Daniel Fallmann, Mindbreeze: „Even a Breeze can blow your Mind“

Der Mindbreeze-Gründer und -Geschäftsführer Daniel Fallmann spricht im Interview über den Status quo des Enterprise-Search-Marktes, den Kampf gegen Datenwachstum und -müll sowie die Zukunft, die einen persönlichen digitalen Assistenten bringen soll. [...]

Google plant, seine Enterprise Search Appliance vom Markt zu nehmen. Wie entwickelt sich der Markt aus Ihrer Sicht?

Den Schritt, den Google gemacht hat, darf man nicht überbewerten. Das Thema hat zwei Dimensionen: Die Zahl der Appliances, die Google im Feld hatte, ist für das Unternehmen dieser Größe nicht unglaublich spannend. Es war eher ein Nebenaspekt. Zweitens: Google zieht sich nicht generell aus dem Thema zurück. Die Appliance hat überhaupt nicht zur Konzern-Strategie gepasst, in der Cloud an erster Stelle steht. Plus: Enterprise Search wird zunehmend komplexer.

Worin besteht die zunehmende Komplexität?

Man hat ganz andere Herausforderungen als bei der Websuche, wo man dank der Milliarden User sehr viel Semantik aus den Suchanfragen ableiten kann. Im Unternehmen ist die Skalierung eine völlig andere. Man kann nicht dieselben Semantikregeln anwenden, weil die Statistik in kleinerem Rahmen bei weitem nicht so gut greift wie im Web. Im Unternehmen muss man immer schauen, dass man Semantik aus anderen Datenquellen erhält. Und man muss viel mehr auf das Verstehen von menschlicher Sprache eingehen, weniger auf rein statistische Modelle.

Bei welchen Firmen ist die Nachfrage nach einer Enterprise Search-Lösung am größten?

Grundsätzlich treffen wir heute auf zwei Arten von Kunden. Für die einen ist Search das Kerngeschäft. Dazu gehören Firmen wie Zalando und Amazon. Diese entwickeln Search selbst, weil es das Kern-Asset ist. Es gibt auch Kunden, die ein völlig anderes Kerngeschäft haben. Diese Firmen brauchen Informationen rasch und punktgenau. Da ist der Ansatz, den wir haben – Suche als Service –, natürlich sensationell. Wir kommen mit einer Box, geben diese ins Rack, die Appliance wird rein über das Web-Interface konfiguriert, man braucht keine Software installieren, kein Infrastruktur-Konzept aufstellen, das entfällt alles.

Geht der Trend nicht generell in Richtung Cloud?

Was wir mit unserer Appliance anbieten, ist nichts anderes als eine Privat Cloud. Die Appliance steht beim Kunden, das Service im Hintergrund wird vollständig von Mindbreeze übernommen. Alle Daten in der Cloud zu haben passt jedoch nicht immer. Es fehlt das Vertrauen vieler Unternehmen vor allem in Europa, die ihre Daten lieber im Haus behalten wollen, zumindest die sensitiven. Es gibt sehr viele Datenquellen, die heute fast jedes Unternehmen in der Cloud bezieht, nicht aber SAP, das man lieber on premise nutzt. Wir sehen die Entwicklung entspannt, weil wir Mindbreeze InSpire zweifach anbieten: als Appliance oder als Cloud-Service.

Welchen Weg empfehlen Sie?

Wir empfehlen nicht den Kunden, was sie tun sollen. Wir fragen die Kunden, was sie haben wollen. Wenn ein Unternehmen 90 Prozent seiner Daten in irgendwelchen Clouds hat, wie Office 365 oder Salesforce, dann macht es Sinn, wenn wir einfach die Cloud-Datenquellen in unserem Rechenzentrum in der Cloud indizieren. Dort, wo man vertrauliche Daten im Haus hat, läuft unsere Appliance.

Welche weitere Unterschiede gibt es on premise versus Cloud?

Die Cloud gibt ganz andere Möglichkeiten der Skalierung. In den drei Rechenzentren, die wir im DACH-Raum haben, laufen viele Appliances im Verbund. Wenn jemand eine Suchanfrage startet, wird sie im Hintergrund von einer ganzen Batterie an Appliances serviciert. Unternehmen haben vielleicht 10 Appliances stehen, aber nicht hundert. Damit sind sehr komplexe Berechnungen möglich, die on premise nicht bezahlbar wären.

Das Preismodell ist ident?

On premise lizensieren wir Anzahl der Dokumente. Bei der Cloud ebenfalls plus Anzahl der Queries pro Jahr, die limitiert sind. Bei der Appliance limitiert die Hardware.

Wie stark sind Ihre Kunden vom Datenwachstum betroffen?

Wir sehen in der Praxis nicht nur eine Verdoppelung pro Jahr, manchmal ist es ein Wachstum von 300 Prozent. Was viel mehr wird, sind Videos und Bilder. Videos transkribieren und durchsuchbar zu machen, ist für Enterprise Search ebenfalls ein Thema.

Wie helfen Sie, das Problem in den Griff zu bekommen?

Neben dem allgemeinen Datenwachstum wird immer mehr Datenmüll produziert, den man nicht finden will. Bei der Prozessierung mit Mindbreeze Inspire gibt es einen Schritt, der sich Data Cleansing nennt. Da wird aussortiert, welche Informationen für ein Unternehmen relevant sind und welche nicht. Das passiert einerseits über Regeln, andererseits über Klassifizierungsverfahren. Die Daten, die nicht gebraucht werden, werden voll automatisiert aussortiert. Sonst würde der Kunde für den Datenmüll zahlen.


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