Integriertes Digital Marketing löst Bauchentscheidungen ab

Hartmut König, Leiter des Solution Teams von Adobe, verrät im Interview mit Computerwelt.at, wie Unternehmen ihr Web-Business durch vollständig integriertes Testen und Optimieren gezielt verbessern können – und was die letzten Trends im Online-Marketing sind. [...]

Was sind derzeit die Hauptprobleme ihrer Kunden?

Hartmut König: Es gibt derzeit einen klaren Trend zum „Empower the Marketing“ wie wir das nennen. Also flexibler auf Anforderungen des Business reagieren zu können: Schneller, häufiger, und selbständig reagieren können. Wir sehen dabei zwei Trendbereiche: zum einen die mobile Website, das Handy und den Tablet, vor allem das iPad. Zum anderen die Personalisierung der Angebote.

Was bedeutet Digitales Marketing heute? Welche großen Veränderungen hat es zu den letzten Jahren gegeben?

Man hat sich sehr lange mit Analytics beschäftigt, angefangen von reiner Logfile-Analyse. Die Frage lautete also: was passiert im Web, und wie passiert es. Die Optimierung wurde dann manuell gemacht. Heute aber kann ich schon sehr präzise testen und den Erfolg verschiedener Varianten einfach ausprobieren. Eine andere wichtige Zäsur ist das soziale Internet, das gar nicht sauber mit der Nutzung von mobilen Devices zu trennen ist. So wird etwa Facebook sehr oft am mobilen Device aufgerufen. 
Das Wesentliche gegenüber früher aber ist, dass Menschen ernst genommen werden und dass man ihnen mehr zuhört. Marketing-Botschaften sind heutzutage nicht mehr genug, vor allem bei junger Zielgruppe. Diese glaubt längst mehr ihren Freunden als den Botschaften der Hersteller.

In welchen Bereichen erzielen Unternehmen schon derzeit konkrete Vorteile durch integriertes Digital Marketing?

Wir beobachten das vor allem im Bereich Retail, also bei jeder Art von Online-Shop.  Hier können die größten Erfolge eingefahren werden, die sich auch sofort unmittelbar auf Umsatz und Gewinn auswirken. Bereiche wie Finance und Automotive produzieren zwar viel Content, aber aus meiner Sicht wird dort noch wenig optimiert. Man denkt noch nicht ausreichend darüber nach, wie der Content die Kunden erreicht. Retailer haben eine andere Beziehung zum wiederverkauften Produkt als der Autohersteller, der vom eigenen Produkt so überzeugt ist, dass er an echte Optimierung weniger denkt.

Was würden sie den Marketiers raten?

Sie müssen anfangen das Gespräch zu suchen. Der Betreiber der Webseite ist der schlechteste um die Webseite zu bewerten. Man braucht hier jemand der die Seite nicht kennt. Internes und externes ständiges Hinterfragen ist ganz wichtig. Viele Unternehmen sehen zwar Statistiken, aber sie reagieren nicht drauf. Die Frage muss sein: warum sind die Konversionsraten zu gering? Man muss hier analytisch vorgehen, und sich nicht nur auf Intuition verlassen. Es ist oft besser langsam aber stetig zu optimieren. Statt Revolution ist also Evolution angesagt. Und das führt dann unserer Beobachtung nach auch dazu, dass die eigene Produktpalette sinnvoll überdacht und neu ausgerichtet werden kann.

Was sind die entscheidenden Kennzahlen, die Unternehmen heute messen können sollten?

Das ist natürlich in erster Linie vom Geschäftsmodell des Betreibers der Website abhängig. Ein Automobilhersteller wird vor allem auf Leadgenerierung (also z.B. erfolgreiche Händlersuchen und Probefahrtvereinbarungen) Wert legen, während im klassischen E-Commerce eher Metriken wie Umsatz, Gewinn oder abgeleitete Metriken (z.B. durchschnittlicher Bestellwert und Umsatz pro Besuch/Besucher, insbesondere aber ROAS/Return On Ad Spend) im Vordergrund stehen. Für Medienunternehmen wiederum sind die gesehenen und/oder geklickten Anzeigen eher relevant. Damit verbunden sind dann auch Traffic-basierte Metriken wie Einstiegstiefe, Seitenansichten pro Besuch, Time spent on site usw. 
Allgemein kann man sagen, dass die klassischen Metriken des Webreporting (in Abgrenzung zur Webanalyse!) wie z.B. Besuche, (unique) Besucher, Seitenaufrufe etc. immer weniger beachtet werden. Und schließlich gibt es in jedem Unternehmen Verantwortliche für Spezialthemen, die sich dann auf ganz andere Metriken konzentrieren, z.B. Videoaufrufe, Videoansichten bis x Prozent des Videos, Download von Dokumenten oder Apps, Messung von In-App Events, Traffic über mobile Devices oder Device-Klassen (Smartphone/Tablets bzw. Android/iOS) etc.

Wie sieht der Prozess der Conversions-Optimierung idealerweise aus? Welche Schritte müssen Unternehmen gehen?

Es geht hier um die Zusammenarbeit zwischen Kreativen und Analytikern. Die Veränderung entsteht durch das Testen. Die Kreativen entwerfen Varianten, und diese werden getestet und live geschalten und im Zufallsverfahren an Kunden ausgegeben. Dann kann ich sagen, welche Variante die besten Werte hatte. Wenn ich Target-Gruppen unterscheiden kann, z.B. Geschlecht, Tageszeiten, etc. kann ich auch innerhalb dieser Gruppen testen und dann gezielt unterschiedliche Varianten nach unterschiedlichen Zielgruppen ausliefere. Beides basiert auf der Datenbasis. Diese ist das Wichtigste. 

Mehr Testing für Webseiten bedeutet aber auch erhöhten Aufwand für Graphiker und Web-Techniker, die unterschiedliche Sujets vorproduzieren müssen, sie haben heute von 200-300 Prozent mehr gesprochen – ist das den Aufwand wert und wie können gute Digital Marketing Lösungen den Aufwand gering halten?

Ich unterschreibe das für den Graphiker, aber nicht für den Programmierer. Viele Unternehmen setzen das noch falsch ein. Da kann bessere Technologie ein viel effizienteres Arbeiten bewirken. Eine pauschale Antwort hinsichtlich der Graphiker zu finden ist zu einfach. Da kommt es auf das Optimierungspotenzial an. Aber wer aufhört zu optimieren wird nach hinten durchgereicht und fällt aus dem Markt. Es gilt smart zu sein, und die Aufwände klein zu machen. Hier bieten wir intelligente Tools an, um Graphiken etc automatisiert zu bearbeiten.

Was können die Tools von heute besser?

Das wichtigste was wir besser können ist die Integration aller Bereiche, von der Werbung bis hin zur Optimierung auf der Webseite und der Messung. Dann kann man z.B. sagen, welche Kunden die von woher kamen die besten Conversion Rates hatten. Es lassen sich so alle Aktivitäten des Kunden inklusive Callcenter-Aktivitäten messen.

Gibt es Ansätze in Richtung Customer Relationship Software zu entwickeln?

Klares nein. Wir integrieren uns mit dem bestehenden CRM oder ERP der Kunden, von SAP bis Oracle. Wir positionieren uns als Analyse Partner, aber nicht als CRM Mitbewerber.

Wo und wie sollten Unternehmen im Web heute Werbung machen?

Ich würde keinen Schwerpunkt empfehlen, sondern über jeden Kanal immer wieder neu  optimieren und testen. Aus dem bestehenden Budget soll ein optimaler Mix mit möglichst hoher Konversionsrate generiert werden. Allerdings gilt es auch aufzupassen, nicht zu einseitig zu agieren und nur mehr auf maximale Conversion in bestimmten Kanälen zu setzen. Manchmal kann man sich auch zu Tode optimieren.

Welche Bedeutung haben Social Media heute im Online-Kommunikationsmix und worauf müssen Unternehmen Acht geben?

Man kann nicht mehr drauf verzichten. Es ist ein Werbekanal, man kann fokussierte Werbung schalten und Kunden bei ihren Bedürfnissen abholen. Zweitens muss man sich auch engagieren. Man muss auf Beiträge jeder Art reagieren, ignorieren geht nicht mehr! Facebook ist aber nicht die nächste Werbeplattform, sondern eine wo Kommunikation entwickelt werden soll. Und dazu gehört auch das Zuhören. Klassisches Marketing spricht mehr als es zuhört – und das ist die große Veränderung durch das Marketing 2.0.

Gibt es bereits Studien zu integriertem Website Marketing?

Neben diversen Analysten-Studien (z.B. Forrester: the Future of Interactive Marketing / April 2011), hat Adobe eine Vielzahl von Success Stories veröffentlicht, in denen beschrieben wird, welchen Mehrwert unsere Kunden aus dem integrierten Ansatz der Digital Marketing Suite ziehen. Sie sind zu finden unter http://www.adobe-solutions.de/home/ .

Wie aufwändig ist die Integration von Adobe Analyse und Optimierungswerkzeugen? Wie viel Zeit müssen ihre Kunden einplanen?

Wir haben zwei wichtige Aufgaben. Zum einen die technische Integration. Das muss einfach sauber gemacht werden, da geht es um Tage oder wenige Wochen. Der zweite Teil, bei dem wir Kunden unterstützen, ist der größere und wichtigere Teil: Was lerne ich effektiv aus den Daten und wie optimiere ich intern am Besten?

Was kostet die Integration der Digital Marketing Suite?

Alle Lösungen in der Digital Marketing Suite werden volumenbasiert bepreist. Das heißt je nachdem wie intensiv der Kunde unsere Lösungen verwendet, wird sein Lizenzpreis unterschiedlich hoch sein. Kleine Seiten bezahlen wenig, große mehr. Kunden starten mit kleinen Schritten und fügen dann mehr hinzu. Eine genaue Zahl anzugeben ist hier schwierig. Wir haben Kunden vom vier- bis zum siebenstelligen Bereich. 
Das Gespräch führte Roland Kissling.

ZUR PERSON:

Hartmut König ist Leiter des Solution Teams von Adobe, das derzeit in 16 Ländern aktiv ist und in der Presales Phase Vorschläge für Optimierung, Bereitstellung und Werbung im Web entwickelt.

Mehr Artikel

News

KI in der Softwareentwicklung

Der “KI Trend Report 2025” von Objectbay liefert Einblicke, wie generative KI entlang des Software Engineering Lifecycle eingesetzt wird. Dafür hat das Linzer Softwareentwicklungs-Unternehmen 9 KI-Experten zu ihrer Praxiserfahrung befragt und gibt Einblicke, wie der Einsatz von KI die IT-Branche verändert wird. […]

News

F5-Studie enthüllt Lücken im Schutz von APIs

APIs werden immer mehr zum Rückgrat der digitalen Transformation und verbinden wichtige Dienste und Anwendungen in Unternehmen. Gerade im Zusammenhang mit kommenden KI-basierten Bedrohungen zeigt sich jedoch, dass viele Programmierschnittstellen nur unzureichend geschützt sind. […]

News

VINCI Energies übernimmt Strong-IT

VINCI Energies übernimmt Strong-IT in Innsbruck und erweitert damit das Leistungsspektrum seiner ICT-Marke Axians. Strong-IT schützt seit mehr als zehn Jahren Unternehmen gegen digitale Bedrohungen, während Axians umfassende IT-Services einbringt. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*