Der Energie- und Versorgungssektor setzt zunehmend auf Intelligente Automatisierung, seit 2017 insbesondere auf KI. Ihr Potenzial unterschätzen deutsche und internationale Führungskräfte allerdings für Großprojekte, so eine neue Studie des Capgemini Research Institute. [...]
Die Ergebnisse der Studie Intelligent Automation in Energy and Utilities: The next digital wave zeigen, dass fast die Hälfte der Befragten den Nutzen ihrer Initiativen zur Intelligenten Automatisierung unterschätzt hat. Nur 18 Prozent der Unternehmen setzen sie in „Quick-Win-Anwendungsfällen“ ein und nur 15 Prozent der Befragten international sowie 13 Prozent der deutschen gaben an, dass ihr Unternehmen Intelligente Automatisierung in mehreren Anwendungsfällen im großen Maßstab umsetzt.
Die Studie betont, dass das traditionelle Geschäftsmodell der Energie– und Versorgungsunternehmen weltweit unter Druck steht, wobei sich technologische Veränderungen und ein zunehmender Wettbewerb bemerkbar machen. Automatisierung und KI können diesen Unternehmen helfen, Klimaschutzziele einzuhalten und die wachsende Nachfrage nach sauberer, kostengünstiger und zuverlässiger Energie zu befriedigen.
Deutsche Energie– und Versorgungsunternehmen bei KI-Nutzung im Mittelfeld
Die Studienergebnisse zeigen hinsichtlich des Umfangs, in dem Automatisierung eingesetzt wird, erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen sowie innerhalb der Branche:
- In Deutschland setzen bislang 13 Prozent der Energie- und Versorgungsunternehmen Intelligente Automatisierung weitgehend im großen Maßstab ein. In den USA sind es mit 23 Prozent bereits deutlich mehr, in Frankreich und Indien jeweils 16 Prozent, in Großbritannien erst 8 Prozent.
- Im Bereich der Öl- und Gasunternehmen berichtet ein Fünftel (20 Prozent) der Führungskräfte über mehrere große Anwendungsfälle; bei den Wasserunternehmen sind es nur 6 Prozent.
Die Branche der Energie– und Versorgungsunternehmen profitiert im Vergleich zu anderen Branchen bereits stark von Intelligenter Automatisierung, wenn es darum geht, den Betrieb effizienter zu gestalten sowie das Umsatzwachstum und die Kundenbindung zu steigern.
Torben Schuster, Head of Head of Insights Driven Energy Solutions bei Capgemini Invent, kommentiert: „Die Führungskräfte des Energie– und Versorgungssektors wissen jetzt, wie sehr sich Intelligente Automatisierung für sie lohnt. Um ihren Nutzen voll auszuschöpfen, sollten sie gezielt die Skalierung in mehr Anwendungsfällen möglich machen – insbesondere durch Investitionen in qualifizierte Mitarbeiter – und schnellstmöglich die niedrig hängenden Früchte pflücken.“
Intelligente Automatisierung nützlicher als angenommen – auch für deutsche Unternehmen
Einen besonders großen Nutzen bringt Intelligente Automatisierung in folgenden Bereichen:
- Ihr Kundenerlebnis konnten international 81 Prozent der befragten Unternehmen durch schnellere Reaktionszeiten verbessern, in Deutschland 82 Prozent. Im Durchschnitt aller Branchen war das international bei nur 60 Prozent der Unternehmen der Fall.
- 78 Prozent international und 75 Prozent in Deutschland sehen, dass weniger Arbeitsschritte im Zusammenhang mit Anfragen und Abschlüssen nötig sind. International über alle Branchen hinweg sind es 61 Prozent.
- 45 Prozent international und 38 Prozent in Deutschland haben einen Anstieg bei eingehenden Kundenkontakten verzeichnet. Im Durchschnitt aller Branchen waren es 27 Prozent.
- 40 Prozent der Führungskräfte international und 44 Prozent der deutschen gaben an, eine Qualitätssteigerung der Betriebsabläufe festgestellt zu haben. Im internationalen Durchschnitt der Branchen waren es 30 Prozent.
- International beobachten 32 Prozent, in Deutschland 26 Prozent eine Steigerung der Mitarbeiterproduktivität. Im internationalen Branchendurchschnitt sind dies ebenfalls 26 Prozent.
Fast jede zweite Führungskraft hat den Nutzen ihrer Initiativen zur Intelligenten Automatisierung bei folgenden Aspekten unterschätzt: Bei Kosteneinsparungen waren es international 47 Prozent der Führungskräfte, in Deutschland zu 44 Prozent, bei der Kundenzufriedenheit 48 bzw. 46 Prozent und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gewinnentwicklung 45 bzw. 46 Prozent.
80 Prozent der Unternehmen vernachlässigen „Quick Wins“
In Kernfunktionen setzen nur 18 Prozent der Energie– und Versorgungsunternehmen auf „Quick-Win“-Anwendungsfälle wie Prognose, Energiehandel, Ertragsoptimierung, Netzverhaltensschnittstellen und Beschwerdemanagement, die vergleichsweise leicht umgesetzt werden können und einen hohen Nutzen haben. Stattdessen konzentriert sich etwas mehr als ein Drittel der Energie– und Versorgungsunternehmen (38 Prozent) auf Anwendungsfälle, die zwar einfach zu implementieren, aber nur von geringem Nutzen sind.
Qualifikationslücke größtes Hindernis für großflächigen Einsatz Künstlicher Intelligenz
Allgemein ist die Akzeptanz von KI in der Branche gewachsen: Die Mehrheit (52 Prozent) der Befragten nutzt KI bereits in einer Reihe von Anwendungsfällen, während vor zwei Jahren lediglich 28 Prozent Pilotprojekte laufen hatten. Dennoch gab erst eine kleine Minderheit (15 Prozent) der Führungskräfte an, dass ihr Unternehmen Intelligente Automatisierung in mehreren Fällen im großen Maßstab einsetzt.
Hindernisse für die Skalierung sehen die Befragten im Bereich Qualifikation: Eine Mehrheit (55 Prozent) der Führungskräfte nannte hier einen Mangel an Mitarbeitern, die in Automatisierungstechnologien qualifiziert sind – wobei international auch 47 Prozent, in Deutschland sogar 52 Prozent zu geringe Anstrengungen zur Qualifizierung bestehender Mitarbeiter nannten. 42 Prozent international und 46 Prozent in Deutschland sehen Schwierigkeiten, Mitarbeiter mit den richtigen Fähigkeiten zu halten, während international 41 Prozent und in Deutschland 35 Prozent Widerstände der Mitarbeiter gegen das Erlernen neuer Fähigkeiten nannten.
Auch bei betriebswirtschaftlichen Herausforderungen sehen die Führungskräfte KI-Hindernisse: 37 Prozent international und 42 Prozent in Deutschland in einer zu geringen Koordination der verschiedenen Geschäftseinheiten, in mangelndem Führungsengagement international 35 Prozent und 39 Prozent in Deutschland. In einer Zurückhaltung beim Einsatz von Technologien, die menschliche Mitarbeiter ersetzen könnten, besteht international für 34 Prozent, in Deutschland für 25 Prozent ein KI-Hindernis.
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