Heimische KMU schöpfen Potenzial der Digitalisierung noch nicht aus

Das Digitalisierungsniveau der österreichischen KMU ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die vom Fachverband UBIT und der Wirtschaftskammer Wien und Niederösterreich in Auftrag gegeben wurde. [...]

Martin Heimhilcher (Spartenobmann Information und Consulting der WKW), Alfred Harl (Obmann Fachverband UBIT der WKO), Sonja Zwazl (Präsidentin der WKNÖ), Melanie Nimianu (Arthur D. Little), Jan Trionow (CEO Hutchison Drei Austria) und Dietmar Rößl (WU Wien). (c) FV UBIT / Kundrat

Was Digitalisierung betrifft, sind Österreichs KMU auf einem guten Weg. Das Digitalisierungsniveau von Österreichs KMU ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Demnach sehen die Unternehmen den Einfluss der Digitalisierung deutlich positiver als vergangenes Jahr und erhoffen sich durch die digitale Transformation neue Chancen für ihre Betriebe. 64 Prozent der Befragten orten das größte Potenzial in der Neukundengewinnung, 55 Prozent in Kostenersparnis. Als stärkste Treiber gelten Innovationsorientierung, Risikobereitschaft sowie Proaktivität. Betriebe, die in der digitalen Transformation fortgeschrittener sind, sehen sich durch die Digitalisierung weniger bedroht. „Rund 40 Prozent der stark fortgeschritten digitalisierten KMU erwarten dank Digitalisierung einen Beschäftigungsanstieg. Ein zunehmender Anteil sieht sich durch Digitalisierungsmaßnahmen im Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern“, so Melanie Nimianu von Arthur D. Little.

Trotz der positiven Entwicklung gibt es allerdings auch einen Wermutstropfen. Österreich hat im EU-Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) einen Platz verloren und belegt hinter Deutschland nur mehr Rang 13. Nach wie vor stehen die meisten KMU am Anfang. Nur zehn Prozent der befragten Unternehmen stuften sich selbst als „digital orientiert“ ein. Das ist die dritte Stufe auf einer vierstufigen Skala zur Digitalisierung. Die meisten KMU sehen sich als digitale Neulinge oder gerade am ersten Schritt aus diesem Stadium heraus. Als „digitaler Champion“ sah sich keiner der Befragten.

Dennoch wird das volle Potenzial noch nicht ausgeschöpft, es fehlt an Ressourcen und Know-how. „Digitalisierung ist bereits Realität. Umso wichtiger ist es, dass jede Branche ihre digitalen Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Chancen hebt. Diese Möglichkeiten müssen zugänglich und leistbar gemacht werden”, so Martin Heimhilcher, Spartenobmann Information und Consulting in der WK Wien. Sonja Zwazl, Präsidentin der WK Niederösterreich, setzt auf umfassende Service– und Beratungsangebote, wie etwa den Lehrgang „Digitale Transformation“ und das „Haus der Digitalisierung“: „Hier wurde ein virtueller Raum geschaffen, in dem Interessierte – vor allem KMU – praxisorientierte Informationen zum Thema Digitalisierung finden. Außerdem haben wir mit der NÖBEG Finanzierungshilfen geschaffen, damit auch kleinere Betriebe bei Investitionen nicht im Regen stehen gelassen werden.“ Aber nicht nur finanzielle oder infrastrukturelle Unterstützung wird benötigt, so Alfred Harl, FV-Obmann der UBIT und Obmann der Bundessparte Information & Consulting: „Die neue Regierung muss Digitalisierung wieder zur Chefsache machen – damit wir in den internationalen Rankings nach vorne kommen und so den Standort Österreich digital sichern.“

DSGVO weiterhin Hürde

Größte Hürde bei der Umsetzung der Digitalisierung ist nach wie vor die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Datenschutz und Cloud Services sind relevanter geworden. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (45 Prozent) bevorzugt die eigene Betriebsstätte als Speicherort; auswertige Speicherung – insbesondere in der EU – nimmt aber zu (2018: 17 Prozent, 2019: 23 Prozent). Während rechtliche Rahmenbedingungen 2019 nicht zu den Top-Herausforderung zählen, werden das Fehlen von Ressourcen, Umsetzungsplänen und -hilfen sowie die Relevanz von fehlenden bzw. schwer definierbaren Zielen häufiger genannt. So sehen 41 Prozent der Befragten, dass fehlende Finanzmittel eine der größten Herausforderungen darstellen; für rund 37 Prozent fehlt es an Know-how. Ein wesentlicher Punkt ist auch der Ausbau der IT-Infrastruktur: „5G ist der Schlüssel zur Digitalisierung“, hält Jan Trionow, CEO von Hutchison Drei Austria, fest. „Neben der neuesten Technologie und innovativen Lösungen werden wir Unternehmen weiterhin mit umfassendem Know-how unter die Arme greifen, damit Österreich ins Digitalisierungs-Spitzenfeld aufrückt.“

Im Rahmen der Studienpräsentation sagte Harl, dass es trotz der positiven Ergebnisse der aktuellen Digitaliserungsstudie 2019 noch großen Aufholbedarf gebe – dies treffe insbesondere auf die Bereiche Breitbandausbau und Fachkräfte zu. Digitalisierung sollte daher bei der nächsten Regierung wieder zur Chefsache gemacht werden.

Abschließend begrüßte er die unlängst beschlossene Verlängerung des Programms KMU Digital, fügte allerdings kritisch hinzu: “Nach langem Zögern haben wir vier Millionen Euro bereitgestellt bekommen, das ist allerdings nur ein kalter Tropfen auf den heißen Stein.”


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