Nahed Hatahet, VÖSI-Vorstand und CEO von HATAHET productivity solutions, lässt im Gespräch mit der COMPUTERWELT das Jahr 2020 Revue passieren, erklärt, was wir aus der Corona-Krise lernen können und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das heurige Jahr. [...]
Inwiefern hat die Corona-Krise den Geschäftsverlauf 2020 Ihres Unternehmens beeinflusst?
Die COVID-19-Pandemie hat die ganze Welt und das gesamte Wirtschaftssystem stark beeinflusst und somit natürlich ebenso unser Geschäft. Wir nutzen auch das Kurzarbeitsmodell der Regierung, um starken Auftragsschwankungen gut begegnen zu können. Für diese besonderen Umstände haben wir uns gut geschlagen. Die COVID-19-Pandemie ist aber noch nicht überstanden und wird uns auch 2021 sicherlich weiterhin einen anormalen Geschäftsverlauf bescheren. Zusammenfassend will ich sagen: Die Corona-Krise ist und bleibt eine große Herausforderung für alle Unternehmen und uns Menschen.
Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche bzw. auf Unternehmen auswirken?
Es ist offensichtlich, dass die Corona-Krise die gesamte Welt auch 2021 beschäftigen wird und sicherlich auch noch länger. Unternehmen werden sich also darauf einstellen müssen, dass Mitarbeiter vermehrt im Home Office arbeiten werden. Vor allem aber müssen sich Familien mit Kindern ebenfalls darauf einstellen, was mit Home Schooling sicherlich eine noch größere Herausforderung ist. Wir dürfen auch gespannt sein, was das Arbeitsministerium und dessen Sozialpartner im Endeffekt als gesetzliche Grundlage für das „Arbeiten von zu Hause“ schaffen werden. Arbeitsministerin Christine Aschbacher hat entsprechende Ergebnisse für März 2021 angekündigt. Wir werden alle damit beschäftigt sein, diese Regelungen dann in die Realität umzusetzen – ich kann nur hoffen, dass die Home-Office-Regelungen des Arbeitsministeriums durchdachter, transparenter, verständlicher und einfacher handhabbar sein werden als jene der DSGVO.
Vor allem durch den ersten Lockdown getrieben, mussten viele Unternehmen unfreiwillig und rasch in moderne Videokonferenz- und Kommunikationslösungen investieren. Spätestens ist das dann beim zweiten Lockdown erfolgt. Wir werden sehen, ob Unternehmer verstehen werden, dass Digitalisierung und digitales Arbeiten jedoch ein wenig mehr sind, als Lösungen für digitale Konferenz-Calls einzuführen. Aufgrund der enormen wirtschaftlichen Probleme in vielen Branchen und dem digitalen Schub in 2020, wird es sich 2021 herausstellen, inwieweit Unternehmen weiter in die so wichtige Digitalisierung investieren werden oder mit zusätzlichen größeren Investitionen abwarten. Andererseits müssen Firmen in Zukunft neben einem analogen Business Case auch immer eine digitale Variante bereit haben. Dies könnte dazu führen, dass in speziellen Bereichen in der IT-Branche dadurch mehr Umsatz generiert werden kann. Unabhängig davon und wie bereits erwähnt: 2021 wird uns weiterhin einen anormalen Geschäftsverlauf bescheren.
Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2020 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Eines ist der gesamten Welt sehr klar geworden: Ohne IT geht das Arbeiten im Lockdown während des COVID-Zeitalters nicht. Es gibt sehr viele Fragen und Lehren, die man aus so einem Pandemiejahr wie 2020 ziehen kann. Es gibt „viele Augen“ die uns allen geöffnet wurden. Wenn ich nur daran denke, wie wir alle früher jeden Tag in die Firma oder zu Terminen in ganz Österreich gefahren sind. Völlig verrückt in Wirklichkeit. Ich habe pro Tag alleine dadurch an die 1,5 Stunden mehr an Zeit gewonnen und bin dadurch wesentlich produktiver geworden. Es hat uns auch gezeigt, dass man sich nicht immer und für alles physisch treffen muss. Es geht auch ganz gut remote.
Dennoch ist für viele Dinge der persönliche Kontakt wichtig, auch diese Erkenntnis hat uns die COVID-19-Pandemie gebracht. Das Vernetzen und Netzwerken auf Veranstaltungen funktioniert mit direktem Kontakt einfach wesentlich besser. Da geht es um den Menschen, den man spüren und fühlen können muss. Eine wichtige Lehre ist aber sicherlich auch die Erkenntnis, dass man sich in Zukunft nicht auf die Vergangenheit verlassen kann: Unternehmen müssen sich einfach schneller und rascher an veränderte Umweltbedingungen (wie COVID zum Beispiel) anpassen und einstellen. Das bedeutet, dass Unternehmen neben ihrem analogen Geschäft immer und überall an eine digitale Variante denken müssen. Wer hier seine Hausaufgaben macht, wird die Zukunft einfach besser bestehen. Ich denke, dies ist wohl die wichtigste Erkenntnis.
Wie gehen Sie persönlich bzw. im Job mit Lockdown, Home Office, Home Schooling und Social Distancing um? Mit welchen Strategien und Verhaltensweisen sorgen Sie für Ausgleich?
Dadurch, dass ich nicht mehr jeden Tag mit meinem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Firma fahren muss, habe ich mehr Zeit für mich. Meinen Ausgleich hole ich mir dadurch, dass ich in dieser gewonnen Zeit vermehrt mit meinem Hund spazieren gehe und die Natur genießen kann. Die COVID-19-Pandemie hat mir die Schönheit der Welt und die Wertigkeit dieses besonderen Lebens wieder ein Stückchen nähergebracht, dafür bin ich sehr dankbar. Diese Welt ist etwas ganz besonderes und wir leben an einem sehr kostbaren Ort hier in Österreich. Auch wenn wir mit der COVID-Krise leben müssen, haben wir es ja doch sehr gut erwischt. Wir müssen zwar alle mit erheblichen Einschränkungen und Herausforderungen leben – wenn ich da nur an Familien mit Kindern denke, die Home Office, Home Schooling und Social Distancing erleben müssen. Aber im Endeffekt können wir auch rausgehen, wenn uns sprichwörtlich die Decke auf den Kopf fällt und wir haben vor allem was zu essen. Wenn man etwas Positives an so einer Pandemie suchen möchte, dann ist es bestimmt die Besinnung aufs Wesentliche im Leben, dass man gesund ist und dass die Hoffnung besteht, die Krise in den Griff zu bekommen. Mein Verhalten im Job habe ich und werde ich auch weiterhin ändern. Auch nach der Krise werde ich nicht mehr jeden Tag in die Firma fahren und nicht mehr jeden Termin physisch wahrnehmen – im Sinn für eine bessere Umwelt und mehr Zeit für mich und meinen Hund.
Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2020?
Beruflich war mein Highlight, dass wir uns als HATAHET noch stärker im Bereich Digital Workplace und vor allem in Sachen Microsoft Teams positioniert haben. Wir konnten damit u.a. erfolgreich unsere bestehenden Services rund um Microsoft 365 ausbauen. So haben wir 2020 eine Vollautomatisierung für das Anlegen von Teams geschaffen, welche die Standardfunktionalität von Microsoft um viele wichtige Bereiche veredelt. Weiter wurde unser Backup-Service für Microsoft Planner ins Leben gerufen: Die erste Lösung weltweit, die es ermöglicht, Planner zu sichern.
Wir haben die Zeit ebenfalls genutzt und die HATAHET Homepage einem Facelift unterzogen – heute findet man dort unsere Dienstleistungen und Produkte wesentlich besser organisiert und beschrieben. Nicht zu guter Letzt sind wir mit unseren Kundenprojekten auch laufend für Preise nominiert und können hier einige Erfolge verzeichnen. Was mich besonders stolz macht, dass eines der Projekte bei der „Silbernen Feder“ abgeräumt hat.
Mein persönliches Highlight war der Onlinegang meiner persönlichen Homepage und insbesondere meines Blogs (www.nahedhatahet.eu/blog), mit interessanten Interviews zu den Themen Menschen, Digitalisierung und Führung im digitalen Wandel. Was mich auch sehr freut.
Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2021 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Die Top-Themen aus meiner Sicht sind, gerade wegen der COVID-19-Pandemie, vor allem einmal die längst überfällige Cloud-Migration in vielen Unternehmen – also jene Unternehmen, die das immer noch nicht geschafft haben und wegen der Krise nun stark unter Zugzwang stehen.
Ein weiteres riesiges Thema ist Digital Workplace, ebenfalls durch die COVID-Krise mittlerweile in aller Munde. Also ich spreche davon, dass man nicht einfach z.B. Microsoft Teams eingeschaltet hat, sondern davon, dass man dieses agile Werkzeug in eine Organisation bringt und etabliert – einen Arbeitskulturwandel begleitet und Menschen verstehen, dass diese Tools nur dann einen Mehrwert bringen, wenn man die eigene Arbeitsweise damit auch nachhaltig verändert. Viele Unternehmer werden 2021 verstehen, dass es zu wenig war, Microsoft Teams nur mal freizuschalten.
Ein weiteres großes Thema wird die Umsetzung der von der Regierung hoffentlich im März präsentierten Home-Office-Regelungen sein und auch die damit verbundenen Datenschutzvoraussetzungen. Überhaupt sind Rechtssicherheit in Zusammenhang mit Kommunikation sowie Zusammenarbeit mit Externen über Microsoft Teams große Themen am Markt, deren sich viele Entscheider noch nicht bewusst sind.
Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat.
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