Robert Pumsenberger, CEO von conova communications, lässt im Gespräch mit der COMPUTERWELT das Jahr 2020 Revue passieren, erklärt, was wir aus der Corona-Krise lernen können und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das heurige Jahr. [...]
Inwiefern hat die Corona-Krise den Geschäftsverlauf 2020 Ihres Unternehmens beeinflusst?
2020 war in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Jahr. Neben den schon diskutieren positiven Effekten, hat es uns auch gezeigt, wie gut virtuelle Zusammenarbeit funktioniert. Ich kann uns und unserem Planeten nur wünschen, dass vieles davon erhalten bleibt. Ich meine dabei den Wegfall der vielen Geschäftsreisen und auch das teilweise unnötige Pendeln an den Arbeitsplatz. Auch wenn das für einzelne Branchen dramatische Auswirkungen hat, so bin ich doch überzeugt, dass dies unserem Klima sehr, sehr gut tun wird.
Unser Unternehmen konnte dank dem großen Engagement und Einsatz unserer Mitarbeiter von der Krise profitieren. So konnten wir vielen Kunden den Umstieg in das Home Office erleichtern, indem meine Kollegen zum Beispiel über Nacht mehrere hunderte Firewall-Freischaltungen eingerichtet und die entsprechenden sicheren Leitungsverbindungen geschaltet haben. Durch die Pandemie gab es bei den bisher eher traditionellen Unternehmen einen regelrechten Schub in Richtung Digitalisierung. Cloud-Ressourcen zu nutzen ist nun in Österreich praktisch kein Thema mehr – das zeigt sich beispielsweise auch bei den vielen Microsoft-Teams-Nutzern. Für uns bedeutet dies, dass wir mit unserer Strategie der managed hybrid Cloud richtig aufgestellt waren. Wir übernehmen den sicheren und performanten Betrieb und das Management der Ressourcen unserer Kunden – egal wo diese laufen.
Dabei zeigt sich auch, dass immer mehr Kunden ihre kritischen Infrastrukturen auf mehrere Standbeine aufteilen: Manches läuft in der public Cloud, Teile bei einem Outsourcer und immer noch gibt es viele Ressourcen, die on premise beim Kunden betrieben werden. Dabei sind der übergreifende Betrieb, das Backup und die laufende Optimierung aus einer Hand gefragt. Nur so lassen sich Kostenvorteile aus allen drei Welten lukrieren. Und auch das viel zitierte Thema Security spielt dabei natürlich eine immens wichtige Rolle. So ist spätestens seit Corona jedem Unternehmer bewusst, was es bedeutet, wenn die Verbindung zum Internet abreißt und seine Mitarbeiter nicht mehr auf die Cloud-Ressourcen zugreifen können. Wir haben dazu bereits Anfang des Jahres eigene direkte Express Routes in die Public-Cloud-Rechenzentren der großen Hyperscaler in Amsterdam und Frankfurt erreicht. Damit können wir nun unseren Kunden beispielsweise einen vollen SLA von unseren Rechenzentren bis in die Datacenter von Microsoft geben.
Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche bzw. auf Unternehmen auswirken?
Das erste halbe Jahr 2021 wird weiter so sein wie auch schon das letzte habe Jahr 2020. Viele Unsicherheiten, gepaart mit sicherlich vielen kritischen Momenten in manchen Branchen aber auch mit vielen neuen Chancen und der Hoffnung, dass es bereits ab dem Frühjahr wieder „normaler“ wird. Wohlgemerkt – mit einigen Lerneffekten, denn nicht alles, was wir als Menschen in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen haben, ist auch zu unserem Wohl gewesen.
Insgesamt rechnen wir mit einer leichten Stagnation des Wachstums. Einerseits stehen einigen Branchen durchaus harte Zeiten bevor, andererseits gehen wir davon aus, dass die Bedeutung und das Bewusstsein von und für IT, Telekommunikation und Digitalisierung weiter steigt. Der Kostendruck, der sicherlich auf die Krise mancherorts folgen muss, wird zu weiteren geschickten Automatisierungen und innovativen digitalen Lösungen führen. Also viele Chancen für die Branche, die es zu nutzen gilt.
Eine weitere Entwicklung, die wir auch aktiv selber mit unterstützen, ist der „kauf regional“-Gedanke. Bereits vor der Krise hat sich gezeigt, dass wir in Europa eine ungesunde technologische Abhängigkeit haben. Daher arbeiten wir aktiv an der großartigen Initiative von Bundesministerin Schramböck für eine Ö-Cloud mit. Wir finden es gut, dass diese stark auf der europäischen GAJA-X Initiative fußt. Das wird uns hoffentlich ein wenig Eigenständigkeit zurückbringen!
Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2020 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Die Grundregeln eines jeden Krisenmanagements haben sich auch 2020 bewährt. Transparente zeitnahe Kommunikation und nachvollziehbare Entscheidungen sind das A und O. Dazu haben wir viel positives Feedback für unsere kleinen Aufmerksamkeiten bekommen. Gerade in solch unsicheren und herausfordernden Zeiten muss man den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zeigen, wie wertvoll sie für einen sind. Aufgrund der langen Dauer der Krise und der Unabsehbarkeit ihres Endes, haben wir aber auch viel über Ängste und Sorgen gelernt. Je länger so eine Krise dauert und je massiver die Berichterstattung dazu ist, umso mehr haben die Menschen Zukunftsängste. So sind regelmäßige „Normalbotschaften“ und Erfolgsmeldungen ein ganz wichtiger Teil der Kommunikation geworden. Also zeigen, dass das Leben weiter geht.
Beruflich hat das Jahr zuerst große Unsicherheit und dann eine enorm hohen Arbeitslast gebracht. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Ihnen ist es zu verdanken, dass wir heuer aller Voraussicht nach das absolut beste Ergebnis in der Geschichte unseres Unternehmens erwirtschaften werden. Dass sie trotz der Unsicherheit und dem Wechsel ins Home Office mit viel Kreativität, Eigeninitiative und enormer Leistungsbereitschaft so hart gearbeitet haben, ist nicht selbstverständlich. Ganz klar ist, dass wir diesen Spirit für die Zukunft mitnehmen wollen. Die Krise hat uns also dahingehend stärker gemacht.
Wie gehen Sie persönlich bzw. im Job mit Lockdown, Home Office, Home Schooling und Social Distancing um? Mit welchen Strategien und Verhaltensweisen sorgen Sie für Ausgleich?
Ich bin in der glücklichen Lage, dass meine drei Söhne schon erwachsen sind und mich somit das Home Schooling nicht mehr trifft. Da meine Frau und ich immer beide gearbeitet haben, wäre das früher mit drei kleinen Buben sicher eine Herausforderung gewesen. Mein Ausgleich ist der Sport. Ich laufe leidenschaftlich gerne in den Bergen herum. Am liebsten natürlich mit meiner Frau oder mit Freunden. Und ich freue mich immer, wenn meine Söhne wieder zu uns kommen und an manchen Wochenenden alle wieder vereint sind.
Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2020?
Ich bin 2019 mit gut 50 Jahren als CEO in dieses Unternehmen gekommen, dessen Altersdurchschnitt der Mitarbeiter bei Anfang 30 liegt. Gerade in der jetzigen Pandemie konnte ich meine Erfahrung und mein Knowhow gut einbringen und uns einigermaßen sicher durch die Krise führen. Besonders stolz bin ich persönlich auf die Bestätigung, dass unsere Strategie einer managed hybrid Cloud so gut zu den aktuellen Anforderungen am Markt passt. Also zusammengefasst: Die Richtung und die Stimmung stimmen – was will man als Chef mehr. Dass meine Arbeit dann noch mit einer kleinen Auszeichnung belohnt wurde, freut mich natürlich auch. Anfang Oktober wurde ich vom European CEO Magazin als bester CEO des Jahres in der Kategorie IT Solution Provider ausgezeichnet.
Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2021 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Bei einigen unserer Kunden sehen wir, dass die Aufteilung auf Cloud-Ressourcen und eigene Infrastruktur nicht sauber gelöst ist. Da geht vielen Unternehmen aktuell Geld verloren. Eine Strategie für diese Ausrichtung sollte unbedingt auf die Agenda fürs nächste Jahr. Die Folge daraus ist, dass man sich viel intensiver mit der Bewirtschaftung der hybriden Infrastrukturen beschäftigen muss. Die Implementierung eines Infrastruktur-Ressourcen-Managers macht hier durchaus Sinn. Dieser gibt auf der Kundenseite vor, nach welchen Gesichtspunkten die Ressourcen optimiert werden sollen. Entweder kann er dann diese über eine einfache Oberfläche selber tun oder aber – was häufiger sein wird – er beauftragt seinen Infrastruktur Dienstleister dies um zu setzen. Hier ergeben sich also neue Formen von Partnerschaften, in denen der Dienstleister als Sparringpartner für die laufende Optimierung der Ressourcen agiert.
Daneben wird auch dem Thema Kosteneinsparungen in den von der Pandemie besonders betroffenen Branchen eine große Bedeutung bekommen. Die Gewinner der Krise werden aber bald wieder mit ihren Innovations- und Digitalisierungsinitiativen fortsetzen. Hier sehen wir viele spannende Projekte rund um Big Data und künstliche Intelligenz. Die Möglichkeiten, die sich hier bieten sind ja nahezu grenzenlos. Die Fähigkeit riesige Datenmengen über IoT-Sensoren zu generieren, in Big Data zu verarbeiten und mittels KI dann Entscheidungen in nahezu Echtzeit abzuleiten, wird meines Erachtens die Welt nachhaltig verändern. Also es bleibt aufregend und ich denke diese permanente Weiterentwicklung ist ja auch das, was uns alle in der Branche jedes Jahr aufs Neue motiviert.
Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat.
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