Neue Wege bei Ramsauer & Stürmer

Ramsauer & Stürmer, 1984 von Helmut Ramsauer in Salzburg gegründet, gehört seit Ende September 2021 offiziell zur amerikanischen Aptean-Gruppe. Aptean ist ein amerikanisches Unternehmen im ERP/CRM-Umfeld, das im Food & Beverage-Bereich gewachsen ist. [...]

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Markus Neumayr, Geschäftsführer von
 Ramsauer & Stürmer Software, hat mit Aptean jetzt einen US-Eigentümer (c) Ramsauer & Stürmer

Das weltweit aktive Technologieunternehmen hat ein umfangreiches Azure-Cloud Know-how und viel Erfahrung im Transfer von ERP-Produkten in die 3-Tier-Architektur sowie mit WEB-Technologien. Bei Ramsauer & Stürmer bleibt Geschäftsführer Markus Neumayr weiter an der Spitze, er leitet seit 1999 die Geschicke des ERP-Unternehmens. Die Computerwelt hat ihn getroffen.

Für Ramsauer & Stürmer war 2021 ein Jahr der Veränderung: Die Integration in den US-Anbieter Aptean kam für viele doch recht überraschend. Was bedeutet das für die Kunden?

Die Kunden können mit funktionalen Erweiterungen aus der Aptean Technologiebasis auf ein erweitertes Portfolio zugreifen. 24/7 Support, Rechenzentrumsbetrieb, Mobile Offline-Lösungen, oder Bezahlsystem sind nur der Beginn. Damit stärken wir unser gesamtes rs2 Produktangebot. Für uns intern werden wir unsere Projekte verstärkt  auf Scrum Methoden ausrichten und vom gemeinsamen Know-how von über 3000 Mitarbeitern sicher auch organisatorisch profitieren.

Zuvor hat sich Ramsauer & Stürmer im Frühjahr 2021 mit Novotec verstärkt und damit intern expandiert…

Novotec passt sehr gut zu uns und hatte sich als kleiner Salzburger ERP-Hersteller auf Fensterproduzenten und ihre Händler spezialisiert. Die Idee zum Zusammenschluss ist aus einer Ausschreibung entstanden. Das Ziel ist letztlich, mehr Branchen-Segmentierung zu erreichen, um unsere ERP-Software rs2 für diesen Markt bereitzustellen. Novotec Gründer Manfred Schmid ist jetzt zweiter technischer Geschäftsführer von Ramsauer & Stürmer und hat die Aufgabe, die Software-Entwicklung voranzutreiben. Damit haben wir bei Ramsauer & Stümer insgesamt 150 Mitarbeiter. Wichtig ist uns auch, nicht erst seit Corona, der Bereich Personal-Software. Wir haben unsere rs2 HR-Lösung gemeinsam mit unserem Partner moonsoft entwickelt. Damit sind wir im Moment bei vielen namhaften, auch großen Unternehmen, in Gesprächen.

Stichwort Branchen: Auf der Website sind acht Bereiche angegeben, welche sind wichtig für Sie?

Es gibt eigentlich für uns gar keine Branche, wo wir sagen: das ist die wichtigste. Unser Zugang ist es, eine ERP-Software zu schaffen, die für diese Branchen passt. Aber natürlich gibt es Bereiche, wo wir sehr gut sind: Im Bereich Bergbahnen sind wir mit rs2 Marktführer, aber dieser Bereich macht vielleicht zehn bis 15 Prozent unseres Umsatzes  aus. Wir sind sehr gut in staatsnahen Betrieben und Institutionen, weil unsere ERP-Lösung nicht wie ein klassisches System Materialprozesse abbildet, sondern sehr stark den unterstützenden Prozess berücksichtigt, z.B.  Workflows in Verbindung mit organisatorischen Prozessfreigaben, etwa die Budgetfreigabe bei der  Beschaffung. Wir können da durchaus mit SAP mithalten und sind für viele Kunden damit eine echte Alternative.

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Markus Neumayr sieht durch Corona große Veränderungen in der der Art und Weise, wie heute und in Zukunft gearbeitet wird: „Aktuell ist unsere Strategie, dass 40 Prozent der Arbeitszeit frei wählbar im Homeoffice gemacht werden können.“ (c) Leo Neumayr

Gerade in den letzten 20 Monaten hat Corona für gewaltige Herausforderungen gesorgt. Wie haben Sie die Zeit rückblickend erlebt?

Wie die Corona-Krise im März 2020 begonnen hat, war das eine ganz komische Situation und ich habe ehrlich gedacht: Oje, unser ganzes Geschäft wird zusammenbrechen, weil wir fast ausschließlich bei den Kunden vor Ort gearbeitet haben. Wir haben uns überhaupt nicht vorstellen können, wie das funktionieren soll. Aber in kürzester Zeit, innerhalb eines Monats, hat sich das vom Vor-Ort-Arbeiten in Richtung Remote-Work gedreht. Ohne Corona wäre das allerdings nie so schnell passiert. Viele Kunden haben dadurch auch erkannt, dass Digitalisierung eine echte Notwendigkeit ist, um im Business weiter voranzukommen. Bei Kunden und Mitarbeitern ist es jetzt so, dass man sich den Rückswitch gar nicht mehr vorstellen kann. Es war für mich persönlich wirklich erstaunlich. Früher hätte ich gesagt: Das geht nicht. Homeoffice und Remote Work funktioniert tatsächlich viel besser als gedacht und bringt für alle Beteiligten Vorteile, wenn sie diese Möglichkeiten haben.

Und das Projektmanagement funktioniert jetzt auch online?

Jedes Projekt hat ja Phasen. Der Vertriebs- und Akquise-Prozess ist sicher digital oder virtuell nach wie vor schwierig. Auch die Projektplanung und Konzeption wird sicher auch in der Zukunft verstärkt vor Ort stattfinden. Aber die Umsetzung des Projekts selbst kann dann größtenteils online erfolgen. Das ist meine Einschätzung, wie wir in Zukunft arbeiten werden.

Was bedeutet das intern für die Organisation der eigenen Mitarbeiter?

Es gibt da ganz klare Veränderungen. Früher hatten wir fast kein Homeoffice und waren auch sehr stark standard-orientiert. Aktuell ist unsere Strategie, dass 40 Prozent der Arbeitszeit frei wählbar im Homeoffice gemacht werden können. Eventuell stellen wir auch auf eine Shared-Desk Policy in bestimmten Bereichen um. Wir haben z.B. aktuell rund 40 Projektleiter, die eigentlich permanent bei den Kunden unterwegs sind.

Wie läuft es geschäftlich, wie sieht derzeit die Umsatzentwicklung aus?

Aktuell stehen wir heuer bei 16 Millionen und haben das Unternehmenswachstum der letzten Jahre fortführen können. Derzeit ist die Projektlage sehr gut, wir haben insgesamt rund 700 österreichische Kunden. Es gibt sehr viele Digitalisierungsprojekte, die im Zuge der Investitionsprämie entstanden sind. Viele unserer Bestandskunden haben jetzt begonnen, bestimmte Themen anzugehen. Das reicht von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung im ERP Bereich, etwa automatisierte Rechnungslegung oder elektronische Freigabe-Prozesse, bis hin zu integrierten Datenfindungsplattformen, um schneller auf Informationen im Unternehmen zugreifen zu können. Im Homeoffice hat sich der Informationsbedarf deutlich gesteigert, da investieren die Firmen im Moment sehr stark.

Inwieweit ist Künstliche Intelligenz bei rs2 schon integriert oder was ist hier an Neuerungen zu erwarten?

Wir arbeiten hier mit dem Salzburger Startup Blumatix Intelligence zusammen und haben ihr System BLU Delta in die rs2 Welt integriert. Die Kunden können damit die KI basierte Rechnungsidentifikation auf Wunsch sehr rasch nutzen. Es ist dafür keine weitere Programmierung notwendig.

Gibt es auch noch andere Partner oder welche Schritte setzen Sie, um die Innovation bei rs2 sicherzustellen?

Wir schauen natürlich immer: Wo sehen wir einen Nutzen für den Kunden. Wenn es notwendig ist, suchen wir uns eine Partnerschaft, die Sinn macht. Ein wichtiges Thema ist für uns Process Mining. Hier arbeiten wir mit einem Startup von der WU Wien, mit Noreja, zusammen. Das ist im Grunde ein Forschungs- und Entwicklungs-Projekt, das wir dort ins Leben gerufen haben, womit Unternehmen Brüche in ihren Prozesslandschaft feststellen können: Noreja ist eine SaaS-Plattform, die betriebliche Daten aus rs2 aufgreift und mittels Process Mining und KI aufbereitet, mit dem Ziel, Prozesse in Echtzeit zu überwachen, Ineffizienzen in Geschäftsprozessen aufzudecken und deren Ursachen zu ergründen. Damit können dann Prozessverbesserungen eingeleitet werden. Wir machen hier gerade einige Pilotprojekte, z.B. mit dem Tiroler Lebensmittelproduzenten Recheis.

Wie sieht es mit dem Engagement im Richtung Cloud aus?

Das ist ein Part, dem sich das Team rund um Manfred Schmid sehr stark widmet. Hier gehen wir in Richtung Cloud-Architektur. Aber ganz ehrlich muss man sagen: Die Unternehmen sind beim Thema ERP noch nicht in der Public Cloud angekommen. Derzeit geht es bei vielen um klassische Private Cloud Architekturen. Mit Digu Digital haben wir in OÖ einen ersten externen Cloud-Umsetzungspartner für rs2 gewonnen, der auf das Baunebengewerbe spezialisiert ist.

Stichwort Mitarbeiter-Gewinnung und Skills – wie gehen Sie damit um?

Das ist aktuell wirklich extrem schwierig. Wir sind ja personell auf Expansionskurs und suchen immer qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben daher begonnen, eine innerbetriebliche eigene Ausbildungsakademie aufzubauen, um neue Teammitglieder schneller fachlich heranzuführen. Wir bilden zudem im Software-Entwicklungsbereich Lehrlinge aus. Außerdem engagieren wir uns für die Initiative „FIT – Frauen in Handwerk und Technik“ und ich freue mich, dass wir auch in den technischen Bereichen immer mehr Mitarbeiterinnen haben.


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