Lange Angebotszyklen, schwindende Margen: Der technische Vertrieb steht unter Druck. Alexander Penev, Geschäftsführer und Gründer von ByteSource, erklärt im Interview, wie der KI-gestützte Sales Copilot mit Wissensgraphen und Multi-Agent-Framework die Effizienz steigert. [...]
Der technische Vertrieb steht vor einem Dilemma: Während Produkte und Lösungen immer komplexer werden, sind qualifizierte Fachkräfte knapp und Margen stehen unter Druck. Lange Reaktionszeiten, veraltete Preisgestaltung und verschüttetes Expertenwissen kosten Unternehmen nicht nur Umsatz, sondern gefährden langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Frage ist: Wie können Teams mit diesen Herausforderungen umgehen, ohne an Qualität oder Geschwindigkeit einzubüßen? Der Sales Copilot, eine KI-basierte Plattform, die von ByteSource entwickelt wurde, adressiert genau diese Herausforderungen: Er automatisiert Prozesse, nutzt Wissensgraphen für präzise Empfehlungen und integriert sich nahtlos in bestehende Systeme. Alexander Penev, Geschäftsführer und Gründer von ByteSource Technology Consulting, erklärt im Interview mit der ITWELT.at Hintergrund, Technologie und den messbaren Business Impact der Lösung.
Die Herausforderungen im technischen Vertrieb wachsen stetig. Was war der konkrete Anlass, den Sales Copilot zu entwickeln?
Wir haben den Sales Copilot für einen Kunden aus der Netzwerk-Retailer-Branche entwickelt – ein vergleichsweise kleines Unternehmen, das jedoch mit den typischen und zunehmend drängenden Herausforderungen dieser Branche konfrontiert war: lange Reaktionszeiten auf Kundenanfragen, negative Margen infolge veralteter Preisgestaltung, Überlastung von Expert:innen sowie Wissenssilos, die wertvolles Know-how schwer zugänglich machten. Gleichzeitig werden Produkte und Einsatzszenarien immer komplexer, während qualifizierte Fachkräfte zunehmend schwer zu finden sind. Um unter diesen Bedingungen wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen schneller, kosteneffizienter und datenbasierter agieren.
Genau dafür wurde der Sales Copilot entwickelt: Er automatisiert zeitaufwendige Prozessschritte wie Datenaufbereitung, Preisanalysen und Angebotserstellung, stellt das benötigte Fachwissen zentral bereit und liefert intelligente Empfehlungen für den gesamten Vertriebsprozess. Dadurch können Unternehmen auch bei knappen Ressourcen effizient skalieren, ihre Reaktionszeiten drastisch verkürzen und gleichzeitig die Qualität sowie Relevanz ihrer Angebote deutlich steigern – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in einem margenschwachen und dynamischen Marktumfeld.
Wie sieht die Technik dahinter aus und welche Vorteile bietet der Sales Copilot?
Der Sales Copilot basiert auf einem Multi-Agent-Framework, das speziell für wissensintensive Branchen entwickelt wurde und sich auch in anderen Kontexten wiederverwenden lässt. Technologisch setzen wir auf eine serverlose, AWS-native Architektur, die sich automatisch an eine steigende Nachfrage anpasst und so eine hohe Skalierbarkeit gewährleistet.
Im Kern besteht das System aus drei zentralen Komponenten: dem Data Ingestion Process, der relevante Informationen automatisiert erfasst, strukturiert und mit bestehenden Daten aus CRM- oder ERP-Systemen kombiniert; einem intelligenten Empfehlungssystem, das komplexe Anforderungen analysiert und passende Lösungen vorschlägt; sowie einer Preis- und Angebotsanalyse, die dynamische Preise in Echtzeit berechnet und maßgeschneiderte Angebote erstellt. Die Architektur kombiniert dabei Echtzeit-Marktinformationen, automatisierte Klassifizierung und eine modulare Erweiterbarkeit, wodurch der Sales Copilot sich flexibel an unterschiedliche Anforderungen und Branchen anpassen lässt.
Für unsere Kunden hat das spürbare Auswirkungen: Sie können deutlich mehr Anfragen bearbeiten, ihre Margen steigern und Angebotszyklen massiv verkürzen – und das bei wesentlich geringerem Aufwand. Gleichzeitig profitieren sie von schnelleren Reaktionszeiten, einer höheren Prozesseffizienz und einer zentral verfügbaren Wissensbasis, die Abhängigkeiten von einzelnen Expert:innen reduziert. Kurz gesagt: Der Sales Copilot macht den technischen Vertrieb nicht nur schneller und kosteneffizienter, sondern auch skalierbarer, intelligenter und zukunftssicher.
Die Lösung nutzt Knowledge Graph-driven Product Mapping. Wie wird dieser Wissensgraph befüllt und aktuell gehalten?
Der Wissensgraph wird kontinuierlich aus einer Kombination interner und externer Datenquellen gespeist. Über klar definierte Ingestion-Prozesse integrieren wir fortlaufend Produktdaten, Preislisten und Marktinformationen, die automatisch aktualisiert werden. So entsteht ein dynamischer Graph, der die komplexen Beziehungen zwischen Produkten, Preisen, Margen und Anwendungsfällen abbildet – und damit die Grundlage für präzise Empfehlungen und fundierte Echtzeitentscheidungen liefert.
Der entscheidende Punkt dabei ist, dass der Wissensgraph im Kern eine strukturelle Abbildung von Expertenwissen darstellt. Genau hier arbeiten wir besonders eng mit unseren Kunden zusammen, denn die Qualität dieses Prozesses ist ausschlaggebend: Sie entscheidet darüber, ob das System komplexe Fragen korrekt beantwortet oder falsche Schlüsse zieht.
Da jedes Unternehmen seine eigenen Datenstrukturen, Prozesse und spezifisches Domänenwissen hat, ist dieser Teil der Lösung hochgradig individuell. Den Ingestion-Prozess entwickeln und modellieren wir deshalb bei jedem neuen Projekt neu – maßgeschneidert auf die jeweilige Organisation. Nur so kann der Wissensgraph sein volles Potenzial entfalten und als intelligente Grundlage für alle weiteren Funktionen des Sales Copilot dienen.
Wie gestaltet sich die Integration in bestehende Unternehmenslandschaften wie ERP, CRM und PIM-Systeme?
Die Integration des Sales Copilot in bestehende Systemlandschaften ist bewusst so konzipiert, dass sie reibungslos, flexibel und schnell erfolgt. Wir wissen, dass Unternehmen häufig gewachsene IT-Ökosysteme im Einsatz haben – mit unterschiedlichen ERP-, CRM- oder PIM-Systemen –, und genau darauf ist unsere Architektur ausgelegt.
Dank einer API-zentrierten und modularen Systemarchitektur kann der Sales Copilot sich nahtlos in bestehende Prozesse und Datenflüsse einfügen. Über standardisierte Schnittstellen und Konnektoren werden relevante Informationen – von Produkt- und Preisdaten über Kundendaten bis hin zu Angebots- und Auftragsinformationen – automatisiert ausgetauscht. Gleichzeitig kann das System sowohl bidirektional mit bestehenden Anwendungen kommunizieren als auch individuell erweitert werden, um spezielle Anforderungen oder proprietäre Systeme abzubilden.
In der Praxis bedeutet das: Unternehmen können den Sales Copilot schrittweise in ihre bestehende Infrastruktur integrieren, ohne aufwendige Migrationen oder Prozessumbrüche vornehmen zu müssen. Er ergänzt und erweitert die vorhandenen Systeme, anstatt sie zu ersetzen – und sorgt so dafür, dass bestehende Investitionen geschützt bleiben, während gleichzeitig Effizienz, Automatisierung und Transparenz im Vertrieb auf ein neues Niveau gehoben werden.
Angesichts der Verarbeitung hochsensibler Vertriebs- und Preisdaten sowie der Nutzung von generativer KI: Welche speziellen Schutzmechanismen beinhaltet die Lösung?
Datensicherheit und Compliance stehen beim Sales Copilot an oberster Stelle. Die Lösung folgt dem Security-by-Design-Prinzip und kombiniert rollenbasierte Zugriffskontrollen, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sowie mehrstufige Authentifizierung, um sensible Informationen umfassend zu schützen.
Die generativen KI-Komponenten laufen in einer isolierten, mandantenfähigen Umgebung, sodass keine vertraulichen Daten nach außen gelangen. Sämtliche Datenflüsse werden durch Sicherheits- und Compliance-Filter überwacht, und die Lösung lässt sich flexibel an regulatorische Vorgaben anpassen.
Darüber hinaus bleiben alle Daten ausschließlich in EU-Rechenzentren gespeichert, sind dort stark verschlüsselt und können nicht von LLM-Providern eingesehen oder für das Training von Modellen genutzt werden. So können Unternehmen KI-gestützte Vertriebsprozesse sicher einsetzen – ohne Kompromisse bei Datenschutz oder Compliance.
Welchen Business Impact erwarten Sie sich vom Sales Copilot?
Der Sales Copilot hat einen messbaren und direkten Einfluss auf den Geschäftserfolg. Unsere Kunden können mit einer 300 Prozent höheren Anfragenkapazität, einer Margensteigerung von rund 40 Prozent und 25 Prozent höheren Abschlussraten rechnen – bei gleichzeitig 95 Prozent weniger Rechercheaufwand.
Das bedeutet konkret: bis zu 2,5 Millionen Euro zusätzlicher Jahresumsatz und etwa 800.000 Euro Einsparungen durch Effizienzgewinne. Darüber hinaus ermöglicht der Copilot eine 24/7-Verfügbarkeit und die Bearbeitung von bis zu fünfmal mehr komplexen Anfragen, was Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschafft.
Wie sieht die mittelfristige Roadmap aus?
Mittelfristig wollen wir den Sales Copilot schrittweise von einer Assistenzlösung zu einer umfassenden, KI-gestützten Vertriebsplattform weiterentwickeln. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf den Ausbau generativer KI-Funktionen und eine noch engere Integration in ERP-, CRM- und PIM-Systeme, um End-to-End-Prozesse besser zu unterstützen.
Zudem möchten wir den Copilot gezielt in neuen Domänen mit komplexen Fragestellungen und hohem Automatisierungspotenzial erproben. Parallel dazu arbeiten wir an einer intuitiveren Benutzeroberfläche, einer Webshop-Integration sowie an einer flexiblen Bereitstellung als Self-Hosted- oder SaaS-Lösung. So entsteht Schritt für Schritt ein System, das sich branchenübergreifend einsetzen lässt und komplexe Vertriebsprozesse effizient, skalierbar und intelligent unterstützt.
Welche langfristigen, visionären KI-Funktionen erforschen Sie für die nächste Generation des Copilots?
Langfristig möchten wir den Sales Copilot so weiterentwickeln, dass er nicht nur auf Anfragen reagiert, sondern vorausschauend agiert und aktiv bei der Entscheidungsfindung unterstützt. Dazu gehören etwa adaptive Wissensmodelle, die sich automatisch an Marktveränderungen anpassen, sowie KI-gestützte Prognosen zur Optimierung von Margen oder Angebotsstrategien.
Außerdem untersuchen wir, wie sich verschiedene Datenquellen intelligent verknüpfen lassen, um ein noch umfassenderes Bild von Markt- und Kundensituationen zu erzeugen. Ziel ist kein vollständig autonomer Vertrieb, sondern ein System, das Vertriebsteams proaktiv unterstützt, strategische Entscheidungen vorbereitet und ihnen hilft, schneller und fundierter zu handeln.

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