Klaus Gheri, VP und GM Network Security bei Barracuda Networks, lässt im Gespräch mit der COMPUTERWELT das Jahr 2020 Revue passieren, erklärt, was wir aus der Corona-Krise lernen können und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das kommende Jahr. [...]
Inwiefern hat die Corona-Krise den Geschäftsverlauf 2020 Ihres Unternehmens beeinflusst?
Der Beginn unseres Geschäftsjahres fiel genau mit dem Beginn der Pandemie im März zusammen. Wir sahen insgesamt zwei Effekte: Einerseits eine kurzfristige starke Zunahme der Nachfrage nach VPN-Lösungen für Home Office bzw. einen Ausbau bestehender VPN-Zugangsknoten aufgrund von auftretenden Leistungsengpässen. Im Bereich Investitionen in strategische Infrastrukturprojekte wie SD-WAN kam es häufiger zu Projektverschiebungen sowohl aufgrund von budgetären Sperren wie auch der Effekte der Lockdowns in den verschiedenen Regionen. Insgesamt verliefen daher die ersten sechs Monate der Pandemie im Jahresvergleich gedämpft. In den letzten drei Monaten sehen wir jedoch eine klare Trendumkehr und auch gesteigerte Nachfrage nach Lösungen, mit denen sich die Unternehmen für zukünftige Krisen besser aufstellen. Dazu gehört auch eine akzelerierte Verlagerung von Ressourcen in die Public Cloud sowie cloud-affine Konzepte für Teleworking – zum Beispiel Stichwort Virtual Desktop in der Public Cloud. Hiervon konnten wir mit unserem Portfolio profitieren.
Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche bzw. auf Unternehmen auswirken?
Die Vorteile von Public-Cloud-Nutzung wurden in der Pandemie deutlich sichtbar. Die Cloud beherbergt vielfach schon wesentliche geschäftskritische Anwendungen und wird auch zunehmend zu einem Zugangspunkt ins Unternehmensnetz. Die Corona-Krise wird daher den Trend zu mehr Cloud-Nutzung befeuern. Zudem erwarte ich mir nachhaltige Veränderungen in den Arbeitsmodellen. Home Office hat weitestgehend gut funktioniert und wird als win-win-Modell für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachwirken. Dadurch verändern sich auch die IT-Landschaften und entsprechend müssen tradierte Konzepte neu überdacht werden.
Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2020 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Dass wir in einer sehr fragilen Welt leben, in der globale Probleme aufgrund der enormen Verschränkung der Wirtschaftssysteme jeden bis in den letzten Winkel der Welt betreffen. Die Diskrepanz zwischen dieser Einsicht und der gelebten kleingeistigen politischen Realität ist allerdings auch katastrophal.
Wie gehen Sie persönlich bzw. im Job mit Lockdown, Home Office, Home Schooling und Social Distancing um? Mit welchen Strategien und Verhaltensweisen sorgen Sie für Ausgleich?
Persönlich eigentlich ganz gut nach einer gewissen Gewöhnung an die mit den Maßnahmen verbundene Entschleunigung. Das ist aber ein Privileg, weil in meiner Branche die realen wirtschaftlichen Probleme sehr gut bewältigbar waren. Generell ist das für sehr viele Menschen eine sehr schwierige Zeit gewesen. Gelitten haben aber ganz sicher am meisten Kinder und Jugendliche, die die sozialen Einschränkungen viel dramatischer erlebt haben.
Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2020?
Berufliches Highlight war der erfolgreiche Start im Juli des weltweit ersten Public-Cloud-basierten SD-WAN SaaS Service zusammen mit Microsoft. Das war der Endpunkt einer intensiven, 12-monatigen Design- und Implementierungsphase. Persönlich die mit der abgenommenen Reisetätigkeit gewonnene Lebenszeit, die in mehr sportliche Betätigung und die Wiederentdeckung von gutem Mittagessen – selbstzubereitet, dem Aufenthalt im Home Office geschuldet – geflossen ist.
Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2021 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Ganz wesentlich werden wir uns dem Thema der nachhaltig veränderten Arbeitswelten und daraus entstehenden Herausforderungen widmen müssen. Die Verlagerung von Anwendungen in die Public Cloud wird schneller als je zuvor voranschreiten, der Fachkräftemangel anhalten und Budgets leider auch absehbar gedeckelt bleiben. Es gilt also mit viel Fingerspitzengefühl – wie immer – die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat. Weitere Interviews lesen Sie in den nächsten Wochen auf itwelt.at.
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