„Viele erwarten, dass KI alles kann, was ein Mensch kann, und das ist einfach nicht der Fall“

Peter Lieber, Geschäftsführer von Sparx Systems, skizziert im Gespräch mit ITWelt.at die wichtigsten IT-Trends für 2024. [...]

Peter Lieber, Geschäftsführer von Sparx Systems: "Ich denke, die Zukunft von KI ist vielversprechend, aber es ist wichtig, realistische Erwartungen zu haben und verantwortungsbewusst damit umzugehen. KI wird unsere Welt verändern, aber wir müssen sicherstellen, dass es zum Wohl der Gesellschaft eingesetzt wird." (c) ÖGV/Fabian Sorger

Wie sehen Sie als Softwareunternehmer den aktuellen Hype um künstliche Intelligenz (KI)?
Der Hype um KI ist zweifellos beeindruckend. Es gibt enorme Fortschritte und Chancen. Allerdings hege ich auch eine gewisse Skepsis.

Welche Bedenken haben Sie?
Mein Hauptanliegen ist die Überschätzung der Technologie. Viele erwarten, dass KI alles kann, was ein Mensch kann, und das ist einfach nicht der Fall.

Trotz Ihrer Bedenken sehen Sie Vorteile in KI?
Ja, absolut. KI kann in vielen Bereichen unglaublich nützlich sein. Sie kann Prozesse automatisieren, Muster erkennen und die Effizienz steigern.

Glauben Sie, dass KI einen echten Mehrwert für Ihr Unternehmen bieten könnte?
Ja, definitiv. Wir erforschen bereits Möglichkeiten, KI in unseren Produkten einzusetzen, um unseren Kunden bessere Lösungen zu bieten.

Wie gehen Sie mit den ethischen und datenschutzbezogenen Herausforderungen von KI um?
Das ist ein wichtiger Punkt. Wir setzen uns intensiv mit ethischen Fragen und Datenschutzrichtlinien auseinander, um sicherzustellen, dass wir verantwortungsvoll mit KI umgehen.

Wie sehen Sie die Zukunft von KI?
Ich denke, die Zukunft von KI ist vielversprechend, aber es ist wichtig, realistische Erwartungen zu haben und verantwortungsbewusst damit umzugehen. KI wird unsere Welt verändern, aber wir müssen sicherstellen, dass es zum Wohl der Gesellschaft eingesetzt wird.

Wie können es Unternehmen trotz Fachkräftemangel schaffen, ihre IT-Anforderungen abzudecken?
Das ist tatsächlich eine Herausforderung, aber es gibt einige Möglichkeiten, die Unternehmen in Betracht ziehen können. Erstens sollten sie in die Weiterbildung ihrer bestehenden Mitarbeiter investieren, um deren Fähigkeiten im IT-Bereich zu stärken. Weiterhin kann die Nutzung von KI und Automatisierung in der IT-Infrastruktur helfen, bestimmte Aufgaben zu automatisieren und den Bedarf an manueller Arbeit zu reduzieren. Zudem kann die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern oder die Auslagerung bestimmter Aufgaben an spezialisierte Unternehmen eine Option sein. Es ist auch wichtig, ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen, um qualifizierte Fachkräfte anzulocken und zu halten. Flexibles Arbeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten und wettbewerbsfähige Gehälter können dazu beitragen. Schließlich ist es entscheidend, in die Talentakquise zu investieren und frühzeitig Talente zu identifizieren und zu rekrutieren, um den Fachkräftemangel langfristig zu bewältigen.

„Der Mensch spielt nach wie vor eine entscheidende Rolle in der IT. Die Automatisierung und KI sind zwar wichtige Werkzeuge, aber menschliche Kreativität, Ethik und Verantwortung sind unverzichtbar, um die Chancen und Herausforderungen der IT-Zukunft erfolgreich zu gestalten.“

Peter Lieber

Security ist einer der wichtigsten Aspekte der IT. Was tut Ihr Unternehmen um IT-Security sicherzustellen?
Sicherheit ist in der Tat von entscheidender Bedeutung, und wir nehmen sie sehr ernst. Wir als Softwarehersteller setzen auf ein Konzept namens „Security by Design“, bei dem Sicherheitsaspekte von Anfang an in den Entwicklungsprozess unserer Software integriert werden. Das bedeutet, dass Sicherheit nicht nur als nachträgliche Maßnahme betrachtet wird, sondern bereits während der Design- und Entwicklungsphase berücksichtigt wird.

Gleichzeitig glauben wir, dass auf Grund von strengeren Regulatorien entlang der Lieferkette am Ende des Tages Unternehmen ohne entsprechende Maßnahmen zur Erfüllung von Sicherheitsanforderungen auf der Strecke bleiben werden – in dem Sinne, dass sie einfach keine Aufträge mehr bekommen dürfen.

Darüber hinaus arbeiten wir eng mit führenden Forschungseinrichtungen wie dem Austrian Institute of Technology (AIT) zusammen und nutzen deren Erkenntnisse und Expertise im Bereich IT-Sicherheit. Ein Beispiel ist unsere Kooperation im Bereich ThreatGet (www.threatget.com), einem Tool zur Identifizierung und Analyse von Bedrohungen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es uns, auf dem neuesten Stand der Sicherheitsforschung zu bleiben und innovative Lösungen zum Schutz unserer Kunden zu entwickeln.

Insgesamt ist Sicherheit ein integraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur, und wir investieren kontinuierlich in Schulungen, Tools und Partnerschaften, um sicherzustellen, dass unsere Produkte und Services den höchsten Sicherheitsstandards entsprechen.

Welche Lehren nehmen Sie aus dem IT-Jahr 2023 für die Zukunft mit?
Das Jahr 2023 hat uns einige wichtige Erkenntnisse gebracht. Erstens haben wir gelernt, wie wichtig es ist, agil und anpassungsfähig zu sein. Die IT-Branche entwickelt sich weiterhin rasant, und Unternehmen müssen in der Lage sein, sich schnell an neue Technologien und Trends anzupassen.

Zweitens hat die Bedeutung von Datenschutz und IT-Sicherheit erneut an Bedeutung gewonnen. Die zunehmende Vernetzung und Datenerfassung erfordern ein verstärktes Augenmerk auf den Schutz sensibler Informationen und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen.

Drittens haben wir erkannt, dass die Zusammenarbeit und Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen entscheidend sind, um auf dem neuesten Stand der Technologie und Forschung zu bleiben. Dies ermöglicht es uns, innovative Lösungen zu entwickeln und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Schließlich zeigt uns das Jahr 2023, dass der Mensch nach wie vor eine entscheidende Rolle in der IT spielt. Die Automatisierung und KI sind zwar wichtige Werkzeuge, aber menschliche Kreativität, Ethik und Verantwortung sind unverzichtbar, um die Chancen und Herausforderungen der IT-Zukunft erfolgreich zu gestalten.

„Österreich soll in den einzigen Bodenschatz den wir haben investieren – unser sogenanntes Human Kapital – in die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen speziell in MINT-Berufen, aber mit humanistischem Hintergrund.“

Peter Lieber

Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2023?
Das ganz große Highlight ist noch geheim, aber ich werde bald und gerne davon in Zukunft berichten. Andere Highlights waren: eine ganz spannende Gruppe junger Mitarbeitender unterschiedlichster Aufgabenbereiche hat sich in unserer Unternehmensgruppe so vernetzt, dass ich sehr positiv gestimmt bin, was die Zukunft und den Ausblick betrifft. Es gab tatsächlich eine Zeit, wo ich befürchtet habe, dass es gar keine hochqualifizierten Mitarbeiter mehr gibt und es ist uns nach langer Durststrecke gelungen letztes Jahr 9 neue Mitarbeitende aufzunehmen.

Letztlich: Jugendarbeit zahlt sich auch aus. Wir haben sehr erfolgreich am Projekt Startup Lehre des ÖGV mitarbeiten dürfen, was eine unglaubliche Bereicherung für unsere Auszubildenden darstellt.

Welche spannenden Projekte haben Sie 2023 für Kunden umgesetzt und was war das Besondere daran?
Wir definieren uns als Produkthaus und haben Projekte maximal im Kontext unserer Produkte. Wir haben derzeit knapp 250.000 aktive Lizenzen unserer Kernsoftware (Enterprise Architect von SparxSystems) in unserer Region im Einsatz. Als Schwerpunkte haben wir Model Driven Systems Architecture, Enterprise Architecture und als Querschnittsthemen Software Architektur und Data Architecture. Das besondere ist, dass wir uns immer vom Anbieter eines Expertentools für Modellierung zu einem ganzheitlicheren Anbieter von Modellierungsplattformen entwickeln, die eben nicht nur von Experten, sondern von allen Anwendern in einem Unternehmen sinnstiftend eingesetzt werden können.

Wenn Sie einen IT-bezogenen Wunsch frei hätten, wie würde der lauten?
Ich habe einen etwas abstrakten Wunsch – aber im Wesentlichen wäre der, dass Österreich im Bezug auf Software in Europa sowas wird wie Zug in der Schweiz für Unternehmen. Österreich soll in den einzigen Bodenschatz den wir haben investieren – unser sogenanntes Human Kapital – in die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen speziell in MINT-Berufen, aber mit humanistischem Hintergrund. Als Leitbild: Digitaler Humanismus. Aber bitte nicht in die Welt hinausgetragen von den ewig gleichen Dampfplauderern der IT-Szene in Österreich, sondern von der Basis aus tiefsten Herzen und Inbrunst.


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