risikofaktor darstellen.

Bislang erhältliche vergleichbare Systeme zur Orientierungshilfe für Blinde und Sehschwache sind den UC3M-Forschern zufolge zu teuer und zu sperrig. Letzteres werde demnach oft von Betroffenen kritisiert. Ziel war daher eine kompaktere Lösung, die als günstige Ergänzung zu Blindenhund und Taststock geeignet ist. Um das zu ermöglichen, setzt der neue Prototyp auf eine Brille mit zwei Mikrokameras. Ein integrierter Prozessor analysiert den Unterschied zwischen den Bildern dieser Kameras, um so den Abstand zu Objekten im Blickfeld zu ermitteln – was im Prinzip dem Entfernungssehen des menschlichen Gehirns ähnelt.

Um diese Information an den Träger weiterzugeben, setzt die Lösung auf unterschiedliche Klänge, die Position und Entfernung von Hindernissen wiederspiegeln. „Um die Höhe darzustellen, gibt der Synthesizer bis zu acht verschiedene Töne aus“, so die Forscher. Eine für beide Ohren unterschiedliche Lautstärke wiederum dient als Richtungsangabe. Befindet sich ein Objekt beispielsweise eher zur Linken des Trägers, hört er es auf dieser Seite lauter. Der Nutzer kann dabei in sechs Stufen regeln, wie viel Information er bekommt – von einer einfachen Kollisionswarnung bis hin zu einer Umgebungsbeschreibung mit 64 gleichzeitigen Geräuschen.

Diese individuelle Einstellbarkeit des UC3M-Systems könnte helfen, potenzielle Probleme zu minimieren. „Ein Sehbehinderter ist stark auf sein Gehör angewiesen, wenn er sich in seinem Umfeld bewegt“, erklärt Marano. Eine Lösung, durch die ein Nutzer beispielsweise Autos im Straßenverkehr nicht mehr richtig hört, wäre somit letztlich eher ein Risikofaktor. „Die Nutzung eines Taststocks an sich erfordert schon einen hohen Grad an Konzentration“, weiß der Experte. Es bestehe also auch die Gefahr, dass ein akustisches Hilfsmittel eher eine ablenkende Reizüberflutung bewirkt.

Das spanische Team gibt sich indes zuversichtlich, was seine Lösung betrifft. Demnach haben acht Blinde den Prototypen in realweltlichen Umgebungen getestet. Das habe gezeigt, dass die Lösung durchaus Potenzial hat. Allerdings waren sich die Testpersonen einig, dass noch Verbesserungen nötig sind. Unter anderem muss die Abstandserkennung noch präziser werden. (pte)


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