Eine zentrale Frage der digitalen Souveränität ist, wie Unternehmen in Zeiten global dominierter IT-Infrastrukturen regionale Handlungsfähigkeit zurückgewinnen können – technologisch, wirtschaftlich und strategisch. MMag. Fritz Fahringer, datahub.tirol, Standortagentur Tirol GmbH, und Mag. Franz Unterluggauer, MSc, Cluster Informationstechnologien Tirol, Standortagentur Tirol GmbH, im Interview. [...]
Wie haben sich Rolle und Schwerpunkte des Cluster IT Tirol über die letzten Jahre verändert?
Franz Unterluggauer: Früher lag ein Schwerpunkt des Cluster IT in der Beratung zu Förderungen, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu öffentlichen Mitteln. Inzwischen hat sich diese Aufgabe weitgehend verlagert – die Abwicklung der Förderprogramme liegt heute überwiegend beim Land Tirol oder beim Bund.
Der Cluster selbst ist ein Netzwerk mit rund 110 Mitgliedsunternehmen aus dem IT-Bereich. Neben dem Cluster IT gibt es in Tirol noch sechs weitere Cluster, die auf unterschiedliche Branchen fokussieren. Diese wurden bereits vor mehr als 15 Jahren ins Leben gerufen und konzentrieren sich auf Themen wie Life Sciences, erneuerbare Energien, Wellness und Wohlbefinden, Kreativwirtschaft, Mechatronik und österreichweit die Wasserstoff-Community. Ziel war und ist es, innerhalb dieser Branchen die vorhandenen Kernkompetenzen zu bündeln und eine kritische Masse an relevanten Unternehmen zu schaffen.
Die Cluster richten sich in erster Linie an etablierte Unternehmen, die bereits eine gewisse Reife und Größe erreicht haben. Sie bieten diesen Unternehmen die Möglichkeit, sich branchenintern, aber auch branchenübergreifend zu vernetzen – etwa mit den Bereichen Life Sciences oder erneuerbare Energien, in denen IT-Technologien zunehmend Anwendung finden.
Startups sind im Cluster ebenfalls präsent, machen aber nur einen kleinen Teil aus – höchstens zehn Prozent. Innerhalb des Clusters gelten Unternehmen in den ersten drei Jahren nach Gründung als Startups. Der Fokus im Cluster liegt nicht auf grundlegender Unternehmensentwicklung. Vielmehr geht es darum, die richtigen Kontakte zu finden, Kooperationsmöglichkeiten zu entdecken und gemeinsam neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln.
Welche Rolle spielt der datahub.tirol in der digitalen Weiterentwicklung der Region und wie hat sich seine Ausrichtung im Laufe der Zeit verändert?
Fritz Fahringer: Der datahub.tirol ist aus der Landesinitiative digital.tirol hervorgegangen, mit dem Ziel, die Digitalisierung in der Region aktiv voranzutreiben. Ursprünglich stand ein konkreter Anwendungsfall im Vordergrund: Es ging darum, Daten nicht einfach unkontrolliert in der Cloud abzulegen, sondern Wege zu finden, wie man Daten strukturiert und geregelt austauschen kann. Anfangs lag der Fokus stark auf Open Data – also öffentlich zugänglichen Informationen –, doch rasch wurde klar, dass auch der Austausch proprietärer, unternehmenseigener Daten ein entscheidender Aspekt ist. Gerade in diesem Bereich ist ein geordneter Zugang wesentlich.
Heute versteht sich der datahub.tirol als organisatorische Einheit innerhalb der Standortagentur, die künftig möglicherweise auch in eine eigenständige Struktur überführt wird. Er verfolgt drei zentrale Zielsetzungen: Erstens den Aufbau einer Community von Akteuren, die sich mit datenbasierten Entscheidungen, Datenaustausch und datengetriebenen Geschäftsmodellen beschäftigen. Diese Community ist offen für Unternehmen jeder Größe, Startups, Vereine, öffentliche Institutionen und alle, die sich mit dem Thema Datenökonomie auseinandersetzen.
Zweitens spielt Weiterbildung eine zentrale Rolle. Unternehmen werden dabei unterstützt, zunächst die eigene Datenbasis zu ordnen – bildlich gesprochen: die „Garage aufzuräumen“ –, bevor sie sich für komplexere Formen des Datenaustauschs mit anderen Partnern öffnen. Drittens geht es um konkrete Produkte und Dienstleistungen, die auf dem Weg zur datenbasierten Organisation benötigt werden. Der datahub.tirol begleitet Unternehmen beispielsweise bei Fragen der Datenqualität, bei der Antragstellung von Förderprojekten oder bei der Implementierung analytischer Werkzeuge.
Neben dieser beratenden und vermittelnden Rolle stellt der datahub auch klassische digitale Infrastruktur bereit. Ziel ist es, Organisationen zu befähigen, Daten nicht nur zu sammeln, sondern strategisch und verantwortungsvoll zu nutzen.
„Wirklich zukunftsfähig sind Geschäftsmodelle, die auf langfristige Vertrauensbildung ausgerichtet sind.“
MMag. Fritz Fahringer, datahub.tirol, Standortagentur Tirol GmbH (c) Standortagentur Tirol
Wie verändert der geopolitische Druck den Umgang Tiroler Unternehmen mit digitaler Souveränität – und wie bewusst werden technologische Abhängigkeiten mittlerweile wahrgenommen?
Fritz Fahringer: Die geopolitische Lage hat die Diskussion über digitale Souveränität in Tirol spürbar beschleunigt. Der Impuls kam bei uns konkret aus dem Cluster IT – schon lang vor Trump –, wo im Beirat das Bedürfnis geäußert wurde, das Thema vertieft zu untersuchen. Daraus ist eine Studie entstanden, die sich gezielt mit dem Stand digitaler Souveränität im Bundesland befasst hat. Solche Analysen sind auf Landesebene eher unüblich, aber der Aufwand hat sich gelohnt – nicht zuletzt, weil sich viele Organisationen beteiligt haben, die bereits erste Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt hatten.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass es noch viel Aufholbedarf gibt. In einer früheren Phase – beispielsweise im Bereich künstliche Intelligenz – haben befragte Organisationen angegeben, diese Technologien weder aktiv zu nutzen noch kurzfristig einführen zu wollen. Das war sinnbildlich für eine Zurückhaltung, die sich nun rasant verändert. Seit Anfang 2025 hat sich das Bewusstsein massiv geschärft. Begriffe wie digitale Souveränität oder digitale Ethik müssen kaum noch erklärt werden – sie sind im Denken vieler Unternehmen angekommen.
Was jetzt zählt, ist die Fähigkeit, konkrete Entscheidungen zu treffen, was in der letzten Zeit nicht einfacher wurde. Viele technologische Entwicklungen – etwa in der Chipindustrie, bei KI-Algorithmen oder in großen Cloud-Infrastrukturen – sind längst von globalen Konzernen vorgegeben. Was aber in der Hand der Unternehmen bleibt, sind Entscheidungen über Speicherorte, Zugriffsrechte und Datenverarbeitung. Hier eröffnet sich ein strategischer Spielraum, insbesondere beim Einsatz lokaler Cloud-Lösungen, wie sie beispielsweise von Mitgliedern des Cluster IT angeboten werden.
Der eigentliche Kern digitaler Souveränität liegt heute im bewussten Umgang mit Daten: Wer hat Zugriff, unter welchen Bedingungen, und wer trägt die Verantwortung? Diese Fragen gehen über klassische Datenschutzvorgaben wie die DSGVO hinaus. Wichtig ist es, Souveränität nicht nur als juristisches, sondern auch als wirtschaftlich-strategisches Prinzip zu begreifen.
Wenn Unternehmen sich jetzt nicht aktiv mit diesen Themen auseinandersetzen, riskieren sie, Entscheidungen nicht mehr selbst zu treffen, sondern sie vorgesetzt zu bekommen – von größeren Partnern, von internationalen Plattformen oder über marktbeherrschende Vorgaben. Digitale Souveränität bedeutet deshalb, dass Organisationen die Kontrolle behalten – im Wissen um ihre Handlungsspielräume und in bewusster Abwägung ihrer Optionen. Nur so lassen sich langfristig wettbewerbsfähige und resiliente Strukturen aufbauen.
„Viele technische Lösungen entstehen in der Region, werden aber kaum kommuniziert.“
Mag. Franz Unterluggauer, MSc, Cluster Informationstechnologien Tirol, Standortagentur Tirol GmbH (c) (c) Standortagentur Tirol
Warum ist digitale Souveränität für Tiroler Unternehmen mehr als nur ein IT-Thema – und wo liegen laut Cluster IT die dringendsten Handlungsfelder?
Franz Unterluggauer: Aus Sicht von Cluster IT hat das Thema digitale Souveränität eine neue Dringlichkeit bekommen – ausgelöst durch geopolitische Entwicklungen und technologische Abhängigkeiten, die kaum noch zu übersehen sind. Im Beirat des Clusters wurde früh erkannt, dass man sich dieser Herausforderung strategisch nähern muss. Deshalb wurde eine umfassende Studie angestoßen, die sich mit dem Status quo in Tirol beschäftigt. Dabei wurden zentrale Themenfelder wie Cloud-Infrastrukturen, Big Data, künstliche Intelligenz und – als vierter Aspekt – die Entwicklung eines souveränen Datenökosystems untersucht.
Die Analyse zeigt deutlich: In mehreren Bereichen – insbesondere bei der Nutzung von Cloud-Diensten – liegt Österreich im europäischen Vergleich unter dem Durchschnitt. Auch im Bereich Big Data und darauf aufbauenden KI-Anwendungen gibt es Nachholbedarf. Ohne eigene, qualitativ hochwertige Daten fehlt Unternehmen die Grundlage für sinnvolle und wirtschaftlich tragfähige KI-Lösungen. Oft bleibt nur der Rückgriff auf fremde Datensätze – mit allen Nachteilen wie etwa eingeschränkter Kontrolle oder problematischen Verzerrungen – Stichwort Bias.
Ein zentrales Ergebnis der Studie betrifft die strukturelle Abhängigkeit europäischer Unternehmen von außereuropäischen Infrastrukturen – etwa in der Cloud-Nutzung oder beim Bezug von Standardsoftware. Die Marktmacht von Hyperscalern wie Amazon, Google oder Microsoft hat dazu geführt, dass lokale Anbieter zunehmend verdrängt wurden. In Kombination mit der dominierenden Hardwareproduktion in Asien, etwa im Mobilfunk- und Routing-Bereich, ergibt sich ein sehr einseitiges technologisches Abhängigkeitsverhältnis.
Für den Cluster IT ist deshalb klar: Es braucht ein stärkeres regionales Gegengewicht. Die digitale Infrastruktur – etwa Rechenzentren, Cloud-Hosting, Schnittstellen und Softwarelösungen – soll wieder stärker von heimischen oder zumindest europäischen Anbietern getragen werden. Dafür müssen Kompetenzen, die durch jahrelanges Outsourcing verloren gegangen sind, gezielt zurückgeholt und gebündelt werden. Die Studie empfiehlt unter anderem eine stärkere Sensibilisierung für digitale Souveränität, die Förderung digitaler Selbstbestimmung in Unternehmen, den gezielten Ausbau eigener Infrastrukturen sowie finanzielle Anreize, um europäische Wertschöpfung bei öffentlichen Projekten zu bevorzugen.
Ein besonders praktisches Ziel von Cluster IT ist dabei, fragmentierte Dienstleistungen zu bündeln und so eine Komplettlösung aus einer Hand zu ermöglichen. Heute müssen Unternehmen oft mit mehreren Dienstleistern gleichzeitig arbeiten – für Rechenzentrum, Hosting, Software und Support. Kommt es zu Problemen, ist niemand klar verantwortlich. Der Cluster will stattdessen ein Modell etablieren, bei dem alles aus einer integrierten Struktur kommt: von der Hardware über die Services bis zum Kundensupport. Nur so lässt sich Souveränität im digitalen Raum auch operativ umsetzen – und gleichzeitig ein Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten.
Wie gelingt es Cluster IT, konkurrierende Unternehmen zur Zusammenarbeit auf gemeinsamen Plattformen zu bewegen – und welche Strategien haben sich dabei bewährt?
Franz Unterluggauer: Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen deutlich, dass es weniger an der Bereitschaft zur Zusammenarbeit mangelt als am strukturierten Angebot. Die Nachfrage nach kooperativen Projekten ist hoch, aber vielen Unternehmen fehlt der Zugang zu geeigneten Partnern oder zu klar definierten Rahmenbedingungen. Genau hier setzen wir an.
Ein funktionierender Ansatz ist der sogenannte „Club der Willigen“. Dabei starten wir bewusst klein – mit drei bis fünf Unternehmen, die offen für Kooperation sind und bereit, erste Schritte gemeinsam zu gehen. Der Vorteil liegt auf der Hand: In diesem überschaubaren Rahmen lässt sich ein Projekt konzentriert aufbauen und erproben. Sobald erste Resultate sichtbar sind, steigt das Interesse anderer. Dann melden sich nicht selten zehn oder fünfzehn weitere Betriebe mit dem Wunsch, ebenfalls einzusteigen.
Natürlich ist es dann nicht immer möglich, für alle exakt dieselbe Lösung anzubieten. Deshalb setzen wir auf modulare Ansätze. Was in einem Projekt „grau“ realisiert wurde, kann im nächsten „grün“, „blau“ oder „hellrot“ weiterentwickelt werden – also angepasst an unterschiedliche Anforderungen und Spezialisierungen. Ziel ist es, Plattformen zu schaffen, die gemeinsame Standards ermöglichen, ohne individuelle Stärken zu verlieren.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Bereich Building Information Modeling im Bauwesen, wo sich IT-Dienstleister und Fachbetriebe auf Plattformlösungen wie Revit/Autodesk, ArchiCAD oder Allplan spezialisiert haben. In anderen Sektoren – etwa bei Produktionsdaten oder der Auswertung großer Datenmengen – ergeben sich wiederum Schnittstellen zum datahub.tirol. Dort können Unternehmen gemeinsam auf Infrastruktur zugreifen, datenbasierte Services entwickeln oder eigene Lösungen andocken.
Entscheidend ist letztlich, dass wir Nischen definieren, in denen Kooperation nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Dabei achten wir darauf, dass Spezialisierungen innerhalb der Zusammenarbeit möglich bleiben. Eine gemeinsame Plattform darf nicht bedeuten, dass alle dasselbe tun müssen – vielmehr geht es darum, Synergien zu nutzen und gleichzeitig individuelle Angebote zu ermöglichen. Nur so entsteht eine Form der Zusammenarbeit, die nachhaltig trägt und auch in einem kompetitiven Umfeld funktioniert.
Wie gelingt es im Kontext von Datenökonomie, Unternehmen langfristig für Zusammenarbeit zu gewinnen – und welche Rolle spielt dabei der regionale Zugang?
Fritz Fahringer: Unsere Erfahrung zeigt, dass Zusammenarbeit in der Datenökonomie vor allem über konkrete Anwendungsfälle entsteht. Ob es um Besucherstromlenkung geht oder um spezielle Datensätze, die zwar auf Bundesebene vorhanden sind, aber regional genutzt werden müssen – immer dann entsteht eine Kerngruppe, die sich gemeinsam einem Thema widmet.
In gewisser Weise arbeiten wir damit nach einem ähnlichen Prinzip wie Cluster IT, nur mit einer klaren Spezialisierung auf Daten und deren wirtschaftliche Nutzung. Als erster regionaler Data Space in Österreich verfolgen wir dabei bewusst eine Strategie der kleinen Schritte. Es geht nicht darum, sofort große Lösungen zu schaffen, sondern kontinuierlich Vertrauen aufzubauen und Unternehmen dort abzuholen, wo sie tatsächlich stehen – nicht da, wo Förderprogramme oder politische Zielvorgaben sie gern sehen würden.
Dieser Ansatz verlangt Geduld. Man muss verstehen, dass jedes Unternehmen seinen eigenen Reifegrad mitbringt – sei es technologisch, organisatorisch oder im Mindset. Unsere Aufgabe sehen wir darin, als verlässlicher Begleiter diesen Prozess zu unterstützen, nicht aber ihn zu erzwingen. Wir geben Orientierung, bieten Infrastruktur und Knowhow, aber den Weg müssen die Unternehmen selbst gehen. Wenn wir merken, dass ein Thema oder eine Zusammenarbeit keinen nachhaltigen Effekt verspricht, dann setzen wir unsere Ressourcen gezielt dort ein, wo echtes Potenzial vorhanden ist.
So entsteht ein wachsendes Netzwerk, das nicht von oben verordnet wird, sondern sich organisch entwickelt – entlang konkreter Fragestellungen, gemeinsamer Interessen und echter Bedarfe. Dieser regionale, bedarfsorientierte Zugang ist aus unserer Sicht der Schlüssel, um datenbasierte Kooperation in der Breite zu ermöglichen.
Hat sich durch die geopolitischen Entwicklungen der letzten Monate ein grundlegender Wandel im Umgang mit digitaler Souveränität und künstlicher Intelligenz vollzogen – oder handelt es sich eher um eine Beschleunigung bereits bekannter Trends?
Fritz Fahringer: Im Kern hat sich nichts grundlegend verändert – aber bestehende Entwicklungen haben sich deutlich verfestigt. Die Studie, auf die wir uns stützen, bildet dafür weiterhin eine valide Grundlage, auch wenn die konkreten Nutzungszahlen künstlicher Intelligenz inzwischen sicher gestiegen sind. Neue, systematisch erhobene Daten liegen derzeit allerdings nicht vor. Was sich aber klar sagen lässt: Themen wie digitale Souveränität und digitale Ethik sind in den vergangenen drei Monaten bei deutlich mehr Unternehmen im Bewusstsein angekommen.
Es findet eine strategische Auseinandersetzung statt, die über technologische Fragen hinausgeht. Viele Betriebe überlegen konkret, ob und wie sie sich aus der Abhängigkeit von Hyperscalern lösen könnten – etwa indem sie sensible Daten zurückziehen oder Alternativen prüfen. Das ist ein relevanter Schritt, den wir in der Tiefe so noch nicht antizipieren konnten, als die Studie konzipiert wurde.
Warum braucht es heute mehr denn je echte Alternativen zu den großen Hyperscalern – und worauf kommt es bei deren Aufbau wirklich an?
Franz Unterluggauer: Die Diskussion über digitale Abhängigkeiten hat für uns nicht erst mit den aktuellen geopolitischen Spannungen begonnen. Schon vor etwa zwei Jahren war spürbar, dass hier ein strukturelles Ungleichgewicht besteht, das sich nicht länger ignorieren lässt. Genau daraus ist auch die Idee für die Studie entstanden – mit dem Ziel, nicht mit dem Finger auf andere zu zeigen, sondern die richtigen Fragen zu stellen.
Es geht ausdrücklich nicht darum, Hyperscaler pauschal schlechtzureden oder in einem Schwarz-Weiß-Schema zu argumentieren. Vielmehr wollen wir Transparenz schaffen: Welche Abhängigkeiten bestehen konkret? Welche Risiken ergeben sich daraus für Unternehmen und ganze Wertschöpfungsketten? Und vor allem: Welche Alternativen sind realistisch – technologisch, organisatorisch und wirtschaftlich?
Die zentrale Herausforderung liegt nicht nur im Aufbau alternativer Speicher- oder Servicelösungen, sondern in deren Nutzbarkeit. Es bringt nichts, wenn regionale oder europäische Angebote zwar existieren, aber teuer, kompliziert oder schwer zugänglich sind. In der Praxis erleben viele Unternehmen genau das: Sie haben mehrere Systeme gleichzeitig offen, verlieren den Überblick, wissen nicht, wer zuständig ist – und landen wieder bei den großen, integrierten Plattformen, weil diese eben funktionieren.
Deshalb braucht es mehr als nur technische Infrastruktur. Es geht darum, echte Alternativen zu koordinieren, die auf einem vergleichbaren Service-Level operieren können. Dazu gehören verlässliche Schnittstellen, klare Verantwortlichkeiten und ein durchgängiges Nutzererlebnis. Ziel ist es, aus dem fragmentierten IT-Alltag herauszukommen – also nicht nur Alternativen zu denken, sondern sie auch konkret nutzbar zu machen. Nur so entsteht Vertrauen und Bereitschaft, bestehende Abhängigkeiten wirklich zu hinterfragen und neue Wege einzuschlagen.
Wo liegt das größte ungenutzte Potenzial für datengetriebene Geschäftsmodelle in Tirol – und wie lassen sich regionale Stärken gezielt nutzen?
Fritz Fahringer: Das größte Potenzial liegt darin, dass Unternehmen in der Region besser verstehen, wie stark ihre Geschäftsmodelle bereits heute mit Daten verknüpft sind – und welche Rolle digitale Souveränität dabei spielt. Es geht nicht nur darum, neue Technologien einzusetzen, sondern gezielt zu reflektieren: Wie verwende ich Daten in meinen Entscheidungen, Produkten oder Dienstleistungen? Erst wenn dieses Bewusstsein vorhanden ist, kann man sinnvoll überlegen, welche Infrastruktur und welche Partner dafür wirklich geeignet sind.
Gerade in Tirol agieren viele Unternehmen in einem KMU-Umfeld, oft mit weniger als 20 Mitarbeitenden. Für sie ist die Wahl von IT-Dienstleistern oder Cloud-Anbietern keine rein technische, sondern vor allem eine strategische Entscheidung. Und hier zeigt sich ein entscheidender Vorteil regionaler Anbieter: Nähe. Wenn es in einem Projekt zu Problemen kommt – was in IT-Projekten durchaus vorkommt – ist es ein enormer Unterschied, ob ich in einen Chat mit einem anonymen Supportteam irgendwo in Deutschland oder Übersee verwiesen werde, oder ob ich innerhalb kurzer Zeit nach Innsbruck fahren kann, um das Problem direkt zu besprechen.
Diese Nähe ist kein Selbstzweck. Sie schafft Vertrauen, verkürzt Eskalationswege und erhöht die Qualität der Zusammenarbeit. Dennoch leben wir in einem internationalen Markt. Viele Unternehmen – gerade im Export – orientieren sich verständlicherweise an globalen Standards. Was wir aber erreichen wollen, ist ein Umdenken im Entscheidungsprozess: Nicht zuerst die Hyperscaler aufzusuchen, weil sie die lauteste Stimme im Raum sind, sondern sich zunächst über den eigenen Bedarf klar zu werden. Was ist mein konkreter Use Case? Welches Geschäftsmodell will ich verfolgen? Welche Anforderungen habe ich an Datenverarbeitung, Verfügbarkeit und Sicherheit?
Erst danach sollte die Wahl des passenden Partners erfolgen – und dabei lohnt sich ein Blick in die eigene Region. Viele wissen gar nicht, dass es direkt vor der Haustür Unternehmen gibt, die leistungsfähige Cloud-Services, KI-Lösungen oder datengetriebene Anwendungen anbieten. Diese Sichtbarkeit herzustellen, ist eine unserer zentralen Aufgaben – sowohl im Cluster IT als auch im datahub.tirol. Denn erfolgreiche digitale Zusammenarbeit beginnt fast immer mit Vertrauen. Und das entsteht am schnellsten dort, wo man die Menschen kennt, mit denen man zusammenarbeitet.
Wie kann Tirol als – international gesehen – kleiner Wirtschaftsraum in der digitalen Transformation mithalten?
Franz Unterluggauer: Die zentrale Stärke Tirols liegt nicht nur in der Technologiekompetenz einzelner Unternehmen oder Institutionen, sondern im Netzwerkgedanken selbst – also in der Fähigkeit, vorhandenes Wissen zu bündeln, überregional zu vernetzen und daraus handfeste Projekte zu entwickeln. Cluster IT und die Standortagentur Tirol setzen genau dort an, indem sie gemeinsam mit Partnern aus Vorarlberg, Salzburg, Südtirol und darüber hinaus tragfähige Strukturen aufbauen. Projekte wie der Digital Innovation Hub Westösterreich (DIH West) zeigen, dass eine enge Kooperation zwischen Hochschulen, Innovationsagenturen und Unternehmen über Ländergrenzen hinweg möglich ist – und notwendig, um die kritische Masse zu erreichen, die es für nachhaltige digitale Lösungen braucht.
Zudem geht es darum, gezielt Sichtbarkeit zu schaffen. Viele technische Lösungen entstehen in der Region – etwa im Bereich Open Source, Cloud Native oder KI – werden aber kaum kommuniziert. Best-Practice-Beispiele wie das Bestellsystem des Gastro-Großhändlers Eurogast zeigen, wie durchdachte Digitalisierung konkret aussehen kann: Eine KI verarbeitet gesprochene Bestellungen rund um die Uhr, erstellt automatisch Vorschläge und vereinfacht Prozesse, die früher an Öffnungszeiten gebunden waren. Solche Lösungen haben echten Mehrwert – für Anwender, aber auch für andere Unternehmen, die sich inspirieren lassen könnten, wenn sie davon wüssten.
Ein weiterer Hebel liegt im bewussten Aufbau europäischer Alternativen. Ziel ist nicht, Hyperscaler schlechtzureden, sondern das Bewusstsein zu schärfen: Welche Alternativen existieren? Wo kann man Infrastruktur, Speicher oder Services lokal einkaufen – bei Unternehmen, die erreichbar sind, im Bedarfsfall ansprechbar und Teil desselben Wirtschaftsraums? Die Studie zur digitalen Souveränität hat hier den Anstoß gegeben, systematisch aufzuzeigen, wo regionale Angebote existieren – von Rechenzentren bis hin zu spezialisierten Software- und KI-Dienstleistern.
In der Kommunikation wünscht man sich oft mehr Selbstbewusstsein. Während in anderen Ländern bereits unfertige Konzepte lautstark als Innovation gefeiert werden, herrscht in Tirol eine gewisse Zurückhaltung. Es geht nicht darum, halbfertige Ideen als fertige Lösungen zu verkaufen, sondern darum, Qualität auch sichtbar zu machen. Viele Projekte verschwinden nach erfolgreicher Umsetzung in der Schublade – dabei wären sie wertvolle Referenzen. Genau hier setzt der Cluster an: Indem technologische Qualität öffentlich gemacht, wirtschaftlicher Nutzen klar berechnet und Erfolgsgeschichten geteilt werden.
Und letztlich ist es auch eine Standortfrage. Tirol hat hochqualifizierte Fachkräfte, starke Bildungsinstitutionen und funktionierende Netzwerke. Es fehlt nicht an Kompetenz – sondern oft am Kapital und an der kritischen Masse. Deshalb ist die überregionale Zusammenarbeit so essentiell. Ob mit Wien, Oberösterreich, München oder Brüssel: Entscheidend ist, dass man sich in größere Konsortien einbringt, Fördermittel gezielt einsetzt und das Knowhow aus der Region auf europäischer Ebene sichtbar macht. Denn nur dann wird aus technischer Exzellenz auch wirtschaftlicher Erfolg.
Warum reichen reine ROI-Berechnungen bei der digitalen Transformation oft nicht aus – und welche Rolle spielen wertebasierte Geschäftsmodelle in der Datenökonomie?
Fritz Fahringer: Natürlich ist der Return on Investment ein wichtiges Argument, vor allem wenn es um die Entscheidungsfindung auf Managementebene geht. Wenn klar ist, dass ein Projekt wirtschaftlich etwas bringt, ist die Zustimmung oft schnell da. Aber rein über den ROI lässt sich die digitale Transformation nicht immer gewinnen – dafür sind die Herausforderungen und die Wirkmechanismen digitaler Geschäftsmodelle zu vielschichtig.
Deshalb setzen wir im datahub.tirol bewusst auf einen wertebasierten Zugang. Dabei geht es nicht nur um die klassischen drei Dimensionen – sozial, ökologisch, ökonomisch –, sondern auch um Aspekte wie ethische Nachhaltigkeit in der Datenökonomie. Wir beobachten zunehmend, dass digitale Geschäftsmodelle zwar am Anfang sehr nutzerfreundlich und günstig erscheinen, sich aber mit der Zeit stark verändern – und zwar zum Nachteil der Anwender. Anfangs scheint alles attraktiv, später folgt die schrittweise Monetarisierung auf Kosten der Nutzerbindung.
Auch bei SaaS-Lösungen sind Preissteigerungen über die Jahre hinweg die Regel – ohne dass Alternativen leicht zugänglich wären. All das führt dazu, dass Unternehmen in eine langfristige Abhängigkeit geraten, die ihnen oft erst zu spät bewusst wird.
Wirklich zukunftsfähig sind daher Geschäftsmodelle, die nicht nur auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, sondern auf langfristige Vertrauensbildung und Anschlussfähigkeit. Die entscheidende Frage lautet: Will ich mein Geschäftsmodell so aufbauen, dass ich mich als zentraler Knotenpunkt in einem offenen, partnerschaftlich organisierten Netzwerk positioniere – oder schotte ich mich ab und versuche, durch Datenmonopole Marktmacht aufzubauen?
Unsere Überzeugung ist: Wer auf Offenheit und Kooperation setzt, wird künftig erfolgreicher sein. Denn in einer vernetzten Datenökonomie zählt nicht nur, wie viele Daten man besitzt, sondern wie anschlussfähig man ist – technologisch, organisatorisch und kulturell. Und genau da wollen wir als datahub. tirol Impulse setzen: weg vom reinen Tool-Denken, hin zu verlässlichen, transparenten und partnerschaftlich gestalteten digitalen Ökosystemen.
Wie stark fließt das Thema Ethik inzwischen bei der Auswahl digitaler Partner ein?
Fritz Fahringer: In der Studie haben wir die Entscheidungskriterien nicht explizit abgefragt, aber die Relevanz bestimmter Aspekte lässt sich aus den Rückmeldungen deutlich erkennen – insbesondere im Umgang mit personenbezogenen Daten. Viele Unternehmen nähern sich dem Thema über die Datenschutzgrundverordnung, also über eine stark regulierte Perspektive. Aber gerade im Kontext von künstlicher Intelligenz und datengetriebenen Geschäftsmodellen wird zunehmend auch die ethische Dimension mitgedacht.
Ein zentrales Beispiel ist der Umgang mit manipulativen Algorithmen. Bestimmte KI-gestützte Geschäftsmodelle sind heute bereits klar verboten – etwa Social Profiling zur Vorhersage möglicher Straftaten. Diese Formen algorithmischer Steuerung, wie sie auf großen Plattformen immer wieder zu beobachten sind, führen zu weitreichenden gesellschaftlichen Effekten.
Natürlich bleiben wirtschaftliche Überlegungen bei der Partnerwahl ein zentrales Kriterium – keine Frage. Aber gerade im Bereich der Datenökonomie rücken zusätzliche Faktoren in den Vordergrund: Transparenz, Fairness, Datenschutz, und die Frage, ob ein Partner nicht nur technisch, sondern auch wertebasiert vertrauenswürdig ist. Für uns im datahub.tirol ist das ein zentrales Thema. Denn wir sehen unsere Aufgabe nicht nur darin, Technologien zu vermitteln, sondern auch in der kritischen Reflexion darüber, wie diese Technologien genutzt werden – und welche Auswirkungen sie langfristig haben.
Es geht letztlich um die bewusste Entscheidung: Will ich ein Geschäftsmodell aufbauen, das auf Nutzervertrauen und gesellschaftlicher Verantwortung basiert – oder akzeptiere ich ein System, das auf maximale Aufmerksamkeit und Datenverwertung um jeden Preis setzt? Diese Fragen werden in Zukunft immer stärker Teil der strategischen Unternehmensentscheidung sein.
Wie unterstützt der datahub.tirol Unternehmen konkret bei der Auseinandersetzung mit ethischen Fragen in datenbasierten Geschäftsmodellen – und was hat es mit dem Konzept „Value-Based Engineering“ auf sich?
Fritz Fahringer: Ethische Fragen sind bei uns nicht nur ein Randthema, sondern integraler Bestandteil der Arbeit mit Unternehmen – gerade wenn es um datengetriebene Geschäftsmodelle geht. Ein zentrales Instrument dafür ist das Konzept des Value-Based Engineering, mit dem wir uns bereits seit vergangenem Jahr intensiv beschäftigen. In einem mehrtägigen, interdisziplinären Workshop haben wir mit Vertreterinnen und Vertretern aus verschiedenen Branchen acht zentrale Werte identifiziert, die für vertrauenswürdige digitale Lösungen essentiell sind – darunter Klarheit, Vertrauen, Souveränität und Sicherheit.
Daraus ist ein strukturierter Ansatz entstanden, mit dem wir Unternehmen helfen, ethische Aspekte von Anfang an in ihre Produktentwicklung zu integrieren – nicht erst im Nachhinein. Ziel ist es, bereits in der Konzeptionsphase eines digitalen Produkts oder Services zu klären: Wen betrifft diese Lösung? Welche Stakeholder sind involviert? Welche Werte könnten durch bestimmte Funktionen verletzt oder gestärkt werden? Diese Reflexion findet sowohl auf der Ebene der Geschäftsmodelle als auch bei technischen Umsetzungen statt.
Parallel dazu bieten wir Basis-Seminare und Schulungen an, die verpflichtend für Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Programme sind. Diese umfassen Themen wie Datenökonomie, künstliche Intelligenz, rechtliche Rahmenbedingungen (inkl. AI Act und Data Act) und ethische Aspekte von KI. Dabei zeigt sich regelmäßig: Spätestens beim Modul KI und Ethik entstehen intensive Diskussionen und ein neues Bewusstsein. Gerade Startups profitieren hier besonders, weil sie ihre Geschäftsmodelle oft noch flexibel gestalten können – und frühzeitig lernen, wie wichtig es ist, nicht nur auf technische Machbarkeit, sondern auch auf gesellschaftliche Wirkung zu achten.
Mit diesem Ansatz sind wir europaweit Vorreiter: Als erster regionaler Data Space, der ethische Fragen methodisch in die Innovationspraxis integriert. Unser Ziel ist es, nicht nur technische Exzellenz zu fördern, sondern auch Verantwortung in der digitalen Transformation aktiv mitzugestalten – praxisnah, werteorientiert und zukunftsfähig.
Wie ausgeprägt ist das Bewusstsein für ethische Fragestellungen unter den Mitgliedern des Cluster IT – und welche Rolle spielen sie bei der Entwicklung neuer datengetriebener Lösungen?
Franz Unterluggauer: Unter den Mitgliedern des Cluster IT ist das Bewusstsein für ethische Aspekte in der digitalen Transformation deutlich vorhanden – und zwar gerade deshalb, weil es sich bei diesen Unternehmen um die technologischen Vorreiter Tirols handelt. Der Cluster umfasst derzeit über 100 Mitglieder und bildet damit nur rund fünf Prozent der aktiv gemeldeten Tiroler IT-Unternehmen ab, wobei diese Unternehmen zu den Innovationsführern und Leitbetrieben der Region zählen. Es sind die Betriebe, die neue digitale Dienstleistungen und Produkte nicht nur entwickeln, sondern auch in der Praxis erproben und frühzeitig Verantwortung für deren Auswirkungen übernehmen.
Auch das Thema digitale Ethik spielt hier eine zunehmend wichtige Rolle. Die Bereitschaft, sich mit wertebasierten Fragestellungen auseinanderzusetzen, ist gerade bei diesen First Movern höher als im breiten Markt. Sie verstehen, dass technologische Exzellenz allein nicht genügt, sondern nur in Verbindung mit Vertrauen, Souveränität und einem reflektierten Umgang mit Daten langfristig erfolgreich sein kann.
Was diese Vorreiter auszeichnet, ist ihre Offenheit für Kooperation und ihre Multiplikatorwirkung: Was hier ausprobiert und umgesetzt wird, strahlt auf die gesamte Region aus. Tirol ist in dieser Hinsicht ein überschaubarer Markt, in dem sich Erfolgsgeschichten schnell herumsprechen – und damit den Boden für eine breitere ethische Sensibilisierung bereiten. So entsteht nicht nur technologische, sondern auch kulturelle Infrastruktur für eine verantwortungsvolle digitale Zukunft.
Welche konkreten Projekte stehen in den kommenden zwölf Monaten an – und worauf liegt dabei der strategische Fokus?
Fritz Fahringer: In den nächsten zwölf Monaten liegt unser Hauptaugenmerk darauf, die Datenökonomie in Tirol weiter zu festigen und strategisch auszubauen. Als Erstanlaufstelle im Land für dieses Thema sind wir einerseits regional stark verankert, denken aber ganz bewusst grenzüberschreitend.
Ein zentrales Projekt ist der Aufbau und die Skalierung der Data Academy. Damit verfolgen wir das Ziel, möglichst viele unserer aktuellen und künftigen Partner durch eine strukturierte Basisausbildung zu führen. Diese umfasst grundlegendes Wissen zur Datenökonomie, rechtliche und ethische Aspekte sowie erste technische Grundlagen. Auf dieser Basis sollen Unternehmen befähigt werden, datenbasierte Entscheidungen fundierter zu treffen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Academy soll aber nicht bei der Basisschulung stehen bleiben, sondern weiterführende Module anbieten – etwa zu Datenstrategie, KI-Nutzung oder technischen Implementierungen.
Parallel dazu sind wir intensiv mit dem Ausbau unseres Partner- und Mitgliedernetzwerks beschäftigt. Denn die Erfahrung zeigt: Häufig gibt es entweder Unternehmen, die über ein spannendes Geschäftsmodell verfügen, aber nicht wissen, woher sie die passenden Daten bekommen – oder umgekehrt Organisationen, die über wertvolle Daten verfügen, aber keine konkrete Vorstellung davon haben, wie sie daraus wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nutzen generieren können. Genau hier setzen wir an und bringen diese beiden Pole systematisch zusammen. Dabei arbeiten wir eng mit Cluster IT, anderen Branchennetzwerken und Plattformen wie Startup.Tirol zusammen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die strategische Kommunikation unserer Arbeit. Die kürzlich fertiggestellte Studie zur digitalen Souveränität ist dabei ein wichtiges Werkzeug: Sie liefert nicht nur datenbasierte Erkenntnisse, sondern unterstreicht auch, dass wir mit unserer Ausrichtung auf dem richtigen Weg sind. Sie hilft uns dabei, gegenüber Stakeholdern, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern deutlich zu machen, warum Datenökonomie mehr ist als nur IT – nämlich ein zukunftsweisendes Prinzip für Wertschöpfung, Innovation und Unabhängigkeit in einer zunehmend vernetzten Welt.
Franz Unterluggauer: Ein wesentlicher Schritt in den kommenden Monaten ist ein umfassendes Screening: Welche Infrastrukturen, Softwarelösungen und Kompetenzen sind bereits im Land oder im erweiterten Wirtschaftsraum vorhanden? Wer betreibt Rechenzentren? Wer kann sich vorstellen, aktiv an einem integrierten Angebot aus Infrastruktur, Software, Dienstleistungen und Support mitzuarbeiten? Ziel ist es, den gesamten Lebenszyklus digitaler Services abdecken zu können – von der physischen Infrastruktur bis hin zur Nutzerbetreuung.
Darauf aufbauend beginnt die eigentliche Netzwerkarbeit. Es geht darum, gezielt Partnerschaften zu moderieren und die richtigen Akteure zusammenzubringen. Neben der Wirtschaft spielen hier auch Universitäten und Fachhochschulen eine zentrale Rolle – sowohl als Quelle wissenschaftlicher Expertise als auch als langfristiger Talentpool. Die Herausforderung besteht darin, Nischen zu identifizieren, in denen regionale Anbieter konkurrenzfähige Services entwickeln können. Nur in solchen Feldern lassen sich nachhaltige Strukturen aufbauen, die unabhängig von internationalen Plattformen funktionieren.
Flankierend dazu bleibt die kontinuierliche Sensibilisierung ein zentrales Element. Digitale Souveränität und datenbasierte Geschäftsmodelle müssen als strategisches Thema im Alltag der Unternehmen verankert werden. Das geschieht nicht über punktuelle Impulse, sondern über langfristige Kommunikationsarbeit – etwa durch visuelle Darstellungen, die Abhängigkeiten und Handlungsspielräume konkret und verständlich machen. Das Ziel ist, ein Umdenken anzustoßen: Weg von der reinen Technologiefrage, hin zu einem strategischen Bewusstsein für Datenhoheit, Partnerschaftsmodelle und die eigenen Gestaltungsoptionen in der digitalen Wertschöpfung. Souverän ist, wer die Wahl hat!

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