„Jeder Geschäftsführer sollte sein Unternehmen bestmöglich absichern und Cybersecurity zur Chefsache machen“

Adolf Markones, Executive Managing Director von Ingram Micro Österreich, schildert im Gespräch mit der COMPUTERWELT, was wir aus dem Jahr 2021 für die Zukunft mitnehmen können, erklärt, wie sich die Corona-Krise und New Work auf uns auswirken und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das heurige Jahr. [...]

Adolf Markones, Executive Managing Director von Ingram Micro Österreich: "Da wir noch lange nicht aus diesem Würgegriff der Pandemie befreit sind, wird eine Rückkehr zu unserer alten Realität noch lange nicht möglich sein bzw. sich lange nicht so anfühlen." (c) Ingram Micro

Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2021 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Im vergangenen Jahr haben wir bei Ingram Micro stets darauf geachtet, möglichst transparent und zeitgerecht zu kommunizieren. Um krisensicher zu sein, haben wir unseren Geschäftspartnern stets realisierbare Lösungen in Aussicht gestellt, uns für sie eingesetzt und nie den Kopf hängen gelassen. Etwas, dass wir bei anderen Stellen vermisst haben. Dies hat besonders uns Unternehmer gefordert, da wir auch in Krisenzeiten ein verlässlicher und vertrauenswürdiger Partner sein müssen und vor allem sein möchten.

Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach heuer auf die IT-Branche, auf Unternehmen bzw. auf unsere Gesellschaft auswirken?
Die IT-Branche hat sich bereits sehr gut auf die Krise und die Zeit danach eingestellt. Die Warenverknappung, ob bei Chips oder sonstigen Rohstoffen, verlangt der gesamten Lieferkette einiges an Ressourcen und Flexibilität ab. Dennoch beginnt sich die gesamte Wertschöpfungskette darauf einzustellen. Hier ist die Distribution als verlässlicher Partner für Hersteller und Reseller mit ihren Bevorratungsmöglichkeiten ein wichtiges Element, um eine bessere Planbarkeit gewährleisten zu können. Der Bedarf bei Endgeräten und im Infrastrukturbereich wird weiter ansteigen und sich in Zukunft auf einem deutlich höheren Niveau einpendeln als vor Corona.

Gesellschaftlich sind die größten Veränderungen mit Sicherheit in der Arbeitswelt zu beobachten, vor allem durch das Home Office, welches bekanntlich gekommen ist, um zu bleiben. Allerdings wird sich erst in Zukunft weisen, wie lange und in welcher Intensität dies bestehen bleiben wird. Da wir noch lange nicht aus diesem Würgegriff der Pandemie befreit sind, wird eine Rückkehr zu unserer alten Realität noch lange nicht möglich sein bzw. sich lange nicht so anfühlen. Viele Menschen werden weiterhin für unbestimmte Zeit enge Kontakte scheuen und die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, welche wichtige Entwicklungs- und Erfahrungszeiten verloren haben, sind noch gar nicht einzuschätzen.

Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach heuer auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2022 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Das ist sicherlich von der jeweiligen Ausgangsbasis abhängig, aber Cybersecurity sollte definitiv ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Dies betrifft meiner Meinung nach nicht nur IT-Manager – jeder Geschäftsführer sollte sein Unternehmen bestmöglich absichern und Cybersecurity zur Chefsache machen. Aufgrund des Home Office sollten auch nach wie vor hybride Arbeits- und Meetingraumlösungen fokussiert werden. Während im Home Office alle problemlos an Online-Meetings teilnehmen konnten, stellt uns nun die Rückkehr an den Arbeitsplatz vor neue Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Perfekte Ton- und Bildqualität bleiben nach wie vor das A und O jedes gelungenen Hybrid-Meetings, aber auch der Meeting-Disziplin muss nun verstärkt Bedeutung beigemessen werden. Hybride Meetings mit mehreren On- als auch Offline-Teilnehmern benötigten Struktur und Ordnung, um weiterhin effektiv zu sein.

„Gesellschaftlich sind die größten Veränderungen mit Sicherheit in der Arbeitswelt zu beobachten, vor allem durch das Home Office, welches bekanntlich gekommen ist, um zu bleiben. Allerdings wird sich erst in Zukunft weisen, wie lange und in welcher Intensität dies bestehen bleiben wird.“

Adolf Markones

Die letzten beiden Jahre standen im Zeichen der Pandemie und beschleunigten die Digitalisierung und brachten uns Hybrid-Arbeitsmodelle. Nach der Pandemie gilt es die nächste – größere – Krise zu bewältigen, die Klimakrise. Wie schätzen Sie müssen sich Unternehmen in punkto Nachhaltigkeit umstellen? Welche konkreten Maßnahmen planen sie/plant Ihr Unternehmen für 2022 und darüber hinaus?
Bei Ingram Micro verfolgen wir bereits seit mehreren Jahren eine konsequente Nachhaltigkeitsstrategie. So versuchen wir nicht nur die Frachträume bestmöglich zu nutzen, sondern setzen auch auf wiederverwertbare Verpackungen. Unseren Kunden bieten wir die Möglichkeit, auf Wunsch die Ware auch direkt zu ihren Endkunden liefern zu lassen, um so die Wegstrecken deutlich zu reduzieren. Bereits Ende 2020 haben wir uns dazu entschieden, die Firmenflotte Schritt für Schritt auf E-Mobilität umzustellen. Als Unternehmen trennen wir Müll, verwenden keine Plastikflaschen und versuchen unsere Mitarbeiter dazu zu motivieren, eigene Ideen jederzeit einzubringen. Wenn viele Menschen und Unternehmen kleine Schritte gemeinsam machen, ist dies in Summe ein großer Schritt für die Gesellschaft – und das sollte das Ziel sein.

Wie gut ist Ihr Unternehmen bzw. wie gut sind österreichische Unternehmen im Allgemeinen für New Work – also verteilte Teams, Home Office, hybride Arbeitsmodelle etc. – aufgestellt?
Ingram Micro konnte vom ersten Tag – dem 16. März 2020 – an produktiv aus dem Home Office arbeiten. Binnen kurzer Zeit hatte sich das neue System eingespielt und die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze zu Hause bestmöglich an die eigenen Bedürfnisse angepasst. Es hat alles sehr einfach ausgesehen, aber wir waren auch nicht ganz unvorbereitet. Zum einen gab es bereits Home-Office-Vereinbarungen und zum anderen haben wir bereits vor dem ersten Lockdown Praxistests durchgeführt und ganze Teams ins Home Office geschickt, um diese Arbeitsweisen zu testen.

Der Weg zurück – also die Umstellung auf Hybrid Office – war dann schon etwas komplizierter. Zuerst war ungefähr ein Drittel des Teams im Office, dann die Hälfte usw. Diese Situation bzw. diese flexiblen Arbeitsmodelle waren besonders für unsere Führungskräfte herausfordernd: Adhoc-Meetings waren meist wieder nur virtuell oder – noch etwas hinkend – hybrid möglich. Viele Meetings starteten mit „technical Difficulties“ und erinnerten an Mobiltelefongespräche in den Anfangszeiten oder heute noch auf der deutschen Autobahn.

Ich denke, dass wir aktuell ein wenig irgendwo zwischen den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern feststecken und während wir alle versuchen, uns daran anzupassen, werden wir beispielsweise von Lockdown Nummer 4 erneut unterbrochen. Auch wenn wir uns bereits intensiv damit beschäftigen, geht New Work über das bisher Erlernte einfach hinaus. Home Office und hybride Meetings sind einzelne Kapitel davon, die wir nun schon kennen, aber ich denke, dass es dennoch etwas mehr Normalität – ein Wort, dass ich eigentlich ablehne – benötigt, als wir aktuell haben. Der Mensch ist ungemein anpassungsfähig, daher müssen wir aufpassen, dass uns der aktuell gebotene Wahnsinn nicht bald normal vorkommt.

„Ich denke, dass wir aktuell ein wenig irgendwo zwischen den Bedürfnissen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern feststecken. Auch wenn wir uns bereits intensiv damit beschäftigen, geht New Work über das bisher Erlernte einfach hinaus.“

Adolf Markones

Glauben Sie, dass sich die angespannte Situation beim Thema IT-Fachkräftemangel in den kommenden Jahren bessern wird? Was kann man in diesem Bereich tun?
Nein, es wird sich in keiner Weise entspannen – wie denn auch? Wir haben in Österreich zahlreiche Schulformen und Bildungswege, die ausgezeichnet ausgebildete junge Menschen hervorbringen. Leider will ein Großteil dieser aber nach der Schulausbildung nicht direkt in die Arbeitswelt eintreten. Nur wenige kann man mit dem eigenen, erstverdienten Geld und einem Karriereplan überzeugen. Die Gesellschaft und große Unternehmen verlangen noch mehr und drängen diese qualifizierten Arbeitskräfte in Richtung Studium und Fachhochschulen. Darüber hinaus gibt es immer mehr Mitbewerb aus dem Ausland – und damit sind nicht nur unsere Nachbarländer gemeint.

Wir haben vor vielen Jahren begonnen, einen eigenen Ausbildungsweg zu gehen und setzen auf die Lehrlingsausbildung sowie das Ingram Micro Academy Programm (Fachhochschule mit Berufsbegleitung). Weiters versuchen wir, unsere jungen Talente bestmöglich in Zusammenarbeit mit unseren Herstellern – besonders in den hochtechnischen Zukunftsbereichen, wie Cybersecurity, Server, Storage und Netzwerk – auszubilden. Das ist unser Beitrag, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat. Weitere Interviews lesen Sie in den nächsten Wochen auf itwelt.at.


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