„Häufiges Problem bei Technologieeinführungen ist fehlende Einbindung der Mitarbeitenden“

Beim ITWelt.at Roundtable über die Zukunft der digitalen Transformation diskutierten sieben IT-Experten über die Herausforderungen, Chancen sowie die Bedeutung von KI. Hier die gesammelten Statements von Mag. Wolfgang Theiner, MBA, Geschäftsführer bei COSMO CONSULT. [...]

Wolfgang Theiner, Geschäftsführer bei COSMO CONSULT. (c) timeline/Rudi Handl
Wolfgang Theiner, Geschäftsführer bei COSMO CONSULT. (c) timeline/Rudi Handl

Welche Rolle spielt Cosmo Consult in der Digitalisierung des Mittelstands?

Wir verstehen uns als Digitalisierungspartner für den österreichischen Mittelstand, bedienen aber auch Enterprise-Kunden. Als End-to-End-Anbieter decken wir ein breites Spektrum ab – von klassischen Office-Anwendungen und Modern Workplace-Lösungen wie Microsoft Teams über ERP- und CRM-Systeme bis hin zu Data Analytics und künstlicher Intelligenz.

Daten spielen dabei eine immer zentralere Rolle. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Informationen nicht nur zu verwalten, sondern auch sinnvoll zu nutzen. Genau hier setzen unsere Lösungen an.

In Österreich beschäftigen wir rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, international sind wir mit 1.400 Personen vertreten. Unsere Expertise basiert auf einer starken Partnerschaft mit Microsoft – rund 99 Prozent unserer Lösungen basieren auf deren Technologien.

Angesichts des aktuellen KI-Hypes: Hat die digitale Transformation als Thema an Bedeutung verloren?

Nein, ganz und gar nicht. Sie ist nach wie vor ein zentrales Thema für Unternehmen. Allerdings ist sie heute nur eine von vielen Herausforderungen, mit denen sich Unternehmer auseinandersetzen müssen. Geopolitische Unsicherheiten, ein wirtschaftlich instabiles Umfeld, Fachkräftemangel oder rückläufige Auftragsbücher – all das bindet Aufmerksamkeit und Ressourcen.

Die digitale Transformation bleibt dennoch essentiell, gerade in Verbindung mit künstlicher Intelligenz. Das eine schließt das andere nicht aus, sondern verstärkt sich gegenseitig. Unternehmen müssen sich dieser Entwicklung stellen, auch wenn sie aktuell mit zahlreichen anderen Herausforderungen kämpfen. Digitalisierung ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess – und wer ihn nicht vorantreibt, riskiert langfristig Wettbewerbsnachteile.

Wie groß ist die Herausforderung für Unternehmen, mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten?

Industrieunternehmen stehen derzeit unter enormem Druck und müssen eine Vielzahl an Entscheidungen in kurzer Zeit treffen. Besonders beim Thema künstliche Intelligenz zeigt sich, dass viele grundlegende Vorbereitungen, wie etwa die Sicherstellung einer ausreichenden Datenqualität, bislang nicht ausreichend getroffen wurden. Dadurch entstehen strukturelle Hürden, die den Einsatz neuer Technologien erheblich erschweren.

Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht diese Problematik. Auf einer Kundenveranstaltung mit Microsoft Österreich berichtete ein Mittelstandsgeschäftsführer nach dem Event von seiner Sorge, technologisch weit zurückzuliegen. Um auf den aktuellen Stand zu kommen, fehle seinem Unternehmen nicht nur das entsprechende Knowhow, sondern auch eine Investitionssumme in Millionenhöhe. Diese Situation zeigt, dass die Diskrepanz zwischen technologischen Möglichkeiten und der tatsächlichen Umsetzbarkeit in vielen Unternehmen enorm ist.

Viele Betriebe setzen seit Jahren auf stabile, bewährte Systeme und stehen nun vor der Herausforderung, dass der Schritt in Richtung KI oder Cloud Computing mit erheblichen Umstellungen verbunden ist – sowohl finanziell als auch organisatorisch. Während Experten und Berater die neuesten Entwicklungen längst als selbstverständlich betrachten, sind zahlreiche Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz noch weit von einer vollständigen Digitalisierung entfernt.

Besonders in Europa stellt sich die Frage, ob der Kontinent die digitale Transformation mit einer einheitlichen Strategie vorantreibt. Aktuell sind viele Initiativen stark länderspezifisch ausgeprägt, was es für Unternehmen zusätzlich erschwert, langfristige, international wettbewerbsfähige Lösungen zu entwickeln. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Europa in der Lage ist, diese Herausforderungen koordiniert anzugehen.

Was sind die großen Hürden bei der Einführung neuer Technologien?

Ein häufiges Problem bei der Einführung neuer Technologien ist die fehlende Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unternehmen investieren hohe Summen in die Implementierung von ERP-Systemen oder anderen digitalen Lösungen, unterschätzen jedoch, dass es sich dabei nicht nur um ein IT-Projekt, sondern um ein tiefgreifendes Organisationsprojekt handelt.

Oft wird darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, die Belegschaft von Anfang an mitzunehmen. In der Praxis bleibt dies jedoch häufig unzureichend umgesetzt oder wird sogar komplett vernachlässigt. Die Folge: Widerstände entstehen, Prozesse laufen nicht wie geplant, und Projekte verzögern sich erheblich. Besonders im österreichischen Mittelstand zeigt sich immer wieder, dass Change Management als zweitrangig betrachtet wird – manchmal wird es sogar aus Kostengründen aus dem Projektbudget gestrichen.

Dieser Ansatz erweist sich jedoch als trügerisch. Was kurzfristig als Einsparung erscheint, führt langfristig zu höheren Kosten, ineffizienten Abläufen und verzögerten Einführungen. Eine frühzeitige Investition in professionelles Change Management sorgt hingegen für einen reibungsloseren Projektverlauf und eine schnellere Akzeptanz neuer Systeme. Letztlich entscheidet nicht allein die Technologie über den Erfolg einer digitalen Transformation, sondern vor allem die Menschen, die mit ihr arbeiten.

Wie gehen Unternehmen mit den ständig wachsenden Regulierungen um?

Neue Regulierungen stoßen selten auf Begeisterung. In vielen Unternehmen lösen sie zunächst Frustration aus, da sie zusätzliche Anforderungen und Umstellungen mit sich bringen. Zwar bieten sie bei genauerer Betrachtung oft auch Chancen, doch der Weg dorthin ist mit Herausforderungen verbunden. Notwendige Vorbereitungen werden häufig unterschätzt oder aufgeschoben, was später zu Zeitdruck führt.

Anfangs wird die Umsetzung oft hinausgezögert, da vermeintlich noch ausreichend Zeit bleibt. Doch je näher die Frist rückt, desto größer wird der Handlungsdruck. Kurz vor Inkrafttreten einer neuen Regelung fehlt es dann an Kapazitäten, um die notwendigen Anpassungen rechtzeitig umzusetzen, während externe Berater und Beraterinnen aufgrund der hohen Nachfrage kaum verfügbar sind.

Die europäische Gesetzgebung wird in den kommenden Jahren weitere Vorgaben auf den Weg bringen, was für viele Unternehmen eine zusätzliche Belastung bedeutet. Gleichzeitig entstehen durch diesen Wandel neue Beratungs- und Unterstützungsangebote, die darauf abzielen, Unternehmen durch den Transformationsprozess zu begleiten.

Besonders in der Industrie und im Handel stehen Unternehmer vor der Herausforderung, Prioritäten zu setzen und die Vielzahl an Veränderungen strategisch anzugehen. Zwar gibt es Werkzeuge und strukturierte Ansätze, um sie bei der digitalen Transformation zu unterstützen, doch der Anpassungsdruck bleibt hoch. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, welche Unternehmen es schaffen, sich rechtzeitig weiterzuentwickeln. Für einige wird dies eine existenzielle Herausforderung darstellen.

Wie können Unternehmen das Potenzial von künstlicher Intelligenz optimal nutzen?

Künstliche Intelligenz ist allgegenwärtig und dominiert aktuell viele Diskussionen. Doch anstatt KI nur als Schlagwort zu betrachten, sollten Unternehmen aktiv darauf setzen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Technologie vertraut zu machen.

Ein effektiver Ansatz besteht darin, allen Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, sich intensiv mit KI auseinanderzusetzen – unabhängig von ihrer Abteilung oder ihrem konkreten Arbeitsbereich. Ein Beispiel aus der eigenen Praxis zeigt, wie wertvoll das sein kann. Unser Unternehmen hat 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeweils vier Stunden pro Woche eingeräumt, um sich mit KI-Anwendungen vertraut zu machen. Dabei ging es nicht zwingend um den direkten Unternehmenskontext, sondern darum, ein grundlegendes Verständnis und eine gewisse Nähe zur Technologie zu entwickeln.

Zusätzlich führen wir jährlich eine Innovation Challenge durch, bei der Mitarbeitende weltweit in virtuellen Teams neue Lösungen erarbeiten. Aus einer dieser Initiativen entstand beispielsweise ein KI-gestütztes ESG-Reporting, das nun potenziell auch für Kunden nutzbar ist.

Solche Ansätze sind nicht nur für Technologieunternehmen interessant, sondern auch für Industrie- und Dienstleistungsbetriebe. In jeder Organisation gibt es zahlreiche kluge Köpfe, die eine sehr genaue Vorstellung davon haben, wo KI in ihrem Arbeitsbereich unterstützen könnte. Besonders diejenigen, die direkt in der Produktion, der Produktentwicklung oder im Marketing tätig sind, sehen oft Potenziale, die das Management in dieser Form noch gar nicht auf dem Radar hat.

Wenn Unternehmen diesen internen Ideenraum nutzen, können in kurzer Zeit konkrete Use Cases entstehen, die sich sinnvoll und gewinnbringend umsetzen lassen.

Wie können Unternehmen künstliche Intelligenz sinnvoll in ihre Prozesse integrieren?

In vielen Gesprächen stellt sich immer wieder die gleiche Frage: Wo kann ich KI überhaupt einsetzen? Dabei sollte der erste Schritt nicht die Technologie selbst sein, sondern eine grundlegende Analyse der bestehenden Prozesse. Künstliche Intelligenz bietet eine hervorragende Gelegenheit, Abläufe zu hinterfragen und zu optimieren, doch ohne eine durchdachte Basis bleibt ihr Potenzial ungenutzt.

Selbst die leistungsfähigste KI bringt wenig, wenn die zugrunde liegenden Strukturen nicht stimmen. Unklare Prozesse oder schlecht aufbereitete Daten führen lediglich zu ineffizienten Ergebnissen. Unternehmen sollten daher bewusst Zeit und Investitionen einplanen, um genau zu evaluieren, wo KI echten Mehrwert schafft – sei es in der Produktion, im Kundenservice oder in der Datenanalyse.

In Zukunft wird zudem stärker gefordert sein, den konkreten wirtschaftlichen Nutzen solcher Investitionen nachzuweisen. KI kann nicht nur bestehende Abläufe verbessern, sondern auch völlig neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Doch dieser Wandel passiert nicht von heute auf morgen.

Ein wesentlicher Faktor bleibt der Mensch. Mitarbeitende müssen neben ihrem Tagesgeschäft Zeit und Kapazitäten aufbringen, um sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen – seien es KI-, ERP- oder CRM-Systeme. Unternehmen dürfen daher nicht nur auf technische Innovationen setzen, sondern müssen auch die Belastung ihrer Teams realistisch einschätzen. Technologie kann Prozesse automatisieren und optimieren, doch ohne motivierte und gut geschulte Menschen bleibt ihr Potenzial begrenzt.

Wie wichtig ist Aufklärung und Bildung für den erfolgreichen Einsatz von künstlicher Intelligenz?

Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Integration von KI in Unternehmen ist, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Anfang an mitzunehmen. Anstatt KI nur als vorgegebenes Konzept einzuführen, sollten Unternehmen aktiv nachfragen, wo ihre Teams den größten Nutzen sehen. Oft haben diejenigen, die täglich mit den Abläufen arbeiten, die besten Ideen für sinnvolle Anwendungsfälle.

Das Thema Bildung spielt dabei eine zentrale Rolle – nicht nur in Unternehmen, sondern auch gesellschaftlich. Die Lehrpläne haben sich über Jahrzehnte kaum verändert, während sich die Anforderungen der Arbeitswelt rasant weiterentwickeln. Ein aktueller Bericht zeigt, dass 40 Prozent der 10- bis 15-Jährigen Fake News nicht zuverlässig erkennen können. Solche Defizite in der digitalen Bildung werden sich in den nächsten Jahren massiv bemerkbar machen. Dabei ist gerade die junge Generation diejenige, die künftig mit den KI-Anwendungen arbeiten wird, die wir heute entwickeln.

Neben der technischen Kompetenz fehlt oft auch ein grundlegendes Verständnis dafür, was künstliche Intelligenz tatsächlich ist und welchen Zweck sie erfüllt. Noch immer dominiert die Angst, KI könnte Arbeitsplätze ersetzen, anstatt als Werkzeug zur Effizienzsteigerung gesehen zu werden. Hier braucht es deutlich mehr Aufklärungsarbeit, um Ängste abzubauen und die Technologie als persönliche Chance zu vermitteln.

Letztlich beeinflusst eine positive und informierte Haltung gegenüber KI nicht nur die Innovationskraft einzelner Unternehmen, sondern auch deren gesamte Unternehmenskultur. Wer frühzeitig auf Wissenstransfer setzt und Mitarbeitende aktiv einbindet, wird langfristig von einem produktiveren und zukunftsorientierten Arbeitsumfeld profitieren.


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