Wie sich Unternehmen mittels KI und moderner IT-Infrastruktur Wettbewerbsvorteile schaffen können, erklärt Manfred Traumüller, Geschäftsführer von HPE Österreich, im Interview mit der IT WELT.at. Im Fokus stehen Themen wie Datenreife, vertrauenswürdige KI und schlüsselfertige Lösungen. [...]
Die technologische Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Lösungen schreitet unaufhaltsam voran und stellt Unternehmen weltweit vor neue Herausforderungen – und Möglichkeiten. Besonders in einem wirtschaftlich anspruchsvollen Umfeld, das von Wachstumsverlangsamung und längeren Entscheidungsprozessen geprägt ist, zeigt sich, wie entscheidend eine zukunftssichere IT-Infrastruktur und ein hoher Datenreifegrad sind. Im Interview beleuchtet Manfred Traumüller, seit Mai 2024 Geschäftsführer von HPE Österreich, welche Strategien das Unternehmen verfolgt, um Kunden auf ihrem Weg zur “KI-Meisterschaft” zu unterstützen.
Wie beurteilen Sie aktuell die Geschäftsentwicklung von HPE, insbesondere vor dem Hintergrund eines wirtschaftlich herausfordernden Umfelds und einer allgemeinen Wachstumsverlangsamung?
HPE ist ein führendes Unternehmen im Bereich Edge-to-Cloud-Technologien. Unsere Mission ist es, unseren Kunden zu helfen, ihre Anwendungen und Daten effizient zu vernetzen und ihnen die dafür notwendige Technologie sowie maßgeschneiderte Lösungen bereitzustellen. Derzeit sind wir mit unserem Geschäftserfolg zufrieden. Dennoch befinden wir uns in einem wirtschaftlichen Umfeld, das von einer allgemeinen Wachstumsverlangsamung geprägt ist, was sich teilweise wie eine Rezession anfühlt. Dies bringt gewisse Herausforderungen mit sich. Insbesondere im Projektgeschäft beobachten wir, dass es zwar eine Vielzahl von Projekten gibt, die Entscheidungsprozesse jedoch deutlich länger dauern. Trotzdem sind wir in einer insgesamt guten Position. Ein Beweis dafür ist, dass wir aktuell neue Mitarbeiter einstellen – ein klares und positives Signal, das unsere Zuversicht für die Zukunft unterstreicht.
Welche aktuellen Trends beobachten Sie derzeit am stärksten und was wird von Ihren Kunden nachgefragt?
Am Markt erleben wir eine starke Nachfrage von unseren Kunden und Partnern, die sich insbesondere auf die Modernisierung der IT-Infrastruktur konzentriert. Ein weiterer bedeutender Trend ist die große Begeisterung für das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Dabei geht es um den Einsatz von KI-Lösungen, die Bereitstellung unterstützender Technologien sowie die Entwicklung neuer, innovativer Anwendungen. In diesem Zusammenhang rückt auch das Thema “vertrauenswürdige KI” immer stärker in den Fokus. Es geht darum, sicherzustellen, dass die Künstliche Intelligenz nachvollziehbar und zuverlässig ist und auf fundierten Referenzpunkten basiert.
Unsere Produkte und Lösungen sind längst auf diese Trends ausgerichtet. So ist KI bereits seit einiger Zeit ein fester Bestandteil unserer Technologien und integriert in Funktionen zur IT-Überwachung, Optimierung und Automatisierung. Ein Beispiel ist unsere HPE GreenLake Cloud-Plattform, die über AI Ops-Funktionen verfügt, oder HPE InfoSight. Letzteres sammelt und analysiert Daten aus zehntausenden Installationen weltweit. Mit Hilfe von Machine Learning werden daraus proaktive, vorausschauende Maßnahmen abgeleitet. Dadurch können potenzielle Vorfälle frühzeitig erkannt und verhindert werden. Das Ergebnis ist ein erheblicher Mehrwert für unsere Kunden, der sich insbesondere in der Optimierung ihrer Geschäftsprozesse widerspiegelt.
Welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um Ihre Kunden beim Thema KI zu unterstützen?
Ein zentraler Punkt unserer Strategie ist es, unseren Kunden zu helfen, eine sogenannte „KI-Meisterschaft“ zu erreichen. Damit meinen wir, dass wir als Technologielieferant nicht nur Lösungen zur Verfügung stellen, sondern unsere Kunden aktiv dabei unterstützen, die notwendigen Fähigkeiten zur Nutzung und Weiterentwicklung von KI-Anwendungen zu erlangen und zu festigen. Ziel ist es, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen KI-Lösungen zu definieren, zu entwickeln und erfolgreich einzusetzen, um sich am Markt einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Zwar stehen allgemeine KI-Funktionen, wie beispielsweise Copilot oder andere eingebaute KI-Anwendungen, jedem zur Verfügung. Der entscheidende Wettbewerbsvorteil entsteht jedoch erst, wenn unsere Kunden ihre eigenen, spezifischen Daten in KI-Prozesse einfließen lassen und so maßgeschneiderte Anwendungen schaffen. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, diesen Aspekt optimal zu nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern und auszubauen.
KI ist wie ein Eisberg – die sichtbare Technologie ist nur die Spitze, doch der größte Teil besteht aus den zugrunde liegenden Daten.
Welche Rolle spielt die Datenqualität in der Entwicklung von erfolgreichen KI-Anwendungen?
Wir sehen das als eine der wichtigsten Herausforderungen an. Es geht sehr stark darum, den Datenreifegrad bei unseren Kunden zu erhöhen. Wir haben Studien veranlasst und dabei tausende Führungskräfte in verschiedenen Branchen befragt. Auf einer Skala von 1 bis 5 lag das Durchschnittsergebnis bei 2,6. Das zeigt, dass hier noch ein hoher Bedarf besteht, gemeinsam mit den Kunden den Datenreifegrad zu heben. Denn der schnellste Supercomputer hilft oder löst die Probleme nicht, wenn nicht die richtige Quantität, Qualität oder Diversität der Daten vorhanden ist. Viele Unternehmen haben über Jahre hinweg Daten gesammelt, die nun jedoch oft relativ unstrukturiert und ungenutzt vorliegen.
Hier kommen unsere Softwarelösungen ins Spiel, wie die HPE Machine Learning Development and Data Management (MLDM) Platform. Diese ermöglicht es, sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten effizient zu nutzen und Datenpipelines in einer versionskontrollierten Weise bereitzustellen. So können unsere Kunden ihre Daten besser verwalten und gezielt einsetzen, um ihre „KI-Meisterschaft“ zu erreichen.
Das bedeutet, dass Sie Unternehmen auch aktiv dabei unterstützen, ihren Datenreifegrad zu erhöhen?
Ja, genau. Wir bieten Möglichkeiten an, den Datenreifegrad von Unternehmen gezielt zu steigern. Auf unserer Webseite stellen wir ein kostenloses Tool bereit, mit dem Unternehmen durch das Beantworten von 15 einfachen Fragen eine erste Einschätzung ihres Datenreifegrads erhalten können. Dieses Benchmarking zeigt ihnen, wo sie im Vergleich zu anderen Unternehmen stehen und welchen Reifegrad sie aktuell erreicht haben – auf einer Skala von 1 bis 5. Basierend auf diesen Ergebnissen können wir dann konkrete Maßnahmen vorschlagen, um gezielt die Datenreife zu erhöhen. Unsere Berater arbeiten dabei eng mit den Kunden zusammen und begleiten sie durch den gesamten Umsetzungsprozess.
Wie ist die österreichische Unternehmenslandschaft im Bereich KI aufgestellt? Gibt es in diesem Zusammenhang auch Beratungsbedarf?
Es gibt darauf zwei Antworten. Erstens: Im Großunternehmensbereich ist Künstliche Intelligenz (KI) bereits gut etabliert. Insbesondere in Branchen wie dem Bank- und Versicherungswesen ist der Einsatz von KI nichts Neues.
Durch Anwendungen wie ChatGPT ist das Thema KI jedoch stark in den öffentlichen Fokus gerückt – es hat sozusagen die Wohnzimmer erreicht und einen regelrechten Hype ausgelöst. Dieser Hype führt auch im Mittelstand und bei kleineren Unternehmen zu einem gesteigerten Interesse. Wir beobachten eine wachsende Zahl von Anfragen und viele Proof-of-Concept-Projekte, also Pilotversuche, die gestartet werden.
Allerdings fällt es gerade diesen kleineren und mittleren Unternehmen oft schwer, den Schritt vom Pilotprojekt zur produktiven Umsetzung zu schaffen. Der Grund dafür liegt meist im Datenmanagement: Wir sagen, KI ist wie ein Eisberg – die sichtbare Technologie ist nur die Spitze, doch der größte Teil besteht aus den zugrunde liegenden Daten. Gerade im Mittelstandsbereich fehlt es häufig am notwendigen Datenreifegrad, um KI-Anwendungen erfolgreich zu skalieren und nachhaltig in die Geschäftsprozesse zu integrieren.
Für einige Unternehmen stellt der gezielte Einsatz von KI einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Sie arbeiten aktiv daran, ihre eigene KI-Kompetenz weiterzuentwickeln und eigene Anwendungen zu gestalten. Gleichzeitig ist es in diesem Bereich aber auch wichtig, schnell einsatzbereite Lösungen anbieten zu können. Ein Beispiel dafür ist unsere Private Cloud AI, die wir gemeinsam mit NVIDIA entwickelt haben, und die mittlerweile verfügbar ist.
Wie gehen Sie im österreichischen Markt vor? Wie wichtig ist der Channel?
HPE hat eine starke Channel-DNA. Fast 80 Prozent des Umsatzes wird in Österreich über Partner umgesetzt.
Es gibt auch ein eigenes Channel-Programm, das unseren Partnern hilft, insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) Erfolge zu erzielen. Die bereits angesprochenen Lösungen von HPE und NVIDIA bringen wir über Channel-Partner auf den Markt in Österreich. Das Besondere an der NVIDIA-HPE-Partnerschaft ist, dass es sich nicht um eine Referenz-Architektur handelt, wie bei vielen anderen Anbietern am Markt. Hier geht es wirklich darum, schlüsselfertige Lösungen unseren Kunden zur Verfügung zu stellen, von der Technologie mit der integrierten Softwareplattform NVIDIA AI Enterprise bis hin zur schnellen Implementierung der Use-Cases auf der Plattform.
Was verstehen Sie genau unter „schlüsselfertigen Lösungen“?
Schlüsselfertig bedeutet in diesem Kontext, dass Unternehmen ein sofort einsatzbereites System erwerben können. HPE Private Cloud AI kombiniert einen kompletten Software-Stack mit modernster Hardware und kann direkt im Rechenzentrum des Kunden installiert werden. Unternehmen können damit schnell ihre spezifischen Use Cases aufsetzen und KI direkt im eigenen Haus einsetzen. Der Markt reagiert äußerst positiv, und wir verzeichnen bereits eine starke Nachfrage nach solchen schlüsselfertigen Lösungen.
Sind die Unternehmen in Österreich infrastrukturell auf solche Lösungen vorbereitet?
Grundsätzlich ja, die meisten Unternehmen verfügen bereits über die notwendige Infrastruktur. Die größte Herausforderung, die wir beobachten, betrifft die Stromversorgung, insbesondere bei größeren Implementierungen. Doch für klassische Enterprise-Kunden und KMUs in Österreich stellt dies in der Regel kein Hindernis dar. Der Engpass liegt nicht in der Infrastruktur, sondern im mangelnden Datenreifegrad. Die Geschäftsleitung muss anfangen, Daten als strategischen Produktionfaktor zu behandeln und mit KI zum Motor der Wertschöpfung zu machen.
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