Andreas Dangl, Business Unit Executive für Cloud-Services bei Fabasoft, schildert im Gespräch mit der COMPUTERWELT, was wir aus dem Jahr 2021 für die Zukunft mitnehmen können, erklärt, wie sich die Corona-Krise und New Work auf uns auswirken und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das kommende Jahr. [...]
Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2021 im Allgemeinen und aus der Coronakrise im Speziellen für die Zukunft ziehen?
Ich denke, die vergangenen Monate haben uns die Wichtigkeit der Digitalisierung besonders vor Augen geführt. Ohne Videokonferenzen und andere Kommunikationstools wären Geschäftsbeziehungen in Zeiten von Lockdowns und Home Office weder aufrechtzuerhalten noch zu bewältigen. Doch das schöpft das Potenzial der Digitalisierung bei Weitem nicht aus. Um nachhaltig erfolgreich zu sein, braucht es eine digitale Transformation aller geschäftsrelevanten Prozesse. Und hier meine ich sowohl interne als auch externe Arbeitsabläufe mit Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern. Das ist für Unternehmen wettbewerbsentscheidend.
Wie wird sich die Coronakrise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche, auf Unternehmen bzw. auf unsere Gesellschaft auswirken?
Die Coronakrise wirkt definitiv als Digitalisierungsmotor. Das Bewusstsein zahlreicher Betriebe aus den unterschiedlichsten Branchen, wie sehr sie von der Verwendung digitaler Technologien abhängen, nahm signifikant zu. Sie mussten zu Beginn der Pandemie von heute auf morgen Lösungen implementieren, um halbwegs geordnet ihre Geschäftstätigkeit aufrechterhalten zu können. Diese Anstrengungen erfolgten oft ohne strategischen, langfristigen und nachhaltigen Plan, die Verantwortlichen begannen also, vieles selbst in der eigenen Firma umzusetzen. Das verstärkte den ohnehin großen Fachkräftemangel in der IT zusätzlich und führte zu einem enormen Gerangel um kompetentes Personal.
Es braucht aber aus meiner Sicht dringend ein Umdenken – weg von „alles selbst machen“ hin zu professionellen Cloud-Services. Diese setzen im Optimalfall auf einer Low-Code-/No-Code-Plattform auf und ermöglichen somit den Einsatz von Citizen Developern. Dabei handelt es sich um Personen aus Fachbereichen, die das Business und die damit verbundenen Prozesse gut verstehen, jedoch keine Programmierkenntnisse mitbringen. Diese Experten nehmen beispielsweise Anpassungen an Freigabeworkflows selbst vor, ohne auf Ressourcen aus der IT-Abteilung zuzugreifen. So lässt sich der IT-Fachkräftemangel etwas entschärfen.
Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2021?
Wir durften einige bedeutende Digitalisierungsprojekte mit Kunden umsetzen. Siemens Energy hat sich beispielsweise für unser cloudbasiertes Standardprodukt Fabasoft Approve als werksübergreifende Qualitätsmanagementsoftware entschieden. Die Pilotprojekte in den beiden größten Transformatorenwerken Weiz (Österreich) und Nürnberg (Deutschland) konnten wir erfolgreich abschließen. Jetzt steht der weltweite Rollout für mehr als 3.000 Beschäftigte auf dem Plan. So etwas macht Freude.
Außerdem erfüllt mich die Verleihung des BMEnet Gütesiegels für Supplier-Relationship-Management durch den deutschen Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) an Fabasoft Approve mit Stolz. Für Fabasoft stellen Prüfungen durch neutrale Fachinstanzen einen wertvollen Beweis der hohen Qualität unserer Softwareprodukte dar. Es ist unser Anspruch, Kunden einen transparenten Nachweis zu liefern, dass unsere Lösungen den Erwartungen des Einkaufs auch tatsächlich entsprechen.
Und last but not least gelang uns als einer der ganz wenigen europäischen Anbieter die Aufnahme in den internationalen Gartner Magic Quadrant für Content Services und insbesondere die Auszeichnung für unser Software-as-a-Service- und Low-Code-/No-Code-Angebot.
Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2021 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Die Pandemie hat unsere Gesellschaft beeinflusst und darüber hinaus die globalen Wirtschaftsprozesse verändert. Ich bin davon überzeugt, dass sich Sustainability, sprich Nachhaltigkeit, als zentraler Einflussfaktor für zukünftige Entwicklungen etabliert. Der verantwortungsvolle Umgang mit natürlichen Ressourcen wird eine entscheidende Rolle bei der Auswahl von Cloud-Services spielen. Als wichtige Kennzahl dient der CO2-Fußabdruck, der die Menge an verursachten Treibhausgasen angibt. Hier gilt es unter anderem folgende Fragen zu klären: Läuft der Betrieb des Rechenzentrums mit erneuerbarer Energie? Wieviel Strom verbraucht ein solches Datacenter, z. B. aufgrund der Gebäudebauweise oder der klimatischen Bedingungen am jeweiligen Standort?
Ich bin mir sicher, dass derartige CO2-Bilanzen immer mehr Beachtung finden und Cloud-Services mit umweltfreundlichen Rechenzentren in den Fokus der Unternehmen rücken. Zudem ist von einer Priorisierung der Entwicklung von „carbon-aware“ Cloud-Services bzw. einer „carbon-intelligent“ Cloud auszugehen. Die Optimierung eines Cloud-Continuums erfolgt in Zukunft nicht mehr ausschließlich nach Performance, sondern vorrangig nach Energieverbrauch und Green Energy. Der Einsatz von KI-Methoden macht die Leistung einerseits dynamisch skalierbar, andererseits nach dem Gesichtspunkt anpassbar: „Wo bekommt man derzeit die beste CO2-Bilanz?“
Die vergangenen beiden Jahre standen im Zeichen von Corona, beschleunigten die Digitalisierung und brachten uns Hybrid-Arbeitsmodelle. Nach der Pandemie gilt es die nächste – größere – Krise zu bewältigen, die Klimakrise. Wie müssen sich Betriebe in puncto Nachhaltigkeit umstellen? Welche konkreten Maßnahmen planen Sie bzw. Ihr Unternehmen für 2022 und darüber hinaus?
Es liegt in der Verantwortung jeder Organisation, eine kontinuierliche Verbesserung der eigenen Öko-Bilanz anzustreben und über gewisse Bereiche wie den Konzernfuhrpark, die regionale Auswahl von Lieferanten oder das Energiemanagement und die Verwendung von grüner Energie nachzudenken. Durch unsere Produkte für die digitale, unternehmensübergreifende Zusammenarbeit bieten wir unseren Kunden eine solide Basis, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.
Wie gut sind österreichische Betriebe im Allgemeinen für New Work – also verteilte Teams, Homeoffice, hybride Arbeitsmodelle etc. – aufgestellt?
Ich habe im vergangenen Jahr bei der Zusammenarbeit mit Kunden gesehen, dass sie dahingehend mittlerweile sehr gut organisiert sind. Dennoch fehlt in manchen Situationen der persönliche und zwischenmenschliche Faktor.
Glauben Sie, dass sich die angespannte Situation beim Thema IT-Fachkräftemangel in den kommenden Jahren bessern wird? Was kann man in diesem Bereich tun?
Citizen Developer bringen eine gewisse Entlastung – vorausgesetzt, die richtigen Technologien bzw. Plattformen kommen zum Einsatz – Stichwort No-Code/Low-Code. Zudem muss das Thema Digitalisierungskompetenz intensiver und früher als fixer Bestandteil im Ausbildungssystem sowie in die Lehrpläne der Schulen Eingang finden. Nur so stehen uns Digitalexperten in der notwendigen Anzahl für die Zukunft zur Verfügung.
Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat. Weitere Interviews lesen Sie in den nächsten Wochen auf itwelt.at.
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