„Es gibt kaum eine Branche, die nicht von Automatisierung profitieren könnte“ 

Roman Oberauer, Country Managing Director bei NTT Ltd. in Österreich, sagt im Interview mit der IT Welt.at, dass in Zeiten der Krise KI sowie Automatisierung neue Chancen für Unternehmen eröffnen können und menschliche Entscheidungen trotzdem unverzichtbar bleiben. [...]

Roman Oberauer, Country Managing Director von NTT Ltd. in Österreich. (c) NTT Ltd.
Roman Oberauer, Country Managing Director von NTT Ltd. in Österreich. (c) NTT Ltd.

Im vergangenen Jahr hat sich Künstliche Intelligenz sowohl technologisch als auch gesellschaftlich als ein bedeutender Trend herauskristallisiert und sie erlebt derzeit eine breite Anwendung in verschiedenen Branchen. Ist der Hype Ihrer Meinung nach gerechtfertigt und welche Rolle spielt das Thema bei NTT?

Insbesondere die Einführung von ChatGPT vor einem Jahr hat gezeigt, wie stark das Interesse an dieser Technologie ist und wie sie verschiedenste Bereiche beeinflusst hat. Obwohl maschinelles Lernen bereits bekannt war, hat die Einführung von Generative AI eine neue Stufe erreicht und das Interesse an dem Thema erneut angefacht. KI war möglicherweise etwas zu technisch konnotiert, aber jetzt können wir sie praktisch einsetzen und das war entscheidend. Dadurch haben wir die Möglichkeit, ganz neue technologische Lösungen zu entwickeln und Strategien in diese Richtung zu entwickeln.

Das war auch ein wichtiges Thema für uns und unsere Kunden, insbesondere im Bereich Portfolio-Management. Zusammen mit dem Thema Cybersicherheit haben wir uns darauf konzentriert, Arbeitsabläufe zu verbessern und Daten effizienter zu analysieren. Cybersicherheit nutzt ja ebenfalls KI und gleichzeitig können Unternehmen KI nutzen, um sich besser zu schützen. Dies macht das Thema für Unternehmen besonders relevant. KI basiert auf Daten, aber es ist wichtig, die Quintessenz herauszufiltern. Dabei sind menschliche Entscheidungen nach wie vor essenziell. Dennoch steckt ein enormes Potenzial in der Nutzung von KI, und obwohl bereits Lösungen verfügbar sind, ist dies erst der Anfang.

Ein anderes Thema, welches die Unternehmen bewegt, ist die aktuelle Wirtschaftskrise. Wie nehmen Sie die Situation wahr und kann KI und generell die Digitalisierung Unternehmen dabei helfen, die Krise besser zu meistern? 

Wir bemerken schon eine gewisse Zurückhaltung bei den Kunden. Aber in Krisenzeiten steigt in der Regel das Investitionsvolumen in die Automatisierung. Die derzeitige Situation ist, dass man einerseits kosteneffizienter arbeiten muss. Andererseits muss man auch die Fachkräfte berücksichtigen. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass Automatisierung in Zukunft unverzichtbar sein wird und in neuen Lösungen eine zentrale Rolle spielen wird.

So ist zum Beispiel die Industrie traditionell stark auf Automatisierung ausgelegt. Auch in der Verwaltung, wo viele Mitarbeiter für Planung und Organisation zuständig sind, besteht ein großes Potenzial dafür. Es gibt kaum eine Branche, die nicht davon profitieren könnte oder sich nicht darüber Gedanken macht.

Sie haben die Fachkräfte erwähnt. Bekommen Sie den Fachkräftemangel zu spüren?

Es ist definitiv schwieriger, Mitarbeiter zu finden als noch vor ein paar Jahren. Die Rekrutierung ist auch kostenintensiver geworden, da es einen Mangel an frischen Talenten gibt. Das spüren alle Unternehmen. Der Wettbewerb um Fachkräfte ist intensiv, da alle um dieselben Talente konkurrieren.

Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang das Thema Automatisierung?

Automatisierung führt dazu, dass einige Arbeitsplätze oder Tätigkeiten wegfallen, was vorübergehend ein gewisses Thema sein kann. Aber sie ermöglicht es uns, uns stärker auf die Bedürfnisse unserer Kunden zu konzentrieren. In meiner bisherigen beruflichen Laufbahn habe ich zahlreiche Automatisierungsprojekte durchgeführt, bei denen Mitarbeiter nicht ihren Job verloren haben, sondern ihre Tätigkeiten um neue Aufgabenfelder erweitert wurden.

Erkennen Unternehmen diese Dynamik, oder gibt es Ängste diesbezüglich? 

Je nachdem, mit wem man spricht. Wenn jemand dazu neigt, seine Position abzusichern, dann kann es sein, dass er einen gewissen Machtverlust empfindet. Personen hingegen, die langfristige strategische Entscheidungen im Unternehmen treffen und eine Vision für die Zukunft haben, stehen dem offener gegenüber.

Aber ich verstehe diese Bedenken und behaupte nicht, dass keine Jobs verloren gehen werden – das wird sicherlich passieren. Es braucht Zeit, um den Wandel zu akzeptieren und zu erklären. Dabei ist es wichtig, den Mehrwert aufzuzeigen, den die Automatisierung bieten kann, sowie sich auf zukünftige Entwicklungen auszurichten. Es gibt dazu einen markanten Spruch den ich seit 10 Jahren kenne: „If you can describe your job, it can and it will be automated.“ Mit der künstlichen Intelligenz ist es nun möglich, bestimmte Aufgaben einfach zu erledigen. Daher müssen wir uns ständig weiterentwickeln.

Finden sich Unternehmen wie NTT hier in der Rolle eines Beraters wieder, der den Unternehmen klar machen muss, welche Vorteile diese Entwicklungen mit sich bringen?

Definitiv. Die IT- und Dienstleistungsbranche hat einen Wandel durchlaufen. Früher lag der Fokus hauptsächlich darauf, die Kosten im Griff zu haben und einzusparen. Dies ist nach wie vor von Bedeutung, aber zunehmend geht es auch darum, nicht nur das Costcenter zu bedienen, sondern auch das Profit-Center zu unterstützen. Dabei geht es um die Entwicklung neuer Business Cases und neuer Geschäftsmodelle, die von Anfang an mit IT-Unterstützung konzipiert werden. Es geht nicht nur darum, im Nachhinein zu optimieren, sondern diese beiden Prozesse finden parallel statt. Wir konzentrieren uns sowohl auf Kostenoptimierung als auch auf die Beratung in Bezug auf Use Cases und Business-Entscheidungen, wobei der Fokus verstärkt auf dem Mehrwert liegt, den wir bieten können, und nicht nur auf Kosteneinsparungen.

Wie sieht denn Ihre Prognose für 2024 aus, welche Stimmung nehmen Sie bei Ihren Kunden wahr?

Wir beobachten ein leichtes Wirtschaftswachstum, wenn auch kein wirklich großartiges, aber einen positiven Trend. Und die Unternehmen müssen Investition tätigen, denn mit NIS2 kommt im Oktober eine neue Richtlinie und auch das Thema ESG bringt neue Auflagen. 

Welche konkreten Herausforderungen ergeben sich bei NIS2 für die Unternehmen?

Gut umgesetzt wird die NIS2-Richtlinie in den Unternehmen dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedeutung von Cybersicherheit zu schärfen und die Kommunikation innerhalb des Unternehmens zu verbessern. Sicherheit ist ein wichtiger Aspekt in der IT-Wertschöpfungskette. Unternehmen müssen prüfen, wie sie ihre Sicherheitsstandards umsetzen können. Es besteht hier die Möglichkeit, dass das bestehende Equipment nicht ausreicht, um höhere Standards zu unterstützen. In solchen Fällen wird es notwendig sein, in neue Technologien zu investieren. Zum Beispiel in Cloud-Lösungen. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens klar definiert sind, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsaspekte abgedeckt sind. Eine klare Kommunikationsstruktur ist dabei von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Wissensstand sind.


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