Seit 2015 ist Heinz Sitter CIO beim KELAG-Konzen. Seine erste Tätigkeit als CIO dieses Kärntner Leitbetriebes war das Zusammenführen von OT und IT. Im Interview spricht Sitter über die Herausforderungen bei der Digitsalisierung eines Energiedienstleisters. [...]
Was bedeutet die Auszeichnung für Sie persönlich und welche Auswirkungen hat sie in beruflicher Hinsicht?
Zuallererst ist das eine große Anerkennung für das Team und für mich, aber besonders für das Team. Die Auszeichnung zeigt, dass wir sehr gut und mit hohem Engagement zusammenarbeiten, mit dem Ziel die IT im Konzern weiterzuentwickeln. Sie zeigt ferner, dass wir einen Teamgeist haben, der die Umsetzung der Ziele möglich macht, weil jeder für den anderen einspringt und schließlich zeigt sie, dass wir mit den Fachbereichen jetzt noch mehr ins Gespräch kommen und dass die Wertigkeit der IT hier auch angehoben wird.
Es ist für uns schon eine sehr, sehr große Anerkennung der geleisteten Arbeit der letzten Jahre, nämlich dass wir ab 2015 IT und OT zusammengeführt haben; dass wir die IT professionalisiert haben; dass wir noch mehr ein Businesspartner für den Fachbereich geworden sind und dass wir jetzt mit den Fachbereichen in einer Partnerschaft miteinander Digitalisierungsprojekte umsetzen.
Was ist für Sie als CIO im Vergleich zu anderen Branchen anders?
Wir sind Infrastrukturbetreiber und damit ist bei uns bei der Transformation natürlich immer das Zusammenspiel gefragt zwischen einerseits den Services, die rund um die Uhr und in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden müssen, also die Versorgungssicherheit betreffen (z.B. SmartGrids), und den Dienstleistungen, die den Kunden und die Vermarktung betreffen. Das sind Dienstleistungen, wie Webshops, bei denen der Kunde Strom-Produkte kaufen kann.
Sicherheit bei kritischer Infrastruktur ist natürlich ein hohes Gut, gleichzeitig wollen sie kundenorientiert sein. Schließt das Eine das Andere nicht aus?
Security und Kundenbedarf schließen einander nicht ganz aus. Das soll Hand in Hand miteinander funktionieren. So ist ein Kunde nur dann zufrieden, wenn er eine sichere Applikation oder ein sicheres Produkt bekommt, das einerseits den Standards entspricht, andererseits aber auch nicht von anderen einsehbar ist, was den Datenschutz betrifft. Freilich soll alles leichter gehen: Convenience steht ganz oben auf der Wunschliste, aber manchmal muss man hier ein paar Abstriche machen. Tatsächlich mindert das den Komfort kaum, bekommt der Kunde doch höchstmöglichen Komfort, gemeinsam mit der höchstmöglichen Sicherheit.
Was waren bisher Ihre Meilensteine, die Sie in punkto Digitalisierung umgesetzt haben und was soll noch kommen?
Eines unserer größten und wichtigsten Projekte war sicherlich die Einführung von Smart Metering. Ein weiterer Meilenstein betrifft das Thema Security, konkret die ISMS-Einführung (Information Security Management System). Weitere Themen im Fokus sind die Einführung von SAP S/4 sowie die IT als Businesspartner im Unternehmen auszuprägen. Das letztgenannte Thema ist ein Dauerbrenner. Hier sind wir sehr gefragt, denn dabei geht es um Prozessverbesserungen, um Steakholder-Management, um Governance-Themen.
Wie sehr fällt Umsetzung die Digitalisierungsstrategie in ihren Bereich und wie sehr spielen die anderen Führungskräfte des C-Levels hinein?
Die KELAG hat natürlich eine Digitalisierungsstrategie, aber auch eine Digitalisierungsroadmap. Diese ist sehr stark mit der Konzernstrategie und mit der IT-Strategie, so wie mit den Fachbereichsstrategien synchronisiert. Der Konzernvorstand ist hierbei ein starker Treiber und stärkt den Rücken der IT, was die Umsetzung der Projekte betrifft, die hier eine zentrale Rolle spielt. Es gibt bei der KELAG zudem ein Digital Lab, das in der Unternehmensentwicklung angesiedelt ist. Eine Stärke der KELAG ist, dass wir entsprechende Boards haben, die sich sehr gut abstimmen, was die Prioritäten bei der Digitalisierung und Digitalisierungsprojekten betrifft. Die Digitalisierungsprojekte setzen wir dann – abgestimmt mit dem Vorstand und mit der Konzernstrategie – Hand in Hand mit den Fachbereichen um.
Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit dem Digital Lab vorstellen? Liefern Sie auch Input oder nehmen und arbeiten Sie mit den dort gewonnen Erkenntnissen?
Sowohl als auch. Es gibt eine starke Vernetzung und Abstimmung mit dem Digital Lab: Welche Projekte machen wo Sinn? Welche Projekte machen einen wirtschaftlichen Sinn beziehungsweise welche sind auch gesetzlich getrieben?
Ein großes Anliegen der KELAG ist Umweltorientierung. Welche Maßnahmen setzen Sie diesbezüglich und was kann die IT hier bewirken?
In Bezug auf das Thema Green IT kann die IT Einiges bewirken. So achten wir darauf, wie wir unser Rechenzentrum betreiben beziehungsweise wie wir unsere Services anbieten, was zum einen die Servicequalität angeht, zum enderen auch den Energieverbrauch und die Energielieferung betrifft. Wir unterstützen weiters die Projekte, die in Richtung erneuerbare Energie gehen.
Spielt im Bereich Green IT auch die Anschaffung von refurbished oder generalüberholten Geräte eine Rolle?
Ja, das spielt natürlich auch eine Rolle. Wir bewerten laufend, wo der Einsatz von refurbished Geräten Sinn macht, wo es einen Kostenvorteil bringt und wo es auch aus sicherheitstechnischen Überlegungen umgesetzt werden kann.
Wie viele Mitarbeiter haben Sie? Wie schwer ist es, qualifiziertes Personal zu finden? Machen Sie interne Schulungen?
Wir haben ca. 100 Mitarbeiter. Einerseits haben wir einen Ausbildungsplan, der regelt, wie wir die Mitarbeiter zukunftsfit bekommen bzw. wie wir sie auf die aktuellen Herausforderungen schulen und weiterbilden können? Wir arbeiten stark mit Universitäten zusammen. Jede Ausbildung, die ein Mitarbeiter freiwillig in Form von höheren technischen Lehrgängen an Universitäten oder Fachhochschulen macht, werden bei uns unterstützt. Wir haben hier entsprechende Arbeitszeitmodelle. Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch Weiterbildungsmaßnahmen, die die Mitarbeiter auf dem Stand der Technik halten sollen.
Das Rekrutieren von Mitarbeitern ist natürlich ein Thema, und auch in Zeiten von Corona nicht besser geworden ist. Es gibt bei uns in Kärnten zu wenig gutes Personal, das von den Universitäten abgeht und aufgenommen werden kann. Es stehen einfach viel zu viele Firmen bereit, um die Mitarbeiter abzuwerben. Zudem zieht es sehr viele aus Kärnten in die weite Welt. Es ist wirklich sehr schwierig. Es hilft, dass wir ein sehr stabiles Unternehmen sind und sehr interessante Arbeitsplätze anbieten können – auch in der IT.
Wie sehr hat Sie die Corona-Pandemie in der Digitalisierung beeinflusst?
Einerseits hat Corona das ganze Thema Homeoffice sehr beflügelt. Homeoffice funktioniert, aber natürlich nur in bestimmten Bereichen. Wir als IT waren sehr gut darauf vorbereitet. Eine Befragung seitens unseres Krisenmanagements hat ergeben, dass wir als IT sehr positiv wahrgenommen worden sind, dass alles reibungslos funktioniert hat, dass auch zuhause die Services genutzt werden konnten.
Auf der anderen Seite hat es Projekte eingebremst, weil sich die Zusammenarbeit von Unternehmen und Zulieferern über Videokonferenzen, sowie das ganze Thema Remote zu arbeiten erst einspielen musste.
Sehr viele Projekte funktionieren leider nicht von der Ferne aus, da muss man vor Ort sein. Da hat es Verzögerungen gegeben. Es war eine zweischneidige Sache. Im Bereich Homeoffice haben wir sehr gute Ergebnisse erzielt und in bestimmten Bereichen sogar Effizienzgewinne gehabt, weil man zuhause ruhiger hat arbeiten können. Auf der anderen Seite sind Inbetriebnahmen verzögert worden. Programmierungen und ähnliches funktionierte wiederum problemlos.
Wie sieht es mit dem Erkunden und Erschließen neuer Geschäftsbereiche bei der KELAG aus?.
Hier wir haben eine Taskforce, die sich mit diesem Thema beschäftigt und jeden Prozessschritt gründlich hinterfragt, ob es sinnvoll ist, auch digitale Hilfsmittel einzusetzen, zu automatisieren beziehungsweise Dinge wegzulassen.
Gehört diese Taskforce zur IT?
Das ist eine Projektgruppe, die sehr stark aus der Unternehmensentwicklung getrieben wird, aber auch sehr stark aus den Fachbereichen, und natürlich ist die IT auch dabei.
Sind Sie als kritisches Infrastrukturunternehmen mit anderen Infrastrukturunternehmen vernetzt und tauschen sie sich auch in der EU mit ihren Branchenkollegen aus?
Ja, das tun wir. Wir sind sehr stark vernetzt mit den anderen österreichische Energieanbietern. Wir haben dementsprechend auch Arbeitskreise, die sich mit kritischer Infrastruktur beschäftigen, aber auch mit Security. Auch in der EU gibt es einen Austausch über Arbeitsgruppen, die dafür sorgen, dass wir stets auf dem letzten Stand sind und von anderen europäischen Ländern lernen können.
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