Hannes Gutmeier, CIO von conwert Immobilien Invest SE, wurde heuer beim CIO Award als CIO des Jahres in der Kategorie Mittelstand ausgezeichnet. Gutmeier ist ein Vorreiter in Österreich, was den Einsatz von Cloud betrifft, so die Begründung der Jury. Mit der Computerwelt sprach er über den Weg in die Cloud. [...]
Besitzen Sie gar keine eigene Infrastruktur mehr?
Wir besitzen am Hauptstandort noch Infrastruktur, aber die werden wir bis Jahresende auch in die Cloud verschoben haben. Das SAP-System, Finanz, die Immobilienlösung, unsere Planung und Konsolidierung haben wir schon in der Cloud, auf in-Memory-Technologie. Auch die Mailsysteme laufen schon in der Cloud und die restlichen Applikationen folgen im Laufe dieses Jahres.
Wo genau liegen denn Ihre Daten?
In der SAP-Cloud in Deutschland und die Mailsysteme bzw. alles was Azure betrifft, liegt wegen dem Datenschutzthema bei Microsoft im europäischen Raum.
Haben Sie bei einem US-Anbieter wie Microsoft Angst um Ihre Daten? Was löst zum Beispiel das Ende von Safe Harbour bei Ihnen aus?
Gar nichts. Ich bin der Meinung, dass meine Daten bei großen Anbietern wie Microsoft sicherer sind, als ich das jemals selber mit Firewalls gestalten kann. Zu kleinen Dienstleistern würde ich meine Cloud-Services aber nicht geben. Darüber hinaus beschäftigen wir einen externen Datenschutzbeauftragten aus Deutschland. Das deutsche Datenschutzgesetz ist erheblich strenger als unseres in Österreich und dieser Datenschutzbeauftragte prüft uns regelmäßig. Da gibt es keine Probleme.
Was Security betrifft, bin ich da ganz bei Ihnen. Aber wie sieht es mit Zugriff auf Daten durch US-Regierungsbehörden aus?
Die können doch bei mir im Haus genauso darauf zugreifen. Ich glaube, die würden sich sogar leichter tun, bei mir auf meine Daten zuzugreifen als es bei Microsoft der Fall wäre. Wobei es auch auf die Daten ankommt. Produktionsdaten oder die Produktionssteuerung würde ich nicht in eine Cloud geben, sondern in internen, geschützten Netzen ohne Verbindung nach Außen lassen. Da hätte ich Angst vor Betriebsspionage oder Knowhow-Transfer.
Das heißt, die Entscheidung Cloud oder nicht hängt von der Art des Geschäftes ab?
Absolut. Das ist auch einer der Gründe für die Auszeichnung als CIO des Jahres: Ich wähle genau das Richtige für mein Unternehmen aus. Das zeigen auch 30 Jahre Erfahrung aus meiner Berufslaufbahn. Für jedes Unternehmen gab es eine andere, passende Strategie. Ich kann nicht global sagen, dass Cloud immer die beste Lösung ist, wenn ich nicht die Voraussetzungen dafür habe oder die Cloud für das jeweilige Unternehmen nicht zielführend ist. In einer wachsenden Organisation, die nicht nach oben und unten skalieren muss, bin ich mit anderen Lösungen sicher günstiger dran als mit der Cloud. Oder wenn es um eine Produktionssteuerung geht, bin ich aus meiner Sicht auch besser dran, wenn ich das intern mache. Das zieht sich bei mir auch bei den Applikationen durch: bei conwert ist SAP die optimale Lösung. Bei meinem letzten Arbeitgeber war Microsoft Navision die optimale Lösung.
Was haben Sie am Anfang bei conwert getan um tief in die Prozesse einzutauchen und zu erkennen, wie die richtige IT-Strategie aussieht? Laufen Sie da mal ein halbes Jahr durch das Unternehmen und reden mit verschiedensten Mitarbeitern?
Auch das ist unterschiedlich. Bei conwert hat das nicht so lange gedauert, da ich vorher in zwei anderen Immobilienunternehmen tätig war. Ein großes Thema war am Anfang mit dem Vorstand zu diskutieren, wo das Unternehmen hinwill und daraus hab ich dann die Strategie abgeleitet, Schritt für Schritt umgesetzt und im Laufe der Jahre angepasst. Unsere Themen waren Transparenz zu schaffen, skalierbar zu sein, die Kosten zu optimieren, flexibel zu sein und zu standardisieren. Standardisierung ist in der Cloud übrigens auch ein ganz wichtiger Punkt: Wenn ich für alles Sonderentwicklungen brauche, dann bin ich in der Cloud falsch.
Gehen mit so konsequenter Standardisierung nicht auch Wettbewerbsvorteile verloren? Wenn alle auf den Standard setzen dann unterscheidet man sich ja nicht mehr wirklich von der Konkurrenz, oder?
Mir würde jetzt kein zweites Unternehmen in der Immobilienbranche einfallen, das so konsequent auf Standards setzt wie wir. Die anderen machen viele Eigenentwicklungen und daher haben wir mit Standardisierung große Wettbewerbsvorteile was die Flexibilität und die Kostenstruktur betrifft.
Konsequente Standardisierung ist für einen CIO mutig, denn in gewisser Weise sind Sie doch dadurch leichter austauschbar, oder? Haben Sie da keine Angst, dass Sie leicht ersetzt werden können?
Wenn man nur den Status quo beibehalten will, dann stimmt das. Aber wenn man das Unternehmen laufend weiterbringen und neue Trends implementieren will, sieht die Sache schon wieder anders aus. Und mit Standardisierung alleine ist es ja nicht getan. Man muss immer noch die richtigen Produkte auswählen. Ich glaube schon, dass mein Chef weiß, dass er den richtigen Mann hat. So viel Selbstvertrauen hab ich. Hier kommt zudem das gleiche Motto wie bei der Cloud zum Tragen: Ich könnte mich vor der Standardisierung zu Tode fürchten, aber dann würde ich meinen Job nicht gut machen.
Welche Skills sind im Bezug auf die Cloud bei Ihren Mitarbeitern notwendig bzw. sind nun stärker gefragt, als vorher?
Die Leute im Applikationsbereich müssen offener sein, müssen am Standard bleiben und sollen nicht mehr so viel an die Infrastruktur denken. Was den Infrastruktur-Hauptverantwortlichen betrifft, so ist der nun mehr Servicemanager als bisher. Der muss erkennen können, welche Services zusammenpassen und wie er auf das Thema Sicherheit einwirken kann. Außerdem muss er im Vorfeld abschätzen können, wie man eventuell auch wieder aus der Cloud herauskommt. Darüber hinaus müssen meine Mitarbeiter weg von diesem Denken, dass sie Server im Haus brauchen und müssen ein gewisses Vertrauen in Cloud-Services aufbauen.
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