Infineon startet EU-Projekte für Leistungselektronik und KI

Infineon startet zwei Projekte mit einem Gesamtvolumen von 130 Millionen Euro und mit 98 Partner aus 18 Ländern. Beide Projekte laufen drei Jahre und werden aus Investitionen der Industrie, Förderungen der einzelnen beteiligten Länder sowie dem europäischen Forschungsprogramm „Key Digital Technologies“ finanziert. [...]

Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria. (c) Infineon Technologies Austria AG/APA-Fotoservice/Tanzer

Mit dem „Green Deal“ hat die Europäischen Union das Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Um das zu erreichen, braucht es intelligente, emissionsarme Technologien mit einer digital starken, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Industrie in Europa. Forschung und Innovation bei Schrittmachertechnologien wie der Leistungselektronik sind entscheidende Katalysatoren in der Umsetzung des Green Deals.

„Für das Erreichen der Klimaziele sind Investitionen in Schlüsseltechnologien essenziell. Das geht über Forschung, Kooperation mit den besten Partnern und Innovationen mit echter Wirkung – wie hier hochgerechnet mit einem Einsparungspotenzial von 218 Millionen Tonnen CO 2. Mit den beiden Projekten tun wir genau das. Gemeinsam können wir schneller nachhaltige Produkte und Prozesse entwickeln und entscheidend zur Dekarbonisierung und Digitalisierung beitragen. Die Ergebnisse stärken die Industrie und den Standort Europa im globalen Wettbewerb. Sie bringen mehr strategische Autonomie für Europa und unsere Gesellschaft, sichern die Lieferketten und sind ein Turbo für eine energieeffiziente Zukunft“, sagt Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria.

Neue Generation von Energiesparchips

Das Forschungsprojekt „ALL2GaN“ (Affordable smart GaN IC solutions for greener applications), unter der Leitung von Infineon Austria, vereint 45 Partner aus zwölf Ländern mit einem Gesamtbudget von rund 60 Millionen Euro. Ziel ist es, das Energiesparpotenzial von hocheffizienten Leistungshalbleitern aus dem Halbleitermaterial Galliumnitrid (GaN) voll auszuschöpfen, sie leicht und schnell in viele Anwendungen zu integrieren und damit Emissionen zu reduzieren.

Energie effizient zu erzeugen, zu steuern und zu nutzen, ist ein entscheidender Hebel zur CO 2-Reduktion. Je weniger Energie dabei verschwendet wird, umso weniger Emissionen entstehen. Intelligente Technologien und neue Halbleitermaterialien wie Galliumnitrid (GaN) spielen hier eine Schlüsselrolle. Sie bringen mehr Leistung auf kleinem Raum, wandeln Energie hocheffizient und minimieren so den CO 2-Fußabdruck in digitalen Geräten.

Variabler „Werkzeugkasten“ für schnelle Integration

Nach der Entwicklung von kosteneffizienten GaN-Chips bei Infineon-Villach arbeitet das Forscherteam jetzt an einem entscheidenden Meilenstein: Die neuartigen GaN-Leistungshalbleiter werden modular aufgebaut und durch die Integrations-Toolbox leicht in viele Anwendungen eingebettet. Die Forschungen erstrecken sich von einzelnen Chipelementen, Hochleistungs-GaN-Modulen, über Chip-Designs bis hin zu neuartigen System-on-Chip-Ansätzen. Der Vorteil: Variabel anpassbare GaN-Systemlösungen bedeuten eine schnellere Integration in die Anwendungen, die Energieeffizienz steigt, die CO 2-Emissionen sinken.

Von der neuen, hochintegrierbaren GaN-Chipgeneration „Made in Europe“ werden die Telekommunikation, Datenzentren und Serverfarmen genauso profitieren wie die E-Mobilität, erneuerbare Energien und hocheffiziente Smart Grid Lösungen. Hochrechnungen zeigen, mit dieser neuen GaN-Chipgeneration im Durchschnitt 30 Prozent an Energieverlusten in den Anwendungen reduzieren zu können. Das entspricht in etwa 218 eingesparten Megatonnen CO 2 weltweit.

„GaN Technologien ebnen den Weg für Applikationen, die die Dekarbonisierung vorantreiben. Anwendungen wie mobiles Laden, Stromversorgungen von Rechenzentren, Solarwechselrichter für Privathaushalte und Onboard-Ladegeräte für Elektrofahrzeuge stehen kurz vor dem Durchbruch,“ so Adam White, Division President Power and Sensor Systems, Infineon Technologies AG. „Mit dem All2GaN Forschungsprojekt können nun Energiesparchips aus Galliumnitrid noch schneller entwickelt und dank der Integrations-Toolbox leicht in viele Anwendungen eingebettet werden. Das Forschungsprojekt eröffnet ein enormes Anwendungspotenzial und stiftet nachhaltigen Nutzen.“

Grüne Industrie 5.0 mit Künstlicher Intelligenz

Im zweiten EU-Forschungsprojekt EU-Projekt AIMS5.0 (Artificial Intelligence in Manufacturing leading to Sustainability and Industry 5.0), wird an smarten KI-Technologien zur ressourcenschonenden Fertigung in Europa geforscht. Ein 53-Partner starkes Konsortium von Produzenten, Zulieferern, Forschungsinstitutionen und KI-Spezialisten aus zwölf Ländern soll zum Wegbereiter für eine wirtschaftliche, ökologisch nachhaltige Industrie 5.0 und den europäischen Green Deal werden. Das Projektvolumen beträgt 70 Millionen Euro, geleitet wird das Projekt von Infineon Technologies in München.

KI-Technologien für Effizienzschub

Effizienz ist eines der obersten ökonomischen Prinzipien und kann durch sichere KI-Methoden noch weiter verbessert werden. Mehr Effizienz in den Prozessen bringt einen geringeren Ressourcenverbrauch in der Fertigung, bessere Produktqualität und durch die intelligente Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette auch ein robustes Lieferkettenmanagement. Im Sinne der Industrie 5.0 Ansatzes werden die Fertigkeiten der Mitarbeitenden für den KI-Einsatz qualifiziert und durch akademischen Partner junge Studierende bereits an die benötigten KI-Fertigkeiten in der Praxis herangeführt.

Das „AIMS5.0“-Team verfolgt erstmalig einen gemeinsamen KI-Ansatz über Branchen und Anwendungen hinweg. Es geht um die Entwicklung und Herstellung von Hard- und Software-Komponenten und eine sichere KI-Vernetzungsplattform. Die Ergebnisse stärken die Fertigung im Maschinenbau, in der Halbleiter-, Elektronik- als auch in der Automobilindustrie und schaffen resiliente Lieferketten in Europa.

„Mit diesem Projekt stellen wir die Technologien von morgen bereit. Mit KI-Forschung unterstützen wir eine moderne und nachhaltige Industrie. Davon profitieren die Partner unmittelbar und in Folge viele weitere Fertigungsbranchen. Es stärkt den gesamten Industrie- und Knowhow-Standort als auch die technologische Souveränität in Europa“, erklärt Thomas Morgenstern, Executive Director Frontend Infineon Technologies AG und ergänzt: „Gleichzeitig werden im Projekt auch die KI-Fertigkeiten der Mitarbeiter durch Trainings- und Qualifizierungsmethoden weiterentwickelt und die Mensch-Maschine-Interaktion verbessert.“

Forschungen starten am Infineon-Standort Villach

Die Auftaktveranstaltung und damit der offizielle Start beider Projekte findet am 23. Mai 2023 am Infineon-Standort Villach statt. Beide EU-Projekte werden vom KDT-JU (Key Digital Technologies Joint Undertaking) Programm der Europäischen Union und den beteiligten Ländern co-finanziert.

Henriette Spyra, Sektionsleiterin für Innovation und Technologie im Österreichischen Klimaschutzministerium: „Die beiden Infineon-Projekte zeigen uns sehr gut, dass in vielen scheinbar spezifischen, individuellen und technischen Optimierungsprozessen, wie dem Einsatz neuer Halbleitermaterialien für die Leistungselektronik oder die Verwendung avancierter KI für das Management von komplexen Lieferketten, gewaltige Potentiale für die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen stecken. Diese gilt es freizulegen und umzusetzen. Dann können diese Schrittmachertechnologien als ‚Tech4Green‘, als Antriebsmotor für die langfristigen Nachhaltigkeitstransformationen wirken.“

Yves Gigase, Direktor KDT JU: „Die Projekte leisten einen äußerst wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Portfolios des KDT JU. Sie befassen sich mit den Top-Prioritäten der aktuellen europäischen Politik, wie dem Green Deal. Es geht dabei um die Entwicklung von Leistungselektronik für energieeffiziente Anwendungen und die europäische digitale Autonomie mit der Einführung von KI in der industriellen Wertschöpfungskette zur Steigerung der Produktivität und einer nachhaltigeren Produktion. Mit dem Europäischen Chips-Act werden die Ergebnisse dieser Projekte in vielen digitalen Anwendungen eine noch wichtigere Rolle spielen.“


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