Marc Ehrich, XING: „Der Nutzer ist momentan sehr App-zentriert“

Marc Ehrich ist Product Manager Mobile des Business-Social-Networks XING. Die Computerwelt hatte die Gelegenheit, mit ihm am Rande des von Confare veranstalteten 3. Mobility Summit Austria 2012 einige Worte zu wechseln. [...]

Marc Ehrich ist Product Manager Mobile des Business-Social-Networks XING. In dieser Position zeichnet er für den mobilen Auftritt von XING verantwortlich – die XING-Apps für iPhone und Android sowie die geräteübergreifende Web-App, die allesamt von XING selbst entwickelt werden. Außerdem betreut er die Entwicklung der BlackBerry-App und begleitet die Entwicklung der App für Windows Phone 7, um die sich ein externer Partner kümmert. Die Computerwelt hatte die Gelegenheit, mit ihm am Rande des von Confare veranstalteten 3. Mobility Summit Austria 2012 einige Worte zu wechseln.
Computerwelt: Sie sind ausgebildeter Bauingenieur. Wie kamen Sie zur IT?
Marc Ehrich: Ich habe 1993 begonnen in Braunschweig Bauingenieurwesen zu studieren, war auch ein Jahr in Zürich. Das war zwar ein technischer Beruf, ich habe aber festgestellt, dass mir das nicht so liegt. Ende der 90er-Jahre wurde das Internet populär und ich hatte Zeit, mich mit dem neuen Medium auseinanderzusetzen. Ich habe eine Website gebaut und bei einem Internet-Startup gejobbt, die haben mich dann als Trainee nach Hamburg eingeladen. Das fand ich spannender als Niedrigenergiehäuser, über die ich mein Diplom gemacht habe. Bei diesem Startup war ich zwei Jahre, bis die Dotcom-Blase geplatzt ist. Dann war ich als Produktmanager bei Freenet tätig, später habe ich als Onlinemarketingberater gearbeitet – das hat mir aber nicht gefallen. Dann hat es mich zu der Axel-Springer-Tochter Immonet getrieben, wo ich 2010 die Verantwortung für den mobilen Bereich übernommen habe. Seit einem Jahr bin ich bei XING für die mobile Strategie und Entwicklung verantwortlich.
Hat sich für Sie etwas verändert, seit Sie sich hauptsächlich mit dem mobilen Web beschäftigen? 
Wenn man schon zehn Jahre im Web-Produktmanagement tätig ist, ist das mobile Internet sehr spannend. Die zehn Jahre Web waren nicht so spannend wie die letzten zwei Jahre mobiles Internet. Das ist fantastisch.
Hatten Sie bei XING einen Vorgänger?
Es gab mindestens einen, wenn nicht sogar zwei Vorgänger. Die Position wurde vor drei oder vier Jahren geschaffen. Das Team, das inhouse die Applikationen entwickelt, ist noch nicht so alt. Das läuft erst seit Ende 2010, vorher haben wir mit Agenturen zusammengearbeitet.
Zeigt das auch den Stellenwert, den der mobile Sektor bei XING hat?
25 Prozent des Traffics auf XING ist mobil, und es wird mehr. Das ist wahrscheinlich einer der am schnellsten wachsenden Services auf XING – wie anderswo auch. 
Wie schnell wächst dieser Wert?
Vor drei oder vier Jahren war es schätzungsweise ein niedriger einstelliger Wert. Vor einem Jahr waren knapp 15 Prozent des Traffics mobil. Das ist ein Wachstum von ungefähr zehn Prozentpunkten innerhalb eines Jahres.
Was machen Sie für diese Wachstum verantwortlich?
Hauptsächlich Smartphones. Tablets zwar auch, aber nicht so stark. 2011 war von den Absatzzahlen und der Durchdringung das Jahr der Smartphones. Bei den Tablets haben wir jetzt auch ein starkes Wachstum, davon sind 93 Prozent iPad-Traffic – andere Plattformen spielen noch keine große Rolle. Tablets sind aber vom Anteil am gesamten Traffic noch nicht so bedeutend.
Was ist beliebter, die Web-App oder die nativen Apps für iOS und Android?
Der Löwenanteil der Zugriffe erfolgt über iOS, dann folgt mit großem Abstand die Android-App. Erst dann kommt die Web-App. Das iPhone ist meiner Meinung nach derzeit im Business und bei den Entscheidern das Most-Wanted-Device.
Ist Linkedin in Europa ein starker Konkurrent für XING?
Natürlich nehmen wir Wettbewerb ernst und müssen uns entsprechend positionieren. Wir stehen aber so wie wir sind super da, haben eine hervorragende Basis. Zu Zahlen von Mitbewerbern äußern wir uns nicht.
Kürzlich wurde die Version 4.0 der XING-App für iOS veröffentlicht. Was ist neu?
Wir haben die komplette User Experience überarbeitet. Noch sind aber nicht sämtliche Services der Webplattform integriert. Wir haben uns für eine Slidernavigation entschieden, da wir nach einer Lösung gesucht haben, die skalierbar ist. Da bietet sich eine Liste, die man von überall hereinholen kann, an. Neue Funktionen gibt es im neuen Release nicht so viele, das hat manche Nutzer gewundert. Aber es ist sehr viel unter der Haube passiert. Die Integration weiterer Services kommt jetzt. Zwei Wochen nach 4.0 haben wir das 4.1-Release herausgebracht, das nächste Release steht schon in den Startlöchern. Wir wollen in kürzeren Abständen mehr Innovation bringen. 4.0 war die Basis für die zukünftige Entwicklung der Apps.
Und wie sieht es bei Android aus?
Android ist vom Funktionsumfang ähnlich, hat aber noch kein Redesign und keine neue Navigation. Wir denken aber konkret darüber nach. Ansonsten hat Android ein paar Vorzüge, die wir ausgenutzt haben, wie NFC-Technologie oder QR-Codes. Wir gehen bei Android ein bisschen mehr auf die plattformspezifischen Möglichkeiten ein. Android ist für die Entwickler angenehmer, iOS ist ein bisschen komplizierter. Was die Features betrifft, versuchen wir auf allen Plattformen möglichst nah beieinander zu sein.
Warum leistet sich XING verschiedene native Apps, und konzentriert sich nicht auf die geräteübergreifende Web-App?
Ich glaube der Nutzer ist momentan sehr App-zentriert, er will die App. Man könnte natürlich überlegen eine möglichst gute hybride App zu machen, von der der Nutzer nichts mitbekommt. Facebook geht in diese Richtung. Wir machen uns Gedanken darüber, wie das in Zukunft technisch skaliert. Professionelle Entwickler für einzelne Plattformen sind schwerer zu finden als Webentwickler. So richtig gute hybride Apps, die auf die Eigenschaften der einzelnen Geräte eingehen, findet man heute aber noch nicht.
Ist die hybride App die Zukunft?
Ich weiß es nicht. Vor zwei Jahren haben alle gesagt der Trend geht Richtung Android, trotzdem haben wir heute nur knapp 18 Prozent Traffic von Android-Devices. Auch vor zwei Jahren hieß es bereits, der Trend geht in Richtung Web-App. Wenn man eine gute hybride Lösung findet ist das ein guter Weg. Momentan entwickeln wir nativ, ich will aber nicht ausschließen, dass sich das ändert. Das ist technologisch eine der spannendsten Fragen.
Das Gespräch führte Rudolf N. Felser.
ZUR PERSON:
Ursprünglich hat Marc Ehrich an der  Technischen Universität Brauschweig sowie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich das Bauingenieurwesen studiert. Doch rasch folgte er dem Ruf der in den 90er-Jahren noch jungen Internet-Branche. Seit 2011 ist Ehrich Product Manager Mobile der XING AG. Davor war er bei der Axel-Springer-Tochter Immonet in verschiedenen Positionen tätig, arbeitete auch als Online Marketing Manager, sowie Produktmanager bei den Unternehmen Freenet und Clickfish.

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