Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. [...]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02

Vor rund einem Jahr hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft die Strategie 2030 vorgestellt, die als Kompass für die Zukunft mit neuen Maßstäben für Patienten, Patientinnen, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dienen soll. „Unsere Vision ist klar: Ein Gesundheitssystem, das flexibel auf die sich wandelnden Bedürfnisse reagiert und dabei stets die Menschlichkeit in den Vordergrund stellt. Indem wir den Wandel nicht nur akzeptieren, sondern aktiv mitgestalten, schaffen wir gemeinsam mit den tausenden Mitarbeitenden ein Gesundheitswesen, das robust und zukunftsfähig ist“, sagte Vorstandsvorsitzender Univ.-Prof. Ing. Dr. Dr. h.c. Gerhard Stark bei der Präsentation. Erstellt wurde das Strategiepapier durch ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Vertretern der Zentraldirektion, der Landeskrankenhäusern und des Vorstands. Der mehrphasige Prozess umfasste unter anderem eine systematische Erarbeitung der strategischen Inhalte. Nach einer wissenschaftlich fundierten Methodik teilte sich der Prozess in Ist-Analyse, Umfeldanalyse, dem Zeichnen eines idealen Zukunftsbildes und – nach Ressourcenüberlegungen – dem Erarbeiten eines Selbstbildnisses in dieser idealen Zukunft. Ein weitreichendes Review sollte eine ganzheitliche Perspektive sicherstellen. Dazu wurde unter anderem das Health Care Improvement Board der KAGes, der KAGes Aufsichtsrat, die Medizinische Universität Graz, die Gesundheitsfonds Steiermark, das Land Steiermark sowie die Patienten-, Patientinnen- und Pflegeombudsschaft Steiermark eingebunden.

Die vorliegende Strategie umfasst fünf Dimensionen:

  • Sicherung und Förderung von Knowhow
  • Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenorientierung
  • Patienten- und Patientinnen- sowie Bewohner- und Bewohnerinnenorientierung
  • Innovation & Entwicklung im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie
  • Beitrag zu einer besseren Welt

„Ein Punkt, der mir an der Strategie 2030 besonders gut gefällt: ›Wir sichern unseren Patienten und Patientinnen durchgängige zeitgemäße Gesundheitsversorgung‹“, sagt FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes), im Gespräch mit transform! „Wenn die IT nicht wie gewünscht funktioniert, können die Patienten zwar gut versorgt werden, aber mit einem Mehraufwand für unser Personal. Der zweite Punkt, den ich herausstreichen möchte, lautet: ›Durch optimierte Prozesse schaffen wir Raum für persönliche Zuwendung.‹ Für uns bedeutet das: Wenn wir die Prozesse optimieren und entsprechend unterstützen, können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder verstärkt das tun, wofür sie eigentlich ihre Passion haben – und nicht primär als IT-Nutzer unterwegs sein.“

Klar strukturiert

Grasser kommt aus dem Bereich Energietechnik und Leistungselektronik und absolvierte unter anderem Studien in den Fächern Informationsmanagement, General Management und Telematik. Was seine berufliche Karriere betrifft, so begann er als Elektroinstallateur, sattelte zum Analagen- und Kraftwerksplaner um, war Softwareentwickler, dann Flugsicherungsingenieur bei Austro Control. Weitere Meilensteine: SAP Change Manager in der Automobilbranche, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Graz, Fachbereichsleiter und Internationalisierungskoordinator an der FH CAMPUS 02, Abteilungsleiter IT-Management bei ELIN Motoren sowie Bereichsleiter IT-Operations bei den Barmherzigen Brüdern Österreich. Seit 2022 schließlich ist er als Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur bei KAGes tätig.

Grasser leitet derzeit rund 120 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in acht Teams. „Unsere SAP-Experten beschäftigen sich mit den Themen Finanzbuchhaltung, Controlling, Data Warehouse bis hin zur Materialwirtschaft, Bestellwesen und der Logistik. Ein weiteres Team kümmert sich um das Personalsystem inklusive der Implementierung von Recruiting-Prozessen, Bewerbungsmanagement und der Personalverrechnung für rund 18.500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.“

Die Fachabteilung ist klar strukturiert: „Die IT-Infrastruktur-Teams kümmern sich um die Themen Data Center, Netzwerk, Security, Telefonie, Server- und Service-Bereitstellung bis hin zum kompletten Service-Desk. Meine Teams mit Schwerpunkt auf administrativen Systemen beschäftigen sich unter anderem mit der Entwicklung und dem Customizing der Business-Applikationen und der Personalverrechnung. Bei der Führung der Teams kommt mir die Kombination aus betriebswirtschaftlicher und technischer Ausbildung sehr entgegen.“

Eine Sache der Innovation

Für die KAGes leisten Innovation und Entwicklung einen bedeutenden Beitrag, indem Wettbewerbsfähigkeit, Patientenversorgung, Unterstützung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der täglichen Arbeit und Effizienz gesteigert werden. „Die KAGes steht für Innovation und Leadership – wir stellen die Digitalisierung von Medizin und Pflege in den Fokus. Eine Kultur von Vertrauen, Zutrauen, aber auch die Akzeptanz des möglichen Scheiterns sind für uns integrale Bestandteile einer erfolgreichen Innovationsstrategie“, so das Strategiepapier.

Zu den Maßnahmen gehören die Etablierung und Förderung einer Innovationskultur: Diese „schafft Beteiligung auf allen Ebenen der Organisation. Dazu zählen beispielhaft offene Kommunikation, neue Rollenmodelle in der Führung, Innovationsplattformen, Inspiration und Anerkennung, Verknüpfung mit Zielen sowie eine lernende Kultur.“

Eine weiteres Projekt adressiert den bürokratischen Aufwand. Dieser könne „durch gezielte Innovationen und Entwicklungen reduziert werden, um Prozesse effizienter zu gestalten. Dazu zählen beispielhaft die digitale Transformation, Lean-Methoden, Standardisierung und Prozessoptimierung sowie kontinuierliche Verbesserungsprozesse.“

Last but not least bildet strukturiertes und systematisches Innovationsmanagement einen Schwerpunkt: Beides „kann dazu beitragen, innovative Ideen zu identifizieren, zu fördern und erfolgreich umzusetzen. Dazu zählen beispielhaft eine klare Innovationsstrategie, dedizierte Innovations-Teams, Innovationskultur, crossfunktionale Teams, Prototyping und Testphasen, Lernkultur und Managementunterstützung.“

Wie die IT bei all den genannten Maßnahmen unterstützt, schildert Michael Georg Grasser so: „Womit wir uns beispielsweise beschäftigen, ist die Frage nach der optimalen Infrastruktur: Aus meiner Sicht ist dies jene Infrastruktur, die zwingend notwendig ist, um arbeiten zu können. Sie muss resilient sein, das heißt auf der einen Seite redundant, auf der anderen Seite bis zu einem gewissen Grad auch selbstheilend. Konkret bedeutet das, dass die Systeme im Fall der Fälle auf die redundanten Systeme ausweichen. Resilienz ist bei uns auch ein Netzwerkthema – Stichwort Blackout-Vorsorge, was für alle Standorte gilt. Wir haben in der gesamten Steiermark rund 18.500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die zentral auf unsere drei Rechenzentren zugreifen. Das alles wird von uns selbst betrieben, wir geben nur sehr, sehr wenig Verantwortung ab. Das heißt: Wir sind die Innovatoren, die das Steuer in der Hand halten. Wir haben die Aufgabe, den Systembetrieb sicherzustellen und 24×7 zu monitorisieren. Dafür müssen wir auch das Personal zur Verfügung stellen.“

Trends früh erkennen

Die KAGes ist schon länger für seine Innovationskultur bekannt. Was machen die Steiermärkischen Krankenanstalten besser? „Ich weiß nicht, ob wir besser sind“, sagt Grasser. „Tatsache ist, dass wir Dinge früh erkennen und stark auf Innovationen setzen, das vom Management immer unterstützt wird. Wir überlegen uns ständig, was wir besser machen können. Beispiel Bewerbungsprozess, der bis zur Einstellung vollkommen digital ist. Da gibt es nichts Analoges mehr. Es geht immer darum, den Bedarf – und auch die Bedürfnisse – der Kunden zu verstehen. Und zu überlegen, wie wir Prozesse verbessern können. Wir bieten dazu die passenden Voraussetzungen: Die richtigen IT-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen und das richtige Management, das uns den Freiraum gibt, Innovationen zu schaffen.“

Michael Georg Grasser weist darauf hin, dass Fortschritt stets hinterfragt werden müsse. „Natürlich wollen wir Technologieführer sein, der Innovator. Die Frage, die wir uns aber immer stellen müssen: Was bringt es den Patienten, was den Mitarbeitern? Und wie können wir mit Innovation einen Mehrwert für die Organisation schaffen? Es ist unerheblich, welche Funktion jemand ausübt, egal, ob ich im Vorstand sitze oder für den Bereich IT-Infrastruktur zuständig bin, es geht immer darum, die Themen aus der Unternehmensperspektive zu betrachten. Was bringt es uns? Was ist der wirkliche Mehrwert? Und auf der anderen Seite: Welches Risiko, welche Gefahren sind mit den Maßnahmen verbunden?“ Demzufolge wird bei der KAGes IT-Sicherheit groß geschrieben. „Wir lassen uns ständig testen. Mir ist es lieber, ein Friendly Hacker erkennt unsere Schwachstellen als andere. Cyber-Security ist ein Thema, das sich durch viele unserer Projekte zieht. Dabei geht es nicht nur um Angriffe von außerhalb, sondern auch um interne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die einen USB-Stick nutzen oder eine Spam-Mail öffnen.“

Eines der aktuellen Projekte heißt Network-Tech-Refresh. Im Zentrum steht die Erneuerung der rund 1.800 Netzwerkkomponenten, um noch mehr zu segmentieren und noch besser den Datenverkehr, der hier stattfindet, zu verstehen – Stichwort Erkennung von Anomalien.

Grasser vergleicht die IT mit einem Werkzeugkoffer: „Es geht darum, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen immer das bekommen, was sie brauchen – und das zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und in der richtigen Qualität. Die Gefahr ist, dass die IT ein Blockierer ist, wenn etwa aus Sicherheitsgründen immer mehr verboten wird. Eine der Herausforderungen der Zukunft wird also sein, dass wir sehr genau die Grenzen definieren, in denen wir uns bewegen müssen – und diese auch bewusst überschreiten, wenn es notwendig ist.“

Umgang mit KI lernen

Ein Anwendungsfall für diesen Ansatz ist künstliche Intelligenz, die natürlich ebenfalls eine Stoßrichtung der KAGes bildet. Obwohl Grassers Fokus auf der IT-Infrastruktur liegt, bestehen zahlreiche Berührungspunkte. Auch hier gelte es, klare Grenzen zu definieren sowie die rechtlichen und technischen Handlungsbedingungen zu fixieren. „Es geht nicht um mögliche Fehler der KI, sondern darum, dass sie die Fachleute in ihrer Aufmerksamkeit beeinflussen könnte. Daher meine Idee: Die Benutzer und Benutzerinnen sollten zunächst unbeeinflusst durch die KI die Fakten analysieren und erst danach das intelligente System zu Rate ziehen.“ Mit anderen Worten: Man muss den Umgang mit der KI erst lernen.


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