„Europa verzeichnete 2023 mit 32 Prozent weltweit die meisten Cyberattacken“

Marco Porak, Generaldirektor von IBM Österreich, skizziert im Gespräch mit ITWelt.at die wichtigsten IT-Trends für 2024. [...]

Marco Porak, Generaldirektor von IBM Österreich: "Die Fähigkeit, den gesamten Umfang der Angriffsoberfläche eines Unternehmens zu schützen, ist der Schlüssel zum Aufbau von Cyberresilienz. Attack Surface Management (ASM) und Extended Detection and Response (XDR) schützt den gesamten Multi-Cloud-Stack. Quantensichere Kryptografie und vollständig homomorphe Verschlüsselung schützen Daten und Erkenntnisse." (c) IBM/Pepo Schuster

Welche IT-Trends sehen Sie für 2024 bzw. welche IT-Themen sollten heuer auf der Agenda von IT-Verantwortlichen ganz oben stehen und warum?
Ich sehe drei Themenfelder, die bei Unternehmen nicht nur 2024, sondern in den nächsten Jahren ganz oben auf der Liste stehen werden:

Künstliche Intelligenz (KI): Künstliche Intelligenz und GenAI werden im Jahr 2024 Branchen und Unternehmen nachhaltig verändern. Von maschinellem Lernen bis hin zur Verarbeitung natürlicher Sprache und Foundation Models werden die KI-Fähigkeiten ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die Wettbewerbsfähigkeit im Markt sein. Für den Einsatz von Foundation Models im Unternehmensumfeld braucht es Sicherheit im Umgang mit den Daten, die für das Training der Modelle verwendet werden, sowie Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Einsatz der KI. Alles Bereiche, auf die IBM sich mit der Technologieplattform watsonx konzentriert.

Hybrid Cloud: Mit dem Aufkommen generativer KI (GenAI) und den Anforderungen an Nachhaltigkeit, Arbeitsproduktivität und Sicherheit stehen Unternehmen unter steigendem Druck, sich digital zu transformieren. Die Cloud bietet Unternehmen die Möglichkeit, schnell und effizient auf diese neuen Anforderungen zu reagieren und immer mehr Unternehmen nutzen deshalb die Cloud-Services von unterschiedlichen Cloud-Providern. Diese zu managen kann zu einer großen Herausforderung werden. Daher werden hybride Cloud-Architekturen, die lokale und Cloud-basierte Systeme für Entwicklung und Betrieb nahtlos integrieren, weiter zunehmen.

Cybersecurity: Durch die zunehmende Dezentralisierung von Systeminfrastrukturen, z.B. in unterschiedlichen Clouds oder durch die Verwendung immer leistungsfähigerer Devices für mobiles Arbeiten, nehmen die Einfallstore für Cyberattacken zu. Die Fähigkeit, den gesamten Umfang der Angriffsoberfläche eines Unternehmens zu schützen, ist der Schlüssel zum Aufbau von Cyberresilienz. Attack Surface Management (ASM) und Extended Detection and Response (XDR) schützt den gesamten Multi-Cloud-Stack. Quantensichere Kryptografie und vollständig homomorphe Verschlüsselung schützen Daten und Erkenntnisse.

Künstliche Intelligenz ist derzeit das größte Hype-Thema in der IT. Ist dieser Hype gerechtfertigt? Wenn ja, warum, wenn nicht, warum nicht?
Im Rahmen der 54. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos hat IBM-Chairman und -CEO Arvind Krishna die transformativen Auswirkungen der künstlichen Intelligenz betont und prognostizierte einen jährlichen weltweiten Produktivitätsschub von 4 Billionen US-Dollar bis 2030. Das unterstreicht sehr deutlich die unmittelbare Notwendigkeit für Unternehmen, sich KI-Technologien zu Eigen zu machen, um auf den Märkten wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir sehen großes Potenzial für den Einsatz von KI – das reicht von Customer Service über die Automatisierung des Betriebes von IT- und Netzwerkinfrastruktur sowie dem Management von Anwendungen und Systemen in der hybriden Cloud bis zu den Kerngeschäftsprozessen.

Das Thema künstliche Intelligenz hat 2023 durch das Aufkommen von GenAI und Foundation Models noch einmal einen starken Aufmerksamkeitsschub in einer breiten Öffentlichkeit erhalten. Für den erfolgreichen Einsatz von GenAI im Unternehmensumfeld muss neben der Auswahl geeigneter Modelle vor allem auf die Richtigkeit der Daten, die für das Training der Modelle verwendet werden, sowie auf die Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Einsatz der KI gesorgt werden. Alles Herausforderungen, für deren Lösung IBM die Technologieplattform watsonx zur Verfügung stellt.

„Das Thema künstliche Intelligenz hat 2023 durch das Aufkommen von GenAI und Foundation Models noch einmal einen starken Aufmerksamkeitsschub in einer breiten Öffentlichkeit erhalten. Für den erfolgreichen Einsatz von GenAI im Unternehmensumfeld muss neben der Auswahl geeigneter Modelle vor allem auf die Richtigkeit der Daten, die für das Training der Modelle verwendet werden, sowie auf die Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Einsatz der KI gesorgt werden.“

Marco Porak

Wie können es Unternehmen trotz Fachkräftemangel schaffen, ihre IT-Anforderungen abzudecken?
Unternehmen haben verschiedene Optionen, die sich auch gut miteinander kombinieren lassen. Naheliegenderweise kann man sich Unterstützung von Partnern holen und deren Services in Anspruch nehmen. Ein gutes Beispiel dafür sind die SOCs (Security Operations Center), die gerade für mittelständische Unternehmen eine spannende Option sind. Immer öfters werden durch die Nutzung von SaaS-Angeboten die benötigten Services über die Cloud zugekauft. Die bereits erwähnte Option der Automatisierung von IT- und Geschäftsprozessen stellte eine weitere Möglichkeit dar, knappe und hochqualifizierte Ressourcen von repetitiven Tätigkeiten zu entlasten. Und zu guter Letzt müssen Unternehmen die Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter bewusst fördern und entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten anbieten.

Security ist einer der wichtigsten Aspekte der IT. Was tut Ihr Unternehmen um IT-Security sicherzustellen?
IBM X-Force hat gerade den „Threat Intelligence Index 2024“ veröffentlicht. Europa verzeichnete 2023 mit 32 Prozent weltweit die meisten Cyberattacken. Außerdem zeichnet sich eine „Krise der Identitäten“ in Europa und weltweit ab, da Cyberkriminelle verstärkt Nutzeridentitäten zur Kompromittierung von Unternehmen missbrauchen. Es ist für sie einfacher und effizienter, sich über gültige Konten in Unternehmensnetzwerke einzuloggen, anstatt diese zu hacken – und Angreifer wählen gerne den einfachsten Weg.

In unserer Studie zeigt sich, dass in 85 Prozent der Fälle der initiale Zugang zum Unternehmen relativ leicht verhindert hätte werden könnte. Dazu wäre ein Beheben der bekannten Schwachstellen, durchgängige Multi-Faktor-Authentifizierung und die Vergabe nur unbedingt erforderlicher Zugriffsrechte notwendig. Security ist also eine der wichtigsten Prioritäten für uns und unsere Kunden, die wir sowohl mit unseren Security-Produkten, als auch mit der Expertise unserer weltweiten Security-Experten unterstützen.

Welche Lehren nehmen Sie aus dem IT-Jahr 2023 für die Zukunft mit?
KI ist gekommen, um zu bleiben. Wir sehen, dass der Einsatz von KI sich von den ersten Projekten im Bereich der Chatbots in Richtung Automatisierung der Geschäfts- und IT-Prozesse weiterentwickelt und großes Potenzial bietet. Unternehmen und Organisationen werden vermehrt auf den Einsatz von KI in allen Bereichen setzen, um die Wettbewerbsfähigkeit im Markt zu erhalten.

Security ist wichtiger denn je. Europa verzeichnete 2023 laut dem „IBM Threat Intelligence Index 2024“ mit 32 Prozent weltweit die meisten Cyberattacken. Unternehmen sind gefordert, sich und ihre Daten und Infrastrukturen vor Cyberattacken zu schützen.

„IBM X-Force hat gerade den Threat Intelligence Index 2024 veröffentlicht. Europa verzeichnete 2023 mit 32 Prozent weltweit die meisten Cyberattacken. Außerdem zeichnet sich eine Krise der Identitäten in Europa und weltweit ab, da Cyberkriminelle verstärkt Nutzeridentitäten zur Kompromittierung von Unternehmen missbrauchen. In unserer Studie zeigt sich, dass in 85 Prozent der Fälle der initiale Zugang zum Unternehmen relativ leicht verhindert hätte werden könnte. Dazu wäre ein Beheben der bekannten Schwachstellen, durchgängige Multi-Faktor-Authentifizierung und die Vergabe nur unbedingt erforderlicher Zugriffsrechte notwendig.“

Marco Porak

Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2023?
Für die IBM weltweit war das Jahr 2023 sehr erfolgreich und es freut mich, dass wir auch in Österreich unseren Beitrag dazu leisten konnten. Mein persönliches Highlight war der Abschluß der Ausbildung zum IBM Quantum Senior Ambassador – das heißt, ich durfte ein spezielles Programm rund um Quantumcomputing durchlaufen, und meine erworbenen Kenntnisse auch im Rahmen eines Zertifizierungsprozesses unter Beweis stellen.

Welche spannenden Projekte haben Sie 2023 für Kunden umgesetzt und was war das Besondere daran?
Wir konnten die ersten GenAI-Projekt mit begeisterten Kunden erfolgreich umsetzen. Dabei haben wir gesehen, dass für den Einsatz von Foundation Models im Unternehmensumfeld die vorher genannten Themen in den Fokus der Kunden rücken: Verfügbarkeit, Sicherheit und Richtigkeit der Daten, die für das Training der Modelle verwendet werden, sowie Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Einsatz der KI. Hier bieten wir mit unserer Daten- und KI-Plattform watsonx eine Lösung speziell für den Einsatz im Unternehmen.

Auf der anderen Seite sehen wir, dass – gerade in Zeiten der Hybrid Cloud – die eigene IT-Infrastruktur bei unseren Kunden weiterhin ein wichtiges Thema ist. Nur auf Basis einer robusten und skalierbaren Server- und Storage-Infrastruktur können die aktuellen Themen rund um KI und Security abgedeckt werden.

Was den meisten Projekten gemeinsam ist, ist die immer schnellere Umsetzung. Mit unserem Client Engineering Team setzen wir in einem agilen Co-Creation-Ansatz gemeinsam mit den Kunden sehr schnell MVPs (Minimum Viable Products) um. Dabei ist es sehr wichtig, von Anfang an die zukünftigen Nutzer einer Lösung einzubinden, um so Fehlentwicklungen zu verhindern.

Wenn Sie einen IT-bezogenen Wunsch frei hätten, wie würde der lauten?
Mehr Mut zum „Macher“ zu werden. Wenn es um Themen wie Quantumcomputing und KI geht, würde ich mir wünschen, dass wir rascher die Chancen nutzen, die diese Technologien bieten und uns weniger von den Risiken beeindrucken lassen. Wenn man Risiken rechtzeitig bedenkt, ernst nimmt und entsprechende Vorkehrungen trifft, können sie sehr gut minimiert werden. Die Technologie dafür gibt es.


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