CANCOM Converged Services: „Partnerschaft auf Augenhöhe“ 

ITWELT.at sprach mit Martin Ellesch, Vice President Managed Services der CANCOM Austria Gruppe (CANCOM Converged Services) darüber, inwieweit Managed Services das Problem des Fachkräftemangels abfedern können. [...]

Martin Ellesch, Vice President Managed Services der CANCOM Austria Gruppe (c) Klaus Regensburger
Services der CANCOM Austria Gruppe (c) Klaus Regensburger

Ist der Fachkräftemangel ein Dauerthema oder ist Entspannung in Sicht?

Der Fachkräftemangel ist leider ein Trend, der sich zu einem Dauerthema entwickelt hat. Ich befürchte, dass sich das Problem noch weiter verschärfen wird. Die IT ist bekanntlich äußerst schnelllebig und die Anforderungen ändern sich rasch. Dazu kommen diverse Regulatorien wie NIS 2 und DORA. Im IT-Security-Umfeld sind Unternehmen mit den zahlreichen und sich rasch ändernden Bedrohungsszenarien konfrontiert. 

Erschwerend kommt die anstehende Pensionierungswelle der 1960er Jahrgänge hinzu. Besonders im öffentlichen und dem Gesundheitsbereich muss man sich heute darüber Gedanken machen, wie man damit umgehen wird, wenn mehr als jeder Dritte bis 2040 in den wohlverdienten Ruhestand treten wird.

Mit anderen Worten: Die internen IT-Abteilungen haben heute schon in vielen Fällen ihre liebe Not, die umfangreichen Basisanforderungen zu erfüllen. Dazu müssen sie sich mit den genannten Themen auseinandersetzen. Darüber hinaus sollten sie noch der Innovationshub und der Digitalisierungspartner für das Unternehmen sein. Irgendwann geht sich das alles nicht mehr aus. 

Da ich früher bei einem großen Telekommunikationsunternehmen gearbeitet habe, kenne ich die Situation in anderen Ländern sehr gut. In den Niederlanden zum Beispiel fährt man ein Modell mit Steuerbegünstigungen, um Fachkräfte ins Land zu holen, die sonst wahrscheinlich nicht gekommen wären. Obwohl das Programm nach fünf Jahren ausläuft, bleiben diese Fachexperten in der Regel im Land, weil sie dann schon sehr gut verwurzelt und integriert sind. In Österreich ist es für ausländische Fachkräfte schwer, die bürokratischen Hürden und die oftmals zeitintensiven Prozesse zu überblicken. Das heißt, die Politik in Österreich müsste umdenken und neue Anreize schaffen. Bei der Digitalisierung liegt Österreich derzeit im europäischen Mittelfeld, wir sind nicht schlecht, aber auch nicht im oberen Drittel – eine Ausnahme ist die oft erwähnte 5G-Versorgung, die sich in einem kleinen Land wie Österreich zielgerichteter umsetzen lässt. Wir müssen darauf achten, dass wir aufgrund des Fachkräftemangels nicht in eine Abwärtsspirale geraten. Daher ist es höchste Zeit, dass wir etwa auf Experten-Programme setzen und Talente möglichst früh abholen.  

Wie macht das CANCOM selbst? Die Fluktuation scheint bei Ihnen nicht sehr groß.

Richtig, die Fluktuation ist bei uns sehr überschaubar. Das heißt aber nicht, dass wir nicht ebenfalls vom Fachkräftemangelproblem betroffen wären. Hatten wir früher rund 50 Rückmeldungen auf ein Jobangebot, sind es heute zwei bis fünf. Bei Jobs mit Spezialprofilen sind wir meist auf Headhunter angewiesen. Daher ist es, wie gesagt, wesentlich, Talente möglichst früh auf dem Bildungsweg abzuholen, also zum Beispiel bei Berufsmessen oder in Schulen. Viele unserer Kollegen und Kolleginnen sind über Praktika zu uns gekommen, die erkannt haben, dass es „cool“ wäre, bei uns zu arbeiten. Es geht aber nicht nur darum Talente abzuholen, sondern diese auch gezielt zu fördern. Wir investieren bewusst in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und schaffen mit Maßnahmen wie Zertifizierungen, Hersteller-Partnerschaften und Ausbildungsprogrammen eine Kultur, die Weiterentwicklung fördert und gemeinsames Wachstum möglich macht.

Wenn man sich die Entwicklung der IT der letzten Jahre ansieht, müsste es derzeit einfach sein, junge Menschen inhaltlich zu überzeugen. 

Ja, klar, es passieren viele spannende Sachen und es erfolgen laufend technische Innovationen. Gleichzeitig ist die IT-Welt sehr komplex, was vielleicht einige abschreckt. Dazu kommt, dass das IT-Image, das in Schulen vermittelt wird, wenig mit der Realität des Berufslebens zu tun hat.

Wie können Sie potenzielle Mitarbeitende überzeugen? 

Ein großer Vorteil ist, dass man bei uns mit den unterschiedlichsten Kunden in verschiedenen Branchen arbeiten kann, außerdem hat man die Chance, am Puls der technologischen Entwicklung zu agieren.

Auch die positive Arbeitskultur und ein motivierendes Umfeld sind wesentliche Faktoren, auf die wir setzen. Neben dem inhaltlichen Fokus auf technologische Zukunftsthemen ist es uns wichtig, dass wir auf die Bedürfnisse unserer Kolleginnen und Kollegen eingehen und die internen Rahmenbedingungen bzw. das Arbeitsumfeld entsprechend dem Puls der Zeit gestalten. Wir leben tagtäglich eine Kultur des respektvollen Miteinanders, setzen auf Eigenverantwortung und entwickeln uns gemeinsam auf Augenhöhe weiter. Das spiegelt sich nicht nur in der geringen Fluktuation, sondern letztendlich auch in den hohen Qualitätsstandards unserer Services wider. Darauf sind wir besonders stolz, das zeichnet uns aus.

Suchen Sie eher Spezialisten oder Generalisten?

Wir haben uns früher auf Spezialisten konzentriert, heute brauchen wir mehr Generalisten als zuvor, weil sich der Ansprüche der Kunden weiterentwickelt haben. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Organisation wider: Wir haben einerseits unsere Business Unit als Basis und darüber eine Vertikalisierung über Branchen. Unsere Experten und Expertinnen können beispielsweise in den Bereichen Manufacturing, Healthcare, Service-Provider und Utilities Grandioses bewegen. Wir nennen das Industry Oriented Operations and Delivery. Das macht den Unterschied zu Anbietern aus, die etwa nicht zwischen einem Healthcare-Kunden und einem Service-Provider differenzieren können. 

Wie unterstützen Sie Kunden beim Stemmen ihrer Personalprobleme? 

Allein aufgrund unserer Größe können wir ganz andere Skaleneffekte bieten als eine interne IT. Wir sind auch in der Lage, die meisten IT-Themen effizienter zu betreiben. Indem wir auf Wunsch die unliebsamen Bereiche übernehmen, schaffen wir bei unseren Kunden den Freiraum für die wichtigen Digitalisierungsthemen. 

Also klassisches Outsourcing?

Wir sind in der Lage ein breites Spektrum an Services anzubieten. Da gehören auch klassisches Outsourcing mit Personalübernahme oder punktuelles Outtasking dazu. Wir haben auch standardisierte Managed Services und eigens entwickelte Platformservices im Programm. Jeder Kunde ist anders und hat somit andere Bedürfnisse und Ansprüche an seine IT. Unser Motto lautet „das richtige Service für den richtigen Kunden“. Mit unserer vielfältigen Mannschaft sind wir in der Lage, unsere Kunden dort abzuholen, wo sie gerade stehen, und sie auf dem Weg zu mehr Sicherheit, Standardisierung und Innovation zu begleiten.

In welchen Bereichen ist die Nachfrage nach Managed Services derzeit am größten? 

Bedingt durch die Konjunkturschwäche und damit verbunden durch den generellen Aufnahmestopp ist derzeit die Nachfrage im Manufacturing-Bereich groß. Dazu kommen Kunden in den Bereichen Healthcare und Utilities sowie Telekommunikation, wo der Outsourcing- und Outtasking-Grad generell sehr hoch ist. In Österreich beobachten wir in den letzten Jahren auch starke Nachfrage aus dem gehobenen Mittelstand. Besonders hier hat man erkannt, dass es gewinnbringend ist, wenn man sich auf einen starken Partner verlassen kann. Denn so kann man sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.

Was die Verfügbarkeit betrifft, so können wir auf Carrier-Grade-Niveau liefern, das heißt 24×7 Betrieb mit höchster Ausfallsicherheit – das ist unser Steckenpferd, aus diesem Bereich kommen wir. Auf Wunsch skalieren wir natürlich auch hinunter. In der IT ist es generell so: Unten beginnen und hochskalieren ist deutlich schwieriger als umgekehrt. Die Möglichkeit der flexiblen Skalierung ist der größte Vorteil der Managed Services. Die Skalierung begleitet Unternehmen beim Wachstum. Man kann aber auch sehr schnell wieder herunterfahren, wenn notwendig. Auf diese Weise lässt sich das System sehr flexibel auf den jeweiligen Bedarf anpassen. Interne IT-Abteilungen zu betreiben bedeutet immer auch ein progressiv steigendes Maß an Sekundärkosten mitfinanzieren zu müssen, egal wie sich die wirtschaftliche Situation entwickelt. 

Wie skaliert CANCOM selbst? 

Durch Automatisierung und Standardisierung. Das Besondere dabei ist, dass wir trotzdem in der Lage sind, uns an unsere Kunden individuell anzupassen. Das schaffen wir mit einem modularen Servicekatalog. Damit können wir aus relativ einfachen standardisierten Bausteinen komplexe Services bauen. Und wir sind nicht nur in unseren Abläufen und Strukturen agil. Wenn einer unserer Mitarbeiter bei einem Kunden nicht mehr benötigt wird, wird er anderweitig eingesetzt. Wir entwickeln ihn weiter, schulen ihn um. Das ist auch einer der Gründe, warum die Fluktuation bei uns so niedrig ist. Wir sind kein Hire-and-Fire-Unternehmen.

Was ist die unterste Unternehmensgröße, die Sie mit Ihrem Managed-Services-Angebot adressieren? 

Als groben Richtwert kann man eine Beschäftigtenanzahl von 150 heranziehen. Das variiert natürlich stark nach Unternehmensstruktur und Branche. Wichtig ist vor allem der Wille zur Innovation und die Bereitschaft zum Wandel – insbesondere wenn man daran gewöhnt war, die IT Bedürfnisse vollumfänglich inhouse zu stemmen. 

Was wir machen, ist, Unternehmen beim Wachstum zu begleiten und Freiräume zu schaffen, damit sie ihren transformativen Aufgaben nachkommen können. Kleinere Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich an unseren CANCOM Cloud Marketplace wenden, auf dem wir viele Cloud-Anwendungen führender internationaler Hersteller anbieten, aber auch eigene CANCOM Services.

Wie sieht bei Ihnen der typische Ablauf in Sachen Managed Services aus? 

Wir arbeiten eng mit dem Kunden zusammen und erstellen ein gemeinsames Bild des Status quo und der strategischen Ziele des Unternehmens. Dabei ergänzen wir die technische Perspektive mit ökonomischen und strukturellen Betrachtungen. Nachdem wir die Anforderungen des Kunden abgeholt haben, setzt sich ein internes Gremium zusammen, das bewertet, ob wir diese in der notwendigen Güte und in dem gewünschten Umfang erfüllen können. Es folgt die Solution-Architecture-Phase, in der wir mit Hilfe von vorgefertigten Questionnaires die Ökosysteme in der IT analysieren. Mit diesem Fragenkatalog können wir eine initiale Bewertung abgeben und gemeinsam mit dem Kunden Potenziale für Synergien definieren sowie transformative Themen festgelegen. Es ist wesentlich, alle relevanten Themen vor Beginn der Partnerschaft auf den Tisch zu legen, damit es nach zwei, drei Jahren nicht heißt: Wir haben den Kunden schlecht beraten. 

Inwieweit besteht noch eine psychologische Schwelle, wenn es darum geht, sich einem externen Dienstleister anzuvertrauen? 

Nachdem ich den Bereich bei CANCOM übernommen habe, konnte ich mir ein genaues Bild von den Kundenbeziehungen machen. Es gibt aus meiner Sicht zwei Welten: Jene, die gleichsam „zwangsbeglückt“ wurden, und jene, die das Thema Outtasking mitgestalten können. Es ist immer besser, wenn man Kunden – und hier besonders die IT-Abteilung – für das Thema begeistern kann, als wenn man vom Vorstand dazu gezwungen wird. 

Was war der Grund, Ihre Abteilung ins Leben zu rufen – und wie ist sie organisiert? 

Wenn man die Wertschöpfung in unserem Unternehmen historisch betrachtet, dann waren wir in der Vergangenheit eine Pyramide mit dem Systemintegrationsgeschäft als Basis. Wir wollten das Modell verbreitern und haben eine Neuausrichtung gewagt. Das heißt zum Beispiel: die Aufwertung der Managed Services gegenüber der bis dato dominierenden Systemintegration. Daher haben wir eine eigene Business Unit geschaffen – eigentlich ist es eine eigene Gesellschaft mit derzeit 350 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. In Deutschland gibt es ein ähnliches Modell namens CANCOM Managed Services. Bei uns heißt es CANCOM Converged Services.

Warum die unterschiedlichen Namen?

Das ist historisch bedingt. Ich habe mich vor vier Jahren gemeinsam mit 100 Kollegen und Kolleginnen bei meinem früheren Arbeitgeber UPC outgesourcet. Wir wurden zu Kapsch Converged Services. Das „Converged“ haben wir nun mitgenommen – auch um uns von den Marktbegleitern zu differenzieren. 

Inwieweit ist Ihre Abteilung vom Fachkräftemangel betroffen?

Wir könnten gut und gerne 100 Leute hinzunehmen. Wir haben keine Angst, zu groß zu werden, da, wie bereits gesagt, es zu unseren Prinzipien gehört, im Fall der Fälle Mitarbeiter in anderen Bereichen einzusetzen. Wir entwickeln auch Ideen, um bestehendes Knowhow in einem neuen Kontext zu nutzen. Dafür haben ein schönes Beispiel. Es heißt, dass DECT ein totgesagtes System ist. Es erfreut sich aber in Österreich immer noch großer Beliebtheit. Wir haben herausgefunden, dass DECT ein sehr guter Aufhänger für das 5G-Campus-Thema ist. So liegt es auf der Hand, beide Welten zu verbinden und auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus beiden Bereichen zu vernetzen.  

Welche weiteren Trends machen Sie im Managed Services-Bereich aus?

Der Wunsch nach Co-Managed-Services wird immer größer – das ist etwas, das wir ebenfalls adressieren. Hier geht es nicht um „Aus den Augen, aus dem Sinn“, sondern um Unterstützung bei der Betriebsführung mit geteilter Verantwortung. Ein Beispiel ist der Security Operations Center (SOC)-Bereich. First Line und Second Line sind beim Kunden, die Analysen im Hintergrund kommen von uns. Das wird immer stärker nachgefragt. Wir sind jedenfalls offen, wenn sich Kundenanforderungen ändern. 

Können Sie uns einige Unternehmen nennen, die bereits auf Ihre Expertise setzen?

Seit vielen Jahren gehören dazu namhafte Unternehmen wie zum Beispiel eine Mediaprint, der ORF, T-Mobile, die PSA oder auch die NÖ Landesgesundheitsagentur.


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