„IT macht die Wettbewerbsfähigkeit in der Immobilienbranche aus“

Die SIGNA Gruppe verwaltet Immobilien und Handelsbeteiligungen und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von knapp 14 Mrd. Euro. Die Immobilienbranche ist nicht unbedingt bekannt als Vorreiter der Digitalisierung, doch Franz Hillebrand, Geschäftsführer der SIGNA Informationstechnologie, bereitet das Unternehmen auf eine Zukunft vor, in der KI, autonome Autos und hohe Mobilität den Erfolg im Business ausmachen. [...]

Franz Hillebrand, Geschäftsführer der SIGNA Informationstechnologie ist TOP CIO 2018. (c) confare
Franz Hillebrand, Geschäftsführer der SIGNA Informationstechnologie ist TOP CIO 2018. (c) confare

Wo sind die wichtigsten Handlungsfelder als CIO, um den Erfolg des Unternehmens im zunehmenden Digitalen Wandel zu garantieren?

Es gilt alte Denkmuster und Rollenbilder aufzubrechen. Die klassischen Strukturen Marketing, Kommunikation, IT, HR, Controlling, etc. verschwimmen zunehmend und Inseldenken ist für die Digitale Transformation eher hinderlich als zielführend. So würden abgekoppelte, in sich geschlossene Einzellösungen entstehen und das große Ganze bleibt auf der Strecke. Hier gilt es anzusetzen; hier muss ich als CIO unbequem sein und gemeinsam mit ALLEN Beteiligten eine digitale Strategie und – vor allem – eine digitale Vision entwickeln. Die IT ist, und das wird oftmals allzu gerne übersehen, eine der Organisationen im Haus, die meist einen GESAMT Überblick über das Unternehmen hat. IT hat den Blick auf die Realität, auf die gelebten Prozesse und nicht auf das gewünschte Konstrukt.

Der IT sind Abhängigkeiten und Schwachstellen in Prozessen oftmals viel klarer, als den Abteilungen selbst. Der CIO von heute ist vielmehr Vermittler, Versteher, Zuhörer, Visionär und muss durchsetzungsstark sein. Wir müssen uns heute als CIO mit unseren Usern vernetzen, ein guter Businesspartner und Buddy sein, um gemeinsam mit dem Business einen signifikanten Mehrwert zu schaffen! Der CIO von heute muss vom CIO-no Charakter (Bewahrer) zum CIO-yes Charakter (Enabler) werden! Vom „wir sichern die Daten alle 24 Stunden“ zu „wir sitzen auf einem Datenschatz und heben diesen gemeinsam mit unseren Usern“.

Wie wichtig ist dabei der Aspekt der Unternehmens-Kultur? Wie sehr ändert sich dabei auch die Ausrichtung der IT?

Wir als IT ändern Prozesse und sind auch in der Lage, die Firmenkultur positiv zu beeinflussen. Wir konnten z.B. mit der Einführung von Videotelefonie, Videokonferenzen, Webkonferenzen, etc. das Kommunikations– und Reiseverhalten bei SIGNA nachhaltig und fast unbemerkt ändern. Der anfängliche Aufschrei unserer Kollegen veränderte sich relativ rasch zur positiven Wahrnehmung der neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die heute zur Selbstverständlichkeit geworden sind.

Die IT selbst muss heute mehr denn je Fachexpertise, Kommunikationsskills und Wertschöpfung liefern. Wir haben in unserem Team – neben Informatikern – auch Spezialisten aus den Bereichen Controlling, Buchhaltung, Erwachsenenpädagogik, welche die Fachabteilungen unterstützen, schulen und vor allem VERSTEHEN, die Sprache der Anwender sprechen und Ihre Bedürfnisse kennen. Auf diesem Wege ist die IT heute nicht nur der Betreiber der Infrastruktur und Umsetzer der Anwenderwünsche, sondern vielmehr Berater, Problemlöser, Businesspartner, Überzeuger und Visionär.

Innovation und Veränderung lösen auch Ängste aus. Wie gehen Sie damit um?

Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Wir versuchen durch AKTIVE Kommunikation und gezielte, ausführliche Schulungsmaßnahmen die Ängste der Anwender zu nehmen. Durchdachte – auf Anwendergruppen zugeschnittene – Schulungskonzepte und ein vielfältiges Angebot an Trainings hilft den Usern, sich zu orientieren. Zum Beispiel kann ein Manager bei uns in einem 10 Minuten Crashkurs die für seine Arbeitsumgebung wichtigen Punkte kennen lernen, während die Assistentin die gleichen Punkte in einer ausführlicheren Schulung detailliert kennen lernt.

Eine Schulung für einen Mitarbeiter aus der Buchhaltung hat komplett andere Schwerpunkte, als eine Schulung für einen Mitarbeiter aus dem Controlling, etc. Dieses Vorgehen gibt dem Anwender Hilfestellung bei SEINER täglichen Arbeit und dadurch mehr Sicherheit im Umgang mit unserer IT Infrastruktur. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist für uns, den Menschen mit seinen Anfragen, Wünschen und Problemen wirklich ernst zu nehmen, ihm zuzuhören – aber auch klare Vorgaben zu machen und die Erwartungshaltung des Unternehmens zu kommunizieren.

Welche Bedeutung hat ein Digitales Ecosystem für Sie? Wo suchen Sie nach Ergänzungen für Ihr Netzwerk?

Das digitale Ecosystem bedeutet für uns, dass wir jederzeit und von überall auf unsere Daten zugreifen können, und dass unsere Mitarbeiter von überall auf der Welt miteinander in Verbindung treten können. „Work from wherever and whenever you want“ ist für uns nicht nur ein Wunsch, sondern mittlerweile selbstverständlich gewordene Realität, denn in unserem rasch wachsenden und anspruchsvollen Business ist es essentiell, dass wir jederzeit bereit sind, um auf neue Anforderungen zu reagieren. Wir besuchen regelmäßig Veranstaltungen, verfolgen die Presse und tauschen uns auch gerne und oft außerhalb unserer Echoblase aus.

Inwieweit hat sich die Zusammenarbeit mit Herstellern und Lösungsanbietern verändert?

Die klassischen Anbieter und Hersteller verlieren zusehendes an Bedeutung. In Zeiten von Cloud Lösungen kommunizieren meine Mitarbeiter immer öfter mit unpersönlichen Hotlines oder müssen unsere Anforderungen über Portale steuern. Spezialisten sind über die Welt verstreut und meist finden die Treffen mit Ihnen ausschließlich virtuell statt. Die Zusammenarbeit mit den großen Herstellern wird immer unpersönlicher. Meist werden nur noch Ansprechpartner aus dem Vertrieb vor Ort zur Verfügung gestellt, und auch diese wechseln häufig.

Ob diese Entwicklung alles einfacher macht? Ich denke nicht. Für uns geht das mit dem Gefühl eines gewissen Kontrollverlustes einher. Auch aus diesem Grund arbeiten wir mehr denn je mit Freelancern und kleinen Firmen, die uns mit ihrer Flexibilität, Spontanität und mit neuen, mutigen Ideen sehr oft viel mehr dabei helfen, etwas Wunderbares auf die Beine zu stellen, als dies mit den großen, altbekannten Partnern möglich ist.

Wo sehen Sie die nächsten Schritte? Wo gibt es Bedarf zu Investitionen und Weiterentwicklung?

Der Bereich AI/KI ist für uns sehr wichtig und sehr interessant. In der Immobilienbranche gibt es eine Unmenge an Daten, die wir mit Hilfe von AI sortieren und prüfen können, um z.B. automatisiert gesetzliche Dokumentationspflichten zu erfüllen. Die nächsten Schritte werden sein, heutige Wohn- und Arbeits-Modelle in Frage zu stellen. So denken wir bei SIGNA zum Beispiel darüber nach, ob wir in zukünftigen Bauprojekten noch ebenso viele Stellplätze in den Tiefgaragen benötigen, wie bisher. Oder ob wir den Nutzern eventuell Carsharing, selbstfahrende Automobile, etc. als selbstverständlichen Bestandteil der Infrastruktur einer Immobilie zur Verfügung stellen können.

Sie kennen den Confare CIO AWARD seit vielen Jahren – Was bedeutet die Auszeichnung und das CIO SUMMIT für Sie?

In meinen Augen steht der CIO Award als Anerkennung für viel Arbeit und Mut, sowie als Signal dafür, es auch einmal anders zu machen und nicht ausschließlich dem Mainstream zu folgen. Der CIO Award ist die Anerkennung der Leidenschaft für unseren Beruf, für die Leidenschaft mit Menschen zu arbeiten und – noch viel wichtiger – eine Anerkennung für das gesamte Team hinter dem CIO. Der CIO Award ist in meinen Augen auch eine Anerkennung dafür, dass IT – die eigentlich ja nur eine Nebensächlichkeit im Großen Ganzen ist – eine wichtige und wesentliche Rolle zur Verbesserung aller aktuellen und kommenden Herausforderungen hat.


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