„Cloud ist kein Allheilmittel aber ein unverzichtbares Hilfsmittel“

Die COMPUTERWELT traf Trivadis-CTO Martin Wunderli zum Gespräch über den Nutzen der Cloud, moderne IT-Architekturen und saubere Datenhaltung. [...]

Der TechEvent von Trivadis, ursprünglich als reiner Mitarbeiter-Event zur Weiterbildung und Team-Bildung gedacht, hat sich inzwischen mit rund 650 Teilnehmern zu einem der größten IT-Events der DACH-Region entwickelt. „Die Zukunft gehört den Daten und denjenigen, die die Daten intelligent zu nutzen wissen“, betonte Christoph Höinghaus, CEO von Trivadis, die Bedeutung von Daten und verwies auf das exponentielle Daten-Wachstum. „Die traditionelle und die neue IT-Welt müssen zusammengeführt werden, aber auch genau in dieser Transformation liegt aufgrund der gewachsenen, oft sehr heterogenen IT-Systeme die Herausforderung. Erfolg und Misserfolg liegen oft sehr nahe bei einander.“ Die COMPUTERWELT hat auf dem TechEvent mit Trivadis-CTO Martin Wunderli über die Herausforderungen einer sauberen Datenhaltung und den Nutzen der Cloud gesprochen.
Wie stehen denn Ihre Kunden zur Cloud-Thematik?
Wenn man nur über Cloud spricht, ist das vielleicht eine zu starke Verallgemeinerung. Es gibt ja einerseits Infrastruktur as a Service (IaaS) und andererseits Plattform (PaaS) und Software as a Service (SaaS). Je nachdem wie reif ein Unternehmen in seiner Cloud-Denke ist, betrachtet es nur IaaS oder eben mehr die höherwertigen Services. Ich glaube, viele Leute sagen: ich habe bis dato ein selbst gebautes ERP- oder CRM-System im Einsatz, etwa basierend auf Oracle oder Microsoft Datenbanktechnologie. Aber statt jetzt dieses System on premise zu haben und zu pflegen, migriere ich es in die Cloud. Der größte Mehrwert für Unternehmen liegt darin, auf möglichst hohem Niveau in die Cloud zu gehen. Infrastruktur ist ganz unten, dann kommt die Plattform, wo man einzelne Module hat, aus denen Software gebaut wird, und dann zuoberst die fertige Software. Je eher man auf den höchsten Level migrieren kann, desto besser. Dafür zahlt man einen monatlichen Betrag, aber natürlich geht das auch auf Kosten der Flexibilität. 
Warum sollen Unternehmen gerade jetzt in die Cloud gehen, wo es doch so schön heißt: Never change a running system?
Ich bin nicht der Meinung, dass die Leute jetzt ihre Hardware aus dem Keller nehmen und sie in großem Stil auf virtualisierte Hardware in die Cloud transferieren. In den Anfängen hat man zwar die Cloud damit beworben, dass man so viel Geld spart. Das ist aber nicht der Punkt und viele unserer Kunden, die eine eingespielte IT-Abteilung und eine gut ausgelastete Private Cloud haben, die sagen: Wozu soll ich das machen? Es bringt mir kaum Kostenvorteile. Wenn es aber zum Thema Agilität und Elastizität kommt – das heißt schnell etwas zu deployen oder schnell die Kapazität zu verändern – dann ist das etwas, das man heute on premise nicht mit vertretbaren Kosten machen kann. Das ist ein großer Vorteil der Cloud. Daran wird entschieden, ob ein Unternehmen in die Cloud geht oder nicht. Andere wichtige Treiber für den Gang in die Cloud sind die Modernisierung von Anwendungen oder die Lizenzoptimierung. Wenn man hier wirklich out of the box denkt und so viel höherwertige Dienste nutzt wie irgendwie möglich, dann können sich große Einsparungen und Funktionalitätsgewinne ergeben, die man on premises nie hätte.
Wo stehen denn Ihrer Meinung nach jetzt die Kunden? Viele stehen doch aufgrund der Komplexität ihrer klassischen Systeme vor einem Riesen-Problem.
Wenn man jetzt sarkastisch wäre, könnte man sagen: Das ist ja für uns Dienstleister gut! Aber das wäre sicherlich dem zugrundeliegenden Problem nicht angemessen. Heutzutage kann man relativ schnell eine Lösung bauen, die für die Enduser gut aussieht. Dahinter lauert aber weiter das Daten-Chaos. Denn das löst sich nicht durch ein nettes GUI oder durch das Cloud Paradigma. Man kann aber die Modernisierung von Anwendungen und die Migration in die Cloud nutzen, um dieses Chaos bei der Datenhaltung aufzuarbeiten. Das ist das A und O: die Daten, die man hat, so optimal zu bereinigen, zu strukturieren, dass man sie intelligent verwalten und nutzen kann. Bei vielen Unternehmen sind die Daten aber heute aber zum Teil in einem sehr unschönen Zustand.
Wie gehen Sie da vor bei der Beratung? 
Die Lösung für diese Problematik ist schon eine Weile vorhanden: Master-Data-Management. Es geht darum, ein Verständnis der vorhandenen Daten zu bekommen, über Analysten und Requirement-Engineers, die dann das logische Datenmodell erstellen. Danach geht es in die Umsetzung bei den Entwicklern. Wir versuchen, möglichst früh in so ein IT-Projekt hineinzukommen. Denn mit der Analyse und dem Requirement-Engineering legt man die Grundlage für den nachhaltigen Erfolg des gesamten Projektes und den optimalen Nutzen für das Unternehmen. Die Kosten sind zwar höher als bei einer Quick&Dirty-Lösung, aber die Altlasten bei der Datenhaltung können nur so bereinigt werden.
Wie sieht denn Ihre technische Strategie aus, Trivadis macht ja auch Eigenentwicklungen?
Wir sind im Kern natürlich ein Beratungsunternehmen. Für uns ist es nur dann interessant, Software-Produkte zu entwickeln, wenn wir bei Kundenprojekten gesehen haben, dass das dem Kunden und uns einen großen Zeit- oder Kostenvorteil bietet. Unsere Azure-basierte IoT-Plattform ist genau so etwas. Da haben wir beim Kunden gesehen, das ist eine standardisierte Plattform, die man wiedereinsetzen kann. Dann wird daraus ein Produkt. Oder bei der Datawarehouse Erstellung bzw. Modernisierung. Vor mehr als fünf Jahren haben wir begonnen, einen DWH-Generator zu bauen, den wir heute bei DWH-Erstellungs- und Modernisierungsprojekten nutzen können. Ein Vorteil für den Kunden und für uns. Denn keiner zahlt mehr ein DWH-Projekt, dass nach Jahren das erste Ergebnis liefert. Das dritte Software-Standbein von Trivadis basiert darauf, Kunden bei ihrer traditionellen IT zu unterstützen. Das geht heute aber nur noch über eine sehr weitgehende Automatisierung. Unsere Produkte in diesem Bereich profitieren da von mehr als 20 Jahren Erfahrung.

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