Der globale Wettbewerb um technologische Fachkräfte verschärft sich. Eine aktuelle SThree-Studie zeigt, dass hochqualifizierte MINT-Spezialisten zunehmend internationale Optionen prüfen, mit spürbaren Folgen für europäische Unternehmen. [...]
Der internationale Arbeitsmarkt für technologische Berufe steht vor einer neuen Dynamik. Eine aktuelle Studie des internationalen Recruitment-Spezialisten SThree zeigt, dass mehr als ein Drittel der befragten MINT-Fachkräfte im vergangenen Jahr von Unternehmen im Ausland kontaktiert wurde. Über die Hälfte erwägt aktiv, den Standort zu wechseln.
Die Erhebung basiert auf den Antworten von 5.391 Fachkräften aus sechs großen Industrienationen – den USA, Japan, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Demnach plant jeder fünfte Befragte einen Umzug oder hat diesen bereits eingeleitet. Rund elf Prozent der globalen MINT-Belegschaft könnten demnach innerhalb eines Jahres in ein anderes Land wechseln.
Nationale Strategien zur Fachkräftesicherung
Die Studie ordnet die Migrationsbewegungen in den Kontext geopolitischer und wirtschaftlicher Strategien. Staaten investieren zunehmend in technologiepolitische Programme, um ihre Innovationskraft zu sichern.
In den USA sollen hohe Zölle, Exportkontrollen und Investitionsprüfungen die heimische Hightech-Produktion stärken. Japan verschärft die Aufsicht über ausländische Beteiligungen und fördert Forschung und Entwicklung mit einem Fonds im Umfang von zehn Billionen Yen. Der European Chips Act der EU zielt darauf ab, den europäischen Anteil an der globalen Halbleiterproduktion zu verdoppeln. Auch Großbritannien setzt mit dem „Advanced Manufacturing Plan“ auf technologische Eigenständigkeit.
Auswirkungen auf Unternehmen und Projekte
Die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte zeigt bereits spürbare Effekte. 49 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihren Unternehmen schwerfalle, ausgeschiedene Kollegen zu ersetzen. 81 Prozent bewerteten die Folgen des Fachkräfteverlusts als erheblich oder zumindest moderat, insbesondere durch Verzögerungen in laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten.
Zwischen den Ländern zeigen sich deutliche Unterschiede: In den Vereinigten Arabischen Emiraten planen 53 Prozent einen Wechsel, in den Niederlanden 47 Prozent und in Deutschland 44 Prozent. Japan weist dagegen mit sieben Prozent die geringste Umzugsbereitschaft auf.
Migration folgt neuen Arbeitswerten
Laut SThree-CEO Timo Lehne sind finanzielle Anreize nicht mehr allein ausschlaggebend. „Fachkräfte im MINT-Bereich ziehen nicht nur wegen höherer Gehälter um, sondern auch wegen Lebensqualität, Karriereentwicklung und Work-Life-Balance“, so Lehne. Entscheidend sei, dass Länder Rahmenbedingungen schaffen, die qualifizierte Arbeitskräfte langfristig halten und anziehen. Lehne warnt davor, dass Staaten, die auf starre Modelle setzen, Gefahr laufen, ihre besten Fachkräfte zu verlieren und so zur Ausbildungsbasis für andere Volkswirtschaften zu werden.

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