„Unternehmen müssen sich auf einen geänderten Zugang der Mitarbeiter zum Thema Arbeit einstellen“

Manfred Schmid, Geschäftsführer und CTO von Ramsauer & Stürmer Software, schildert im Gespräch mit der COMPUTERWELT, was wir aus dem Jahr 2021 für die Zukunft mitnehmen können, erklärt, wie sich die Corona-Krise und New Work auf uns auswirken und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das kommende Jahr. [...]

Manfred Schmid, Geschäftsführer und CTO von Ramsauer & Stürmer Software: "Die großen Gewinner der Krise sind die IT-Riesen Amazon, Microsoft, Google und Co., die unsere Gesellschaft in eine komplette Abhängigkeit bringen und somit mächtiger als je zuvor sind." (c) Ramsauer & Stürmer Software

Welche Lehren lassen sich aus dem Jahr 2021 im Allgemeinen und aus der Corona-Krise im Speziellen für die Zukunft mitnehmen?
Ein zentrales Thema war und ist das Arbeiten von zu Hause aus bzw. generell das mobile und standortunabhängige Arbeiten. Hier sind viele Unternehmen nach wie vor gefordert, nicht nur die mobilen Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch umzudenken wie man zusammenarbeitet. Das Gestalten von virtuellen Teams, das effiziente Zusammenspiel der einzelnen Teams und Teammitglieder und das Identifizieren und Definieren von Übergabepunkten sind eine große Herausforderung. Auch muss man sich auf einen geänderten Zugang der Mitarbeiter zum Thema Arbeit einstellen. Mitarbeiter wechseln weit häufiger und das in immer kürzeren Intervallen. Wissenstransfer und Austausch in Teams wird dadurch immer wesentlicher und ein langfristiger wichtiger Erfolgsfaktor.

Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche, auf Unternehmen bzw. auf unsere Gesellschaft auswirken?
Die Überhitzung in dieser Branche wird sich noch weiter ausbreiten und den Fachkräftemangel noch einmal verstärken. Leider ist Österreich, ähnlich wie Deutschland, im Rückstand, wenn es darum geht, entsprechende politische Weichenstellungen zu definieren und wesentlich mehr Ausbildungsstätten zu schaffen.

Die großen Gewinner der Krise sind die IT-Riesen Amazon, Microsoft, Google und Co., die unsere Gesellschaft in eine komplette Abhängigkeit bringen und somit mächtiger als je zuvor sind.

Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2021?
Bei den Highlights ist sicher die Fusionierung von Novotec und Ramsauer & Stürmer zu nennen. Es war immer mein Ziel, ein ERP-System zu schaffen, das alle geschäftlichen Teilbereiche in einem Unternehmen abdeckt, branchenunabhängig betriebliche Prozesse abbilden kann und zudem in der Cloud abrufbar ist. Durch die Fusion mit R&S konnten wir unsere Technologien in eine marktführende ERP-Software integrieren und einem größeren Kundenkreis zur Verfügung stellen.

„Die Überhitzung in dieser Branche wird sich noch weiter ausbreiten und den Fachkräftemangel noch einmal verstärken. Leider ist Österreich im Rückstand, wenn es darum geht, entsprechende politische Weichenstellungen zu definieren und wesentlich mehr Ausbildungsstätten zu schaffen.“

Manfred Schmid

Ein weiteres Highlight ist die Integration von R&S in die amerikanische Aptean-Gruppe, zu der wir seit Ende September gehören. Dadurch ergibt sich für unsere Kunden ein großes Feld an Möglichkeiten, da wir das Gesamtportfolio mit allen Tools von Aptean nutzen können. Aptean ist außerdem ein absoluter Profi im Bereich Cloud-Systeme, was für uns und die weitere Unternehmensentwicklung natürlich unglaubliche Vorteile birgt.

Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2022 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Die Angriffe auf IT-Systeme werden immer professioneller. Es ist eine eigene Branche entstanden, die sich darauf spezialisiert hat, Unternehmen zu infiltrieren und zum geeigneten Zeitpunkt die Systeme zu sperren und anschließend Geld zu erpressen. Es ist daher zentral, auf die IT-Sicherheit zu achten und die Systeme immer am neusten Stand halten.

Ein weiterer relevanter Punkt ist, dass ERP/CRM-Systeme durch die zunehmende mobile Arbeitsweise immer und überall verfügbar sein müssen.

Die letzten beiden Jahre standen im Zeichen der Pandemie und beschleunigten die Digitalisierung und brachten uns Hybrid-Arbeitsmodelle. Nach der Pandemie gilt es die nächste – größere – Krise zu bewältigen, die Klimakrise. Wie schätzen Sie müssen sich Unternehmen in punkto Nachhaltigkeit umstellen? Welche konkrete Maßnahmen planen sie/plant Ihr Unternehmen für 2022 und darüber hinaus?
Sonnenenergie zu nutzen, ist sicher einer von verschiedenen Erfolsfaktoren. Noch wichtiger ist es, Energie vernüftig zu speichern und diese wieder schnell abrufen zu können. Idealerweise dezentral – anders ist es nicht managebar. Bei Ramsauer & Stürmer setzen wir auf unsere eigene Photovoltaikanlage und Luftwärmepumpen. Dadurch decken wir schon jetzt rund 75 Prozent des Tagesstrombedarfs inklusive Heizung und Warmwasseraufbereitung im Unternehmen und auch unsere E-Tankstelle wird dadurch mit Energie versorgt.

„Beim Thema New Work muss man erst lernen, mit diesem Kulturwandel umzugehen und Teams schaffen, die diese Arbeitsweise leben können. Besonders die Methodik nach Scrum ist aus meiner Sicht hier ein sehr guter Weg um Teams in hybriden Modellen arbeiten zu lassen.“

Manfred Schmid

Wie gut ist ihr Unternehmen bzw. wie gut sind österreichische Unternehmen im Allgemeinen für New Work – also verteilte Teams, Home Office, hybride Arbeitsmodelle etc. – aufgestellt?
Ich denke seit letztem Jahr sind viele Unternehmen ganz gut aufgestellt – mehr und besser als wahrscheinlich in den gesamten zehn Jahren zuvor. So ist es auch bei uns. Wir haben unsere Arbeitsweise in den letzten 12 Monaten in diese Richtung adaptiert bzw. sind immer noch dabei. Aber auch hier muss man erst lernen, mit diesem Kulturwandel umzugehen und Teams schaffen, die diese Arbeitsweise leben können. Besonders die Methodik nach Scrum ist aus meiner Sicht hier ein sehr guter Weg um Teams in hybriden Modellen arbeiten zu lassen.

Glauben Sie, dass sich die angespannte Situation beim Thema IT-Fachkräftemangel in den kommenden Jahren bessern wird? Was kann man in diesem Bereich tun?
Davon ist eher nicht auszugehen – im Gegenteil. Durch die zunehmende Digitalisierung und Globalisierung ist mittlerweile jedes größere Unternehmen auf eine eigenständige IT-Abteilung angewiesen. Dadurch wächst natürlich auch der Bedarf an IT-Fachkräften enorm. Gleichzeitig fehlt es aber an zusätzlichen Ausbildungsstätten, bzw. wachsen diese nicht mit der ausreichenden Geschwindigkeit.

Generell würde ich mir mehr Initiativen wünschen, um bei jungen Menschen schon früh das Interesse für MINT-Fächer zu wecken und mögliche Karrierewege aufzuzeigen. Natürlich bedarf es dann auch einer ausreichenden Zahl an Ausbildungsmöglichkeiten.

Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat. Weitere Interviews lesen Sie in den nächsten Wochen auf itwelt.at.


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