easyconsult: Kundenservice neu gedacht

Oliver Witvoet, Managing Director und Gründer von easyconsult, erklärt im Interview mit ITWELT.at, wie digitaler Kundenservice mit KI und Plattformen zum Erfolgsfaktor wird – und warum Unternehmen jetzt handeln sollten. [...]

Oliver Witvoet, Managing Director und Gründer von easyconsult (c) easyconsult
Oliver Witvoet, Managing Director und Gründer von easyconsult (c) easyconsult

Im digitalen Zeitalter wird die Qualität des Kundenservice zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor – insbesondere für Unternehmen, die in Hochlohnländern wie Österreich agieren. easyconsult, ein Spezialist für digitale Service- und Kundendienstlösungen, hat nach zehn Jahren seine Positionierung geschärft und konzentriert sich nun explizit auf die digitale Transformation des Kundenservice. Im Interview erklärt Gründer und Managing Director Oliver Witvoet, wie sich das Verständnis von CRM gewandelt hat, warum Kundenservice immer wichtiger wird und welche Rolle Technologien wie Künstliche Intelligenz und Plattform-Ansätze dabei spielen.

easyconsult feiert 2025 zehnjähriges Firmenjubiläum und hat sich mit Anfang des Jahres neu positioniert. Was steckt dahinter?

Bisher haben wir uns als reinen CRM-Spezialisten gesehen und haben Bereiche wie ERP, Logistik oder Buchhaltung bewusst ausgeklammert. Nun haben wir unsere Positionierung weiter geschärft. Unser Fokus liegt nun explizit auf dem Thema Kundenservice und Kundendienst. Dies umfasst sowohl den Innendienst, wie beispielsweise Contact Center und Servicedesk, als auch den Außendienst, dessen Prozesse wir durch Software vollständig digital abbilden. Der Hauptgrund für diese Spezialisierung ist der steigende Bedarf an exzellentem Kundenservice im Markt.

Was hat sich am Verständnis von CRM verändert?

Als wir 2015 gestartet sind, wurde CRM noch häufig als losgelöste Applikation betrachtet, die primär für den Vertrieb und teilweise für Marketing-Anwendungsfälle genutzt wurde. Es war oft eine eigenständige Anwendung, die allenfalls über den Kundenstamm an ein ERP-System angebunden war. Heute verwenden Anbieter wie Microsoft den Begriff CRM kaum noch. Stattdessen ist es viel integrierter in verschiedenste Business-Applikationen und in eine übergeordnete Plattform eingebettet. Der Begriff CRM ist in spezifischeren Bezeichnungen wie Sales, Customer Service, Field Service, Customer Journey oder Customer Data Platform aufgegangen. Dies spiegelt die heutige Realität wider: Der Kunde steht im Mittelpunkt, und die gesamte Firma ist kundenorientiert aufgestellt. Die digitale Plattform ermöglicht dies übergreifend – sowohl intern in verschiedenen Systemen als auch extern im Sinne von Omnichannel-Kommunikation über alle Kanäle wie Chat, Voice, Telefon, E-Mail und Portale.

Warum ist der Kundenservice zu einem so entscheidenden Faktor für Unternehmenserfolg geworden?

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir gerade in Europa, als Hochlohnländer, sehr stark mit gutem Kundenservice, Markenaufbau und Kundenloyalität punkten können. Wir haben hier weniger Chancen, über günstige Produktion oder Preise zu konkurrieren, da Billiglohnländer mittlerweile ebenfalls qualitativ hochwertige Produkte herstellen können. Daher ist der Aufbau von Kundenloyalität durch exzellenten Kundenservice eine kluge Strategie. Dieses Thema wird für uns immer wichtiger. Viele unserer Kunden, die vielleicht nicht die billigsten Produkte anbieten, sind extrem erfolgreich, weil sie einen umfassenden und guten Kundenservice bieten. Beispiele dafür sind die Geschwindigkeit bei der Angebotserstellung oder das automatische Weiterleiten eines Anrufs an den richtigen Produktspezialisten, basierend auf automatischer Erkennung von Telefonnummer, Kundenstatus, Produkten und Sprache, noch bevor der Anruf entgegengenommen wird. Solche Prozesse ermöglichen eine hohe Qualität und machen Kundendienst und Kundenservice immer wichtiger.

Welche technologischen Entwicklungen treiben die steigende Bedeutung des Kundenservice zusätzlich voran?

Wir erleben eine extreme Beschleunigung im Bereich Technologie, angefangen bei den Möglichkeiten der Cloud und der Plattformen bis hin zu den aktuellen KI-Möglichkeiten. Besonders im Servicebereich sehen wir aktuell die meisten produktiven KI-Anwendungen mit direktem Nutzen. Wir setzen auf Lösungen von Microsoft und sehen uns genau in der Mitte dieser Entwicklungen. Wir sind einerseits Spezialisten für die Technologie und die rasanten Entwicklungen, inklusive KI im Service. Gleichzeitig sind wir Spezialisten für die Prozesse – wir verstehen die Bedürfnisse des Marktes und der Fachbereiche. Wir sehen uns als Bindeglied oder „Übersetzer“ zwischen diesen beiden Welten, da die Technologie zunehmend komplexer wird und viel mehr Möglichkeiten bietet. Man kann nicht beide Seiten in voller Tiefe abdecken, daher ist eine Übersetzerrolle unerlässlich, die sowohl die technische Sprache spricht als auch die Anwender und Fachbereiche versteht.

Was verstehen Sie unter einem umfassenden Kundenservice?

Ein umfassender Kundenservice geht über die reine Problemlösung im Kundendienst hinaus. Er bezieht sich auf den gesamten Service für den Kunden, wie zum Beispiel die Schnelligkeit bei der Erstellung und Übermittlung eines Angebots. Es geht um Nahbarkeit, Flexibilität, Geschwindigkeit und Qualität über die gesamte Customer Journey hinweg. Wie gesagt ist unser Hauptpartner Microsoft. Wir agieren als Bindeglied zwischen dem Kunden und dem Produkt. Wir implementieren die Lösungen beim Kunden und beraten ihn, was mit der Microsoft-Plattform – die sehr umfangreich ist – alles möglich ist. Unser Ziel ist es, individuelle Lösungen für den Kunden zu finden, wie er die Plattform am besten einsetzen kann.

Wer sind Ihre primären Ansprechpartner bei Kundenunternehmen, und wie hat sich dies im Laufe der Zeit verändert?

Das ist eine gute Frage. Es ist eine Kombination. Früher war der IT-Leiter sehr oft der primäre Ansprechpartner, doch das hat sich verändert. Mittlerweile sprechen wir häufiger mit dem Serviceleiter und dem Geschäftsführer. Wir setzen dort an, wo der konkrete Bedarf besteht und wo Herausforderungen und Ziele identifiziert werden. Viele europäische Produktionsunternehmen hatten vor den letzten zwei Jahren sehr gute Wachstumsphasen mit vollen Auftragsbüchern und wenig Zeit für die Weiterentwicklung der Organisation. Jetzt ist die Phase gekommen, in der sie erkennen, dass die Organisation mitwachsen muss, um weiteres Wachstum zu ermöglichen. Gerade im Servicebereich wird oft festgestellt, dass die aktuelle Struktur kurzfristig noch funktioniert, aber für langfristiges Wachstum und eine steigende Anzahl von Anfragen eine solide technologische Basis geschaffen werden muss. Daher sind unsere Ansprechpartner sehr oft Geschäftsführer, aber auch Serviceleiter beziehungsweise Vertriebsleiter.

Das heißt: Digitalisierung ist Pflicht?

Absolut. Unsere Kunden wissen: Wer jetzt nicht in digitale Infrastruktur investiert, fällt zurück. Unternehmen werden generell immer digitaler und müssen sowohl ihr Know-how aufbauen als auch ihre digitale Infrastruktur nicht vernachlässigen. Solche Prozesse dauern zudem Jahre, bis sie Früchte tragen. Paradoxerweise können diese Investitionen auch Kosten sparen. Ein Beispiel ist die Digitalisierung des Vertriebs. Anstatt Kunden häufig zu besuchen, kann man diese strenger klassifizieren (z.B. A/B/C/D-Kunden). A-Kunden werden weiterhin besucht, B-Kunden weniger oder gar nicht. Um diese Kunden nicht alleine zu lassen, wird in digitale Services investiert. Dazu gehört ein individueller, aber vollautomatischer Newsletter per E-Mail, Social Media oder anderen Kanälen. Oder die personalisierte Gestaltung von Portalen und Websites, bei der Kunde A andere Inhalte sieht als Kunde B, basierend auf seinen Produkten und Interessen. Diese anfänglichen Investitionen führen dazu, dass der Service pro Kunde letztlich günstiger ist, als einen Außendienstmitarbeiter vor Ort zu entsenden.

Wie schätzen Sie den Digitalisierungsgrad bei Ihren Kunden ein, und wann macht es für Ihr Unternehmen Sinn, einen Kunden auf seiner Digitalisierungsreise zu begleiten?

Ich sehe sehr große Unterschiede im Digitalisierungsgrad. Viele unserer Kunden, deren Headquarter meist in Österreich liegt, sind international tätig und oft sogar Weltmarktführer in Nischen. Für diese Firmen war es bisher weniger wichtig, in Digitalisierung und Kundenservice zu investieren, da das Produkt ein Selbstläufer war. Andere Firmen, deren Produkte austauschbarer sind, mussten sich früher überlegen, wie sie erfolgreich sein können und setzten daher stärker auf Digitalisierung und Kundenservice.

Für uns macht es Sinn einzusteigen, sobald der Kunde über Digitalisierung nachdenkt und eine Software-Lösung in Betracht zieht. Wir sind kein reines Strategieberatungshaus. Wir kommen ins Spiel, wenn es um konkrete Software-Implementierung und Digitalisierung geht, beispielsweise wenn ein Kunde seinen Kundenservice von Zetteln und veralteter Software auf eine vereinheitlichte, effizientere Lösung umstellen möchte. Manchmal beginnen wir bei den Basics, wie der Schaffung einer einheitlichen Kundenbasis mit sauberer Datenqualität, bevor wir weitere Schritte gehen. In anderen Fällen sind wir bereits bei der Optimierung auf höchstem Niveau. Der Wille zur Digitalisierung und die Investitionsentscheidung in eine digitale Lösung müssen beim Kunden getroffen sein.

Künstliche Intelligenz derzeit ist ein dominantes Thema. Welchen Einfluss hat sie auf den Kundenservice?

KI ist definitiv nicht nur ein Hype. Ich persönlich glaube, sie wird so verändernd sein wie das Internet, die Industrialisierung oder der Buchdruck. Auf der obersten Ebene wird sich die Gesellschaft verändern; darunter entstehen neue Geschäftsmodelle.

Vor allem im Servicebereich sehen wir praktische Anwendungsfälle: automatische Übersetzungen in Support-Tickets, intelligente Zusammenfassungen komplexer Anfragen oder schnellere Einarbeitung neuer Mitarbeiter durch kontextbasierte Informationssuche in Wissensdatenbanken.

Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung. Täglich entstehen hunderte neue KI-Tools, und es werden enorme Investitionen in diesem Bereich getätigt. Gerade bei Microsoft, auf dessen Plattform wir setzen, kommen fast wöchentlich neue Möglichkeiten hinzu. 

Welche Bedeutung hat Flexibilität und der Plattform-Ansatz für Unternehmen?

Unternehmen können heute keine starren Lösungen mehr verkaufen. Es ist wichtig, flexibel zu sein. Hersteller, die noch On-Premise-Lösungen anbieten und keine Plattformen, werden es zunehmend schwerer haben.

Ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen ist die Resilienz – die Fähigkeit, sich rasch an Veränderungen anzupassen. Diese Flexibilität ist entscheidend, und das betrifft auch die Kunden der Kunden. Es ist undenkbar, eine Software zu kaufen, ein Jahr lang Anforderungen zu analysieren, dann jahrelang umzusetzen und damit zehn Jahre zu leben. In zwei Jahren ist etwas anderes relevant. Daher geht es viel mehr zurück zum Standard und weg von Eigenprogrammierung auf diesen Plattformen. Wenn man sich hier zu stark vom Standard wegbewegt, tut man sich schwer, mit den neuen Funktionalitäten mitzuhalten, die die Hersteller so rasch veröffentlichen.

Wie gehen Sie mit dieser Veränderung als Unternehmen um?

Wir müssen uns ebenfalls transformieren. Früher war unser Mehrwert, Wissen über Tools weiterzugeben. Heute kann das eine KI übernehmen. Unser USP ist die „Übersetzerrolle“ – wir verbinden Fachbereich und Technologie, bringen Praxiserfahrung ein und helfen, komplexe Möglichkeiten konkret und wirksam umzusetzen.

Die KI kann diese Praxiserfahrung nicht bieten; sie kann nur Informationen wiedergeben oder kombinieren. Daher müssen wir unser Geschäft und das unserer Kunden immer besser verstehen. Wir müssen weiterhin nahe am Kunden sein, viel mit ihm sprechen und sein Geschäft verstehen. Gleichzeitig müssen wir bei der Technologie am Ball bleiben. Solange wir auf beiden Seiten vorne dabei sind, sehe ich keine Gefahr, dass wir von der KI wegrationalisiert werden. 


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