Erzählerische Elemente in Computerspielen wirken sich positiv auf die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse aus. Das zeigen die Psychologen Tobias Greitemeyer von der Universität Innsbruck und Daniel Bormann von der Universität Freiburg in einer aktuellen Studie. [...]
Erzählerische Elemente in Computerspielen können bei den Nutzerinnen und Nutzern die Illusion verstärken, Teil des Szenarios und der Handlung zu sein. Diese so genannte „Immersion“ wirkt sich positiv auf die Befriedigung psychologischer Grundbedürfnisse aus: auf das Streben nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Bezogenheit. Zudem kann die Simulation sozialer Erfahrung in Computerspielen die als „Theory of Mind“ bezeichnete Fähigkeit verbessern, Bewusstseinsvorgänge wie Emotionen, Bedürfnisse, Ideen, Absichten, Erwartungen und Meinungen bei anderen Personen zu erkennen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Psychologiestudenten Daniel Bormann von der Universität Freiburg und des Psychologen Tobias Greitemeyer von der Universität Innsbruck, die nun in der Fachzeitschrift Social Psychological and Personality Science veröffentlicht worden ist.
Die beiden Psychologen arbeiteten mit drei Gruppen von Probandinnen und Probanden, insgesamt 112 Studierenden der Universität Innsbruck. Zwei Gruppen spielten „Gone Home“, bei dem das Storytelling im Mittelpunkt steht: Die Teilnehmenden schlüpften in die Rolle einer US-amerikanischen Studentin, die nach einem Auslandsjahr ein leeres Zuhause vorfindet und erkunden muss, was mit ihrer Familie passiert ist. Eine Gruppe erhielt die Originalanweisungen, die andere bekam keine Informationen zur Handlung und sollte das Spiel nur hinsichtlich technischer Merkmale wie Grafik, Steuerung oder Sound testen. Die dritte Gruppe spielte „Against the Wall“, das zum Ziel hat, an einer endlosen Wand möglichst weit nach oben zu klettern – wobei keine erzählerischen Elemente im Spiel vorkommen. Alle Probanden gaben anschließend in einem Fragebogen an, wie stark sie ihrer Einschätzung nach beim Spielen Immersion, Autonomie, Kompetenz und soziale Bezogenheit erlebt hatten. Außerdem absolvierten alle einen Test, bei dem sie anhand eines kleinen Ausschnitts verschiedener menschlicher Gesichter auf die Emotion der abgebildeten Personen schließen sollten.
„Wie wir zuvor erwartet hatten, bedingte das Storytelling eine immersivere und befriedigendere Spielerfahrung“, berichtet Bormann. Allerdings kommt dem Forscher zufolge anderen Elementen des Spieldesigns wie dem Aufbau der virtuellen Umgebung oder der Möglichkeiten zur Interaktion mit ihr eine ähnlich große Rolle zu. Der Effekt auf die Theory of Mind war relativ klein, aber statistisch nachweisbar. Er trat nur bei jener Gruppe auf, die sich mit der Handlung von „Gone Home“ befasste. „Daraus folgern wir, dass die Auseinandersetzung mit den erzählerischen Elementen im Sinne einer sozialen Simulation diesen Effekt bedingte. Die oberflächlichen Spieleigenschaften sind dafür nicht relevant.“
Weitere Studien könnten den Forschern zufolge Aufschluss darüber geben, wie erzählerische Elemente in Computerspielen die Theory of Mind verbessern können. Auf dieser Grundlage wäre es langfristig vielleicht sogar möglich, Spiele für die Therapie von Störungen des Sozialverhaltens wie Autismus oder dem Asperger-Syndrom zu entwickeln. (pi)
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