Johannes Kreiner, Geschäftsführer von Sage DPW, lässt im Gespräch mit der COMPUTERWELT das Jahr 2020 Revue passieren, erklärt, was wir aus der Corona-Krise lernen können und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das heurige Jahr. [...]
Inwiefern hat die Corona-Krise den Geschäftsverlauf 2020 Ihres Unternehmens beeinflusst?
Generell lässt sich sagen, dass wir trotz Corona unsere geschäftlichen Ziele erreichen konnten. Die größten Auswirkungen im Blick auf unsere geschäftlichen Abläufe haben wir vor allem darin gesehen, dass wir zum einen im Frühjahr sehr schnell die aktuellen Regelungen und Neuerungen zum Kurzarbeitergeld in unseren Lösungen implementieren mussten. Zum anderen war die Umstellung der Zusammenarbeit mit unseren Kunden auf Remote ein weiterer einschneidender Punkt. Das hat sicherlich zu der einen oder anderen Herausforderung geführt. Insgesamt stellen wir aber fest, dass diese Krise unsere Kunden und Sage DPW eher zusammengeschweißt hat. Viele Kundenkontakte und -beziehungen sind durch die gemeinsame Bewältigung akuter Problemlagen noch intensiver und die Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern noch fruchtbarer geworden.
Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche bzw. auf Unternehmen auswirken?
Die Digitalisierung von Unternehmensprozessen hat durch die Corona-Krise sicherlich im Jahr 2020 einen großen Schub erfahren. Diese Entwicklung wird sich ohne Zweifel 2021 fortsetzen. Dabei helfen auch die staatlichen Förderprogramme, die durch die Entwicklungen der vergangenen Monate auch noch einmal eine ganz andere Aufmerksamkeit bekommen haben. Für Sage DPW bedeutet das, dass es für unsere bestehenden Produkte viel Potential im Markt gibt. Gleichzeitig sind wir aber auch gefordert, unsere Produkte weiterzuentwickeln, damit sie neuen Anforderungen unserer Kunden entsprechen, die sich durch Covid-19 ergeben haben, und die auch über die Krise hinaus bestehen werden. Ein Beispiel dafür ist die Frage der Arbeitsplatzplanung. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass es eine stärkere Verzahnung von Ressourcenmanagement mit den übrigen HR-Prozessen geben wird. Hier geht der Trend dahin, dass HR-Systeme künftig weitere Planungsschritte automatisiert auslösen werden und so die Personalplanung insgesamt effizienter und agiler wird, da auf kurzfristige Änderungen in Echtzeit reagiert werden kann.
Ein weiterer Punkt, der unsere Branche im kommenden Jahr beschäftigen wird, ist das Thema Recruiting. Hier denken wir bereits an die Zeit nach der Krise. Unseren Prognosen zufolge wird sich der sogenannte „War for Talents“ dann noch einmal verschärfen. Auch hier sind Anbieter von Personal-Software gefordert, ihre Kunden bestmöglich zu unterstützen. Sage DPW kommt dem beispielsweise dadurch nach, dass wir ein bereits bestehendes Tool, welches in unserer mobilen App bereits verfügbar ist, weiter ausbauen werden. Bei „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ geht es konkret um das Thema Mitarbeiterempfehlungen. Das heißt, die Dienstnehmer eines Unternehmens haben Zugriff auf den Pool an offenen Stellen ihres Unternehmens und können selbst Empfehlungen abgeben, wenn sie eine Person kennen, die einem bestimmten Stellenprofil entspricht – inklusive entsprechender Bonusvergütungen bei erfolgreichem Abschluss des Bewerbungsverfahrens. Damit fungieren die eigenen Mitarbeiter eines Betriebes als Multiplikatoren und helfen selbst dabei mit, die Fachkräftelücken ihres Arbeitgebers zu schließen.
Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2020 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Eine zentrale Lehre aus dem Jahr 2020 ist ohne Frage: Home Office funktioniert. Hinter diese Erkenntnis wird es auch im kommenden Jahr kein Zurück mehr geben und viele Unternehmen werden ihre Arbeitsprozesse dahingehend dauerhaft anpassen. Mobiles Arbeiten – unabhängig von Zeit und Ort – wird ausgehend davon einer der Megatrends für 2021 werden. Viele Betriebe haben sich bereits in diesem Jahr mit den entsprechenden Lösungen dafür – von Collaboration Tools bis hin zu mobilen Unternehmensanwendungen – vertraut gemacht und werden diese nun dauerhaft beibehalten oder ihre Infrastruktur dahingehend sogar noch weiter ausbauen.
Aus dieser Dynamik des Jahres 2020 heraus ergibt sich eine zentrale strategische Frage, die Verantwortliche in Unternehmen wahrscheinlich nicht nur im kommenden Jahr, sondern auch darüber hinaus beschäftigen wird: Wie wirkt sich all das, was man unter dem Begriff „New Work“ subsumieren kann, auf meine Unternehmenskultur aus? Im Kern geht es dabei unter anderem darum, wie angesichts von Home Office und mobilem Arbeiten eine gemeinsame Corporate Identity aufrecht erhalten und das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mitarbeitern gestärkt werden kann. Die Antworten der meisten Unternehmen auf die Frage nach der Firmenkultur dürften aus einer Zeit stammen, in der die persönliche Präsenz am Arbeitsplatz noch der Normalfall war, und werden nun durch die Corona-bedingten Veränderungen der Art und Weise wie Menschen leben und arbeiten, grundlegend auf den Prüfstand gestellt.
Wie gehen Sie persönlich bzw. im Job mit Lockdown, Home Office, Home Schooling und Social Distancing um? Mit welchen Strategien und Verhaltensweisen sorgen Sie für Ausgleich?
Persönlich versuche ich, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten, meine täglichen Abläufe, wie ich sie aus der Zeit vor Corona kenne, beizubehalten. Hierzu zählt beispielsweise, regelmäßig Sport zu treiben. Das sorgt nicht nur für den nötigen Ausgleich, sondern trägt auch dazu bei, in einer Zeit, in der der sonst gewohnte Bewegungsradius eingeschränkt ist, fit zu bleiben. Generell kann ich sagen, dass seit Ausbruch der Pandemie im Grunde kein Tag vergangen ist, an dem ich mich nicht bewusst im Freien außerhalb der eigenen vier Wände aufgehalten habe – sei es um meine gewohnten Laufrunden zu absolvieren oder einfach nur für einen ausgedehnten Spaziergang. Das hilft mir auch, den direkten Kontakt zur Außenwelt aufrechtzuerhalten und nicht abreißen zu lassen – besonders in Zeiten der Isolation und des Lockdowns.
Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2020?
Eines meiner persönlichen Highlights war zugleich ein berufliches: Das Frühjahr 2020 war für uns sehr herausfordernd. Wir haben mit Beginn des ersten Lockdowns innerhalb weniger Tage unseren gesamten Betrieb auf Remote umgestellt – inklusive der gesamten Kundenkontakte wie etwa Beratungs- und Implementierungstermine, die im Normalfall vor Ort stattgefunden hätten. Zum anderen mussten wir binnen kürzester Zeit zahlreiche Aktualisierungen an unseren Systemen vornehmen. Die Integration der neuen Regelungen zum Kurzarbeitergeld ist hierfür nur ein Beispiel. Für mich war es sehr beeindruckend zu sehen, mit welchem Engagement und mit welcher Flexibilität die gesamte Belegschaft diesen Weg mitgegangen ist. Und ich muss gestehen: Das hat mich persönlich auch berührt.
Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2021 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Im Jahr 2021 werden sich Software-Hersteller noch stärker als zuvor an den Bedürfnissen ihrer Kunden ausrichten. Das liegt nicht nur an den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, die neue Standards in Sachen Nutzungsflexibilität von Business-Software gesetzt hat. Generell geht der Trend auch bei den Software-Architekturen selbst verstärkt Richtung Individualisierbarkeit, Service-Orientierung und Nutzererlebnisse auf B2C-Niveau. Technologisch helfen in diesem Zusammenhang erweiterte Analysefähigkeiten der Anwendungen – unter anderem auch durch die Integration von KI-basierten Funktionalitäten.
Speziell auf unser Tätigkeitsfeld bezogen sehen wir als Anbieter von HR-Systemen den Fokus beim Thema HR Analytics insbesondere auf präskriptiven Analysen. Besonders im Blick auf neue Geschäftsfelder und den Ausbau des unternehmerischen Aktionsradius – hier denken wir auch bereits an die Zeit nach der gegenwärtigen Krise – können verlässliche Prognosen zu anstehenden Mitarbeiterbedarfen helfen, den Handlungsbedarf eines Unternehmens im Personalbereich in der Zukunft so konkret wie möglich zu umreißen. Im Bereich Skillmanagement wird es durch KI-basierte Anwendungen möglich, Fähigkeiten von Mitarbeitern, die systemseitig bereits strukturiert erfasst sind, automatisiert mit den Anforderungen abzugleichen, die sich aus neuen Projekten ergeben. Auf diese Weise können sich Personalverantwortliche schnell einen Überblick verschaffen, ob und wenn ja, wie viele Ressourcen in-house gegebenenfalls zur Verfügung stehen, um neue Aufgaben zu bewältigen.
Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat.
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