„Insider Navigation“: Augmented Reality Indoor Navigation aus Wien

Die TU Wien und das Startup-Unternehmen "Insider Navigation" entwickeln Software, die in das Live-Bild der Smartphone-Kamera automatisch die richtigen Wegweiser einblendet. [...]

Nur noch dreißig Minuten bis zum Anschlussflug. Bis dahin muss noch das richtige Gate und eine öffentliche Toilette gefunden werden, und ein schneller Kaffee wäre auch noch gut. In Flughäfen und anderen großen Gebäuden ist es oft schwer, sich zu orientieren – ganz besonders, wenn man im Stress ist. Der „Personal Indoor Assistant“, entwickelt von TU Wien und dem Startup-Unternehmen „Insider Navigation“, macht es nun einfacher, den richtigen Weg zu finden. Man muss nur die entsprechende App am Smartphone starten, die Software erkennt dann im Kamerabild anhand der Gebäudestruktur millimetergenau den Standort und kann direkt ins Live-Bild die passenden Wegweiser einblenden.

„Viele Navigations-Systeme verwenden GPS- oder WLAN-Daten“, sagt Hannes Kaufmann, Leiter des Teams für interaktive Mediensysteme an der TU Wien (Institut für Softwaretechnik und Interaktive Systeme). „Unser Ansatz ist ganz anders: Das Bild wird automatisch nach charakteristischen Punkten durchsucht und mit einer gespeicherten Karte des Gebäudes verglichen“, erklärt Kaufmann. Dadurch könne man die Position viel genauer bestimmen, eine Präzision im Millimeterbereich sei möglich. Gleichzeitig lasse sich auch leicht ausrechnen, in welche Richtung die Kamera gerade blickt.

Dadurch können Wegweiser und wichtige Informationen direkt ins Bild eingefügt werden. Man läuft durch den Flughafen und sieht auf dem Handy das Echtzeit-Bild der Umgebung, angereichert um hilfreiche digitale Zusatzinformation, die man gerade braucht. Man spricht von „Augmented Reality“.

TEST IN SCHWECHAT
Am Flughafen Wien-Schwechat wurde der „Personal Indoor Assistant“ bereits erfolgreich getestet.  Das mobile Tracking-System von TU Wien und Insider Navigation blendet nicht nur Hinweispfeile an, um den richtigen Weg anzuzeigen. Es liefert auch nützliche Zusatzinformation, etwa die persönliche Abflugzeit oder die verbleibende Wegzeit zum Abflug-Gate, oder Live-Updates, zum Beispiel über Gate-Änderungen. Nicht nur in Flughäfen oder Bahnhöfen, sondern auch in Shoppingcentern oder Krankenhäusern wäre die neue Technologie einsetzbar.

Um in einem belebten Raum zu funktionieren, der sich im Lauf der Zeit auch immer wieder verändert, muss das Ortserkennungssystem sehr flexibel sein. An der TU Wien hat man daher einen Algorithmus entwickelt, der die Umgebung auch dann zuverlässig erkennt, wenn das aktuelle Bild nur teilweise mit den gespeicherten Daten übereinstimmt. Tausende markante Punkte im Bild werden erkannt und mit der Datenbank verglichen. „Auch wenn mal 70 Prozent der Punkte verdeckt sind macht das nichts“, sagt Kaufmann. Am Gebäude selbst sind keine Änderungen nötig. Man braucht weder Sendeanlagen noch spezielle QR-Codes, genau wie ein Mensch erkennt der Algorithmus die Position alleine anhand der charakteristischen visuellen Eigenschaften der Umgebung.

Das System funktioniert ohne GPS und zusätzliche Hardware. Betreiber von Flughäfen und ähnlichen Einrichtungen könnten die Technologie in ihre bestehenden Apps integrieren, damit wäre sie für User kostenlos.

Clemens Kirner, Gründer und CEO von Insider Navigation, hat zusätzlich zu Indoor Navigation auch noch weitere Ideen: „Augmented Reality bietet für Betreiber und Mieter auch ganz neue Marketing- und Service-Möglichkeiten. Man kann abhängig vom Aufenthaltsort personalisiert Information einblenden – virtuelle Werbeplakate, 3D-Objekte und sogar Videos.“

AUS DEM LABOR AUF DEN MARKT
Der „Personal Indoor Assistant“ ist das Ergebnis eines Gemeinschaftsprojekts von TU Wien und der Firma Card-emotion, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert wurde. Aufgrund des Erfolges wurde „Insider Navigation“ gegründet, ein eigenes Startup-Unternehmen. Wichtige Komponenten der neuen Technologie sind bereits patentiert. „Für dieses Jahr sind bereits mehrere Pilotsysteme beauftragt. Ziel ist es bis Ende des Jahres den ersten Kunden online zu schalten. Nun sind wir gespannt, wo es überall zum Einsatz kommt. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.“ erklärt Hannes Kaufmann. (pi)


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