Bei der aktuellen Veranstaltung der Reihe "IKT Trends 2020" stellte Reinhard Ploss von Infineon Technologies als Keynotespeaker einen möglichen Weg vor, die Zukunft der Industrie in Europa durch das Fokussieren von Kompetenzen zu gestalten. [...]
Reinhard Ploss, Vorstandsvorsitzender der Infineon Technologies, beleuchtete in seiner Keynote längerfristige industrielle Perspektiven, vor dem Hintergrund der gegenwärtigen europäischen Debatte zur Reindustrialisierung. „Um den Weg in die Zukunft zu gestalten, ist auch immer ein Blick zurück notwendig“, leitete Ploss seinen Vortrag ein. Nicht nur lokale Überlegungen, sondern globales Denken ist notwendig, um Europa für die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen. „Die Lösung kann dann durchaus im Lokalen liegen“, so Ploss. China wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. China hat heute noch einen großen Footprint im Bereich Fertigung, entwickelt seine Kompetenzen aber mit großem Tempo weiter.
Um Entwicklungen in Europa voranzutreiben, muss der Blick aus Europa gerichtet werden – d.h. nicht auf den Wettbewerb in Europa, sondern auf den globalen Wettbewerb, in dem Europa steht. Was sind die heutigen Herausforderungen? Wie kann sich Europa differenzieren? Bei welchen Kompetenzen hat Europa einen Vorsprung und wie lange kann dieser gehalten werden? „In der Chipherstellung hält ein Vorsprung maximal für ein bis zwei Jahre“, so Ploss. Für die Zukunft bedeutet das: Erst das Verknüpfen einzelner Kompetenzen miteinander bringt Nachhaltigkeit. Zentral für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg Europas sind die Key Enabling Technologies (KET), also Schlüsseltechnologien wie die Mikro- und Nanotechnologie – einschließlich Halbleiter. „Kompetenzen zu den richtigen Themen zusammenzuführen und das in der richtigen Geschwindigkeit“, damit kann laut Ploss der Weg in die Zukunft der Industrie in Europa gestaltet werden. Ploss warnt allerdings vor der „Verzettelung“ – „damit werden keine Brücken gebaut“. Infineon empfiehlt daher als Strategie für Europa, KET mit Pilot Linien (Pilot Lines) zu verbinden. Mit den Worten, „Innovationen in Kernkompetenzen“ und „den Dingen, die wir tun, Bedeutung zuordnen“, schließt Ploss seinen Vortrag.
Axel Freyberg von A.T. Kearney Deutschland gab im Anschluss einen Überblick über die Zukunft von High Tech in Europa. Es gilt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa zu steigern. Dazu ist ein Überblick über alle Bereiche der Industrie notwendig. Das Wachstum passiert im Moment in Asien. High Tech ist ein wichtiges Segment in Europa. Europa hat an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Wenig Innovation, die an den Markt gekommen ist, Ausbildungsproblematik und strategische Fehler in der Vergangenheit, auf was man fokussiert hat, sind nur einige der Punkte, die Freyberg als Begründung anführt. „Der Status von IKT und High Tech muss verbessert werden. IKT-Sektoren sind key enabler für andere Industriebereiche“, so Freyberg. Auch er empfiehlt, eine Fokussierung auf das, was gemacht werden soll und eine klare Entscheidung, was nicht gemacht werden soll. Eine Intensivierung der Kommunikation über IKT und ihre Wichtigkeit ist dringend notwendig.
Das anschließende prominent besetzte Panel stellte sich den Fragen von Moderator Richard Hagelauer, Johannes Kepler Universität Linz. Was muss Europa tun, um den großen Human Capital der Chinesen und auch der Inder entgegen zu halten? Das 20. Jahrhundert war das Jahr der Amerikaner. Wird das 21. Jahrhundert das Jahr der Chinesen oder auch der Inder? Alois Ferscha kontert hier mit einer Gegenfrage: Warum gibt es keine europäischen Unternehmungen, die einem Google, Facebook und Co gleich kommen würden? Ferscha beantwortet polemisch seine Frage selbst: Weil es zu wenig Garagen in Europa gibt. „Letztes Jahrhundert war das Jahrhundert der Amerikaner, weil es viele Garagen gegeben hat. Bill Gates hat in einer Garage begonnen.“ Unpolemisch formuliert, spricht Ferscha hier die Förderpolitik in Europa an.
„Auch mit Horizon 2020 werden in Europa keine Garagen gebaut.“ Freyberg ergänzt hier, nicht alle Sachen sind mit Geld zu lösen – Vorbilder schaffen, Erfolge feiern, mehr Kommunikation rund um die IKT ist mindestens genauso wichtig. Im Zusammenhang von Förderung von Forschung und Innovation, erwähnt Wolfgang Pribyl von Joanneum Research die Bedeutung der sozio-ökonomischen Aspekte unter dem Stichwort „die Mentalität der Managementstrukturen“, die Möglichkeit der gemeinsamen Nutzung von Labs und ebenso die Wichtigkeit der Kommunikation, wobei er betont, hier schon im Vorschulalter anzusetzen, um das Interesse für IKT zu wecken.
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