Obwohl Oracle im IaaS-Business noch nicht mit vielen Kunden auftrumpfen kann, hat die Oracle Cloud Infrastruktur (OCI) im Corona-geprägten Frühjahr 2020 doch Schlagzeilen gemacht. [...]
Der US-Softwarekonzern, bekannt nach wie vor für seine Datenbank-Technologie, konnte ausgerechnet den damals boomenden Videokonferenz-Spezialisten Zoom als Kunden gewinnen. Doch wie gelingt es Oracle, sich jetzt gegenüber den drei dominanten Hyperscalern Microsoft, Amazon Web Services (AWS) und Google zu positionieren, und wie will Oracle mit seinen Cloud Angeboten bei den Kunden punkten? Darüber hat die COMPUTERWELT mit Johannes Dobretsberger, Director Marketing bei Oracle für den EMEA Bereich, gesprochen.
Wie sieht denn die aktuelle Cloud-Strategie aus bzw. wie will Oracle seine Kunden motivieren, den Weg in Richtung Cloud zu gehen?
Wir sehen das tatsächlich gesamtheitlich. Wir versuchen den Kunden dort abzuholen, wo er sich befindet, er soll auch mit der entsprechenden Flexibilität agieren können. Wir wissen, dass es den Bedarf gibt, die Cloud im eigenen Rechenzentrum zu haben, es gibt aber auch Kunden, die ihre IT-Services On Premise betreiben, andere setzen auf die Public Cloud, die wir als Oracle ja auch anbieten, oder auch auf eine hybriden Variante in Richtung Edge Computing. Das heißt, man bringt die Rechenleistung direkt zu den Daten, die verarbeitet werden sollen. Wir schauen uns daher die Situation und den Usecase an und bieten dann dem Kunden individuell die entsprechenden Möglichkeiten. Das hängt von vielen Faktoren ab, das fängt an bei regulatorischen Themen, über Security Themen und welche Typen und Größen es von Workloads gibt, die man deployen möchte. Das Security Thema ist sicher gerade im Moment sehr wichtig. Wir wollen den Kunden auch auf der Security Ebene abholen. Und das neue Oracle Angebot Hybrid Cloud Solutions für Edge Computing zielt genau auf den wachsenden Bedarf der Kunden, die Daten dort zu verarbeiten, wo sie anfallen, wo aber nicht die Konnektivität da ist. Usecases sehe ich im Verteidigungsbereich, oder zum Beispiel im Öl & Gas-Sektor, auf einer Bohrinsel, oder ganz aktuell im Healthcare Bereich, wo es um Rechenzentrumpower und Speicherkapazitäten direkt bei den Geräten geht.
Einige virtuelle Tech-Konferenzen wie etwa die Microsoft Ignite im März haben ja gezeigt, dass Edge Computing ein ganz wichtiges Thema ist…
Ja und die Oracle Roving Edge Infrastructure bietet die Möglichkeit, Szenarien verfügbar zu machen, wo eben diese hohe Rechenleistung benötigt wird. Wir wissen aber auch, dass Netzwerkverbindungen oft unzureichend sind. Das heißt, wir haben hier verschiedene Lösungen und Ansätze unter einem extrem großen Security Mantel, wo der Kunde sein Business sehr rasch hinadaptieren kann. Denn wir dürfen nicht vergessen: Das Business der Kunden hat sich enorm verändert, es ist extrem schnelllebig, neue Business-Cases müssen relativ rasch umgesetzt werden. Der Push in die Digitalisierung hat auch in der User-Thematik einen starken Impact gehabt, Stichwort Homeoffice oder gerade auch im Education Bereich. Das sind alles Themen, die den User und damit auch die Unternehmen betreffen. Daher ist es wichtig, sich anzusehen: Welche Daten, welche Workloads können von On-Prem in die Cloud, in eine Cloud at Customer Variante oder on the Edge verschoben werden. Oracle investiert kräftig in die Public Cloud, wir haben derzeit bereits 29 Regionen ausgerollt, und es sollen bis zum Jahresende 38 Regionen sein.
Wo gehört da Österreich hinein?
Österreich ist im zentraleuropäischen Markt angesiedelt, wir haben hier bereits ein Datacenter in Frankfurt
Jetzt haben Österreichs Unternehmen eher den Ruf, traditionell und konservativ zu agieren, wie sehen Sie die Journey-to-the-Cloud in Österreich?
In der derzeitigen Situation bzw. bedingt durch das letzte Jahr der Krise, haben wir eines gesehen: Der Digitalisierungszug hat auch in Österreich eine unheimliche Innovationskraft geschaffen. Es hat sich gezeigt, dass heimische Unternehmen sehr schnell und flexibel auf die neue Situation eingegangen sind und einiges rasch umgesetzt haben. Aber man muss ganz ehrlich sagen: es ist schon noch ein Stück Weg. Cloud ist auch ein Kulturthema. Das „New Normal“ ist keine vorübergehende Phase, sondern wird uns weiter begleiten. Viele haben jetzt erkannt: Digitalisierung ist Chefsache und muss noch viel stärker im Unternehmen verankert werden.
Hat Corona auch in Österreich einen Schub in Richtung Cloud ausgelöst?
Ich denke, das Kernthema sind die Daten. Die Digitalisierung bedarf auch der Power des Rechenzentrums. Das heißt, es gibt einen eindeutigen Bedarf, die Daten nicht nur zu vermitteln und zu verwalten, sondern auch zu schützen und natürlich zu verwenden. Hier sind sicher die hybriden Lösungen entscheidend.
Was beschäftigt denn die Oracle Kunden in Österreich beim Cloud-Thema derzeit am meisten?
Zentral ist das Security Thema. Es geht darum, dass die Daten sicher verfügbar sind. Es geht aber auch um sicheren Datenzugriff und die Rechenpower dahinter. Im Endeffekt geht es um Speed, weil sich damit ein großer Marktvorteil ergibt, der gerade jetzt in einer sehr dynamischen Marktentwicklung benötigt wird.
Aber viele Unternehmen kämpfen noch mit Legacy Systemen und Altlasten, bzw. bedeutet Public Cloud dann eine Veränderung der IT-Architektur. Wie sehen Sie das?
Das stimmt sicher: viele kämpfen mit Legacy Systemen und Traditionen, aber die gilt es eben aufzubrechen. Und wer das jetzt in dieser Zeit der Pandemie und des Umbruchs nicht macht, der wird langfristig einen Nachteil haben. Hier kann man allen nur empfehlen, den Weg in eine innovative Cloud zu nützen. Es ist natürlich eine Frage des Investments, es ist aber auch eine Frage des Commitments.
Jetzt gibt es die bekannten Hyperscaler Microsoft Azure, AWS und Google, aber etwa auch eine IBM. Wo steht da Oracle in diesem Spannungsfeld?
Die Oracle Strategie ist es, den Unternehmen Cloud Lösungen in verschiedenen Bereichen anzubieten. OCI (Oracle Cloud Infrastructure, Anm.d.Red.) bietet die Möglichkeit, die Workload in die Cloud zu bringen. Ein wichtiger Punkt ist das Datenbank-Thema, Oracle-Datenbanken sind bei vielen Kunden im Einsatz. Hier ist die „autonomous Database“ entscheidend, weil damit das Unternehmen tatsächlich dabei unterstützt wird, die Daten zu verwalten, vorzubereiten und zu analysieren. Hier geht es stark in Richtung Machine Learning und AI.
Wie sieht denn die Umsatzentwicklung im Cloud-Bereich aus?
Anhand der letzten Quartalszahlen vom März sieht man sehr gut, wie der Trend aussieht. Aufgrund der guten Entwicklung im Cloud Geschäft ist der weltweite Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Es gibt auch wieder einige innovative Cloud-Usescases. Ein aktuelles Beispiel aus Deutschland: die deutsche Bahn hat ihr gesamtes HR-Management in die Oracle Cloud verlagert. Cloud ist ein absolutes Wachstumsthema, aber auch On-Premises hat seine Wichtigkeit. Unsere letzten Anouncements zeigen: Es geht eindeutig in Richtung hybride Lösungen und Edge Computing. Wichtig ist auch unsere neue, verstärkte Kooperation mit VMware. Das ist richtungsweisend dafür, dass Oracle immer mehr Partnerschaften eingeht, etwa auch bei der Initiative GAIA-X, wo es darum geht, ein digitales europäisches Environment zu schaffen.
Und wie ist das Oracle Cloud Business strukturiert, früher gab es die drei Bereiche SaaS, IaaS und PaaS?
Heute gibt es das klassische On-Premises Business, daneben das Cloud Business und zum Dritten das Applikations-Business mit ERP, HCM, CRM und CX. Es geht darum, den Kunden in seiner Welt abzuholen.
In den vergangenen Jahren wurde von Oracle immer wieder das Security-Thema getrommelt, wie ist da die Entwicklung?
Security ist für uns ein durchgängiges Thema, von der Infrastruktur über Hardware (Exadata) und Middleware bis hin zu den Applikationen, Stichwort Embedded Security. Datenlecks sorgen immer wieder für große Schäden. Daher ist es wichtig, das Daten Security Thema sehr weit oben zu verankern. Es ist nicht nur ein Thema des Data Analysten oder des Data Scientists, es ist wirklich ein Thema Cross Line of Business. Einige Unternehmen haben mittlerweile auch einen Chief Security Officer (CSO), da gibt es in Österreich durchaus noch Luft nach oben. Hier helfen sicher Zertifizierungen zu Informations- und Datensicherheit wie etwa ISO 27001, aber es geht generell um Seucrity Awareness und Ausbildung, auch um Lehrgänge an Unis und FHs, wo das Thema Datensicherheit noch mehr vermittelt wird.
Wo geht die Reise hin in punkto IT-Security?
Es ist eine ständige Reise, sie hört nie auf. IT-Security wird immer mehr zum strategischen Thema im Unternehmen. Es geht dabei auch darum, Vertrauen zu schaffen, auch für die Kunden der Unternehmen, die sich darauf verlassen, dass ihre Daten sicher sind. Bei Datenlecks oder Vorfällen, bedeutet es nicht nur einen direkten Schaden oder Daten-Verlust, sondern verursacht auch einen Imageschaden.
Wenn es jetzt um Cloud & Security geht, was sind dann die wichtigsten Fragen, die gelöst werden müssen?
Da geht es primär einmal darum: Wo steht der Kunde in seiner Journey-to-the-cloud, und wo ist bereits IT-Security im Einsatz und wo nicht. Vor allem ist es eine Frage von hybrid Cloud und Cloud Management.
Johannes Dobretsberger ist auch im COMPUTERWELT „Cloud & Security“ Roundtable am kommenden Dienstag, 15. Juni um 10 Uhr zu Gast. Sie können LIVE dabei sein, Sie finden hier Detailinformationen und Zugangslink.
Be the first to comment