Marco Porak, Country General Manager & Director of Technology bei IBM Austria, spricht im Interview mit IT WELT.at über Herausforderungen im abgelaufenen Jahr und gibt einen Ausblick für 2023. [...]
IBM ist traditionell Schlüsselpartner für Branchen, in denen sensible Daten zum Tagesgeschäft gehören. Wo lagen hier im letzten Jahr die Herausforderungen?
IBM verfolgt die Strategie, die weltweit führende Hybrid Cloud- und AI-Company zu sein. Gerade unser Hybrid Cloud-Schwerpunkt, den wir ja schon seit Langem verfolgen, hat sich nicht nur entlang aktueller Krisen in Europa als goldrichtig erwiesen. Bis Anfang des Jahres hatten wir die Situation, dass erst 25 Prozent der geschäftskritischen Workloads unserer Kunden auch den Weg in die Cloud geschafft hatten. Die aktuelle Situation in Europa hat die Transformation in Richtung Cloud vielerorts beschleunigt – schon alleine deshalb, weil lokale Rechenzentren in den am stärksten betroffenen Gebieten über Nacht nicht mehr die gewohnte Sicherheit bieten konnten.
Unser Hybrid Cloud-Ansatz schafft nicht nur Unabhängigkeit von physischen (Speicher-/Verarbeitungs-) Orten, sondern ist zugleich eine der wichtigsten Antworten auf die großen Cybersecurity-Fragen, die 2022 nochmals deutlich zugenommen haben. Ich erinnere mich im abgelaufenen Jahr an kein Kunden- oder Partnergespräch ohne hohen Cybersecurity-Anteil. Das gilt nicht nur für die größten Unternehmen, sondern gerade auch für KMU – namhafte Cloud Provider wie IBM können in den häufigsten Fällen ein viel höheres Maß an Sicherheit bieten als kleinere Unternehmen dies realistischerweise selbst könnten.
Wir wissen aus einer aktuellen internationalen IBM-Umfrage, dass die digitalen Sicherheitsrisiken einerseits die stärksten Digitalisierungstreiber, aber im selben Moment bei anderen Befragten zugleich die schwersten Bremsklötze am Weg zur digitalen Transformation darstellen. Wir sehen in diesem paradoxen Verhältnis bei Cybersecurity einen unmissverständlichen Auftrag an uns als Security Lösungsanbieter und Berater.
Blicken wir nach vorne. Wohin geht die Reise für IBM und ihre Kunden 2023?
Viele der Marken, denen Sie und ich vertrauen, setzen auf Cloud, eben um schnelle, personalisierte Kundenerlebnisse zu schaffen. Der Digitalisierungsschub der letzten drei Jahre hat den Wettbewerb und die Geschwindigkeit auf ein neues Niveau gehoben. Unsere Kunden verlangen daher immer mehr Flexibilität, Daten sicher und verteilt über mehrere Clouds zu verwalten, neue innovative digitale Technologien zu nutzen und mit dem Geschäftstempo, das am Markt entscheidet, auch Schritt zu halten. Was vielen schon gut gelingt, befindet sich bei anderen noch in den Kinderschuhen. Wir rechnen hier mit steigendem Interesse, in die digitale Transformation zu investieren.
Aus einer Studie zu geplanten Technologieinvestitionen, die wir weltweit durchgeführt haben, sehen wir, dass mehr als 60 Prozent der Unternehmen im Jahr 2023 in Lösungen zur Erreichung von ESG-Zielen investieren werden. In vielen Industrien wurde im Hinblick auf ESG bereits erledigt, was relativ einfach administrierbar und durchführbar war. Die Suche nach weiteren Potenzialen ist naturgemäß aufwendiger und fordert entsprechende Konzentration auf verschiedenen Ebenen der Organisation. Gerade hier sehen wir uns als wichtige Partner bei der Identifikation zusätzlicher Potenziale. Das beginnt bei der Digitalisierung des ESG-Reportings, bis hin zur Optimierung von Geschäftsprozessen mittels Hybrid Cloud und AI.
Ich bin überzeugt, CEOs werden nach Lösungen suchen, die Energieeffizienz in ihrem gesamten IT-Betrieb zu verbessern, ohne dabei Abstriche bei der Sicherheit oder Leistung zu machen. Diese Lösung wird häufig ein hybrider Cloud-Ansatz sein, da so die Workload an der jeweils optimalen Stelle laufen kann. Es können optimierte Systeme in der Public Cloud zusammen mit der Leistung der IT in der eigenen Private Cloud genutzt werden, um Anwendungen mit einem höchsten Maß an Sicherheit auszuführen und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck zu verringern. Immer mehr Kunden sprechen uns auch darauf an, sie dabei zu unterstützen, den „Wildwuchs“ an x86 basierten Systemen auf wenige, hochperformante Systeme zu konsolidieren – insbesondere unserer jüngsten Mainframe-Architektur z16 kommt dabei eine besondere Bedeutung hinsichtlich Leistung und Sicherheit zu.
Sie haben erwähnt, dass Sie 2022 kein Gespräch ohne Security-Themen geführt haben. Ist hier die Angst größer als das Risiko?
Ohne jemandem Angst machen zu wollen: die Sorgen der Unternehmen, Ziel einer Cyber-Attacke zu werden, sind mehr als berechtigt. Umso wichtiger ist es, sich auf Angriffe vorzubereiten. Jeder in der Branche weiß: ‚Es ist keine Frage ob, sondern nur wann das eigene Unternehmen attackiert wird‘. Wir stellen gemeinsam mit unserem Ökosystem an spezialisierten Security-Partnern den Führungsanspruch, sie weltweit bestmöglich beraten und unterstützen zu können, aber auch den Betrieb der Security-Lösungen für unsere Kunden zu übernehmen. Denn über eines müssen wir uns im Klaren sein: Wo auch immer Ihre Geschäftsdaten hingehen, böswillige Akteure werden folgen.
Woraus leiten wir unseren Führungsanspruch ab? Nun, gerade in Österreich ist Security eine unserer zentralen Kernkompetenzen. In einem integrierten Team aus Produkt- und Toolspezialisten einerseits und Security Services Experten andererseits betreuen wir unsere Kunden mit lokaler Kompetenz und sind gleichzeitig eingebettet in ein enormes Netzwerk aus über 6.000 Security Experten bei IBM weltweit.
Zusätzlich sind wir mit IBM z16 einmal mehr „one step ahead“: Wir bieten branchenweit mit IBM z16 das erste quantensichere System, das mit modernsten Kryptografie-Algorithmen Daten bereits heute vor den Bedrohungen, die in Zukunft durch Quantencomputer in den Händen Krimineller entstehen können, schützt. Für uns ist das eine echte Verantwortung: Wer könnte besser ein quantensicheres System entwickeln als der Technologieführer im Quantencomputing selbst? So gab am 5. Juli 2022 das US-amerikanische National Institute of Standards and Technology (NIST) die ersten quantensicheren Kryptographie-Protokollstandards für die Cybersecurity im Zeitalter des Quantencomputers bekannt. Drei der vier ausgewählten Standards wurden von unserem Research Team bei IBM in Zusammenarbeit mit einer Reihe von Partnern aus Industrie und Wissenschaft entwickelt.
Jetzt wissen wir, wohin die Reise geht. Wen nehmen Sie dorthin mit? Stichwort: Fachkräfte
Auf den Punkt gebracht: „We are hiring“. Die Entwicklung neuer Skills und Fähigkeiten stellt gerade im Kontext der dynamischen Entwicklung neuer Technologien, die nun immer breitere Anwendung finden (z.B. Cloud Computing, IT-Sicherheit, KI / AI, Quantencomputing), einen wichtigen Hebel dar – sowohl zur Schaffung neuer Arbeitsplätze als auch zur Absicherung bestehender Jobs und zum Erhalt der Position Österreichs im internationalen Wettbewerb.
In den nächsten 3 Jahren planen wir auch Investitionen in das Partner-Ökosystem in Höhe von 1 Milliarde Dollar weltweit. Neben unseren verlässlichen lokalen Partnern ist dazu die Stärkung der globalen strategischen Partnerschaften wichtig. Wir gehen dabei sehr konsequent völlig neue Wege, wie auch die jüngsten Ankündigungen verstärkter strategischer Zusammenarbeit mit AWS und Microsoft zeigen.
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