„In jedem Unternehmen muss es die ‚Neugierigen‘ geben“

Der ITWelt.at-Roundtable über das Thema digitale Transformation brachte interessante Sichtweisen und spannende Insights. Hier die gesammelten Statements von Ivo Titscher, Managing Director von ByteSource Deutschland. [...]

Ivo Titscher, Managing Director von ByteSource Deutschland und Gastgeber des Roundtable in Wien (c) timeline/Rudi Handl
Ivo Titscher, Managing Director von ByteSource Deutschland und Gastgeber des Roundtable in Wien (c) timeline/Rudi Handl

Darf die digitale Transformation Spaß machen?

Wenn Dinge gelingen, macht das immer Spaß. Die digitale Transformation ist dazu geeignet, Dinge zum Gelingen zu bringen, die davor schwierig waren. Wir von ByteSource arbeiten schon viele Jahre daran, aus dem Umfeld Atlassian und AWS die digitale Transformation voranzubringen, ebenso im Bereich DevOps, also wie man Software-Entwicklung und den Betrieb zusammenführt. Durch die Erweiterung des Unternehmens nach Deutschland kam das Thema KI hinzu. Wenn jemand Lösungen für seine Business-Herausforderungen sucht, dann sind wir sozusagen die Handwerker, die das technisch möglich machen.

Wie unterscheiden Sie Digitalisierung und digitale Transformation? 

Die digitale Transformation ist kein Projekt, sondern die grundsätzliche Änderung der Arbeitsweise. Das betrifft praktisch alle Bereiche, beginnend bei der Führung bis hin zu den Prozessen. Transformation beschreibt die neue Art zu arbeiten. Der Begriff Agilität drückt diese Entwicklung sehr gut aus. Wenn wir von der digitalen Transformation sprechen, dann meinen wir die ganzheitliche Sicht. Digitalisierung ist ein Teil davon, wenn man etwa eine bestimmte Funktion, einen bestimmten Prozess von analog auf digital verändert. 

Wo stehen KMUs in Österreich und Deutschland bei der Transformation? 

Aus unsere Sicht existiert eine Zweiteilung: Es gibt Unternehmen, die auf dem digitalen Weg schon weit fortgeschritten sind und neue Trends verarbeiten. Diese bilden aber nicht die Mehrheit. Sehr viele Betriebe – aus welcher Branche auch immer – sind digital fremd und müssen sich die Frage stellen: Wie hilft mir die digitale Transformation? Sie müssen erst in das Thema hineinfinden – das betrifft alle Ebenen, kulturell, technologisch wie auch kommerziell.  

Laut einer Studie glauben 64 Prozent, dass KI keine Auswirkung auf das Business haben wird. Wie sehen Sie das? 

Wir vertreten die genau gegenteilige Ansicht. Ich habe schon einige Transformationen miterlebt und bin schon lange in der Entwicklung von KI involviert. Die KI wird nicht so einen begrenzten Raum beschreiben, wie einst die PC-Transformation oder auch die Cloud-Transformation bis zu einem gewissen Grad. Sie wird grenzenlos sein, sie wird sich wie Wasser überallhin verteilen. Das ist natürlich ein langfristiger Trend, ein Marathon, kein Sprint, aber man muss jetzt loslaufen. Die Technologie ist so vielfältig einsetzbar, die jüngsten Durchbrüche à la ChatGPT sind nur die Speerspitze. Es gibt eine breite Entwicklung, die schon lange im Gange ist. 

Die KI ist aus meiner Sicht für die digitale Transformation sehr nützlich, weil sie hilft, die komplexen Entwicklungen und Prozesse besser zu verstehen und zu steuern. Ein Beispiel: Um die Transformation in Unternehmen voranzubringen, wurden zu Beginn Trainings veranstaltet: ein Experte stand vorne und trug vor. Wie viel dabei hängen blieb, ist fraglich. Dann hat man Workshops eingeführt, wo man mitarbeiten konnte. Dann kam man zu Just-in-Time-Learning: Erst dann lernen, wenn es gebraucht wird. Die KI setzt dieser Entwicklung die Krone auf. Sie gibt genau in jener Sekunde die Antwort, in der sie gebraucht wird, um eine bestimmte Arbeit zu erledigen. Das ist mit ChatGPT für allgemeine Fragen möglich und noch besser mit spezifischen Unternehmensinformationen, wenn man sie in den KI-Prozess einbaut. 

Wie wird Cloud aufgenommen? 

Die Hemmschwelle ist gesunken. Die Praxis hat gezeigt, dass sich die Befürchtungen, die vor zehn Jahren verbreitet worden waren, sich nicht bewahrheiten haben. Die Unternehmen, die es nicht geschafft haben, ihre Geschäftsmodelle digital zu unterstützen – das trifft nicht nur auf eine Cloud-Infrastruktur zu –, erleiden Wettbewerbsnachteile. Für uns ist es keine Diskussion mehr. Wir haben mit jenen Unternehmen, die das Prinzip verstanden haben, genug zu tun. Die anderen müssen sich fragen, ob sie sich ein eigenes Rechenzentrum wirtschaftlich überhaupt leisten können. Dass wir als AWS-Partner Sicherheitsstandards bieten können, die im eigenen Rechenzentrum niemals erreichbar sind, ist eigentlich Common Sense. 

Wie hat sich ByteSouce mit der digitalen Transformation geändert? Wie reagieren Sie auf technische Trends? 

Die neuesten Entwicklung werden bei uns immer gerne umarmt. Wir gehören zu den ersten, die sich etwa mit neuen AWS-Services beschäftigen. Wir sind auch ein starker Atlassian-Partner. Die Produkte werden auch bei uns selbst eingesetzt, um Aspekte wie Transparenz oder die Optimierung von Abläufen, die Reduzierung von Redundanzen und, ganz stark, die Automatisierung voranzutreiben. 

Unsere Leistungen sind stark lösungs- beziehungsweise praxisorientiert. Wir kommen bei den Kunden sehr schnell in eine Fachdiskussion, weil wir eher auf der operativen Ebene unterwegs sind. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir nicht auch strategisch denken und die Themen auf breiter Basis diskutieren. Ich glaube, dass die Themen wie KI mit allen Stakeholdern diskutiert werden sollten. Das ist für die digitale Transformation wichtig. Gleichzeitig ist es essentiell, dass die IT nicht als Cost Center gesehen wird. Die Unternehmensführung muss verstehen, dass die IT der große Treiber für neue Produkte, für neue Wertschöpfungsketten, für Optimierung und Automatisierung sein kann und sollte dementsprechend die Mittel und Anforderungen anpassen. 

Wie sollten sich Unternehmen idealerweise aufstellen, damit sie möglichst großen Nutzen aus der Transformation ziehen können? 

In jedem Unternehmen muss es die „Neugierigen“ geben, die bereit sind, Dinge in Frage zu stellen und Neues zu lernen. Sie sollten idealerweise auf allen Ebenen zu finden sein. Die Transformation ist ein ganzheitlicher Prozess, der so schnell vorankommt, wie die Summe der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Je mehr es davon gibt, desto besser bringe ich das Unternehmen voran. Sie sind auf der Führungsebene zu suchen, aber auch in der Abteilungsleitung. Was man strategisch machen kann, ist, die Menschen zu enablen, Zugang zu schaffen, Transparenz zu schaffen, Daten freizugeben. Es braucht Einsicht in Daten über Abteilungsgrenzen hinweg. Dafür gibt es technische Lösungen wie Portale – oder auch KI, die ein ideales Mittel ist, um normalsprachliche Fragen zu stellen, die genau dann normalsprachlich beantwortet werden, wenn sie gebraucht werden. 

Die Unternehmen brauchen im Haus ihre Treiberfiguren. Das kann der CIO sein, der das Thema digitale Transformation pusht, oder auch andere Personen auf anderen Ebenen. Wenn man sich mit der digitalen Transformation auseinandersetzen und daraus Nutzen ziehen möchte, dann ist es ein guter Anfang, entsprechende Personen zu finden, zu fördern oder einzustellen, die diese Thematik ins Haus bringen, Personen, die die anderen mit den neuen Ideen kontaminieren und auch Fragen der Kollegen und Kolleginnen beantworten können. Damit hat jeder und jede im Unternehmen die Möglichkeit, das Thema für sich selbst zu entdecken. Was ich gelernt habe: Wissen lässt sich nicht leicht übertragen, Wissen muss in jedem Menschen selbst neu entstehen. Da kommt wieder KI zum Tragen: Ich habe da jemanden, mit dem ich reden kann, von dem ich lernen kann. Ich glaube, dass es unsere Aufgabe ist, Menschen über eine Schwelle zu bringen, damit sie beginnen, Fragen zu stellen und diese zu diskutieren – mit der KI oder mit Kollegen. 

Welche Ratschläge würden Sie für eine erfolgreiche Transformation geben? 

Damit die digitale Transformation gelingt, muss jede Person ihren persönlichen Vorteil erkennen. Das ist genau die Kunst, das auf allen Ebenen sicherzustellen. In vielen Fällen bedeutet das zuhören.  

Der unternehmerische Ausgangspunkt muss immer sein: Wo stehen wir? Welche Bereiche wachsen, wo ist der Mitbewerb besser? Von hier aus gilt es, sich mit neuen Herangehensweisen zu beschäftigen, sonst sind Unternehmen nicht wettbewerbsfähig. Passiert dieser Prozess nicht offen und ehrlich, dann kann dasselbe passieren wie Nokia – die Liste ist lang.  

Seit der Pandemie hat sich die Entwicklungsgeschwindigkeit weiter erhöht, die sich auf die Unternehmen auswirkt – sowohl von den Märkten her, in denen sie unterwegs sind, als auch von den Methoden, mit denen sie darauf antworten. Daher passt der Begriff agil sehr gut. Es ist eine urmenschliche Fähigkeit, auf sich verändernde Situationen schnell zu reagieren. Unternehmen müssen das ebenfalls tun – und zwar immer rascher. Auf Basis dieser Erkenntnisse sollte man sich auf die Suche nach den optimalen Partnern machen. 

Je mehr man in ein Thema wie KI eintaucht – dafür haben wir sehr interessante Angebote –, desto mehr verbreitet sich das Wissen und entstehen die Inseln der Neugierigen, die dafür sorgen, dass die Transformation vorankommt. Wichtiger als eine Lösung ist die Auseinandersetzung mit den Methoden. Das gilt nicht nur für die KI, sondern auch für die Cloud. Die Geschäftsführung braucht die Neugierigen. Dann entwickelt sich das Thema organisch und die Menschen werden mitgenommen. 

Der ITWelt.at-Roundtable digitale Transformation vom 13. Februar 2024 kann hier nachgehört werden. 


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