Die Digitalisierung verändert nicht nur Prozesse, sondern ganze Geschäftsmodelle. KI wird zum festen Bestandteil unseres Arbeitsalltags – aber nur, wenn wir lernen, sie sinnvoll zu steuern. Warum Metakognition zur Schlüsselkompetenz wird, welche Führungsqualitäten es künftig braucht und was Österreichs Unternehmen jetzt tun müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren, erklärt Vesna Glatz, Country Lead Austria von ServiceNow. ITWelt.at hat mit ihr nach der ServiceNow Knowledge gesprochen, die im Mai in Las Vegas über die Bühne gegangen ist. [...]
Was hat Sie bei dem Event am meisten beeindruckt?
Allein die schiere Größe der Veranstaltung – es war die bislang größte Knowledge mit über 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Diese Zahl zeigt, wie sehr das Event gewachsen ist. Während die Konferenz in der Vergangenheit stark technisch geprägt war, ist inzwischen eine deutliche Verschiebung zu beobachten: Das speziell auf Führungskräfte ausgerichtete Programm hat enorm an Bedeutung gewonnen. ServiceNow wird zunehmend als Treiber für Business Transformation wahrgenommen. Gleichzeitig haben die technischen Informationen nicht abgenommen.
Können Sie die Transformation anhand von Beispiele illustrieren?
Ein interessanter Aspekt der Transformation ist, dass sie sich im Grunde auf eine Vision zurückführen lässt, die bereits 2004 von unserem Gründer Frederic Luddy formuliert wurde. Seine Idee war es von Anfang an, Arbeit für Menschen einfacher zu machen – durch Automatisierung aller wiederholbaren und administrativen Tätigkeiten.
Da ServiceNow auf einem einheitlichen Datenmodell aufbaut, ist es uns möglich, über die IT hinauszugehen und auch horizontale Prozesse zu digitalisieren – ob im Bereich Risk & Compliance, im HR oder im Kundenservice. Jüngstes Beispiel dafür ist unser Einstieg in den CRM-Bereich, wo wir ganz gezielt auch Kernprozesse der Unternehmen adressieren.
Damit wird ServiceNow nicht mehr nur für unterstützende Abläufe relevant, sondern zunehmend auch für zentrale Geschäftsprozesse. Diese Entwicklung wird zusätzlich durch unsere Fortschritte im Bereich Agentic AI beschleunigt.
ServiceNow hat seine Wurzeln im IT-Service-Management und überträgt diesen Ansatz nun auch auf andere Bereiche im Unternehmen. Die Idee ist, die Transparenz und Steuerbarkeit, die in der IT bereits erreicht wurde, auf das gesamte Unternehmen auszudehnen – und das gelingt nur auf Basis eines durchgängigen Datenmodells.
Viele Hersteller integrieren KI zunehmend in ihre Produkte. Besteht da nicht die Gefahr, dass die Transparenz darunter leidet?
Eines ist klar: Künstliche Intelligenz ist gekommen, um zu bleiben. Ich sehe darin weniger eine Gefahr als vielmehr eine große Chance, insbesondere für Länder wie Österreich, die technologisch vorne mitspielen wollen. Eine schnelle und strukturierte Einführung von KI kann entscheidend dazu beitragen, unseren wirtschaftlichen Wohlstand langfristig zu sichern.
Was den möglichen Kontrollverlust durch eine Vielzahl von KI-Systemen betrifft, hat ServiceNow auf der Knowledge ein klares Signal gesetzt. Wir haben die Einführung eines sogenannten AI Control Tower angekündigt. Dieser soll dazu dienen, sämtliche Agenten – also KI-basierte Funktionen – zu registrieren, zu überwachen und zentral steuerbar zu machen. Damit adressieren wir gezielt die Herausforderung, dass in Unternehmen viele KI-Komponenten parallel und oft isoliert voneinander arbeiten.
Unsere Plattform agiert seit jeher als Integrationsschicht – also als verbindender Layer zwischen verschiedenen Systemen. Diese Fähigkeit, Workflows über Systemgrenzen hinweg zu orchestrieren, gehört zu unserem Kernverständnis. Das prädestiniert uns aus meiner Sicht auch für die Kontrollfunktion im KI-Kontext.
Das Bild vom Control Tower veranschaulicht, wie wir die Rolle von ServiceNow in einer zunehmend agentengesteuerten Systemlandschaft sehen. Bereits heute verfügen wir über rund 1.000 eigene Agenten, die in unseren Systemen zum Einsatz kommen – also KI-Funktionen, die konkrete Aufgaben übernehmen und dabei auf unsere Daten- und Prozesslogik zugreifen.
Wir verstehen uns jedoch nicht als Ersatz für Agenten, die tief in spezialisierten Applikationen verankert sind – etwa dort, wo spezielles Domain-Knowhow gefordert ist. Diese agentenbasierten Funktionen bleiben auch künftig bei den jeweiligen Fachsystemen. Unser Ansatz ist vielmehr, genau wie bei klassischen Workflows, die Koordination über Systemgrenzen hinweg zu übernehmen.
Wie würden Sie Human Centered Technology definieren – gerade im Kontext von künstlicher Intelligenz?
Ich glaube, dass sich der Begriff gerade in Zeiten von KI weiterentwickelt. Für mich bedeutet Human Centered vor allem, dass Technologie grundsätzlich dem Menschen dienen und seine Arbeit erleichtern soll.
Was sich jetzt verändert, ist die Perspektive: Früher ging es vor allem darum, wie man Technologien gestaltet, damit sie für den Menschen einfacher und intuitiver nutzbar sind – also klassische Benutzerzentrierung. Mit dem zunehmenden Einsatz von KI verändert sich dieses Verhältnis grundlegend. Wir bewegen uns auf eine Arbeitswelt zu, in der Menschen nicht mehr nur Tools nutzen, sondern aktiv mit einer digitalen Workforce zusammenarbeiten – also mit Agenten, die Aufgaben eigenständig übernehmen und Entscheidungen vorbereiten.
Human Centered Knowhow bedeutet in diesem neuen Kontext, dass Menschen lernen müssen, diese digitalen Kolleginnen und Kollegen zu verstehen, zu führen und in ihre täglichen Abläufe zu integrieren. Es geht nicht mehr nur um Nutzerfreundlichkeit, sondern um die Fähigkeit, ein hybrides Team aus menschlichen und künstlich intelligenten Akteuren zu steuern.
Die rasante KI-Entwicklung trifft in Österreich auf eine demografische Realität: Die Babyboomer gehen bald in Pension, insbesondere im öffentlichen Sektor. Gleichzeitig steigen die Erwartungen an Servicequalität – sei es von Bürgerinnen und Bürgern oder von Kundinnen und Kunden. Menschen erwarten heute ein digitales Erlebnis auf dem Niveau moderner Apps: transparente Informationen, schnelle Reaktionen und ein nahtloser Service.
In dieser Kombination aus steigendem Bedarf, wachsender Komplexität und schrumpfender Personaldecke wird die Fähigkeit, mit digitalen Agenten produktiv zusammenzuarbeiten, zur Schlüsselkompetenz. Genau darin liegt für mich der Kern von des Human Centered-Ansatzes: Technologie so zu gestalten und zu nutzen, dass sie den Menschen befähigt, unter veränderten Rahmenbedingungen souverän zu agieren.
Die Dynamik, die ich in den letzten Tagen in den USA erlebt habe, lässt erahnen, wie tiefgreifend dieser Wandel tatsächlich ist.
Welche Fähigkeiten werden aus Ihrer Sicht künftig dominieren, um mit einer Digital Workforce erfolgreich umgehen zu können? Braucht es dafür nicht auch eine neue Art von Führung?
Definitiv – die Rolle von Führung verändert sich grundlegend. Natürlich wird Empathie weiterhin wichtig sein, vielleicht sogar noch wichtiger als bisher. Aber es kommt eine weitere Dimension hinzu: Führungskräfte müssen in Zukunft viel stärker Orientierung im Umgang mit Technologie geben. Es reicht nicht mehr, strategische Entscheidungen zu treffen und dann den technologischen Wandel den Fachabteilungen zu überlassen.
In der Vergangenheit lag der technische Sachverstand häufig tiefer in der Organisation, während Führung vor allem den Rahmen vorgab. Heute müssen Führungspersönlichkeiten selbst ein fundiertes Verständnis entwickeln, wie technologische Werkzeuge – insbesondere KI und digitale Agenten – sinnvoll eingesetzt werden können. Das bedeutet nicht, dass sie Expertinnen oder Experten auf jedem Detailgebiet sein müssen, aber sie benötigen die Fähigkeit zur qualifizierten Beurteilung: Welche Technologien passen zur Organisation, wie verändern sie Prozesse, wo liegen Chancen und Risiken?
Daraus ergibt sich eine neue Form der Vorbildfunktion. Wer die digitale Transformation glaubwürdig treiben will, muss sie selbst leben: Technologien ausprobieren, sie in den eigenen Alltag integrieren und aufzeigen, wie sie Mehrwert schaffen.
Zugleich sehe ich in vielen Gesprächen mit Führungskräften auch Verunsicherung. Die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung stellt viele vor große Fragen: Wird meine Rolle noch gebraucht? Wie stark greift KI in die Entscheidungsprozesse ein? Solche Ängste sind verständlich, aber sie dürfen nicht lähmen. Stattdessen geht es darum, digitale Agenten nicht als Bedrohung, sondern als Erweiterung der eigenen Fähigkeiten zu sehen – als dritte, vierte oder fünfte Hand, die uns Aufgaben abnimmt und neue Möglichkeiten eröffnet.
Braucht es nicht auch auf den unteren Ebenen eine Art von Führungsqualität, um die digitalen Workforces zu koordinieren?
Absolut – und genau darin liegt eine der größten Veränderungen, die wir gerade erleben. Es ist nicht mehr nur das klassische Management, das Führungsqualitäten benötigt. Auch auf operativer Ebene, dort wo Menschen im Alltag mit mehreren KI-Agenten zusammenarbeiten, entstehen Anforderungen an persönliche Steuerungs- und Entscheidungskompetenz. Eine zentrale Fähigkeit in diesem Zusammenhang ist Metakognition.
Der Begriff ist nicht neu – er stammt aus den 1970er-Jahren und beschreibt die Fähigkeit zur Selbstreflexion, also das Nachdenken über das eigene Denken. Früher war das vor allem im Bildungsbereich relevant. Heute gewinnt es eine völlig neue Bedeutung, weil auch KI-Systeme beginnen, metakognitive Strukturen zu nutzen – etwa im Bereich Reasoning, also beim Ableiten von Schlüssen oder Entscheidungen. Aber gerade deshalb müssen Menschen diese Fähigkeit aktiv trainieren, um mit den technologischen Entwicklungen Schritt zu halten.
Konkret bedeutet das: Mitarbeitende müssen lernen, ihre eigenen Denkmuster zu hinterfragen, Informationen kritisch zu bewerten und sich bewusst zu fragen, welche Rolle sie im Zusammenspiel mit Agenten einnehmen. Es geht nicht mehr primär darum, die richtige Antwort zu kennen – die wird in vielen Fällen ohnehin von der KI geliefert. Entscheidend ist vielmehr, die richtige Frage zu stellen, den Kontext zu verstehen und zu beurteilen, ob ein Ergebnis sinnvoll ist.
In diesem Sinne wird Selbstführung zur zentralen Kompetenz – nicht nur bei Führungskräften, sondern bei allen, die mit digitalen Agenten arbeiten. Die Fähigkeit, Entscheidungen einzuordnen, zu kontrollieren und kontinuierlich zu reflektieren, wird darüber entscheiden, ob Technologie ein echter Produktivitätsgewinn ist oder zur Black Box wird. Und genau deshalb müssen wir Metakognition, kritisches Denken und Fragestellungskompetenz künftig viel stärker fördern – als Teil der beruflichen Qualifikation und der digitalen Mündigkeit.
Wie können wir das Blackbox-Problem auf Unternehmensebene am besten lösen?
KI funktioniert besonders gut dort, wo strukturierte Daten und strukturierte Kommunikation vorhanden sind. Ein entscheidender Schritt besteht deshalb darin, sich von unstrukturierten Kanälen wie E-Mail zu lösen und Interaktionen systematisch zu erfassen – ohne dass der Nutzer das Gefühl hat, ein Formular auszufüllen. Je strukturierter die Kommunikation, desto präziser kann KI arbeiten. Und je besser Daten strukturiert sind, desto besser wird Wissen nutzbar gemacht.
Ein gutes Beispiel ist die automatisierte Wissensgenerierung: Früher blieb wertvolles Wissen oft in einzelnen Köpfen oder Ticketsystemen stecken, weil niemand die Zeit fand, es sauber zu dokumentieren. Heute können Agenten nach der Lösung eines Falls vorschlagen, automatisch einen Wissenseintrag zu erstellen. Dadurch wird Wissen nicht nur erhalten, sondern sofort verfügbar gemacht – für alle.
Auf dieser Basis entfaltet sich das eigentliche Potenzial: mehrere spezialisierte Agenten übernehmen Teilaufgaben – einer priorisiert Anfragen, ein anderer schlägt Formulierungen für die Kundenkommunikation vor, ein dritter erkennt Zusammenhänge mit früheren Fällen. Alles in Echtzeit. Der Mensch übernimmt die Supervision und behält die Kontrolle.
Was nach Magie aussieht, basiert in Wahrheit auf klar definierten Regeln und Datenmodellen. KI wird so nicht zur Blackbox, sondern zu einem verlässlichen Werkzeug, das sich erklären, kontrollieren und gezielt einsetzen lässt. Damit das funktioniert, müssen wir aber auch unsere Kommunikation und Arbeitsweise neu denken – weg von unstrukturierten Abläufen hin zu nachvollziehbaren, datenbasierten Prozessen. Nur so entsteht ein neues Maß an Vertrauenswürdigkeit – eines, das Mensch und Maschine gleichermaßen umfasst.
Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Hindernisse für den Einsatz von KI in Unternehmen?
Ich würde weniger von Hindernissen sprechen, sondern eher von einem Übergangszustand. Gerade in Österreich nehme ich wahr, dass sich momentan ein neues Bewusstsein entwickelt – und zwar nicht für reaktives Handeln, sondern für aktives Gestalten. Die Dringlichkeit ist angekommen. Gleichzeitig sind wir aber auch noch stark von bestehenden Strukturen geprägt. Und genau hier liegt der Kern: Der Einsatz von KI ist keine reine Tool-Einführung, sondern ein tiefgreifender kultureller Wandel.
Veränderung bedeutet auch immer Loslassen – von bisherigen Arbeitsweisen, von etablierten Denkmustern, vielleicht auch von Hierarchien. Früher galt: Wissen ist Macht. Heute steht Wissen vielen zur Verfügung, und die Fähigkeit, damit produktiv umzugehen, rückt in den Vordergrund. Das ist eine Herausforderung – vor allem in einer Zeit, in der viele erfahrene Fachkräfte in Pension gehen. Es wäre fatal, wenn das jahrzehntelang aufgebaute Wissen verloren ginge. KI kann helfen, dieses Wissen zu sichern und für kommende Generationen verfügbar zu machen. Aber das setzt voraus, dass man sich bewusst dafür entscheidet, diesen Weg zu gehen.
Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen, insbesondere in der Industrie, ist derzeit angespannt – das ist kein Geheimnis. In solchen Phasen neigt man verständlicherweise dazu, an Bewährtem festzuhalten. Aber genau das ist der Kipppunkt: Das, was uns bis hierher gebracht hat, wird uns nicht automatisch in die Zukunft tragen. Der technologische Wandel ist unausweichlich, und wer nicht rechtzeitig mitgeht, riskiert, den Anschluss zu verlieren.
Ich beobachte jedoch auch positive Entwicklungen: Auf Vorstandsebene entsteht zunehmend Verständnis für die strategische Bedeutung digitaler Kompetenz. Führungskräfte bauen gezielt Wissen auf, holen sich Expertise ins Unternehmen, und das Thema KI ist dort längst nicht mehr nur ein „Innovationsthema“, sondern Teil der Zukunftsstrategie.
Was fehlt, ist oft nicht Einsicht, sondern das Bewusstsein für den Zeitdruck. Mein Appell wäre daher: Wir dürfen uns nicht zu viel Zeit lassen. Jede Transformation braucht Mut, und absolute Sicherheit wird es nie geben. Aber wer wartet, bis alle Fragen beantwortet sind, hat oft schon verloren.
Und welche Rolle kann KI selbst im Change Management spielen?
KI ist nicht nur ein technisches Werkzeug, sondern auch zunehmend ein aktiver Begleiter im Wandel. Heute sehen wir erste Ansätze, etwa in Form von KI-gestützten Assistenten, die Nutzerinnen und Nutzer bei der Umstellung auf neue Systeme begleiten, personalisierte Hilfestellungen geben oder den Fortschritt bei der Adaption messen.
Was in Zukunft kommen wird – und das zeichnet sich bereits ab – sind agentenbasierte Lern- und Trainingsformate, die sich an individuelle Bedürfnisse anpassen und Menschen durch Veränderungen führen. Die Grenze zwischen Support, Coaching und Training wird zunehmend fließend. Es gibt sogar erste Anwendungen, in denen KI als Gesprächspartner zur Reflexion dient.
Das mag auf den ersten Blick ungewöhnlich klingen, zeigt aber, welches Potenzial hier liegt: Veränderung beginnt beim Individuum. Und wenn KI dazu beitragen kann, Unsicherheit abzubauen, Orientierung zu geben oder ganz pragmatisch durch neue Prozesse zu führen, dann wird sie ein unverzichtbarer Teil jeder Transformationsstrategie sein.
Sie kommen ursprünglich nicht aus der IT, sondern haben sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt und sind dann als Quereinsteigerin in die Technologiebranche gewechselt. Was bedeutet es aus Ihrer Sicht, Quereinsteigerin im IT-Bereich zu sein? Ist das eher ein Vorteil oder eine Herausforderung?
Ich habe meine Karriere zehn Jahre lang in der Industrie bei Siemens begonnen und bin danach als Quereinsteigerin in die IT gewechselt – damals zu Microsoft, wo ich sieben Jahre tätig war. Seit vier Jahren bin ich nun bei ServiceNow. Anfangs war ich definitiv Quereinsteigerin. Heute würde ich das so nicht mehr sagen – aber der Perspektivwechsel bleibt natürlich Teil meiner Identität.
Wenn ich mir die heutige Entwicklung in der IT anschaue, würde ich sagen: Entweder wird IT zu Business oder Business bekommt IT-Kompetenz. Die klassische Trennung, wie man sie früher kannte – hier IT, dort Fachbereich – löst sich zunehmend auf. Die Anforderungen, vor denen Unternehmen heute stehen, machen eine solche Trennung schlicht unzeitgemäß. Es wird keinen Bereich mehr geben, der ohne digitale Kompetenz auskommt – und umgekehrt braucht Technologie ein tiefes Verständnis für den geschäftlichen Kontext, um Wirkung zu entfalten.
Für mich war der Wechsel daher nicht nur logisch, sondern auch konsequent. Ich bin technologieaffin, aber ich habe stets die Business-Perspektive beibehalten. Technologie um der Technologie willen ist für mich nie ein Ziel gewesen. Es muss immer eine nachvollziehbare Funktion, ein konkreter Nutzen dahinterstehen.
Gerade in der Vergangenheit wurde IT oft als reiner Systemlieferant verstanden. Heute geht es um viel mehr: IT ist in vielen Fällen die Basis für strategische Weiterentwicklung. Diese Brückenrolle zwischen Technologie und Geschäft ist entscheidend. Und genau darin liegt für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger eine große Chance – insbesondere dann, wenn sie mit einem klaren Verständnis für Geschäftsprozesse, Kundenbedürfnisse und unternehmerische Ziele kommen.
Ich sehe bei vielen unserer Kunden, wie sich Organisationen weiterentwickeln, die ServiceNow nicht nur als IT-Lösung, sondern als Business-Plattform nutzen. Dabei entstehen neue Schnittstellenfunktionen, in denen die Grenzen zwischen IT und Business zunehmend verschwimmen. Das eröffnet enorme Potenziale – auch und gerade für Menschen mit einem nicht-technischen Hintergrund, die bereit sind, sich auf diese neue Welt einzulassen.
Was waren die wichtigsten Punkte, sich für ServiceNow zu entscheiden?
Für mich war der Schritt zu ServiceNow in mehrfacher Hinsicht absolut folgerichtig. Was mich sofort angesprochen hat, war der Cloud-native Ansatz – „Born in the Cloud“. Das ist nicht nur ein technisches Detail, sondern ein grundlegendes Architekturprinzip. Diese Klarheit in der technologischen Ausrichtung war für mich ein starkes Argument.
Ich habe mich sehr bewusst mit dem Fundament von ServiceNow beschäftigt – auch aus architektonischer Perspektive. Besonders beeindruckt hat mich dabei das konsistente Datenmodell, das im Zentrum der gesamten Plattform steht. Es ist nicht einfach eine Ansammlung einzelner Lösungen, sondern eine klar strukturierte, integrierte Plattform mit einer gemeinsamen Datenbasis. Die CMDB – also die Configuration Management Database – ist ein zentraler Bestandteil davon und ermöglicht die durchgängige Orchestrierung von Prozessen über verschiedenste Bereiche hinweg.
Was ich ebenfalls schätze, ist der strategische Ansatz bei Akquisitionen: Wenn ServiceNow ein Unternehmen übernimmt, wird es nicht einfach nur angebunden. Stattdessen werden die Technologien und Kompetenzen dieser Firmen als neue Capabilities direkt in die bestehende Plattformarchitektur integriert. Das schafft Konsistenz, vermeidet Brüche – und macht die Plattform aus Kundensicht deutlich stärker und nachhaltiger.
Diese Kombination aus technologischer Klarheit, strategischer Plattformdenke und echter Kundenzentrierung war für mich ausschlaggebend. ServiceNow ist für mich nicht nur ein Anbieter von Lösungen – es ist ein Unternehmen, das Plattform als Prinzip versteht und lebt. Und das hat mich überzeugt.
Sie sagen, Business und IT wachsen immer stärker zusammen. Welche konkreten Auswirkungen hat das auf die Organisation von Unternehmen?
Was wir aktuell beobachten, ist ein fundamentaler Wandel in der Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereichen. Früher war das Rollenbild klar verteilt: Das Business definierte Anforderungen, und die IT lieferte die technische Umsetzung. Diese klassische Aufgabenteilung wird heute zunehmend aufgelöst, weil sie den aktuellen Anforderungen an Geschwindigkeit, Agilität und Integration nicht mehr gerecht wird.
In der Praxis zeigt sich das etwa daran, dass sogenannte Projektteams nicht mehr nur temporäre Zusammenschlüsse für ein bestimmtes Vorhaben sind. Vielmehr entstehen feste, interdisziplinäre Core-Teams, die dauerhaft in Digitalisierungsprojekten mitarbeiten. Diese Teams setzen sich aus Fachexperten, IT-Spezialisten und häufig auch aus externen Partnern zusammen – sie arbeiten auf Augenhöhe, mit gemeinsamen Zielen und in einer geteilten Verantwortung für das Ergebnis.
Das führt zu völlig neuen organisatorischen Modellen: Hierarchien werden flacher, Zuständigkeiten flexibler, und die Innovationsfähigkeit steigt deutlich, weil Entscheidungen schneller getroffen und direkt im Team umgesetzt werden können.
Langfristig bedeutet das auch, dass sich klassische Organisationsgrenzen weiter auflösen werden. Die Zukunft liegt in agilen, vernetzten Strukturen, in denen digitale Kompetenz zur Grundvoraussetzung auf allen Ebenen wird – nicht nur in der IT. Welche Formen genau daraus entstehen, lässt sich heute nur bedingt vorhersagen. Aber dass sich etwas Grundlegendes verändert, ist schon jetzt klar spürbar.
Warum ist menschliche Zusammenarbeit in einer zunehmend automatisierten und KI-gestützten Arbeitswelt überhaupt noch wichtig? Könnte nicht künstliche Intelligenz langfristig auch kreative Prozesse übernehmen?
Ich bin überzeugt, dass menschliche Zusammenarbeit unverzichtbar bleibt – gerade wenn es um Kreativität, kritisches Denken und echte Innovation geht. KI kann heute vieles leisten: Sie analysiert Daten, schlägt Optionen vor, erkennt Muster, automatisiert Abläufe. Aber dort, wo es um das Erschaffen von Neuem geht, entstehen Ideen nicht im luftleeren Raum, sondern im Austausch zwischen Menschen. Kreativität lebt vom Perspektivwechsel, von Emotion, Kontextgefühl und Intuition – all das kann KI unterstützen, aber nicht ersetzen.
Ich glaube auch nicht, dass wir auf eine Arbeitswelt zusteuern, in der nur noch KI-Agenten kreativ tätig sind. Vielmehr wird es darauf ankommen, wie wir mit ihnen zusammenarbeiten – wie wir ihre Stärken gezielt nutzen, um unsere eigenen Fähigkeiten zu erweitern. KI kann Inspiration geben, Struktur schaffen oder den Raum für neue Gedanken öffnen. Aber die eigentliche Entscheidung, die Auswahl, die Priorisierung – das bleibt eine menschliche Leistung.
Was sich verändert, ist die Art der Zusammenarbeit. Wir werden mehr interdisziplinär, mehr vernetzt und in dynamischen Konstellationen arbeiten. KI wird Teil dieses Teams sein, als Werkzeug und Ideengeber. Aber die Verantwortung und die finale Gestaltung liegen bei uns.
Gerade deshalb wird menschliche Kollaboration nicht an Bedeutung verlieren, sondern noch wichtiger werden. Denn im Zusammenspiel entstehen nicht nur bessere Lösungen – es entsteht Kultur. Und dafür braucht es Austausch, Offenheit und gemeinsame Gestaltung.
Was denken Sie über den österreichischen Markt? Wird er oft als besonders schwierig wahrgenommen?
Es gibt keine „schwierigen“ Märkte, sondern nur gemeinsame Aufgaben. In diesem Fall ist die Aufgabe, den Wirtschaftsstandort Österreich auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu halten – technologisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten beachtliche technologische Kompetenz und Innovationskraft bewiesen. Viele Unternehmen hier – oft Hidden Champions – sind international führend, nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer hohen Spezialisierung und Qualitätsorientierung. Das ist ein enormes Potenzial, auf dem wir weiter aufbauen können.
Natürlich gibt es strukturelle und politische Rahmenbedingungen, die verbessert werden können – etwa beim Thema Digitalisierung oder Fachkräftesicherung. Aber das ist kein österreichisches Alleinstellungsmerkmal, sondern trifft viele Länder. Viel entscheidender ist aus meiner Sicht, wie wir als Gesellschaft, als Unternehmen und als Einzelpersonen damit umgehen.
Ich sehe es als unsere Verantwortung, die technologischen Voraussetzungen zu schaffen, um den Standort zukunftsfähig zu gestalten. In dieser Rolle verstehe ich mich ganz bewusst auch als Botschafterin für eine KI-getriebene Transformation in Österreich. Es geht nicht darum, Probleme zu betonen, sondern Chancen sichtbar zu machen und die richtigen Impulse zu setzen. Deshalb lautet mein Zugang nicht: Ist der Markt schwer oder leicht? Sondern: Was können wir tun, damit Österreich weiterhin vorne mitspielt? Genau daran arbeite ich – gemeinsam mit unseren Kunden, Partnern und einem starken Ökosystem.
Was haben Sie sich für die nächsten ein bis zwei Jahre vorgenommen – speziell in Ihrer Rolle als Botschafterin für technologische Transformation in Österreich?
Wenn ich meine Rolle weiter schärfen sollte, dann sehe ich mich in den nächsten Jahren vor allem darin, Mut zu machen. Mut, sich auf neue Technologien einzulassen. Mut, Veränderungen aktiv anzugehen, anstatt abzuwarten. Und Mut, in einem internationalen Wettbewerb bewusst auf Geschwindigkeit und Innovationsfähigkeit zu setzen – gerade auch in einem Land wie Österreich, das so viel Potenzial hat.
Wir werden in Österreich eine Digital Workforce brauchen – nicht irgendwann, sondern jetzt. Und genau hier sehe ich meinen Beitrag: Die Voraussetzungen zu schaffen, damit Unternehmen technologischen Fortschritt nicht als Risiko, sondern als Chance verstehen. Das beginnt auf der Executive-Ebene. Es braucht Entscheiderinnen und Entscheider, die bereit sind, neue Wege zu gehen – nicht theoretisch, sondern praktisch, schnell und konkret.
Technologie steht uns heute so breit und niederschwellig zur Verfügung wie nie zuvor. Der Unterschied wird nicht durch die Tools gemacht, sondern durch die Bereitschaft, sie konsequent zu nutzen. Und genau da möchte ich als Impulsgeberin wirken – durch Aufklärung, durch Vernetzung, durch konkrete Umsetzungserfahrungen.
Die jüngsten Wachstumszahlen zeigen deutlich, dass der Bedarf nach Ihren Lösungen vorhanden ist. Bestätigt das auch Ihre Einschätzung, dass Unternehmen zunehmend bereit sind, sich auf diese technologische und kulturelle Transformation einzulassen?
Absolut. Die Zahlen bestätigen ganz klar, dass der Bedarf an genau dieser Art von Lösung da ist – und zwar nicht nur technologisch, sondern auch kulturell. Unternehmen erkennen zunehmend, dass es nicht mehr reicht, nur einzelne Prozesse zu digitalisieren. Es geht um die Transformation des gesamten Geschäftsmodells – und genau hier setzt unsere Plattform an.
Was mich besonders freut, ist, dass nicht nur die Nachfrage wächst, sondern auch das Bewusstsein. Immer mehr Entscheiderinnen und Entscheider erkennen, was mit dieser Technologie möglich ist – und dass sie weit über reine Effizienzsteigerung hinausgeht. Es geht darum, Arbeitsweisen neu zu denken, Silos aufzubrechen, Entscheidungswege zu verkürzen und Mitarbeitenden mehr Freiraum für Sinn stiftende Aufgaben zu geben.
Aber – und das ist mir wichtig zu betonen – jetzt ist der Moment, aktiv zu werden. Der Veränderungsprozess darf nicht weiter verschoben werden. Die technologischen Werkzeuge sind verfügbar, die Erfahrungen und Best Practices liegen vor, der Zugang zu Knowhow ist da. Wer jetzt startet, kann gestalten. Wer zögert, läuft Gefahr, in einem immer schnelleren Wettbewerbsumfeld den Anschluss zu verlieren.
Gerade in Österreich hört man manchmal noch den Satz: Schauen wir einmal, was der Mitbewerb macht. Fehlt es an Innovationsfreude oder mutigen Ideen?
Ich nehme die österreichischen Unternehmen da ganz bewusst in Schutz – denn dieses „Schauen wir mal“ ist aus meiner Sicht nicht mehr das dominierende Mindset. Was wir heute beobachten, ist ein klarer Wille zur Umsetzung. Es geht nicht mehr darum, ob man startet, sondern wie man möglichst effizient und zielgerichtet startet – und dabei idealerweise die Fehler vermeidet, die andere vielleicht beim frühen Einstieg gemacht haben.
Genau hier liegt auch eine der Stärken von ServiceNow. Unsere Plattform ist von Grund auf so konzipiert, dass sie einen schnellen Einstieg ermöglicht – nicht nur technologisch, sondern auch organisatorisch. Als Low-Code- / No-Code-Plattform bietet sie die Möglichkeit, Prozesse und Anwendungen zu konfigurieren, ohne klassisch programmieren zu müssen. Das senkt nicht nur die Einstiegshürden, sondern beschleunigt die Time-to-Value enorm.
Und wir gehen noch einen Schritt weiter: Auf der Knowledge haben wir die ServiceNow University vorgestellt – mit dem Ziel, in den kommenden 18 Monaten weltweit über eine Million Menschen zu zertifizieren. Auch in Österreich spüren wir eine sehr starke Nachfrage nach diesen Trainings. Das zeigt: Es gibt einen klaren Willen zur Qualifizierung, zur aktiven Auseinandersetzung mit der Technologie – nicht als abstraktes Thema, sondern ganz konkret im Arbeitsalltag.
Das bedeutet: Es geht nicht darum, auf andere Länder oder Märkte zu warten. Es geht darum, eigene Schritte zu setzen – gut informiert, mit dem richtigen Partner und auf Basis einer Plattform, die nicht komplexer macht, sondern vereinfacht. Die Idee ist nicht, Technologie „zu haben“, sondern sie in die Breite zu bringen – schnell, zugänglich und praxisnah. Und genau das passiert gerade – auch in Österreich.

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