„Die Corona-Krise hat gezeigt, wie abhängig wir von einer gut funktionierenden IT sind“

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Region Alpine, lässt im Gespräch mit der COMPUTERWELT das Jahr 2020 Revue passieren, erklärt, was wir aus der Corona-Krise lernen können und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das heurige Jahr. [...]

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Region Alpine: "Digitalisierungsprojekten sollten ganz oben auf der Agenda jedes Unternehmens stehen. Dabei geht es um durchgängige Digitalisierung von Geschäftsprozessen." (c) T-Systems

Inwiefern hat die Corona-Krise den Geschäftsverlauf 2020 Ihres Unternehmens beeinflusst?
Wir freuen uns, trotz Corona-Krise beim Umsatz auf Plan zu sein. Durch die Corona-Krise waren wir als IT-Dienstleister natürlich das ganze Jahr hindurch enorm gefordert. IT und damit auch unsere Arbeit als IT-Dienstleister hat in der Krise jedenfalls einen wesentlich höheren Stellenwert bekommen. Es klingt vielleicht seltsam, aber wir erleben gerade eine Sternstunde der IT. Nicht nur IT-Verantwortliche spielen im Unternehmen eine zentralere Rolle, es wird für viele Themen auch mehr Budget bereitgestellt und an Digitalisierungsprojekten gearbeitet.

Durch die Home-Office-Situation haben Client-Anwendung eine Aufwertung erfahren, auch Cybersecurity, Endpoint-Security und alles rund um Collaboration wurde dieses Jahr stark nachgefragt. So waren bei den Kunden Bandbreite und natürlich auch Collaboration-Tools hoch im Kurs. Bei einigen Unternehmen wurden Projekte mit voller Kraft weiter fortgesetzt, bei anderen wurden Vorhaben verschoben, weil es von der Umsetzung her zu schwierig erschien, ein Projekt weiter remote durchzuführen.

Für unser Marketing als auch unseren Vertrieb hat die Corona-Krise riesige Umstellungen gebracht. Meist werden Events, Messen oder Meetings auch dafür genutzt, persönliche Kontakte zu pflegen, was dieses Jahr weitgehend flach gefallen ist. Wir haben in den letzten Monaten sehr viel dazu gelernt, um unser Marketing und unseren Vertrieb digital zu gestalten und auch, um Kundenprojekte komplett digital abzuwickeln. Wir probieren viele neue Formate aus, gestalten Webinare, nutzen Social Media, was alles sehr gut funktioniert. In Summe sind wir als T-Systems Alpine sehr gut durch die Corona-Krise gekommen.

„IT und damit auch unsere Arbeit als IT-Dienstleister hat in der Krise jedenfalls einen wesentlich höheren Stellenwert bekommen. Es klingt vielleicht seltsam, aber wir erleben gerade eine Sternstunde der IT.“

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Region Alpine

Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche bzw. auf Unternehmen auswirken?
Viele Unternehmen werden die Zeit nutzen, sich selbst neu zu erfinden. Die Corona-Krise hat viele Glaubenssätze über Bord geworfen. Das, was in der Corona-Krise in vielen Bereichen einer Organisation oft mühsam verändert werden musste, entwickelt sich zunehmend zur neuen Normalität. Das beginnt bei neuen Formen der Zusammenarbeit, der Frage was im Büro und was außerhalb erledigt werden kann und endet bei einem sicheren Einsatz von Technologie. Waren bei unseren Kunden gerade zu Beginn der Corona-Krise Bandbreite und Collaboration-Tools hoch im Kurs, so weiß man jetzt, was gut funktioniert und weitergeführt wird, aber auch, was man damit substituieren kann. Auch das Thema der Public Cloud ist wieder zentraler geworden und wird stark nachgefragt. Hier rechnen wir auch im kommenden Jahr mit einer starken Nachfrage. Vor allem dem öffentlichen Sektor ist wichtig, dass die Daten in Österreich liegen. Im produzierenden Bereich sieht man das wesentlich gelassener. Die Krise polarisiert da noch mehr.

Ein Bereich, der sich künftig noch stärker entwickeln wird, ist jener der Cybersecurity. Gerade in den letzten Wochen haben die Verschlüsselungs-Vergehen stark zugenommen. Auch große Unternehmen werden angegriffen. Vor allem in Krisenzeiten wird die allgemeine Verunsicherung in Unternehmen und die Gutgläubigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt, um den ersten Fuß ins Unternehmensnetzwerk zu bekommen. Gleiches beobachten wir auch jedes Jahr zu Weihnachten oder ganz klassisch vor Feiertagen oder Wochenenden, wo Hacker und Erpresser viel Zeit haben sich umzusehen und Schaden anzurichten.

Eine Herausforderung, die auch 2021 bestehen bleibt, ist der Mangel an IT-Fachkräfte. Dieser hat sich in der Corona-Krise sicher noch verstärkt! Wir betreiben in Österreich ein großes Security Operation Center mit über 100 Mitarbeitern, wir sehen, dass Fachkräfte in diesem Bereich, aber auch für SAP/4HANA-Umstellungen gefragter sind denn je! IT und alles rund um dieses Thema gewinnt jedenfalls an Stellenwert. Ich denke die Corona-Krise hat gezeigt, wie abhängig wir von einer gut funktionierenden IT sind und dass ohne sichere Cloud-Lösungen in vielen Bereich nichts mehr geht.

Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2020 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Für mich ist eine der zentralen Frage jene, wie sich Organisation und Zusammenarbeit künftig entwickeln und neu definieren. Wir müssen verstärkt herausarbeiten, was das Quäntchen mehr an einer Organisation und einem Unternehmen ausmacht und was der Unterschied zum Freelancertum ist. Bei T-Systems arbeitet derzeit, je nach Situation, oft nicht mal ein Fünftel unserer Belegschaft im Büro bzw. im T-Center. Generell funktioniert Home Office für uns sehr gut, aber ich merke natürlich, dass uns da auf Dauer etwas fehlt. Wenn alle im Home Office sind, dann ist das schon fast wie ein Freelancer-Team. Was macht denn eigentlich eine Organisation aus? Eine besondere Herausforderung aus dem Home Office ist natürlich auch das Onboarden neuer Mitarbeiter und das Zuteilen neuer Aufgaben, dafür werden wir Lösungen brauchen. Ich denke aber, dass wir in Zukunft fünfzig Prozent der physischen Arbeitsplätze vor Ort nicht mehr benötigen werden. Wir werden uns zu Meetings im Büro treffen, zum Ideenschmieden zur Co-Creation mit den Kunden, aber viele Aufgaben können auch von zu Hause oder mobil erledigt werden. Aber wie wir die leeren Flächen besser nutzen, darüber müssen wir noch nachdenken. Gerade bei diesen neuen Arbeits- und Beschäftigungsmodellen sehen wir, dass sie ohne funktionierende IT nicht möglich sind.

„Ich denke, dass wir in Zukunft fünfzig Prozent der physischen Arbeitsplätze vor Ort nicht mehr benötigen werden. Wir werden uns zu Meetings im Büro treffen, zum Ideenschmieden zur Co-Creation mit den Kunden, aber viele Aufgaben können auch von zu Hause oder mobil erledigt werden.“

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Region Alpine

Wie gehen Sie persönlich bzw. im Job mit Lockdown, Home Office, Home Schooling und Social Distancing um? Mit welchen Strategien und Verhaltensweisen sorgen Sie für Ausgleich?
Wen man ein Unternehmen leitet und ich bin seit Jänner 2020 für T-Systems Österreich und Schweiz verantwortlich, hat man wenig Zeit, sich außerhalb der Arbeit um die eigene Situation Gedanken zu machen. Mir geht es wie den meisten anderen auch, ich löse eine Herausforderung nach der anderen, da gerade dieses Jahr nicht wirklich längerfristig planbar war. Und ja, auch mich hat meine Frau massiv unterstützt, als es um Home Schooling für unsere Kinder im ersten Lockdown ging. Im 2. Lockdown haben wir sie wieder in die Schule geschickt.

Was mir außerberuflich Spaß macht, sind Unternehmungen mit meiner Familie, Sport, Reisen und fremde Kulturen und Kulinarik. Und ein wenig Motorsport mit dem eigenen Race-Kart oder auf dem Red Bull Ring.

Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2020?
Zu sehen, dass ich mit einem tollen motivierten Team arbeite, mit dem man schnell zu Entscheidungen kommt, die auch von allen mitgetragen werden. Wir wussten alle nicht, ob es gut und richtig war, wie wir in der Corona-Krise reagiert haben, aber es hat sich als goldrichtig erwiesen und wurde innerbetrieblich wie kundenseitig, sehr geschätzt. Ich bin stolz, wie wir als Unternehmen, aber auch gemeinsam mit unseren Kunden durch dieses Jahr gekommen sind. In Krisenzeiten sieht man ganz deutlich auf wen man sich verlassen kann und rückt so auch näher zusammen. Wir haben in diesem Corona-Jahr keinen einzigen maßgeblichen Kunden verloren. Und wir haben ein schönes Umsatzwachstum hingelegt, entgegen dem Markttrend. Und gleichzeitig haben wir gezeigt, dass Schweiz und Österreich gut zusammenpassen und wir durch die übergreifenden Zusammenarbeit noch stärker geworden sind.

„Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, dass in Zukunft noch mehr gezielte Angriffe auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home Office durchgeführt werden.“

Peter Lenz, Managing Director T-Systems Region Alpine

Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2021 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Digitalisierungsprojekten sollten jedenfalls ganz oben auf der Agenda jedes Unternehmens stehen. Dabei geht es um durchgängige Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Gerade in diesem Bereich wurden sehr viele Projekte in den letzten Wochen und Monaten angedacht und konzipiert.

Security wird als Dauerbrenner noch mehr nachgefragt sein. Nach wie vor wird die aktuelle Situation durch Angriffe aus dem Internet genutzt. Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, dass in Zukunft noch mehr gezielte Angriffe auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home Office durchgeführt werden.

Auch die S/4-HANA-Migration wird weitergehen und es geht darum, Wertschöpfungsketten durchgängig zu digitalisieren. Stichwort Artificial Intelligence: Zentral dabei ist, mit den vielen gesammelten Daten, Nutzen zu generieren, Muster sichtbar zu machen und herauszuarbeiten, was man von seinem Datenschatz hat. Wir bieten in diesem Bereich auch Beratung zum Thema Business Intelligence und Data Science an. Dazu haben wir ein eigenes Team in der Business Unit Digitalisierung angesiedelt. Und wir generieren gemeinsam mit unseren Kunden Ideen, wie sie ihr Business besser digitalisieren können, um Kosten zu senken und die Wertschöpfung zu heben.

Unverändert weiter geht es in der Infrastruktur und im Betrieb. Wer schon etwas betreiben lässt, macht hier weiter. Die weitere Überlegung bei den Unternehmen ist: Das eine oder andere Thema gebe ich an einen Hyperscaler, da geht es um Cloud-Orchestrierungsthemen, auch natürlich der Mix aus on-Premise und Public Cloud, also AWS, Azure oder Google. In der Schweiz sehe ich ein bisschen mehr Datennationalismus. Staatliche Stellen sind sehr erpicht, dass ihre Daten in der Schweiz sind und bleiben. Auch in Österreich forciert Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck das Label der Österreich Cloud. Das ist vor der Krise sicher nicht so stark gesehen worden.

Weiter forcieren wollen wir auch Datenleitungen und Digitalisierungsprojekte, wo es wie zuvor gesagt, eine gute Nachfrage gibt. Neu sind Tracking und Tracing-Modelle, etwa um zu überschauen, wie viele Leute im Büro oder in der Produktionshalle sind oder ob der entsprechende Sicherheitsabstand eingehalten wird.

Der Mitarbeitermangel an IT-Fachkräften ist in Österreich nach wir vor sehr hoch. Man kann sich also vorstellen, welche Programme und Aktivitäten wir als Unternehmen entwickeln müssen, um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und auch an T-Systems zu binden – gerade in Zeiten von Corona und Home Office eine besondere Herausforderung.

Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat.


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