Führungsqualitäten sind in einer Krisenzeit besonders gefragt. Die Pandemie hat zudem gezeigt, dass sich Unternehmen mit starken Hierarchien und dem Festhalten an starren Prozessen schwerer getan haben als andere. Karl-Heinz Täubel, Geschäftsführer der unit-IT, über Zusammenhalt, Teamgeist und offene Kommunikation. [...]
Denken Sie heute im Geschäftsleben anders als im Jänner 2020? Wenn Ja, in welchem Bereich ist der Unterschied am größten? Hat es Verschiebungen der Prioritäten gegeben? Was sind für Sie als Geschäftsführer die wichtigsten Erkenntnisse der letzten Monate?
Meine Einstellung zu Geschäftsreisen hat sich geändert. Ich bin von Haus aus jemand, der gerne face to face mit den Leuten spricht, und wir bei unit-IT werden sicher nie gänzlich darauf verzichten, aber die letzten Monate haben gezeigt, dass es Vorteile haben kann, das eine oder andere Meeting in den virtuellen Bereich zu verlagern – vor allem wenn es sich um laufende Projekte handelt. So können beispielsweise verschiedene Kolleginnen und Kollegen bei Bedarf, etwa zur Klärung von Detailfragen, zu einer Videokonferenz dazu geholt werden, die bei einer Geschäftsreise nicht alle dabei gewesen wären. Außerdem bedarf ein virtuelles Meeting weniger Planung im Voraus. Und natürlich reduzieren wir auf diese Weise auch unseren CO2-Ausstoß.
Die wichtigste Erkenntnis der letzten Monate ist aber im Grunde die Bestätigung dessen, was ich schon vorher wusste: Unser starker Zusammenhalt und großartiger Teamgeist sind einer der Hauptgründe für unseren unternehmerischen Erfolg. Das wurde vor allem während des Lockdowns deutlich. Ich kann anderen Unternehmen nur raten, gerade in punkto Zufriedenheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz anzusetzen, wenn sie sich für künftige Krisen und Herausforderungen wappnen wollen. Dies ist besonders für die Etablierung einer Vertrauenskultur wichtig – wenn sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter respektiert und wertgeschätzt fühlen und einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, dann ist es auch nicht notwendig, dass sie von ihren Vorgesetzten „kontrolliert“ werden, weil sie auch im Home-Offices ihr Bestes geben.
Wie haben Sie den Umstieg auf Homeoffice erlebt? Welche Führungsqualitäten sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten in einer Ausnahmesituation? Was sind für Sie die größten Mankos in einem System des verteilten Arbeitens?
Da Remote-Working und Home-Office für uns bereits vor der Krise zum Alltag gehörten und kein Neuland für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren, waren wir in der Lage, auch während des Lockdowns weiterzuarbeiten. Unsere Mitarbeiter verfügen sowohl über das Knowhow und die notwendigen Skills als auch über die technische Ausstattung, um jederzeit zwischen Remote und Onsite Working zu wechseln. Das sollte aber die Basis in jedem Unternehmen sein. Führungskräfte sollten aber bedenken, dass allein eine optimale technische Ausstattung nicht ausreicht, um durch Ausnahmesituationen wie diese zu kommen.
Die sogenannten „Soft Skills“ sind genauso wichtig. Bei uns war es während des Lockdowns sowie jetzt, wo sich die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin im Home-Office befinden, überaus wichtig, dass das Management regelmäßig transparent kommuniziert und jederzeit ein offenes Ohr für die Sorgen der Mitarbeiter hat. Führungskräfte müssen in der Lage sein, Ängste und Verunsicherungen abzubauen sowie Sicherheit und Stabilität zu geben. Noch mehr als schon zuvor ist in der aktuellen Lage natürlich unsere Verantwortung für die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeiter in den Fokus gerückt. Wir haben beispielsweise Technerinnen und Techniker die in unserem eigenen Rechenzentrum oder bei Kundinnen und Kunden vor Ort tätig sind – sie zu schützen ist oberstes Gebot. Für Mitarbeiter, die Kinder oder Angehörige betreuen, haben wir zudem individuelle Lösungen gefunden, damit sie nicht überlastet werden. Zusammenfassend würde ich sagen, dass Führungskräfte jetzt und in Zukunft noch „näher am Menschen“ sein müssen. Einfach nur ein gutes Geschäftsergebnis im Auge zu haben, reicht längst nicht mehr. Ein Manko ist in der aktuellen Situation natürlich, dass wir uns nicht mehr so häufig sehen können und auch gemeinsame Freizeitaktivitäten nicht stattfinden können.
Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um die Produktivität der Mitarbeiter zu sichern und die Stimmung im Team zu halten bzw. zu verbessern?
Unsere Mitarbeiter haben, wie gesagt, auch vor der Krise remote und in virtuellen Teams gearbeitet. Die Gewährleistung von Produktivität war daher keine Frage bei uns – es sei denn im Hinblick darauf, dass die Betreuung von Kindern und Angehörigen während des Lockdowns eine Herausforderung war. Aber auch das haben wir rasch lösen können.
Um die gute Stimmung im Team halten zu können, haben regelmäßig und offen mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesprochen – und zwar nicht nur über die Arbeit, sondern auch über ihr Befinden und ihre Sorgen. In dieser Phase war und ist es auch wichtiger denn je, Lob vonseiten unseren Kundinnen und Kunden an sie zu kommunizieren und sie laufend zu motivieren.
Können Sie sich vorstellen, das Arbeitssystem, das Sie während der Homeoffice-Zeit etabliert haben, auch in der Post-Corona-Zeit weiterzuführen? Wenn Nein, welches Modell planen Sie für die „neue Normalität“?
Wir haben bereits vor der Krise flexible Arbeitsmodelle angeboten, wollen dies aber künftig noch weiter ausbauen, in dem wir ein vernünftiges „Hybrid-Modell“ aus Remote-Working und Arbeiten im Büro etablieren. Davon profitieren vor allem Eltern, Pendler oder Mitarbeiter, die sich neben dem Beruf weiterbilden. Zudem werden wir Schulungen anbieten, etwa in Hinblick darauf, was bei virtuellen Meetings mit Kunden zu beachten ist, damit sie professionell durchgeführt werden können. Des Weiteren werden wir bei uns im Haus ein Business Technology & Innovation Center, einen modernen, voll digital ausgestatteten Raum, errichten, in dem wir Meetings mit Kunden aber auch mit Mitarbeiter virtuell oder per Video abhalten können.
Welche Prioritäten sollten Unternehmen heute setzen, um möglichst gut auf eine möglichst nächste Krise vorbereitet zu sein – Stichwort Resilienz? Welche Rolle spielt dabei die digitale Transformation?
Die digitale Transformation spielt natürlich eine ganz zentrale Rolle. Unternehmen müssen darauf eingestellt sein, jederzeit zu Remote-Working wechseln zu können. Das ist aber noch nicht alles. Wir haben während der Krise erlebt, wie sich einige Unternehmen schwergetan haben, etwa weil sie sich jetzt erstmals mit der Notwendigkeit von E-Commerce befasst haben. Hier reicht es nicht, einfach nur einen Webshop zu errichten – dazu gehören viele andere Komponenten wie Logistik, ERP; Automatisierung und User Experience. Auf der anderen Seite konnten wir beobachten, dass digitale Technologien und Flexibilität produzierenden Betrieben geholfen haben, neue Geschäftszweige in kurzer Zeit auf die Beine zu stellen – so zum Beispiel Staubsaugerfirmen, die während der Krise Atemschutzgeräte herstellten, oder Betriebe, die mittels 3D-Druck kurzfristig Gesichtsschutzschilder produzierten. Unternehmen, die in der Lage sind, rasch, flexibel und agil auf sich verändernde Bedingungen zu reagieren, kommen deutlich besser über die Krise.
Wie hat sich die Krise auf Ihren Geschäftsverlauf ausgewirkt?
Die Nachfrage an Lösungen aus dem Bereich Digital Workplace ist ungebrochen. Zudem verzeichnen wir einen stärkeren Bedarf unserer Kundinnen und Kunden in dem Bereichen Automatisierung, Infrastrukturausbau und Rechenzentrumsleistungen. Anders als befürchtet, sind unsere Kunden – nach einem ersten, kurzen Schock – durchaus bestrebt, Innovationen voranzutreiben und entsprechende Projekte umzusetzen. Jetzt sogar mehr als zuvor. Die meisten Unternehmen haben begriffen, dass die Digitalisierung kein „nettes Add-on“ oder Zukunftsprojekt, sondern unbedingt erforderlich ist, um künftig weiterhin am Markt bestehen zu können. Und was wir aus dem IT-Sektor schon lange predigen, wird nun auch umgesetzt: Nämlich der Einsatz von Analytics, um wertvolle Insights aus dem Datenschatz zu gewinnen, der in den Unternehmen immer größer wird. Schließlich verzeichnen wir auch noch eine erhöhte Nachfrage nach moderner Soft- und Hardware, um Altsysteme abzulösen, zumal dies gegenwärtig vom Bund mit 14 Prozent gefördert wird.
Planen Sie auf Basis der Erfahrungen der letzten Monaten Änderungen in der Ausrichtung Ihres Unternehmens? Gibt es Bereiche, die Sie künftig stärken bzw. neu aufbauen wollen?
Wir arbeiten bereits am Ausbau unseres Portfolios im Bereich Digital Workplace. Dazu gehört freilich mehr als mobile Endgeräte und VPN-Zugänge. Cybersecurity, Zutritts- und Authentifizierungslösungen, Collaborations-Tools, aber auch Workshops und Schulungen gehören dazu.
Zudem wird unsere Rolle als Berater immer wichtiger: uns geht es nicht nur darum, Lösungen und Services zu verkaufen. Wir sehen uns in erster Linie als Consulter, der aufgrund langjähriger Erfahrung in den verschiedensten Wirtschaftszweigen über spezialisiertes Branchenwissen verfügt. Ziel ist es, das Business unserer Kunden zu unterstützen, zukunftsfähig zu machen und weiterzuentwickeln.
Was machen Sie als führendes „Great Place to Work“-Unternehmen besser als die Marktbegleiter?
Was uns bei unit-IT über den Lockdown geholfen hat, war in aller erster Linie unser überaus starker Zusammenhalt und Teamgeist – so konnten wir Aspekte wie Isolation und Einsamkeit ganz gut abfedern. Uns war es uns von Anfang an besonders wichtig, Ängste und Unsicherheiten durch regelmäßige, offene Kommunikation auf Augenhöhe und eine explizite Vertrauenskultur abzubauen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser wertvollstes Gut, ihr Wohlbefinden die wichtigste Grundlage für unseren Erfolg. Gemeinsam ist es uns gelungen, dass keiner bei uns das Gefühl von Hilflosigkeit haben musste – im Gegenteil: Die Erfahrung zu machen, eine derart beispiellose Situation gemeinsam gemeistert zu haben, macht uns alle nicht nur stolz, die erlebte Resilienz hat uns auch einen erneuten Motivationsschub gegeben.
Unternehmen mit starken Hierarchien, Festhalten an starren Prozessen und einem Bestehen auf Kontrolle und Präsenzdienst haben sich, wie man sehen konnte, während der Krise ziemlich schwergetan. Das sollten Unternehmen unbedingt bedenken: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter merken sich – vollkommen zu Recht – ganz genau, wie gerade in schwierigen Lagen mit ihnen und den Umständen umgegangen wird. Was vorher vielleicht schon nicht optimal für sie war, ist jetzt nur noch deutlicher geworden. Nicht wenige Arbeitnehmer hat das zum – ohnehin schon in Betracht gezogenen – Jobwechsel bewegt.
Welche Rolle spielt für Sie der Standort Oberösterreich?
Als IT-Dienstleister mit starkem Fokus auf die produzierende Industrie, den Handel sowie Betriebe aus der Lebensmittelbranche sind die Bundesländer Oberösterreich und Salzburg besonders wichtig für uns. Die Post-Corona-Zeit wird zeigen, dass wir hier richtig und in der Lage sind, den vielen Herausforderungen unserer Kundinnen und Kunden nachzukommen.
Wie sehr sind Sie vom Fachkräftemangel betroffen und welche Gegenmaßnahmen setzen Sie?
Der Fachkräftemangel betrifft uns freilich auch, aber wir arbeiten seit längerem daran, dem entgegenzuwirken, etwa indem wir mit Schulen und Universitäten kooperieren und auch selber Lehrlinge ausbilden und Werkstudenten einstellen. Selbstverständlich ist es auch wichtig, dass wir die Attraktivität unseres Betriebs auf einem hohen Niveau halten und das auch kommunizieren. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen nicht nur stets die neueste Technologie zur Verfügung, sie haben auch zahlreiche Möglichkeiten, sich zu entfalten und weiterzuentwickeln. Sie können auch an internationalen Projekten unseres Mutterunternehmens Atos und seiner Scientific Community mitwirken. Zudem haben sie die Chance, viele verschiedene Branchen kennenzulernen. Und ich kann es nicht oft genug betonen: Wir haben wirklich ein großartiges Team, mit dem das Zusammenarbeiten einfach Spaß macht.
Wenn Sie Ihre Erfahrung Satz für Führungskräfte anderer Unternehmen zusammenfassen sollten, wie würde dieser lauten?
Vertrauen in Zutrauen – dieses Motto begleitet mich schon über meine gesamte Laufbahn. Ich bin den Menschen sehr dankbar, die Vertrauen in mich und das, was ich mir selber zugetraut habe, hatten. Und genau das gebe ich jetzt auch an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter.
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