Mit dem KI-Hype steigt der Hunger nach hochperformanten Data Center rasant. ITWelt.at sprach mit Martin Madlo, Managing Director von Digital Realty, etwa über heimische Standortprobleme für neue Rechenzentrumsprojekte. [...]
Bitte stellen Sie Ihr Unternehmen vor. Was waren die Meilensteine in diesem Jahr?
Digital Realty ist ein global tätiges Unternehmen, ein sogenannter Real Estate Investment Trust, der sich auf die Planung, Errichtung und den Betrieb von Rechenzentren spezialisiert hat.
Wir haben derzeit eine Marktkapitalisierung von rund 60 Milliarden US-Dollar und betreiben an die 400 Rechenzentren auf jedem Kontinent dieser Erde. Wir sind somit der größte Anbieter von Colocation- und Rechenzentrums-Facility-Dienstleistungen.
In Österreich hat man uns lange Jahre als Interxion mit unseren beiden Rechenzentren im 21. Wiener Gemeindebezirk gekannt. Schon damals waren wir – wenn man sich die zentral- und osteuropäische Data-Center-Landschaft ansieht – der größte Rechenzentrumsbetreiber mit den meisten Netzwerken vor Ort, mit den meisten Zugängen zu Cloud-Dienstleistungen und zu Content-Service-Delivery-Networks. Diesen Status wollen wir weiter ausbauen.
Ein sehr wichtiger Meilenstein im Sommer dieses Jahres war der Spatenstich zu unserem neuen Rechenzentrums-Campus, der in der Siemenstraße im 21. Bezirk entstehen wird. Wir werden über die nächsten Jahre mehr als eine Dreiviertel Milliarde Euro in die Zurverfügungstellung von neuer Colocation-Infrastruktur investieren. Denn für die Digitalisierung in Österreich braucht es eine entsprechende Basisinfrastruktur sowie Breitbandnetze.
Was sind derzeit die größten Baustellen? Welche Rolle spielt KI?
Die Wirtschaft stagniert, das Zugpferd in Europa, Deutschland, schwächelt. Da stellt sich die Frage, wie wir unsere Wirtschaft wieder stimulieren können. Und da kann KI zum Teil eine Antwort sein. Mit KI lassen sich einerseits Effizienzsteigerungen durchführen. Mit KI kann ich Kosten reduzieren oder die Ressourcen, die ich zur Verfügung habe, effizienter und zielgerichteter einsetzen. Auf der anderen Seite ist KI, so glaube ich, ein ganz wesentlicher Faktor, um nicht gegenüber den USA, China und anderen globalen Playern weiter ins Hintertreffen zu geraten.
Was sind die großen Herausforderungen für uns als Rechenzentrumsbetreiber? KI läuft auf High-Performance-Computing-Systemen. Nvidia ist in aller Munde und die Aktien der Nvidia schießen durch die Wolken. Das ist eine Technologie, die den Bedarf an Rechenzentrumsinfrastruktur völlig auf den Kopf stellt. Über die letzten 20 Jahre haben wir relativ wenig Innovation im Datacenter-Betrieb selbst gesehen. Bei der Kühltechnik und der Leistungsdichte von IT-Systemen hat es Fortschritte gegeben. Vor 15 Jahren war ein Kilowatt pro Quadratmeter notwendig. Mittlerweile brauchen Nvidia-Cluster 150 Kilowatt pro Cabinet. Das erfordert andere Technologie bei der Elektroversorgung und bei der Kühlung.
Eine weitere Herausforderung ist, dass Standards fehlen. Jeder Hersteller kommt mit seiner eigenen Lösung. Das bedeutet für uns als Rechenzentrums-Colocation-Provider, dass wir einen extremen Spagat machen müssen: Auf der einen Seite verlangen die unterschiedlichen Hardware-Systeme höchste Flexibilität, auf der anderen Seite gibt es den Druck der Europäischen Kommission dahingehend, dass unsere Rechenzentren effizienter werden sollen. Ich bin zum ersten Mal in der Situation, dass ich fragen muss, ob das, was global an Rechenzentrumsinfrastruktur gebaut wird, geeignet ist, den Bedarf der Kunden in drei oder in fünf Jahren wirklich zu befriedigen. Diese Situation gab es vorher noch nicht.
Was sind die Auswirkung von KI auf die Rechenzentrumskapazität?
Der Bedarf an Rechenzentrumskapazitäten wächst derzeit rasant, was sich in der niedrigen Vacancy Rate widerspiegelt – der Anteil der verfügbaren Fläche ist gering. In Frankfurt beispielsweise werden in diesem Jahr über 800 Megawatt an Rechenzentrenkapazitäten geschaffen, aber die Vacancy Rate liegt unter fünf Prozent. Das bedeutet, dass die neue Infrastruktur entweder bereits verkauft oder so weit reserviert ist, dass sie kaum noch für den freien Markt verfügbar ist. Auch in Österreich stellt dies ein großes Problem dar.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den steigenden Bedarf an Rechenzentren ist die Zusammenarbeit mit Nvidia. Das Unternehmen verfolgt Projekte in Österreich, bei denen KI-Technologien in verschiedenen Sektoren eingesetzt werden sollen. Das Problem ist jedoch, dass es derzeit an ausreichend Kapazitäten mangelt, um diese Systeme unterzubringen. Daher ist unser neuer Rechenzentrums-Campus, der ab 2026 zur Verfügung steht, ein wichtiger Schritt, um die benötigte Infrastruktur für KI-Lösungen in Österreich bereitzustellen.
Was die Diskussion um die Energieeffizienz betrifft, so wird häufig einseitig darauf fokussiert, wie viel Energie Rechenzentren verbrauchen. Dabei sollte man jedoch auch die Einsparpotenziale durch den Einsatz moderner IT-Technologie berücksichtigen. Ein interessantes Beispiel: Apple hat einen höheren Energiebedarf als das gesamte Land Kroatien. Doch durch den Einsatz von KI und moderner IT lassen sich viele energieintensive Prozesse optimieren. KI kann dabei helfen, Gebäude und Infrastrukturen energieeffizienter zu betreiben und letztlich mehr Energie zu sparen, als sie verbraucht. Diese Potenziale werden in der öffentlichen Diskussion jedoch oft zu wenig beachtet.
Die Effizienz von Rechenzentren hat sich in den letzten Jahren dank neuer Chip-Technologien und GPUs erheblich verbessert. Der Energiebedarf ist dabei im Vergleich zur Leistungssteigerung der Systeme nur minimal gestiegen. Diese Entwicklung zeigt, dass technologische Innovationen nicht zwangsläufig mit einem dramatischen Anstieg des Energieverbrauchs einhergehen müssen.
Die Diskussion um Rechenzentren erinnert stark an den Cloud-Boom, der seit 2013/2014 die gesamte Branche beflügelt hat. Der Bedarf an Cloud-Services hat einen enormen Anstieg der Rechenzentrums-Kapazitäten zur Folge gehabt. In Österreich stellt dies jedoch ein zusätzliches Problem dar, da die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichen. Wir setzen uns aktiv dafür ein, dem entgegenzuwirken.
Disruption ist das Motto der Jetztzeit. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Skepsis und Vertrauen?
Vertrauen ist seit jeher ein entscheidender Faktor in der IT-Branche. Schon seit 25 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit den Themen Colocation und Outsourcing. Vor zwei Jahrzehnten führten wir intensive Diskussionen mit Kunden darüber, welches Modell sicherer sei: ein eigenes Rechenzentrum im Keller oder ein Colocation-Datacenter. Diese Diskussionen sind auch heute noch relevant, allerdings hat sich der Fokus verschoben. Heute steht vor allem die künstliche Intelligenz im Mittelpunkt. Die zentrale Frage lautet nun: Inwieweit kann ich den Ergebnissen von KI-gestützten Recherchen vertrauen, sowohl denen meiner eigenen Systeme als auch denen meiner Mitarbeiter?
Es ist wichtig, sich mit dieser Skepsis auseinanderzusetzen und die Bedenken rund um KI ernst zu nehmen. Wir haben jedoch in der Vergangenheit gezeigt, dass wir das Vertrauen unserer Kunden gewinnen können – indem wir kritische Bereiche ihrer IT-Infrastruktur in die Hände von Colocation-Anbietern legen. Diese spezialisierten Dienstleister sind in der Lage, eine Infrastruktur zu bieten, die sicherer, hochverfügbarer und besser zertifiziert ist, als es vielen Unternehmen mit ihren eigenen Ressourcen möglich wäre.
Dieses Vertrauen aufzubauen ist eine langfristige Aufgabe, die sich über die gesamte Wertschöpfungskette von IT-Dienstleistungen erstreckt. Sie reicht von der Basisinfrastruktur, die wir in unseren Rechenzentren bereitstellen, bis hin zu spezialisierten IT-Lösungen für unterschiedlichste Branchen. Vertrauen entsteht durch kontinuierliche Arbeit und durch das Einhalten strenger Standards, insbesondere in Bereichen wie der IT-Sicherheit. Während sich Fragen des Vertrauens im Bereich der klassischen IT relativ leicht durch Zertifikate und bewährte Verfahren beantworten lassen, gestaltet sich die Situation bei KI weitaus komplexer. Künstliche Intelligenz ist eine neue und disruptive Technologie, die in vielen Bereichen tiefgreifende Veränderungen bewirken kann. Normen und Standards, die in der IT-Industrie etabliert sind, haben auch eine gewisse Zeit benötigt, um sich durchzusetzen. Der AI Act stellt dabei bereits einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar.
Wie hängen aus Ihrer Sicht Innovation und Digitalisierung zusammen?
Vor kurzem habe ich eine Studie des Eco-Verbands in Deutschland gelesen, die sich mit den Spillover-Effekten von Rechenzentren im Wirtschaftsraum des Nachbarlandes auseinandersetzt.
Ein besonders interessanter Aspekt war die Untersuchung der Beziehung zwischen Digitalisierung und Innovation. Die Ergebnisse sind klar: Je höher der Digitalisierungsgrad, desto innovativer und erfolgreicher. Digital fortschrittliche Betriebe können neue Produkte schneller auf den Markt bringen, besser auf veränderte Kundenbedürfnisse reagieren und moderne Technologien effektiver nutzen.
Die entscheidende Frage lautet für mich: Wie erhöhen wir den Grad der Digitalisierung in der österreichischen Wirtschaft? Und nicht: Wie können wir innovativer werden? Innovation entsteht durch die Nutzung digitaler Werkzeuge und Prozesse. Mit zunehmender Digitalisierung wachsen automatisch die Möglichkeiten, kreativ und wettbewerbsfähig zu agieren.
Welche konkreten Maßnahmen sollte die österreichische Politik Ihrer Meinung nach vor allem umsetzen, um die Standortbedingungen für Rechenzentren zu verbessern und im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben?
Als Präsident der Austrian Data Center Association, des Verbandes österreichischer Rechenzentrumsbetreiber, der sich intensiv mit diesen Themen beschäftigt, sehe ich hier dringenden Handlungsbedarf.
Aktuell haben wir ein ernsthaftes Standortproblem für neue Rechenzentrumsprojekte in Österreich. Das liegt zum einen daran, dass die Energieversorgung für solche Großprojekte nicht gesichert ist – ein globales, nicht nur ein österreichisches Problem. Zum anderen gibt es durch die Energieeffizienzdirektive der Europäischen Kommission neue Vorgaben, die ins österreichische Energieeffizienzgesetz übernommen wurden. Eine dieser Anforderungen sieht vor, dass überschüssige Wärme aus IT-Systemen verpflichtend in Fernwärmenetze eingespeist werden muss. Diese Richtlinie wird in einem Stufenplan umgesetzt, der den Energienetzbetreibern klare Vorgaben macht.
Wir von der Data Center Association fordern, dass die Regierung sowie die Bundesländer in Standortkonzepte investieren und Regionen definieren, die sich für Rechenzentrumsansiedlungen eignen. Diese müssen eine nachhaltige Energieversorgung gewährleisten und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, Abwärme effizient in Fernwärmesysteme einzuspeisen.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für solche Projekte. Derzeit dauert es viel zu lange, um die für die Digitalisierung essenzielle Infrastruktur aufzubauen. Andere Regionen haben hier bereits gehandelt. Ein Beispiel ist Berlin-Brandenburg: Dort engagieren sich Politiker aktiv auf Datacenter-Konferenzen, werben für den Standort und bieten Rechenzentrumsbetreibern attraktive Rahmenbedingungen – von verfügbaren Grundstücken über gesicherte Energieversorgung bis zur Einbindung in das städtische Fernwärmenetz. Sie haben erkannt, wie wichtig Rechenzentren für die regionale Wertschöpfung sind.
Ein weiteres Vorbild ist die Ruhrregion in Deutschland. Nach dem Niedergang der Schwerindustrie investiert man dort massiv in digitale Infrastruktur. Rechenzentren spielen eine Schlüsselrolle, um die wirtschaftliche Entwicklung neu zu beleben und digitale Wertschöpfung voranzutreiben.
Das ist auch unser Wunsch für Wien und ganz Österreich: Eine gezielte Förderung von Rechenzentrumsansiedlungen. Es braucht spezielle Bereiche, in denen alle Voraussetzungen – von Energie bis zur Einbindung ins Fernwärmenetz – geschaffen werden. Diese Kapazitäten sind entscheidend, um den heimischen Bedarf zu decken. Viele Unternehmen möchten oder dürfen ihre Daten nicht ins Ausland auslagern, sei es aus rechtlichen oder Compliance-Gründen. Österreich verliert hier durch unzureichende Infrastruktur wertvolle Chancen.
Wie können Unternehmen die Unsicherheit bei der Digitalisierung und Infrastrukturplanung überwinden?
Es gibt nicht die eine Digitalisierung. Die digitale Transformation ist vielfältig und umfasst eine Reihe unterschiedlicher Aspekte, die auf jedes Unternehmen individuell wirken. Gleichzeitig sehe ich, dass viele Organisationen unsicher sind, wie sich diese verschiedenen Digitalisierungselemente in den kommenden Jahren konkret auf ihre Geschäftsmodelle auswirken werden. Ein aktuelles Beispiel aus einer Diskussion, die ich kürzlich mit einem großen österreichischen Unternehmen geführt habe, zeigt dies deutlich: Es ging um ihre Rechenzentrumsstrategie und die Frage, wie viel ihrer Workloads künftig in der Cloud abgewickelt werden sollten und wie viel durch künstliche Intelligenz ersetzt werden kann. Diese Entwicklungen stellen neue Anforderungen an die Infrastruktur. Und nicht zuletzt gab es die Frage, wie viel Rechenleistung vor Ort, also on-premise, verbleiben muss, um bestimmten regulatorischen oder sicherheitsrelevanten Anforderungen gerecht zu werden.
Hier bieten unsere Colocation-Services eine besonders wertvolle Lösung. Sie ermöglichen es Unternehmen, eine flexible, hybride Infrastruktur zu schaffen, ohne von Anfang an eine endgültige Entscheidung darüber treffen zu müssen, wie die digitale Zukunft gestaltet wird. Mit Colocation können Unternehmen ihre Rechenzentrumsressourcen nach Bedarf anpassen – ähnlich wie in einem Hotel: Brauche ich gerade drei Zimmer, dann nehme ich drei, für eine größere Veranstaltung vielleicht fünf, und nach der Veranstaltung wieder nur eines. So bleibt das Unternehmen flexibel und kann jederzeit auf Veränderungen reagieren.
Unsere Services bieten zudem die Möglichkeit, verschiedene digitale Dienstleistungen wie Cloud-Services, KI-as-a-Service oder KI-on-premise je nach Bedarf zu integrieren und anzupassen – ohne dass sofort hohe Investitionen in ein eigenes Datacenter erforderlich sind. Der Vorteil: Unternehmen müssen nicht Millionenbeträge in Infrastruktur investieren, die sie in wenigen Jahren möglicherweise nicht mehr benötigen oder die aufgrund von Überdimensionierung zu unnötigen laufenden Kosten führt.
Letztlich geht es darum, Lösungen zu finden, die den spezifischen Anforderungen eines Unternehmens gerecht werden. Digitalisierung ist kein Entweder-Oder, sondern umfasst eine Vielzahl von Teilaspekten, die es zu bewerten gilt. Die Frage, die sich jedes Unternehmen stellen muss, lautet: Was sind die Quick Wins, die ich sofort umsetzen kann, um die Effektivität zu steigern? Und was sind die langfristigen Strategien, um das Unternehmen zukunftssicher auszurichten?
Wie beeinflusst der Umgang mit alltäglicher Technologie die Erwartungen an moderne IT-Systeme?
Wir leben in einer Zeit, in der die Interaktion mit IT-Systemen durch Technologien wie Alexa oder Siri zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Menschen haben gelernt, in ihrer natürlichen Sprache mit Geräten zu kommunizieren, und erwarten heute denselben Komfort in allen digitalen Anwendungen. Ob im Haushalt, im Auto oder bei anderen Technologien – einfache, intuitive Bedienung ist inzwischen der Standard, an dem neue Systeme gemessen werden. Ein Zurück zu komplizierten Interfaces ist schlichtweg nicht mehr denkbar.
Diese Entwicklung setzt klare Maßstäbe für die Gestaltung moderner Systeme. Technologien, die im Dialog mit Menschen eingesetzt werden, müssen sich auf einem hohen Qualitäts- und Reifegrad bewegen, um Akzeptanz zu finden. Natürlich darf dabei die Sicherheit nicht außer Acht gelassen werden, doch Benutzerfreundlichkeit ist ein entscheidender Faktor. Nur so können Produkte erfolgreich und breit genutzt werden.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Anwenderinnen und Anwender selbst: Wie fit sind sie, um die angebotenen Lösungen zu nutzen? Systeme, die so komplex sind, dass sie nahezu ein Studium erfordern, werden scheitern. Stattdessen sollten sie intuitiv gestaltet sein – so einfach, dass sie von Kindern genauso wie von Seniorinnen und Senioren problemlos verwendet werden können. Diese Art der natürlichen Interaktion ist ein enormer Wettbewerbsvorteil und macht Technologie für alle zugänglich.
Wie können Unternehmen durch moderne Technologien dem Fachkräftemangel und kulturellen Veränderungen begegnen? Und wie sieht es mit Haftungsfragen aus?
In den letzten Jahren hat der Gesetzgeber zunehmend die direkte Haftung der Geschäftsführung gestärkt, um Umgehungen durch rechtliche Konstruktionen wie Tochtergesellschaften zu unterbinden. Dies bringt neue Herausforderungen mit sich, doch die zentralen Fragen lauten: Wie kann ein Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben, welche Technologien lassen sich dafür nutzen, und welche Talente werden dafür benötigt? Besonders drängend ist dabei das Thema Fachkräftemangel, das in vielen Branchen spürbar ist.
Ein Ansatz ist der gezielte Einsatz moderner Technologien, um Arbeitskräfte effektiv zu unterstützen. Die Herausforderung besteht darin, Verfahren zu entwickeln, die es Mitarbeitenden ohne spezialisierte Abschlüsse ermöglichen, anspruchsvolle Aufgaben zu übernehmen. Technologien könnten es beispielsweise erleichtern, Tätigkeiten, die bislang nur von hochqualifizierten Ingenieurinnen und Ingenieuren ausgeführt wurden, auch für Mitarbeitende mit weniger spezifischer Ausbildung zugänglich zu machen. Dies erfordert jedoch eine enge Abstimmung zwischen Geschäftsführung, HR- und Schulungsabteilungen, um den Fachkräftemangel nachhaltig zu bekämpfen.
Gleichzeitig steht die Unternehmenskultur unter ständigem Druck. Externe Einflüsse wie die Covid-19-Pandemie, gesetzliche Vorgaben oder veränderte Kundenanforderungen wirken massiv auf Unternehmen ein. Die Flexibilität des Teams und eine kontinuierliche Arbeit an der Unternehmenskultur sind daher entscheidend. Nur durch eine anpassungsfähige Kultur lassen sich solche Veränderungen friktionsfrei umsetzen. Dies ist besonders wichtig, um mit dem schnellen Wachstum in Bereichen wie Rechenzentren Schritt zu halten und die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten, die von Kundenseite erwartet werden.
Wie beeinflusst der rasante Fortschritt in der KI-Technologie die Planbarkeit und Zukunftssicherheit von Rechenzentren?
Vor zehn Jahren war die Entwicklung im Bereich Rechenzentren deutlich vorhersehbarer. Leistungsdichten von Hardware, der Energiebedarf sowie die Anforderungen der Kunden ließen sich zuverlässig prognostizieren. Für Betreiber war es vergleichsweise einfach, Datacenter mit Blick auf einen dreijährigen Planungshorizont zu konzipieren – von der benötigten Energieversorgung bis hin zur Kühlleistung.
Heute hat sich die Situation grundlegend verändert. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Hochleistungssystemen stellt bisherige Planungsgrundlagen infrage. Die leistungsstarken GPUs, die mittlerweile weitaus mehr Rechenleistung bieten als traditionelle CMOS-Systeme, könnten nicht nur für KI-Anwendungen, sondern auch für traditionelle Workloads eingesetzt werden. Dies könnte die gesamte Infrastrukturplanung in der Branche auf den Kopf stellen.
Das Problem ist die fehlende Vorhersehbarkeit: Wie stark werden Unternehmen in Zukunft auf KI setzen? Wie groß wird der Anteil moderner High-Performance-Systeme an bestehenden Workloads sein? Diese Fragen sind heute schwer zu beantworten, auch weil es an verlässlichen Studien mangelt, die belastbare Prognosen ermöglichen. Diese Unsicherheiten machen die Planung neuer Rechenzentren zu einer noch komplexeren Herausforderung.
Wie können Unternehmen eine Balance zwischen Homeoffice und den Anforderungen des Büroalltags wie zum Beispiel im Rechenzentrumsbetrieb finden?
Im Betrieb eines Rechenzentrums ist Homeoffice naturgemäß nur eingeschränkt möglich. Dennoch ist das Thema Empowerment auch hier von großer Bedeutung. In Bereichen, in denen physische Präsenz im Rechenzentrum nicht erforderlich ist – wie etwa im Backoffice oder im Marketing – haben wir eine Homeoffice-Regelung eingeführt.
Allerdings habe ich bewusst darauf verzichtet, eine einheitliche Regelung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen, die festlegt, wann und wie oft sie vor Ort sein müssen. Stattdessen ist es die Entscheidung jedes Teams, in welcher Form und Häufigkeit die Präsenz vor Ort für effiziente Zusammenarbeit und Teamarbeit erforderlich ist.
Ein zentraler Aspekt, der dabei nie aus den Augen verloren werden sollte, ist die Unternehmenskultur. Wir haben durch unsere Regelung verhindert, dass es eine Kluft zwischen den Mitarbeitenden gibt, deren Tätigkeiten keine physische Anwesenheit im Büro erfordern, und denen, deren Aufgaben einen regelmäßigen Büroeinsatz notwendig machen. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, um eine einheitliche Kultur zu wahren und zu vermeiden, dass unterschiedliche Arbeitsmodelle zu Spannungen führen.
Letztlich gibt es kein universelles Rezept dafür, wie Homeoffice und Remote-Arbeit umgesetzt werden sollten. Jedes Unternehmen muss für sich selbst entscheiden, was möglich und sinnvoll ist, wobei auch Compliance- und Vertraulichkeitsaspekte berücksichtigt werden müssen. In einigen Fällen mag es unproblematisch sein, von überall aus zu arbeiten, während in anderen Situationen striktere Anforderungen bestehen.
Welche Highlights sind von Digital Realty Österreich im kommenden Jahr zu erwarten?
Wir setzen weiterhin konsequent auf unsere ESG-Ziele und arbeiten daran, unseren bestehenden Standort noch energieeffizienter und nachhaltiger zu gestalten. Ein herausragendes Projekt, das wir vor einigen Monaten gestartet haben, ist die Kooperation mit der Wien Energie und dem Krankenanstaltenverbund. Im Rahmen dieser Partnerschaft liefern wir Abwärme aus unserem Rechenzentrum an die Klinik Nord, um dort 70 Prozent des Wärmebedarfs zu decken. Darüber hinaus haben wir eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von über einem Megawatt-Peak installiert. Solche Initiativen werden auch 2025 fortgeführt, um den Standort noch umweltfreundlicher zu gestalten.
Ein weiteres Highlight ist die Entwicklung eines neuen, deutlich größeren Rechenzentrumsstandorts im 21. Bezirk. Dieser wird nicht nur den klassischen Colocation-Bedarf abdecken, sondern auch auf High-Performance-Computing und KI-Anwendungen ausgerichtet sein. Damit können wir österreichischen Unternehmen modernste Technologien zur Verfügung stellen, um die zuvor angesprochenen Themen auch hierzulande umzusetzen.
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