Viele Unternehmen kämpfen mit komplexen Prozessen, ausgelöst vor allem durch eine fragmentierte Tool-Landschaft. Das hemmt Digitalisierungserfolge und schafft zusätzliche Sicherheits- und Compliance-Risiken. Wie lässt sich der digitale Arbeitsplatz vereinfachen, ohne die Abhängigkeit von einem Anbieter zu erhöhen? Durch eine integrierte Plattform, mit der sich Zugriffsrechte, Rollen, Richtlinien und Prozesse zentral orchestrieren und steuern lassen, erklärt Ismet Koyun, CEO von KOBIL, im Interview mit der ITWelt.at. [...]
Im Digital Decade Report der EU wurden Österreich zuletzt große Fortschritte bei der Digitalisierung bescheinigt. Viele Unternehmen kommen dennoch nicht richtig von der Stelle und klagen über Hemmnisse wie Kosten, Regulierung und fehlendes Knowhow. Was muss Ihrer Meinung nach passieren, um diese Hürden zu überwinden?
Die digitale Transformation endet nicht bei Glasfaser und 5G. Viele Unternehmen haben ihre Prozesse bisher nur punktuell digitalisiert. Sie nutzen Dutzende verschiedene, spezialisierte Tools für Kommunikation, Identitäten, Genehmigungen oder Signaturen. Diese Fragmentierung ist das eigentliche Problem.
Solange Systeme nicht integriert sind, verpufft ein Großteil der Effizienzgewinne. Und vor allem entstehen Lücken in Sachen Sicherheit, Kontrolle und Nachvollziehbarkeit. Unternehmen brauchen einen Digitalisierungsansatz, der sich nicht auf einzelne Werkzeuge konzentriert, sondern auf durchgängige Abläufe. Der Schlüssel ist Zentralisierung: Prozesse, Identitäten und Kommunikation müssen orchestriert werden, nicht nebeneinanderlaufen. Es braucht neue Spielregeln, die einen sicheren digitalen Wandel wirklich voranbringen.
Könnten Sie das konkretisieren? Wie gelingt eine solche Zentralisierung?
Mit einer zentralen Plattform, die sämtliche Tools und Prozesse im Unternehmen abbildet und in einer Anwendung zusammenführt. Über diese konsolidierte Enterprise-Plattform werden beispielsweise Identitäten, Zugriffsrechte, Richtlinien, Kommunikationskanäle und Workflows durchgängig gesteuert. Eine ganzheitliche Basis für den gesamten digitalen Lifecycle, die verbindliche, sichere und einfache Digitalisierung ermöglicht.
Wie kann eine zentrale Plattform dazu beitragen, die Digitalisierung voranzutreiben? Welche Vorteile bringt sie mit?
In der Wirtschaft ist Effizienz gleich Wettbewerbsfähigkeit. Aber mit fragmentierten Prozessen können Unternehmen ihre eigenen Daten nicht durchgängig auswerten. Sie wissen beispielsweise nicht, wo sich sensible Informationen befinden, wer Zugriff hat oder welche Prozessschritte redundant laufen. Mit einer integrierte Daten- und Prozesslandschaft dagegen lassen sich Entscheidungen automatisieren und Ressourcen gezielter einsetzen.
Auf einer solchen Plattform erhält jeder Anwender eine digitale Identität, mit der er wichtige Dokumente rechtssicher unterschreiben, authentifizieren und sich überall sicher anmelden kann. Ein einziger, sicheren Login, anstatt sich über Dutzende Tools einzeln einzuloggen. Das spart Zeit und reduziert Fehler. Mitarbeitende, Partner und Dienstleister bewegen sich in einem durchgängigen digitalen Raum mit gemeinsamer Datenbasis. Beim Onboarding sind neue Angestellte innerhalb von Minuten voll einsatzfähig, da alle Berechtigungen zentral und automatisiert gesteuert werden – kein Zusatzaufwand mehr für die IT.
Gleichzeitig läuft im Hintergrund ein automatisiertes Policy-Management, das sicherstellt, dass Zugriffsrechte, Signaturen und Datenflüsse jederzeit regelkonform sind. Es geht also nicht um Zentralisierung als Selbstzweck, sondern um die Fähigkeit, Prozesse und Compliance in einem System zu vereinen – effizient, nachvollziehbar und sicher.
Regelwerke wie DSGVO, eIDAS und DORA fordern hohe Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Inwiefern können integrierte Plattformmodelle dabei helfen, diese Anforderungen zu erfüllen?
Eine zentral orchestrierte Plattform dokumentiert automatisch, wer wann worauf zugegriffen hat, welche Signaturen getätigt oder Dokumente freigegeben wurden. Müssen Daten gelöscht oder Auskünfte erteilt werden, so lässt sich das zentral ausführen. Dadurch entstehen vollständige Audit-Trails, die jede Aktion nachvollziehbar machen – ohne zusätzlichen Aufwand für die IT oder das Compliance-Team. So ist regulatorische Sicherheit keine zusätzliche Belastung mehr und kein nachträglich hinzugefügtes Feature. Sondern sie ist von Anfang an integraler Bestandteil der Systemarchitektur. Die Plattform verfügt also über „Compliance by Design“.
Je mehr Prozesse digitalisiert werden, desto größer scheinen auch die Sicherheitsrisiken. Wie lässt sich die Balance finden zwischen Prozessoptimierung und IT-Security?
Unternehmen können beides haben, ohne Abstriche! Digitalisierung erhöht zunächst die Angriffsfläche, das stimmt. Aber sie schafft auch die Grundlage für bessere Gegenmaßnahmen.
Wer viele isolierte Tools nutzt, verteilt das Risiko und schafft mit jeder neuen Schnittstelle ein neues Einfallstor für Cyberangriffe. Wer hingegen Prozesse zentralisiert, kann Sicherheitsmaßnahmen konsistent durchsetzen: Authentifizierung, Gerätebindung, Verschlüsselung und Zugriffskontrolle folgen dann alle denselben Regeln. Identitäten, Rollen und Berechtigungen lassen sich einheitlich steuern und überprüfen – damit jederzeit klar ist, wer worauf zugreifen darf. Eine Änderung an Berechtigungen, etwa weil eine Person intern den Job wechselt, wird sofort wirksam. Nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters werden alle Zugänge automatisiert gelöscht – nie wieder sicherheitskritische Zombie-Accounts.
Natürlich darf eine Plattform nicht zum Single-Point-of-Failure werden. Zero Trust ist deshalb das Zauberwort, um maximale Sicherheit zu gewährleisten. Kein Nutzer, kein Gerät, keine Anwendung wird von vornherein als vertrauenswürdig eingestuft. Stattdessen wird jede Zugriffsanfrage kontinuierlich verifiziert. Wenn alle Aktionen zentral sichtbar und analysierbar sind, lässt sich schneller auf Anomalien und potenzielle Angriffe reagieren.
Manche Unternehmen fürchten, dass eine Plattformlösung bestehende Systeme ersetzt oder Integrationen erschwert. Wie lässt sich eine solche Lösung in bestehende IT-Landschaften einbinden, ohne großen Aufwand und ohne Flexibilität zu verlieren?
Diese Sorge ist verständlich, aber technisch längst überholt. Moderne Plattformen sind API-first konzipiert und lassen sich in vorhandene ERP-, CRM- oder Ticketing-Systeme integrieren. Das Ziel ist nicht, Alt-Systeme zu ersetzen, sondern sie in einer übergeordneten Struktur zu verbinden.
Die Plattform fungiert dabei als Orchestrierungs- und Kontrollinstanz: Sie synchronisiert Identitäten, verwaltet Rollen, überprüft Richtlinien und schafft Transparenz über alle Anwendungen hinweg. So bleibt die IT-Landschaft flexibel – nur eben besser steuerbar und sicherer.
Digitalisierung ist auch eine kulturelle Frage. Wie wichtig ist es, bei der Einführung zentraler Plattformen die Perspektive der Anwender mitzudenken?
Extrem wichtig. Digitalisierung scheitert selten an der Technologie – sie scheitert an Akzeptanz und Bedienbarkeit. Mitarbeitende erwarten heute dieselbe Benutzererfahrung wie im privaten Umfeld: schnell, intuitiv und möglichst ohne ständige Passworteingabe.
Eine gute Plattformlösung nimmt diesen Anspruch ernst und schafft Vertrauen. Sie ermöglicht nahtlose Abläufe, Single Sign-On und Self-Service-Funktionen. Gleichzeitig stellt sie sicher, dass alle Sicherheits- und Compliance-Vorgaben im Hintergrund erfüllt werden. Wenn Anwender Prozesse als unkompliziert empfinden, nutzen sie sie ganz selbstverständlich – und genau das reduziert langfristig Risiken.
Zum Abschluss: Wie wird sich Ihrer Meinung nach zukünftig die tägliche Zusammenarbeit in Unternehmen verändern?
Der Arbeitsplatz der Zukunft ist nicht mehr an einen Ort gebunden. Er ist eine integrierte, sichere Umgebung, die sämtliche Anwendungen und Prozesse in einem Hub zusammenführt.
Mit Lösungen wie unserer mPower Plattform von KOBIL sehen wir bereits, wie das funktionieren kann: Mitarbeitende, Partner und Kunden bewegen sich in einer gemeinsamen digitalen Umgebung. Identität, Kommunikation und Workflows sind in einer einzigen, hochsicheren Enterprise-Plattform verbunden. Prozesse werden beschleunigt und Vertrauen in die Technologie wird aufgebaut. Jede Organisation kann damit ihre eigene sichere Kommunikationsplattform und ihr eigenes Chat-System aufbauen. Die Plattform ist eine Low-Code-Lösung. Flexible Anpassungen sind damit auch ohne tiefgehendes Knowhow möglich.
Für mich definiert das Digitalisierung neu: Effizienz und Sicherheit schließen sich nicht mehr aus, sondern sind untrennbar verbunden und für alle ohne großen Aufwand verfügbar. So entsteht die Basis einer resilienten, souveränen digitalen Zukunft.

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