Harl: „IT Ausbildung ab dem Kindergarten“

Alfred Harl wurde erneut zum Obmann des Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) gewählt. Die COMPUTERWELT hat nachgefragt, wie der Fahrplan für die nächsten 5 Jahre aussieht. [...]

Alfred Harl, Obmann des Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). (c) Strasnik

Sie wurden erneut zum Obmann des Fachverbands UBIT gewählt. Welche sind die dringendsten IT-Themen, die auf Sie warten? Wie sieht Ihr Fahrplan aus?

Das dringendste IT-Thema, mit dem sich der Wirtschafts- und Bildungsstandort Österreich auseinandersetzen muss, ist der IT-Fachkräftemangel. Wie schon seit Jahren fehlen um die 10.000 Fachkräfte im IT-Bereich – im europäischen Vergleich liegen wir beim Fachkräftemangel an 3. Stelle innerhalb der EU (Quelle Eurostat 2018). Unser Fahrplan für die nächsten Jahre muss daher heißen: IT Ausbildung ab dem Kindergarten, altersgerecht das logische Denken fördern und die Studien entsprechend gestalten. Auch in Sachen Breitbandausbau und 5G darf Österreich den Anschluss nicht verlieren: 10 Mrd Investition schafft 56 Mrd Produktivität. Wir können keine Spitzenresultate von unseren (wenigen) IT- und Telekom-Dienstleistern erwarten – wie wir sie in den vergangenen acht Monaten erwarten durften – wenn wir keine entsprechende Infrastruktur haben. Das Leben wird digitaler, Stichworte Homeoffice, E-Commerce, E-Government. Die Digitalisierung macht auch vor Österreich nicht Halt – ob wir vorbereitet sind oder nicht.

Studien haben zum wiederholten Male bestätigt, dass in Österreich ein akuter Mangel an IT-Fachkräften herrscht. Warum scheint es hier nicht voranzugehen ud was müsste geschehen, damit es vorangeht?

Ganz klar für uns ist, dass die Informatikausbildung grundlegend reformiert werden muss. Wir müssen Österreichs Kinder viel früher und tiefgehender in das Gebiet der IT und IKT einführen und so die Begeisterung für dieses Gebiet rechtzeitig wecken. Zurzeit hat der Informatikunterricht wenig mit echter IT zu tun – und dadurch entgehen uns viele Talente, die sonst für die IT begeistert hätten werden können. Zudem müssen wir dafür sorgen, dass die Dropout-Quote an Österreichs Hochschulen sinkt. Zwar steigt die Zahl der Studierenden, die ein Informatikstudium beginnen, doch nur die wenigsten bringen es zu Ende. Hier müssen wir ansetzen.

Was kann der Fachverband UBIT dazu beitragen, dass es zu einer Besserung der Situation kommt?

Die UBIT-Mitgliedsbetriebe sind schon seit Jahren an vorderster Front, wenn es um IT-, IKT- oder Digitalisierungsentwicklungen geht. Seit Jahrzehnten bauen sie einen umfassenden Know-how-Schatz auf, von dem wir jetzt alle profitieren. Der Fachverband UBIT hat mit seiner UBIT Akademie incite zahlreiche sehr erfolgreiche Lehrgänge auf den Weg gebracht so zum Beispiel e-commerce und social media. Die Teilnehmeranzahl hat sich seit letztem Jahr vervierfacht. Oder der MBA in IT Consultancy, der weltweit einzigartig ist und stark nachgefragt wird. Es braucht vor allem ein breites Kollektivverständnis, was Digitalisierung ist und was sie bedeutet. Sie betrifft uns alle, in jedem Lebensbereichen.

Ein weiteres Thema, dass Sie forcieren wollen, ist die Digitalisierung der heimischen KMU. Wie hoch schätzen Sie den Digitalisierungsgrad der KMU ein und wie sieht hier der Fahrplan aus?

Unser KMU Digitalisierungsstudie 2019 zeigt, dass Österreichs Betriebe gut digitalisiert sind und vor der Digitalisierung nicht zurückschrecken. Das sind gute Nachrichten. Jedoch werden nicht alle Digitalisierungspotenziale genutzt. Zwar bringt die Digitalisierung viele Vorteile wie Kostenersparnisse und Kundenzugewinne, doch es bestehen noch viele Hürden, viele davon haben mit fehlenden Ressourcen und mangelnder Unterstützung zu tun und hier setzen wir an: UBIT-Betriebe leisten gezielt dort Unterstützung, wo die KMU rasch und zeitlich beschränkt Expertenwissen brauchen. Sei es bei der raschen Umsetzung von Digitalisierungsstrategien, sei es bei der Entwicklung eines Cyber-Security-Konzepts oder bei der Hilfestellung um Förderungen zu lukrieren. Die Unternehmensberater und IT-Experten sind ausgezeichnet ausgebildet und stehen den Betrieben rasch zur Verfügung. Das zeigen uns auch zahlreiche Umfragen, die einen hohen Zufriedenheitsgrad der Kunden bestätigen.

Wie hat sich das Jahr 2020 – Stichwort COVID-19- auf die Unternehmen ausgewirkt? Welche Signale bekommen Sie von Seiten der Unternehmen?

Wir haben gerade eine Blitzumfrage zu den Auswirkungen von Corona bei unseren Mitgliedern abgeschlossen, die Ergebnisse werden in Kürze veröffentlicht. Eine erste Tendenz zeigt, dass seit März bei rund einem Viertel der berfragten Mitglieder ein Umsatzrückgang von minus 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen sein wird. Besonders der Bereich Training & Coaching war davon sehr betroffen. Aber: COVID-19 bedeutet auch einen nachhaltigen Schub für die Digitalisierung. Und der Bereich wird voraussichtlich sehr stark nachgefragt werden.

Welchen Beitrag kann hier die Digitalisierung leisten?

Die Digitalisierung leistet einen wichtigen Beitrag und bedarf den stetigen Ausbau der IKT Infrastruktur, ohne die Digitalisierungspotenziale nicht umsetzbar sind. Die coronabedingte starke Zunahme von Homeoffice, Online-Meetings, Online-Konferenzen und Distance Learning hat die erfolgreiche Nutzung von Onlinemedien für die Arbeitswelt aufgezeigt. Diese werden auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen, weshalb es für die heimischen KMU wichtig ist, ihren Onlineauftritt und Einsatz von IT sowie Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen weiterhin zu forcieren. Unsere IT-Experten und Unternehmensberater und nicht zu vergessen die Buchhaltungsberufe leisten so einen wesentlichen Beitrag für Österreichs Betriebe im Kampf gegen die Pandemie.


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